Website-Icon Andreas Kemper

AfD ist „durchgeknallt“

Die AfD setzt auf Waffen und auf den vorschnellen Gebrauch von Waffen – und zwar auf verschiedenen Ebenen.

Libertäre Alternative oder Waffen statt Sozialstaat

Es begann mit einem Aufruf der Libertären Alternative, einer rechtslibertären Initiative in der AfD. Man beachte im Forderungskatalog den letzten Punkt:

„Unsere 20 Forderungen für die Freiheit:

1. Wir fordern die Abschaffung der Europäischen Union – für ein freies Europa in einer freien Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft

2. Wir fordern das Recht für Eltern, Ihre Kinder im eigenen Heim zu erziehen. Die Kita-Ideologie lehnen wir entschieden ab. Die Familie war und ist ein Bollwerk gegen staatliche Ideologie. Sie gilt es zu schützen.

3. Wir fordern die Einführung von Bildungsgutscheinen. Eltern müssen das Recht bekommen, zu entscheiden, ob ihr Kind eine staatliche,
konfessionelle oder private Schule besuchen soll. Durch den Konkurrenzdruck ist eine Niveausteigerung zu erwarten. Zudem wird staatlichen Indoktrinationsprogrammen in Schulen – wie beispielsweise der Gender-Ideologie – ein Riegel vorgeschoben. Wir treten außerdem für das „home schooling“, also das Bilden in den eigenen vier Wänden, ein.

4. Wir fordern die Entstaatlichung der Ehe. Die Ehe ist ein religiöser Akt zwischen Mann und Frau. Der Staat erdreistet sich, in diese einzugreifen und schwächt die Kirche damit systematisch. Gleichzeitig fordern wir eine eine strikte Trennung von Staat und Kirche.

5. Wir fordern drastische Steuersenkungen und eine Reduzierung der Staatsquote. Jeden Cent, den der Staat verteilt, muss er vorher dem Bürger nehmen. Wir sind überzeugt, dass der Bürger selbst am besten weiß, wie er sein Geld zu verwenden hat und dafür keinen Bevormunder braucht. Wir streben auf lange Sicht den reinen Minimalstaat an.

6. Wir fordern ein Ende des Geldsozialismus und treten für einen freien Wettbewerb des Geldes ein. Die willkürliche staatliche Ausweitung der Geldmenge verursacht Wirtschaftskrisen und befeuert die Armut.

7. Wir setzen uns entschieden gegen das bevorstehende Bargeldverbot ein – der gläserne Bürger wäre geschaffen. Durch die Überwachung jeder Transaktion läge das Leben des Bürgers wortwörtlich in staatlicher Hand.

8. Wir fordern eine vollständige Abschaffung aller Wirtschaftssubventionen. Subventionen stellen eine ungebührliche Marktverzerrung mit den Steuergeldern der Bürger dar. Für einen geordneten Übergang ist ein schrittweises Zurückfahren von existenten Subventionen und eine Sperre für neue Subventionen notwendig. Dies gilt insbesondere für den Energiemarkt. Wir brauchen einen ideologiefreien Energiemarkt fernab von planwirtschaftlichen Quoten für beispielsweise „erneuerbare“ Energien.

9. Wir fordern einen echten Freihandel, den freien, zollfreien und weltweiten Handel von Gütern in allen Nationen nach den jeweiligen Gesetzen vor Ort. Hundertseitige Abkommen, die in Hinterzimmern ausgehandelt werden, enden in Harmonisierung und weiteren Einschränkungen zu Lasten der Bürger.

10. Wir fordern das Ende der Klimaideologie. Die Verantwortung des Menschen im Rahmen des Klimawandels ist höchst umstritten. Die derzeitige Energiepolitik führt zur Deindustrialisierung Deutschlands sowie Europas und ist höchst unsozial. Wir lehnen sie entschieden ab.

11. Wir setzen uns entschieden gegen die Vorratsdatenspeicherung ein. Die Freiheit des Bürgers ist unverkäuflich – das Argument, die Kriminalitätsbekämpfung durch eine solche zu verbessern, steht auf tönernen Füßen und rechtfertigt keinesfalls den massiven Eingriff in die Privatsphäre des Bürgers.

12. Wir fordern eine vollständige Privatisierung aller, auch teilweise, im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen. Dazu gehört auch die Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die durch die moderne Medienlandschaft gegebene Vielfalt, insbesondere durch das Internet, macht die Idee einer notwendigen „Grundversorgung“ hinfällig.

