Ums Ganze – nur nicht um Klasse

· Artikel (Klassismus)

6 Kommentare

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  1. Tina

    Ich glaube, aller Arten von struktureller gesellschaftlicher Diskriminierung wurden nicht angesprochen, nur das „System“ des Kapitalismus.

    • Andreas Kemper

      Zumindest kommen die Begriffe Sexismus und Rassismus im Gegensatz zum Begriff Klassismus vor.

  2. meimhoff

    Paraphrasiert kommt der Begriff doch vor. „Der Kapitalismus basiert auf der Ausbeutung von Menschen durch Menschen in Lohnarbeit. Das Kapitalverhältnis produziert auch im Normalvollzug Mehrwert nur indem es den Arbeitenden die Produkte ihrer eigenen Arbeit entwendet.“ Da Klasse praktisch nur noch an sich existiert, hätte es keine breite Wirkung das Wort selbt zu verwenden.

    • Andreas Kemper

      Der Begriff kommt eben nicht vor, wenn er vermeintlich paraphrasiert wird. Tatsächlich steht dort nur etwas von Ausbeutung in Lohnarbeit. Das wäre selbst dann, wenn der Begriff nicht paraphrasiert worden wäre, ein sehr reduzierter Klassenbegriff. Klasse ist nicht nur durch Ausbeutung definiert, sondern ebenso durch Ausgrenzung, Kulturimperialismus, Gewalt und Machtverhältnisse. Solange diese Herrschaftsverhältnisse nicht konkret benannt und kritisiert werden, kann man am Kapitalismus nicht mal kratzen.

  3. Frank

    Ich glaube, hier hat´s zwei Ursachen der Nicht-Bennung von Klasse:
    Zum einen die Angst, als altbacken eingeordnet zu werden, weil der Klassenbegriff nur noch selten Verwendung findet und (zu Unrecht) als integraler Teil von überholten Theorieversatzstücken angesehen wird, die zu einer Erklärung der Gesellschaft nicht mehr viel beitragen (z.B. dem DDR-Diahimat oder der ML-Phraseologie).
    Zum zweiten habe ich „Um´s Ganze“ immer so verstanden, dass die nicht mehr die autonome Unverbindlichkeit mitmachen wollen, und daher mit Organisierung beginnen. Die Autonomen hatten aber keinen Klassenbegriff (jedenfalls nicht in toto). So betrachtet ist das, was „Um´s Ganze“ von sich gibt, ein Schritt vorwärts.

    • Andreas Kemper

      Hallo Frank,

      „die“ Autonomen gab es ja nicht. Wenn es eine theoretische Grundlage für die Bewegung der Autonomen in Deutschland gegeben hat, dann waren es operaistische Theorien aus Italien und das waren Klassentheorien. Eine wichtige Diskussion war der 3:1-Text von Klaus Viehmann und GenossInnen, wo über die Verhältnisse von race, class und gender diskutiert wurde. Es ist typisch für junge Bewegungen, alles hinter sich lassen zu wollen, um etwas ganz Neues zu beginnen. Leider beinhaltet das oftmals auch eine Rückschrittlichkeit, wenn wichtige Diskussionen über Bord geworfen, statt weiter entwickelt zu werden. Gerade wenn es ums Organisieren geht, müssen doch die Erkenntnisse über Sexismus, Rassismus und Klassismus in der Szene berücksichtigt werden. Meine Erfahrung ist, dass Akademiker*innenkinder oft eine radikale Phase hatten, um kurz nach dem Studium angesehene Jobs zu erhalten, während Arbeiter*innenkinder aus der Prekarität nicht herauskommen. Dieser Klassismus muss berücksichtigt werden, wenn verbindliche radikale Organisierung angestrebt wird. Sonst wird das eine Kopfgeburt.

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