Parteiauschlussverfahren gegen Björn Höcke

· Allgemein

Der Bundesvorstand der AfD hat mit einer Zweidrittelmehrheit wieder einen Parteiausschluss von Höcke beim Landesschiedsgericht Thüringen beantragt. Gegen diesen Ausschluss stimmten die Bundesvorstands- und Landesvorsitzenden Alexander Gauland (Brandenburg), André Poggenburg (Sachsen-Anhalt), Jörg Meuthen (Baden-Württemberg) und Armin-Paul Hampel (Niedersachsen).

Aktueller Grund für dieses Parteiauschlussverfahren ist die Rede Höckes in Dresden, die international für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Höcke sprach dort von einer „dämlichen Bewältigungspolitik“ Höcke wurde nach dieser Rede unter anderem von der Teilnahme an der Trauerfeierlichkeiten im Konzentrationslager Buchenwald ausgeladen. Nach seiner Rede hatte zunächst Alice Weidel im Bundesvorstand ein Parteiauschlussverfahren gefordert. Diesen Antrag zog sie zurück. Es wurde stattdessen mit einer Zweidrittelmehrheit ein Ordnungsverfahren beschlossen, welches auch ein Ausschlussverfahren beinhalten kann. Warum sich eine Zweidrittel-Mehrheit nun doch zu einem Ausschlussverfahren durchrang, ist unklar.

Das Verfahren sieht vor, dass der Bundesvorstand diesen Ausschluss zunächst beim Landesschiedsgericht Thüringen beantragt. Dieses könnte den Antrag bereits ablehnen. Falls es den Antrag nicht berarbeiten möchte oder beschließt, Höcke auszuschließen, könnte Höcke das Bundesschiedsgericht anrufen und selbst wenn dieses Höcke ausschließt, könnte Höcke noch Widerspruch einlegen. Normalerweise dauert ein solches Ausschlussverfahren mehrere Monate bis zu einem Jahr. Es könnte sein, dass aufgrund der NRW- und Bundestagswahl das Ganze beschleunigt wird. Sowohl das Thüringer- als auch im Bundesschiedsgericht gilt als weiter rechts als der Petry/ Pretzell/ Weidel-Flügel.

Ob der Bundesvorstand auch einen weitergehenden Beschluss gefällt hat, wonach sofort sämtliche Parteiämter ruhen sollen, ist bislang noch unklar. Dieses müsste dann innerhalb von drei Tagen begründet werden. Ein solcher Zusatz könnte eventuell mit dem Hausverbot durch das Maritim-Hotel in Köln begründet werden. Dort soll am 22./23.03. der nächste Bundesparteitag stattfinden. Es ist fraglich, ob der Bundesparteitag in Köln stattfinden kann, wenn einzelne Parteimitglieder im Hotel Hausverbot haben. Damit stünde dann der gesamte Tagungsort in Frage.

Dies ist nicht der erste Antrag des Bundesvorstands an das Landesschiedsgericht. Bereits im Sommer 2015 stellte der Bundesvorstand ein Parteiamtsenthebungsverfahren gegen Björn Höcke. Höcke hatte behauptet, nicht jeder NPDler sei ein Extremist, und er war der Aufforderung des Bundesvorstandes nicht nachgekommen die Erklärung „Ich habe zu keinem Zeitpunkt unter dem Pseudonym Landolf Ladig Texte geschrieben, an Texten, die unter diesem Pseudonym veröffentlicht wurden, mitgearbeitet und/oder in irgendeiner Form wissentlich verbreitet oder an der Verbreitung mitgewirkt.“ zu unterschreiben. Das damalige Verfahren wurde im Bundesvorstand beendet, nachdem der Lucke-Flügel die AfD verlassen hatte. Der damalige Antrag der Amtsenthebung Höckes sei nicht unterfüttert gewesen, begründete Poggenburg.

Hätte der AfD-Bundesvorstand Björn Höcke loswerden wollen, hätte er sehr viel früher handeln können. Die Dresdner Rede von Höcke ist keinesfalls ein besonders krasser „Ausrutscher“ von Höcke gewesen, sondern Höcke hat sich zuvor bereits in der Form und noch deutlicher geäußert. Und Höcke hat in der Dresdner Rede auch keinesfalls „provoziert“, sondern sich sehr wahrscheinlich gemessen an seinem eigentlichen Standpunkt noch immer zurück gehalten.

Nachtrag 13.02.2017 17:24

Die Patriotische Plattform fordert eine Neuwahl des Bundesvorstandes aufgrund von parteischädigenden Verhalten.