13. Wir fordern die Abschaffung des Beamtentums. Leistung und Verantwortung müssen auch in Schulwesen und Verwaltung einziehen.

14. Wir fordern das unbedingte Recht auf freie Entfaltung aller Lebensentwürfe, deren Praxis nicht in die persönliche, politische oder wirtschaftliche Freiheit anderer Bürger eingreift. Aus diesem Grund ist der „Nanny State“ abzulehnen. Jeder erwachsene Bürger darf entscheiden, was er isst, trinkt oder raucht – ohne staatliche Belehrungen, Verbote oder Strafsteuern.

15. Wir fordern eine freie Einwanderungspolitik ohne staatliche Intervention. Dies bedeutet, dass falsche Anreize durch Sozialleistungen oder Beschränkungen in Form von Kontingenten und Arbeitsverboten abzulehnen sind. Einwanderer sollen nach dem Leistungsprinzip in Deutschland erfolgreich sein können.

16. Wir fordern das Ende des Länderfinanzausgleichs und der gegenseitigen Subventionierung von öffentlichen Haushalten. Haushaltsdisziplin mit dem Steuergeld der Bürger ist in jedem Fall geboten.

17. Wir fordern unbedingte Gewerbefreiheit und lehnen den Zwang zur Mitgliedschaft in berufsständischen Organisationen ab. Staatlicher Lizenzierungszwang, z.B. im Taxigewerbe ist abzuschaffen.

18. Wir fordern das Ende aller staatlichen Entwicklungshilfe. Sie stützt Misswirtschaft und unterdrückt wirtschaftlichen Aufschwung.

19. Wir fordern die Abwicklung des staatlichen Rentensystems. Das jetzige Umlagesystem ist in ein privatwirtschaftliches und kapitalgedecktes System zu transferieren. Dass dabei eine Generation die doppelte Last zu tragen hat, ist uns bewusst, aber angesichts des demographischen Niedergangs ist ein Kollaps des jetzigen Systems nur eine Frage der Zeit.

20. Wir fordern ein liberaleres Waffenrecht. Jeder volljährige Bürger sollte in der Lage sein, Waffen käuflich erwerben zu können. In der Praxis fordern wir eine Orientierung am tschechischen Waffenrecht.“

Facebook-Seite von Marcus Pretzell 20.11.2015

Die letzte Forderung wurde vom AfD-Landesvorsitzenden Marcus Pretzell, der mit der „Libertären Alternative“ sympathisiert, aufgenommen, und zwar im Zusammenhang mit seiner Aussage, an der Grenze müssten Flüchtlinge notfalls mit Waffengewalt aufgehalten werden.

Diese Verbindung der „Liberalisierung“ des Waffenrechts mit dem Hinweis darauf, dass an den Grenzen notfalls mit Waffengewalt Geflüchtete aufgehalten werden müssten, ist problematisch. Vor allem, weil diese Verbindung als Aufruf zur Selbstjustiz interpretiert werden könnte.

Junge Alternative oder Sexismus meets Selbstjustiz

Bereits vor anderthalb Jahren hatte die Junge Alternative auf die Selbstjustiz angespielt. Sie wollte ihr Posting nachträglich jedoch nicht als einen Aufruf zur Selbstjustiz verstanden wissen und zeigte sich empört darüber, dass ihr Posting falsch verstanden worden sei.

Das doppeldeutige Posting kann als Aufruf zur Selbstjustiz verstanden werden

Die Postings der Jungen Alternative wurden mehrfach für frauenfeindlichen Abbildungen kritisiert, die Frauen auf Pos reduzierten („P(r)o Vielfalt!“). Deutschland wurde im Gegensatz zu Mexiko als „sozial kalt“ dargestellt, weil Frauen hier nicht an jeder Straßenecke hinterher gepfiffen werde. Ein Engagement gegen Frauenfeindlichkeit oder Sexismus kann man der Jungen Alternative beim besten Willen nicht unterstellen.

