Agenda Europe – ein homophobes Anti-Choice-Netzwerk ist aufgeflogen

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Im März 2018 berichtete ARTE über den Vormarsch von Abtreibungsgegner*innen. In dem Film „Pro Live – Abtreibungsgeger auf dem Vormarsch“ finden sich (ab Minute 21) brisante Informationen über ein interkontinental agierendes Netzwerk mit dem Namen „Agenda Europe“. Ein geheimes 134seitiges Handbuch („Restauring the Natural Order. An Agenda for Europe“) dieses Netzwerks wurde zutage gefördert – eine europäische Agenda für den Kampf gegen Homosexualität, Abtreibung und Gleichstellung. Es finden sich dort zahlreiche Empfehlungen, wie dieser Kampf vorangetrieben werden könne – und vor allem in Osteuropa sieht man gerade die Erfolge der Agenda dieses Netzwerks.

Gestern, am 20.04.2018, wurde in Stockholm eine Broschüre von Neil Datta (European Parliamentary Forum on Population and Development (EPF)) veröffentlicht, in der er die Strukturen dieses Netzwerks und deren Fahrplan nachzeichnet: “Restoring the Natural Order”: The religious extremists’ vision to mobilize European societies against human rights on sexuality and reproduction

Das Netzwerk besteht aus verschiedenen Komponenten. Die erste Komponente ist laut Neill Data der Webblog „Agenda Europe„. Dieser Blog ist jetzt nicht mehr öffentlich einsehbar, aber über archive.org finden sich bis Mitte Januar 2018 Inhalte aus diesem Blog. Die Initiativen für die „Ehe für alle“ werden dort als „Sodomisierung“, die „Ehe für alle“ als „Sodo-‚Marriage'“ bezeichnet (Jens Spahn „is now sodo-‚married'“).

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Screenshot vom Webblog „Agenda Europe“ – Homosexualität wird als „Sodomie“ bezeichnet

 

Der zweite Baustein dieses Netzwerkes sind die internationalen Treffen. 2014 fand das vermutlich erste Treffen im Schloss „Fürstenried“ bei München, einem katholischen „Exerzitienhaus der Erzdiözese München und Freising“, statt. Es folgten Treffen in Dublin und Warschau:

„The second component is the annual Agenda Europe ‘Summit’ gathering approximately 100–150 anti-SRR activists from around Europe. In 2014, the Summit took place in Fürstenried Castle outside Munich, the 2015 Summit was in Dublin, and the 2016 Summit was hosted by the Polish organization Ordo Iuris in Warsaw.“ (Data 2018: 8)

Die dritte Komponente ist schließlich die Formulierung einer gemeinsamen Strategie, wie sie in „Restauring the Natural Order. An Agenda for Europe“ beschrieben wird. Ausführlich geht es dort unter anderem auch um die „korrekte Sprache“ („list of ambiguous words“), homosexuelle Praxis sei bspw. in Wirklichkeit „Sodomie“ und auch in den Diskursthemen Schwangerschaftsabbruch und Gleichstellung / Antidiskriminierung werden alternative Benennungen vorgestellt. So sei Antidiskriminierung in Wirklichkeit Diskriminierung, Regenbogen- und Patchwork-Familien seien „broken-up families“, usw.

Während uns in Deutschland diese Agenda eher weltfremd erscheint, erzielt sie in Osteuropa deutliche Erfolge. Das kroatische Internetportal „Faktograf“ berichtete bspw. am 30. März 2018 über den Einfluss der Agenda Europe auf die kroatische Gesellschaft und Regierung. Relevant sei auch der Einfluss der TFP, deren europäischer Koordinator Paul von Oldenburg, der Cousin von Beatrix von Storch (AfD), ist.

