Website-Icon Andreas Kemper

Brief an AfD Osnabrück: Nein zum „Rechtsextremisten“ Kubitschek

Liebe AfD Osnabrück, lieber Iburger Salon,

ich antworte öffentlich auf eine Anfrage von Euch, da es sicher von öffentlichem Interesse ist, dass ihr plant, den „Rechtsextremisten“ Götz Kubitschek einzuladen.

Ihr würdet gerne mit mir und Götz Kubitschek eine Veranstaltung zum Thema „Extremismus“ durchführen. Vorweg: Ich werde nicht an dieser Veranstaltung teilnehmen. Ich denke, ihr habt nichts dagegen, dass ich die Absage der Einladung direkt öffentlich kundtue. Schließlich habt ihr ja auch umfänglich aus der Absage von Herrn Berghegger zu einer vorangegangenen Einladung zitiert. Das übernehme ich dann lieber selbst.

In Eurer Einladung habt Ihr nicht öffentlich gemacht, dass der Iburger Salon eine Institution der AfD Osnabrück ist. Schämt Ihr Euch für diese Zugehörigkeit? Oder habt Ihr gehofft, ich als dezidierter AfD-Kritiker würde eher zusagen, wenn ihr die Parteinähe verschweigt? Eure Einladung hatte ich vom Wortlaut so gelesen, dass ich als Experte für „Extremismus“ eingeladen werden soll; bzw., da Götz Kubitschek ebenfalls eingeladen werden sollte (sobald ich zusagen würde), als Experte für „Rechtsextremismus“. Erst nachdem ich Recherchen zu Euch eingeholt habe, schwant mir, dass ich als „Linksextremist“ vorgeführt werden soll, von Götz Kubitschek als Experten für Extremismus.

Ich werde zunächst auf Götz Kubitschek eingehen, dann auf die Positionierung der AfD Niedersachsen zu meiner Person.

Götz Kubitschek und seine Frau Ellen Kositza haben letzte Woche einen Widerruf vom Parteivorstand der AfD bezüglich ihrer Parteimitglied erhalten. Kubitschek hatte im Frühjahr, Kositza im September ihre Parteimitgliedschaft beantragt und ihnen wurden vor wenigen Tagen die Mitgliedsausweise zugeschickt. Unmittelbar danach widerrief der Parteivorstand nach einer Telefonkonferenz diese Mitgliedschaft ohne Begründung. Dem MDR teilte der AfD-Bundesvorstand mit:

„Der Bundesvorstand ist sich bewusst, dass eine Antragsablehnung naturgemäß Kontroversen auslösen kann. Generell ist rechtsextremes Gedankengut in der AfD nicht willkommen. Das gilt allerdings seit der Gründung der Partei und nicht erst seit der Ablehnung des Aufnahmeantrages von Herrn Kubitschek.“ (MDR: AfD-Chef wehrt sich gegen „Bevormundung“)

Der AfD-Bundesvorstand unterstellt also Götz Kubitschek „rechtsextremes Gedankengut“ und Ihr, lieber Kreisverband Osnabrück, wollt jemanden, der nach Auskunft Eures Bundesvorstandes rechtsextrem auftritt, ein Forum bieten? Götz Kubitschek hat genügend Foren. So zum Beispiel bei der Pegida-Demo in Dresden und der noch weiter rechts auftretenden „Legida“-Demonstration in Leipzig. Ein weiteres Forum erhält er am Wochenende in Rom. Eingeladen wurde er von der inzwischen rechtsextremen Lega Nord, er soll während einer Konferenz über Pegida berichten. Ein weiterer Referent ist Philip Vardon vom rechtsextremen Bloc Identiare aus Frankreich. Abends darf Kubitschek dann eine Grußbotschaft von Pegida während einer Großkundgebung gegen die „Überfremdung des Abendlandes“ halten. Zugeschaltet wird Marine Le Pen von der rechtsextremen Front National aus Frankreich. Die Zuordnung des Bundesvorstandes der AfD von Götz Kubitschek zum Rechtsextremismus scheint also nicht so einfach von der Hand zu wischen sein. Direkt nach seinem Auftritt in Rom wird Kubitschek am nächsten Montag in Dresden wieder eine Rede bei Pegida halten. Zudem ist er Buchverleger, betreibt einen Blog und gibt das Magazin „Sezession“ heraus. Genug Foren, für einen Menschen mit „rechtsextremen Gedankengut“, würde ich meinen. Warum wollt Ihr ihm auch noch in Osnabrück ein Forum bieten? Weil seine Meinung unterdrückt wird?