Daher ist es interessant, dass die Junge Alternative sich jetzt in die Debatte um die Kölner Übergriffe einmischt und zwar mit folgendem Posting, welches sich auf Henriette Rekers in der Tat problematische Empfehlung bezieht: „Es ist immer eine Möglichkeit, eine gewisse Distanz zu halten, die weiter als eine Armlänge betrifft.“ Bei dieser Aussage ist allerdings zu berücksichtigen, dass Frau Reker selber vor kurzem noch von einem Rassisten mit Messern attackiert wurde. Bei der Jungen Alternative gibt es solch eine Betroffenheit nicht, sie postet aber um so radikaler:

„Freie Waffen für freie Bürger“ – die JA macht deutlich, gegen wen sie das Waffenrecht „liberalisieren“ will.

Hier ist der Kontext wichtig. Gepostet von einer antisexistischen Initiative, die gegen sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen aufmerksam machen wollen, wäre ein solches Plakat vielleicht noch okay. Da die Junge Alternative bislang alles andere als eine Initiative gegen Frauenfeindlichkeit war, ist klar, dass es hier nicht um Sicherheit von Frauen vor Männern geht, sondern um „Sicherheit“ von deutschen Frauen vor afrikanischen Männern. Und da darf dann geschossen werden. Afrikaner sind weniger wert als Deutsche, die dürfen „abgeknallt“ werden. Dafür muss das Waffenrecht „liberalisiert“ werden: „Freie Waffen – freie Bürger!“

Die Junge Alternative Thüringen lässt dann das Geschlecht gleich ganz raus. In der vom AfD-Landeschef geforderten „natürlichen Geschlechterordnung“ gehören Waffen wohl nicht in Frauenhände. AfD-Landeschef Björn Höcke hatte öffentlich „mehr Männlichkeit“ gefordert. Ein Statement der AfD-Landtagsabgeordneten und JA-Sprecherin Wiebke Muhsal wird mit folgendem Bild illustriert:

Bild von der Facebook-Seite der JA Thüringen – Henriette Reker hat erst vor wenigen Monaten einen rassistisch motivierten Mordanschlag überlebt

Björn Höcke oder Zwischenfälle, Fanale und finales Denken

Entsprechend äußerte sich der von der Jungen Alternative gehypte Fraktionschef der AfD Thüringen, Björn Höcke. Die nächtlichen Schüsse auf eine Asylunterkunft im hessischen Dreieich, bei der ein Geflüchteter verletzt worden ist, beurteilte Höcke mit der Bemerkung: „Dieser im Verhältnis zum Kölner Fanal bedeutungsärmere Zwischenfall“.  „Zwischenfall“ und „Fanal“ – wie die Junge Alternative findet sich auch bei Höcke eine Unterscheidung, die die Unversehrtheit von Nichtdeutschen als weniger wertvoll von gegenüber der Unversehrtheit von Deutschen erscheinen lässt. Bereits im August sprach Höcke von einem „Fanal“, vom „Fanal von Suhl“. In dieser Mitteilung rechnete er mit den „Deutschlandabschaffern“ in den „Altparteien“ ab und lobte die AfD für eine besondere Eigenschaft: „finales Denken“.

Nachtrag 17.01.2016

Die Enttabuisierung der NS-Ideologie, wie sie von Höcke, Poggenburg, Gauland usw. mit der Propagierung von Begriffen wie „Tat-Elite“, „Sein oder Nicht-Sein“ des deutschen Volkes, „Volksgemeinschaft“, „Volksempfinden“, „Volkskörper“, … vorangetrieben wird, bleibt im Zusammenhang mit den Forderungen nach Selbstjustiz nicht ohne Folgen.

Nachtrag 28.01.2016

Die Bilderproduktion der AfD mit doppeldeutigen Aussagen im Zusammenhang mit Waffen geht weiter. Diesmal wird ein angeblicher „Mordanschlag“ genutzt, um mit der Abbildung einer durchgeladenen Pistole und einem Hinweis auf die „Brandstifter“ die Konterfeis von Politiker*innen in einer Art Steckbrief zusammen zu bringen. Fehlt nur noch der Hinweis: Most wanted – Dead or alive

Nachtrag 13.03.2016

Roman Grafe, Sprecher der Initiative „Keine Mordwaffen als Sportwaffen!“  hat am 11.03.2016 einen wichtigen Beitrag in der Süddeutschen Zeitung geschrieben: Zu den Waffen Hier zeigt er auf, wie die Waffenlobby mit Unterstützung Beatrix von Storchs das Gewaltmonopol des Staates angreift.

Das Milieu

Reaktionen (zusammengestellt von „Army of Gutmenschen Trollkomanndo“)

 

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