Höcke/ Hitler „Nationalismus ist vor allem auch ein Vorbeugungsmittel gegen Krankheitskeime“

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Die Nazis setzen Juden mit Ratten, Ungeziefer und Krankheitskeimen gleich. Der Geschichtslehrer Björn Höcke weiß also, was er macht, wenn er Flüchtlingsheime als „Feuchtbiotope“ bezeichnet, in denen „Keime“ des Fundamentalismus und des Verbrechens sich idealtypisch vermehren würden, um dann zu fordern, dort müssten regelmäßig Razzien stattfinden.

„Asylbewerberunterkünfte sind Feuchtbiotope, in denen sich Keime des Fundamentalismus und der Kriminalität idealtypisch vermehren. Nur durch regelmäßige Razzien lassen sich die Gefahren dort in den Griff bekommen.“

Höcke benutzt wieder einmal NS-Rhetorik. Benutzt er sie bewusst, weil er die NS-Denkweise wieder etablieren möchte? Benutzt er sie unbewusst, weil er denkt wie ein Nazi? Oder will er, dass andere so denken wie er, weil er wie ein Nazi denkt? Noch einmal: Höcke ist Geschichtslehrer. Er weiß sehr genau, welche Sprache und Metaphern er benutzt. Er weiß um seine Nähe mit den Nazis und er weiß, dass er als Nazi identifiziert werden wird, wenn er wie ein Nazi spricht.

„Nationalismus ist vor allem auch ein Vorbeugungsmittel gegen Krankheitskeime“ (Adolf Hitler, aus der Rede während der Generalversammlung der NSDAP in München vom 29.01.1923, zit. n. Cornelia Schmitz-Berning (2007): Vokabular des Nationalsozialismus, S. 423)

Höcke sieht die „historische Mission“ der AfD im Durchbrechen der „linken Begriffsherrschaft“. Das größte Übel sei die „Politische Korrektheit“ der Sprache. Für ihn ist wahrscheinlich auch die Sprache „organisch gewachsen“ – zumindest bis 1945, danach sei das deutsche Volk „neurotisiert“ worden. Doch allein diese Annahme ist durch und durch ideologisch und zwar auch im Sinne der NS-Ideologie. Denn zur Konstruktion der NS-Sprache gehörte die Ideologie der deutschen „Natursprache“, die Naturalisierung der Ideologie.

In der Entstehungsphase der NS-Justiz, der Machtergreifung der NS-Anwälte, hieß es 1933 in Köln:

„Sie [die NS-Anwälte] werden für die geistige Gesundung des Teils der Anwaltschaft Verantwortung tragen, der von den jüdischen Krankheitskeimen bereits angesteckt ist. Sie werden auch dafür sorgen, dass die Kluft zwischen Volk und Justiz verschwindet, dass in deutschen Landen wieder deutsches Recht gilt, dass in diesem Recht auch der einfache Mann die Natursprache des deutschen Herzens erkennt und dass in der Rechtsprechung die nationalsozialistischen Grundideen dem Volke gegenüber Ausdruck finden, die vom Volke ausgegangen sind und die […] die Basis für den Wiederaufbau des deutschen Volkes bilden.“ (Dr. Josef Krämer zum Programm der Kölner Anwaltschaft, Westdeutscher Beobachter vom 26.04.1933)

Volk, Volk, Volk… der „völkische“ Gedanke war Grundlage der NS-Justiz. Grundlage der NS-Justiz waren nicht die Menschenrechte sondern die sogenannte „Volksgemeinschaft“. Bei Höcke klingt es ähnlich, wenn er von „entarteter Politik“ spricht und einen „Menschenrechtsextremismus“ anprangert. Die von ihm geforderten willkürlichen Razzien in Flüchtlingsheimen entbehren einer juristischen Grundlage vor allem im Hinblick auf Menschenrechte. Die Menschen leben dort in den Flüchtlingsunterkünfte, das ist ihr Zuhause, ihr Rückzugsort. Höcke würde es auch nicht gefallen, wenn regelmäßig Razzien beim ihm zuhause stattfinden würden. Und dabei ist Höckes Familie noch nicht einmal durch Flucht und Fluchtursachen traumatisiert und der Gefahr einer Retraumatisierung durch Polizeirazzien ausgesetzt. Solche Razzien ohne Verdachtsmomente verstoßen gegen Menschlichkeit und Menschenrecht. Das ist Höcke egal. Die NS-Justiz urteilte im Sinne des „gesunden Volksempfindens“ (gegen die „Krankheitskeime“ des Verbrechens). Der Geschichtslehrer Höcke fordert wortwörtlich ein „gesundes“ „Volksempfinden“. Weiß er nicht, was er da propagiert? Unwahrscheinlich. Höcke will anscheinend die NS-Sprache zurückholen, erneut sprechbar machen – auf breiter Front. Und er steht damit in der AfD nicht allein.

Inzwischen will auch der sogenannte „gemäßigte“ Teil der AfD, repräsentiert durch Frauke Petry, den Begriff „völkisch“ als „normal“ darstellen. Es sind eben nicht nur Höcke oder seine Mitstreiter Poggenburg („Volksgemeinschaft“) oder Gauland („Volkskörper“, „Fremdkörper“), die ihren Beitrag dazu leisten, die NS-Sprache wieder sprechbar zu machen. Auch Frauke Petry hat in diesem Jahr mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass „völkisch“ ein neutraler Begriff sein soll. Zuletzt in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ (vom 11.09.2016):

Petry: „Ich benutze diesen Begriff zwar selbst nicht,
aber mir missfällt, dass er ständig nur in einem
negativen Kontext benutzt wird.“

WAMS: „Der Kontext des Begriffs ist nun mal negativ.“

Petry: „Dann frage ich Sie: Was ist denn speziell an dem
Begriff „völkisch“, wenn er damit zu tun hat, dass
es um das Volk geht, was ist daran per se negativ?“

WAMS: „Völkisch“ ist rassistisch besetzt als aggressiver …

Petry: „… also „völkisch“ ist rassistisch. Das ist eine unzulässige
Verkürzung.“

WAMS: „Der Begriff ist zutiefst rassistisch geprägt.“

Petry: „Dann sollten wir daran arbeiten, dass dieser Begriff
wieder positiv besetzt ist.“

An dieser Stelle sei zum Ausdruck gebracht: Der Nationalsozialismus ist auch eine Ideologie. Wer redet und denkt wie ein Nazi ist ein Nazi. Und jedes AfD-Mitglied macht sich inzwischen an der Verbreitung dieser Ideologie mitschuldig.

3 Kommentare

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  1. Sylvia Kling

    Ich habe Deinen Beitrag auf Facebook in meiner Gruppe „Gegen das Vergessen“ geteilt sowie auf meinem Account.
    Ich hoffe, das ist in Ordnung?

    Vielen Dank für Deine Ausführungen.

    Beste Grüße

    Sylvia

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