Dies erinnert an Thilo Sarrazin, der sich in seinem Buch „Der neue Tugendterror“ über die „Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland“ beklagt. Startauflage 100.000 (bei welcher Auflage sind wir jetzt, 4te?), Vorabdrucke in der BILD, zusätzlich eine Hörbuch-Ausgabe. Die Unterdrückung der Meinungsfreiheit von Thilo Sarrazin ist so haaresträubend, dass Ihr, lieber Iburger Salon, ihm selbstlos ein Forum bieten musstet. Das Forum war zugegebener Maßen klein, nur 54 Zuhörer nahmen nach Auskunft der Neuen Osnabrück Zeitung am Vortrag von Thilo Sarrazin teil, obwohl 150 im Zuschauerraum Platz gehabt hätten. Das mag daran gelegen haben, dass die Eintrittskarte 74 Euro kostete und es keine Abendkasse gab. „Ein hochkarätiger Gast in einem gehobenen Ambiente“. Klasse statt Masse. Jeder hat so seine eigenen Vorstellungen von Meinungsfreiheit. Nebenbei: Wäre dies nicht auch ein Modell, welches man den Demokratietheoretikern in der AfD (Roland Vaubel, Konrad Adam, Hermann Behrendt) zur Ausarbeitung unterbreiten könnte: Eintrittsgebühren von 74 Euro für das Betreten von Wahlkabinen, schließlich kosten Wahlen Geld, das ist eine Dienstleistung, und warum sollen Nichtwähler für Wähler bezahlen? Es kämen dann auch nur diejenigen in die Wahlkabinen, „die sich bewusst dafür entschieden haben“. Gut, Klasse statt Masse. So war schon das Lettre-Interview von Sarrazin 2009 überschrieben.

Ihr habt es Euch auch nicht nehmen lassen, den Landeschef der AfD, Paul Hampel, höchstpersönlich als Moderatoren auftreten zu lassen. Armin-Paul Hampel sagt mir was. Wäre er für die Veranstaltung mit Götz Kubitschek und mir ebenfalls wieder als Moderator geladen?

Paul Hampel ist wie Sarrazin ein Verteidiger der Meinungsfreiheit. Als Gegner der Meinungsfreiheit hat er die Antifa ausgemacht. So heißt es in einer Pressemitteilung der AfD Niedersachsen vom 21.04.2014 zur Antifa:

„Es geht Ihnen nur um Meinungsunterdrückung. Dies, so scheint es allerdings, in organisierter Form. Organisationen wie die Antifa haben mehrfach in letzter Zeit ziemlich unverhohlen dazu aufgerufen, Info-Stände und Plakate der AfD anzugreifen und zu zerstören.

Ein in Kürze geplantes Treffen der Antifa in Lüneburg, hinter dem man Ähnliches vermuten kann, wird dabei von der Stadt Lüneburg durch Bereitstellung eines stadteigenen Saales unterstützt. ‚Es scheint keinem Staatsanwalt in den Sinn zu kommen‘, so der AfD-Landesvorsitzende Paul Hampel, ‚hinter solcher Fassade die Entwicklung politischen Bandentums zu erkennen, geschweige denn, daraus strafrechtliche Konsequenzen zu ziehen‘.“

Bei genauem Lesen stellt man fest, dass die AfD Niedersachsen im Namen der Meinungsfreiheit dazu aufruft, ihren politischen Gegnern keine Räume zur Verfügung zu stellen. Die Unterdrückung der „Meinungsunterdrückung“ wäre demnach Meinungsfreiheit oder anders formuliert: „Antifaschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“. Ich komme auf dieses „in Kürze geplante Treffen der Antifa in Lüneburg, hinter dem man Ähnliches vermuten kann“ zu sprechen, weil es sich dabei um eine Informationsveranstaltung handelte, in der ich als Referent zu den Hintergründen der Partei AfD sprach. Es hatte mich damals schon ein wenig irritiert, dass mir der Landeschef der AfD, Armin-Paul Hampel, vorwarf, heimlich die „Entwicklung politischen Bandentums“ zu betreiben, was strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen müsse. Mir ist bewusst, dass die AfD gerne auf den „gesunden Menschenverstand“ setzt, oder, um den ideologischen Freund von Götz Kubitschek, den Fraktionsvorsitzenden der AfD in Thüringen, Björn Höcke zu zitieren, auf das „Volksempfinden, das im gesunden Menschenverstand gründe“. Das „gesunde Volksempfinden“ ist glücklicherweise keine Richtlinie mehr für Staatsanwälte und Richter, und die rechte Organisation Junge Alternative ist mit ihrer Aussage „Selbstjustiz ist die neue Polizei“ glücklicherweise bewusst nicht von der AfD als Jugendorganisation anerkannt worden. Obwohl… Niedersachsen hat als einer der wenigen Landesverbände die Junge Alternative anerkannt.

Dies alles sollte klar machen, warum ich kein Interesse daran habe, mit der AfD bzw. mit Menschen, denen die AfD Rechtsextremismus attestiert, auf ein gemeinsames Podium zu sitzen.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Kemper

Die mobile Version verlassen