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CC BY-SA 4.0  P.P.Pyres – Obra do próprio Wikipedia: https://bit.ly/2HgmkUz

Die geheimen Kooperationen von Netzwerken wie „Agenda Europe“ zeigen, wie wichtig es ist, deren Diskurse und Vernetzungen genau zu beobachten und zu dokumentieren. Zahlreiche der von Neill Data benannten Akteur*innen und Organisationen hatten wir bereits in der kritischen Online-Enzyklopädie zum organisierten Antifeminismus „Agent*in“ dokumentiert. Leider zog sich die Heinrich-Böll-Stiftung nach einem krassen Shitstorm gegen die Dokumentationen („Agent*in sei ein „Online-Pranger““) nach nur zwei Wochen aus dem gemeinsamen Projekt heraus. Auch dieser Shitstorm zeigt, wie gut die antifeministischen Netzwerke organisiert sind und wie schnell sie sich auf ein gemeinsames „Framing“, eine gemeinsame Stoßrichtung, einigen können. Durch den Ausstieg der Heinrich-Böll-Stiftung aus unserem gemeinsamen Projekt wurden wir um Monate zurückgeworfen. Seit März sind wir mit einem überarbeiteten Konzept wieder online gegangen. Mit dem Diskursatlas Antifeminismus gehen wir nun bewusst von der sprachlichen Seite der antifeministischen Diskurskoalitionen aus und nicht wie in Agent*in von den Netzwerken der Diskurskoalitionen.

Die geheimen internationalen Umtriebe von extremen Netzwerken wie „Agenda Europe“ verdeutlichen noch einmal die Relevanz von Aufklärungsprojekten wie dem Diskursatlas oder Organisationen wie EPF und Faktograf.

6 Kommentare

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  1. stephenyoung472

    Vielen Dank für den Bericht über die beschriebene europäischen Kooperation.
    Es macht mir, als überzeugter Europäer, Mut, wenn die lebensbejahenden Kräfte aus vielen europäischen Nationen zusammenarbeiten gegen die kulturmarxistische Zerstörung. Durch Europa geht ein Wind of Change. Er weht vom Osten. Er kommt von RECHTS.

  2. wahrscheinkontrolle

    Wie natürlich die sog. natürliche Ordnung ist, erkennen wir ja schon daran, dass sie mit der Gewalt des Gesetzes und mit tätlicher Gewalt hergestellt werden muss.
    Leider haben die Gender Studies in der Vergangenheit jede Beschäftigung mit der Biologie der Frau als evolutionäre Grundlage für unser Zusammenleben als biologistisch abgelehnt. Nun steht also deren Ideologie gegen die der Radikal-Christen und ist mit dreisten Lügen angreifbar. Auch in der „seriösen“ Wissenschaft werden Erkenntnisse unterdrückt, die dem Patriarchat zuwider laufen. Es herrschen dort Denk- und Schreibverbote (sog. Peer Review, Scientific Community). Das Patriarchat kann sich nicht selbst erforschen.

    Daher ist Aufklärung nötiger denn je. Die unabhängige interdiziplinäre Patriarchatsforschung arbeitet daran. Unser unbekanntes und unterdrücktes Menschenrecht ist die Female Choice. ALLE weiblichen Lebewesen sind Kraft der Natur die Entscheidenden über ihren Körper. Es ist nichts anderes als die Sexuelle Selektion nach Darwin, die schon damals auf harsche Ablehnung stieß.
    Bei uns Menschen verhindert die Female choice die Monogamie, sogar die serielle Monogamie und Sex hat entgegen aller Verlautbarungen KEINE soziale Funktion. Das bedeutet, dass in der Regel jedes Kind einer Frau, wenn sie überhaupt eines bekommt, von einem anderen Vater ist. Daher ist unser angeborenes Sozialverhalten das Leben in matrifokalen, also matrilokalen und matrilinearen Sippen, in denen kein Vater eine Ernährerrolle einnimmt.
    Frauen allein haben das natürliche Recht, die Zahl ihrer Kinder zu bestimmen. Die Vaterschaft und Monogamie, die die Religion mit Gewalt aufrecht zu erhalten versucht, ist unnatürlich. Sie ist für die fatale Überbevölkerung von Mensch und Nutztier verantwortlich und bringt uns nicht in den Himmel sondern an den Rand des Abgrunds.
    Weiteres auf https://www.gabriele-uhlmann.de/femalechoice.htm und auf https://wahrscheinkontrolle.wordpress.com , wo alle Fakten zusammengetragen sind, nach denen die Wahrscheinlichkeit, dass die Kirche Recht hat, gleich NULL ist.

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