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AfD: Nazi-Diktatur war nicht rechts, linken Antifaschismus gab es nicht?

Die Facebook-Seite der Alternative für Deutschland ehrt die Stauffenberg-Gruppe für ihren versuchten Anschlag auf Hitler. Die offiziellen Statements sind krass: Die Nazi-Diktatur soll im Gegensatz zu Stauffenberg nicht rechts gewesen sein. Wenn es einen Antifaschismus gegen die Nazis gegeben habe, dann sei er von jenen Widerständlern um Stauffenberg gekommen.  Die Menschen, die gegen die Nazis in der Weimarer Republik kämpften, waren also keine Antifaschist*innen? Sondern nur die Wehrmacht-Offiziere, die bis 1944 Mitläufer oder Wegbereiter des NS-Regimes waren?

Auch die Kommentare sind zum Teil sehr, ähm, „patriotisch“. Da es schon häufiger solche Kommentare gegeben hatte (zuletzt beim wieder zurückgenommen Posting „Klassische Bildung statt Multikulti-Umerziehung“), müsste die AfD wissen, was sie mit solchen Postings provoziert.

Hier der Link zur Facebook-Seite: Facebook-Seite der Alternative für Deuschland

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An dieser Stelle sei ausdrücklich an die Häftlinge des KZ Oranienburg erinnert: Die politischen Häftlinge des Konzentrationslagers Oranienburg

Erich Mühsam kurz nach der Inhaftierung ins KZ Oranienburg und vor seiner Ermordung, 10. Juli 1934

Erich Mühsam – kein Antifaschist?

„Bereits kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, auf die der Anarchist mit seinem Eintritt in die FAUD reagiert hatte, gehörten die Mühsams zu den Ersten, denen die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen und – damit einhergehend – deren gesamter Besitz konfisziert wurde. Erich Mühsam wurde in der Nacht des Reichstagsbrandes verhaftet. Zunächst wurde er im Gefängnis in der Lehrter Str. inhaftiert, dann am 6. April in das KZ Sonnenburg überstellt, wo ihn seine Frau zwei Tage später besuchten durfte. Bei diesem Treffen schwor er ihr, niemals Suizid zu begehen, obwohl er bereits schwer misshandelt worden war. Am 31. Mai 1933 wurde Mühsam zunächst nach Plötzensee überstellt, wo er sich von seinen Misshandlungen ein wenig erholen konnte. Nach drei Monaten wurde jedoch auf Görings Geheiß die Situation politischer Häftlinge verschärft und Mühsam im Zuchthaus Brandenburg arretiert. Dort wurde er aufs Übelste misshandelt, sodass er sein Gehör fast vollständig verlor.

Am 2. Februar 1934 wurde Mühsam in das KZ Oranienburg überstellt. Sein Leidensweg setzte sich dort fort: Als prominenter Häftling, noch dazu jüdischer Anarchist, verkörperte Mühsam das Hassobjekt der nationalsozialistischen Ideologie schlechthin. Es verging kaum ein Tag, an dem er nicht misshandelt oder gedemütigt wurde. Dem so genannten „Judenzug“ zugeteilt, musste Mühsam vor allem bloßhändig in der Latrine arbeiten. Doch innerhalb der Häftlingsgesellschaft genoss er wegen seines Alters und seiner Erfahrung großes Ansehen und galt als besonders „schutzbedürftig“. Für viele Häftlinge, insbesondere aus dem kommunistischen und pazifistischen Lager, stellte er eine Art moralische Instanz dar, seine Nähe wurde insbesondere in den abendlichen „Freizeitstunden“ – beispielsweise beim Schachspielen – gesucht.
Als am 6. Juli 1934 Württemberger SS die Führung des Konzentrationslagers übernahm, wurde Mühsam von Sturmbannführer Erath nahe gelegt, binnen drei Tagen Selbstmord zu begehen. Seine Situation war aussichtslos, war ihm doch bewusst, dass das Ablaufen der Frist seine Ermordung implizierte. In seiner Verzweiflung wandte er sich an seine Mithäftlinge, die sehr bestürzt reagierten und verschiedene Handlungsoptionen erwogen. Keine erschien jedoch geeignet, Mühsams Tod zu verhindern. Zwei Tage darauf gelang es Kreszentia Mühsam, ihren Mann im KZ zu besuchen. Dieser erwähnte mit keinem Wort sein drohendes Schicksal, sondern sprach von allgemeinen Angelegenheiten, um sie nicht zu beunruhigen. Am Morgen des 10. Juli 1934 wurde Mühsam erhängt in einer Latrine gefunden.“ (aus: Die politischen Häftlinge des Konzentrationlagers Oranienburg)

Zu diesem Zeitpunkt und in den folgenden zehn Jahren unterstützten die Leute der Stauffenberg-Gruppe das nationalsozialistische Regime, richteten sich dort ein und machten Karriere. Fünf Jahre nach der Ermordung des Antifaschisten Erich Mühsam schrieb Stauffenberg über Polen, an dessem Überfall er beteiligt war: „Die Bevölkerung ist ein unglaublicher Pöbel, sehr viele Juden und sehr viel Mischvolk. Ein Volk, welches sich nur unter der Knute wohlfühlt. Die Tausenden von Gefangenen werden unserer Landwirtschaft recht gut tun. In Deutschland sind sie sicher gut zu gebrauchen, arbeitsam, willig und genügsam.“

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