Nachtrag 13.02.2017 22:40

Wie die Sächsische Zeitung berichtet, wurde Björn Höcke in dem Film „Come Together“ von Barbara Lubich erkannt. Er ist dort während der Neonazi-Demo in Dresden am 13.02.2010 vor dem Bahnhofplatz zu sehen.Die AfD Thüringen bestätigte, dass Höcke dort 2010 mit zwei Freunden teilgenommen habe. Es handelte sich bei diesen jährlichen Gedenk-Demonstrationen zu den Bombenabwürfen auf Dresden um die größten Neonazi-Demonstrationen. Angemeldet wurden die Demonstrationen zunächst von der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO), die ursprünglich Junge Landsmannschaft Ostpreußen hieß, nach ihrem Rechtsruck ab 1999 sich 2006 umbenennen musste. Höcke kommt nach eigenen Angaben aus einer sehr politischen Familie, sein Großeltern und Eltern waren in der Landsmannschaft Ostpreußen organisiert. Höcke hatte in den 1990er Jahren bis 1999 in Gießen und Marburg Geschichte studiert, genau wie Jürgen Gansel, der in den 1990er Jahren der Vorsitzende der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen gewesen ist. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Höcke bereits damals Kontakte zur JLO und zu Gansel hatte. Zumindest klingen die Redewendungen und Begrifflichkeiten, die Höcke verwendet, sehr ähnlich wie die einschlägigen Begriffe von „Wesen und Wollen der ‚Dresdner Schule'“ von Jürgen Gansel von 2005. Gansel war zu dem Zeitpunkt NPD-Landtagsabgeordnetet in Dresden. Höcke hatte 2006 eine Rüge als verbeamteter Geschichtslehrer erhalten, weil er sich unangemessen zu den Bombenangriffen in Dresden geäußert hatte.

5 Kommentare

Comments RSS
  1. lotharbirkner

    Ich bleibe skeptisch bis er wirklich rausgeflogen ist, meiner Meinung wahrscheinlich ein taktisches Spiel der AFD wie so oft, sie wird weiter den Spagat versichen sowohl rechte als auch rechtsextreme Waehler an sich zu bibden

    • zorahummel

      Ihre Skepsis war wohl richtig.
      Nun, acht Monate später, kennen wir die Entscheidung also. Björn Höcke bleibt, und dafür gehen etliche Gemäßigte. Leider erst nach der Wahl. …………
      Das finde ich fatal, denn so kann die AfD in den nächsten vier Jahren über knapp 400 Millionen Euro verfügen ohne mit dem gemäßigten Part einen Konsens finden zu müssen.

      Mich würde es auch nicht wundern wenn Gauland, Meuthen, Poppenburger & co. diesen Zug ganz bewusst gesetzt haben.

  2. PSteele

    Das ist sicherlich kein „taktisches Spiel“ sondern eher ein Showdown, der auf dem BPT mit Neuwahl des BSG entschieden wird. Man sollte PP nicht unterschätzen. Genau wie die Mehrheit im BuVo organisiert wurde, darf man davon ausgehen, dass gewisse Vorbereitungen zur Übernahme des BSG schon einige Wochen laufen.

    • Kenner

      @PSteele

      Das Schiedsgericht des AfD-Bundesverbandes ist bereits mehrheitlich mit Höcke-Sympathisanten besetzt. Höcke bleibt. Er wird Petry und Co. abservieren. Die Frage ist nur, ob das noch vor der Bundestagswahl passiert. Mit der AfD haben wir so oder so bald eine 10-Prozent-NPD im Bundestag.

      • PSteele

        Das PAV wird nicht innerhalb eines Monats abgefrühstückt. Insofern ist die derzeitige Zusammensetzung des BSG komplett irrelevant.
        Und Petryzell werden nicht so stümperhaft sein, wie sie es damals mit Dr. Muster probiert hatten, der auf dem BPT dann rasiert wurde.
        Ihr unterschätzt, dass Petryzell ganz exzellente und skrupellose Netzwerker sind…..(siehe auch Whatsapp-Gruppen-Issue).
        Sie denken ganz sicher, dass sie eine gute Ausgangslage haben, in den nächsten Monaten Fakten schaffen zu können….
        Der nächste BPT wird sicherlich der größte Showdown seit dem Lucke-Abgang.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Entdecke mehr von Andreas Kemper

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen

GDPR Cookie Consent mit Real Cookie Banner