Klaus von Dohnanyi – gehobener Herkunft wie Thilo Sarrazin, den er verteidigt – spricht von “Soziale Rassen”, die bestimmte gemeinsame Eigenschaften hätten. Dazu gehöre ein bestimmter Intelligenzquotient und eine bestimmte Fruchtbarkeitsquote. Man dürfe nicht “gedankenfeige” sein und solle sich nicht scheuen Worte wie “Rasse” zu benutzen und darüber nachzudenken. Natürlich nicht in einer “rassistischen” Weise. Definieren Sie Rassismus, Herr Dohnanyi.
Im Einzelnen:
Klaus von Dohnanyi, ehemaliger erster Bürgermeister Hamburgs und SPD-Mitglied, Ex-Kurator der “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft”, stellvertretender Vorsitzender des “Konvents für Deutschland” verteidigt Sarrazin und würde ihm auch in einem Schiedsgericht beistehen. Hier Auszüge aus seiner Verteidigungsrede:
“Ist sein Buch jetzt das “Outing” eines Rassisten und Rechtsradikalen? Nein. Sarrazins Grundthese ist einfach. Er ist der Auffassung – und begründet das sehr ausführlich -, dass Deutschland Gefahr läuft, seine geistigen Eliten einzuschmelzen, weil diese selbst zu wenige Kinder bekommen, während Gruppen, die sich bisher nicht durch Arbeit und Leistung hervorgetan haben (manche Deutsche oder Teile von Migranten) mehr Kinder bekommen und so das Leistungsniveau der Nation langfristig absenken könnten.”
Diese Grundthese wäre nicht zwingend rassistisch, sondern nur zynisch, wenn sie sich auf die Tatsache beschränken würde, dass Akademikerkinder deutlich mehr Chancen haben, in die sogenannte “Elite” aufzusteigen, als sogenannte “Unterschichtskinder”. Aber es geht weiter, wie auch Dohnanyi feststellt:
“Sarrazins Behauptung, dass es besondere, kulturelle Eigenschaften von Volksgruppen gibt, kann heute niemand mehr mit Sachkenntnis bestreiten. Die amerikanische Enzyklopädie der Sozialwissenschaften nennt das social race: “soziale Rasse”. Sarrazin sieht nun bei Teilen islamischer Gruppen eine Ablehnung der Integration und darin Gefahren für unsere Bildungs- und Leistungsgesellschaft. Integration sei auch eine “Bringschuld”. Falsch?”
“Besondere kulturelle Eigenschaften von Volksgruppen?” Das klingt äußerst merkwürdig. Was soll das sein? Und was soll der Hinweis auf “social race”? “Race” hat im us-amerikanischen Kontext eine andere Bedeutung als “Rasse” im deutschen. Googelt man nach “Sozialer Rasse”, so erfährt man etwas über Angora-Kaninchen, Islandpferde und Pappilonzucht. “Rasse” impliziert im Deutschen biologistische oder quasi-biologische Zuschreibungen. Noch bleibt Dohnanyi bei “kulutrelle Eigenschaften”, aber der Text geht weiter:
“Sarrazin hat für seine Thesen auch “biologische” Argumente angeführt. Er beruft sich auf eine gewisse Vererblichkeit von Intelligenz. Falsch?”
Ja, falsch, Herr von Dohnanyi. Man kann sich noch über individuelle Vererblichkeit von Intelligenz streiten. Dass sogenannte “Volksgruppen” Intelligenz vererben, ist falsch. Aber natürlich macht es Sinn, von “sozialen Rassen” zu sprechen, wenn man so etwas wie die “kollektive Vererbung von Intelligenz” zu sehen glaubt. Die richtige Kennzeichnung von Menschen, die von “Sozialen Rassen” sprechen und diesen Rassen “erblich bedingte” unterschiedliche Intelligenzgrade zusprechen, ist “Sozialrassisten”.
“Er meint, dass sich das unzureichende Bemühen einer Volksgruppe (oder einer sozialen Gemeinschaft) um Bildung und Erfolgsstreben langfristig auf das messbare Intelligenzniveau dieser Gruppierungen auswirken kann.”
Nicht ganz richtig, wenn schon, dann “langfristig auf das messbare “vererbliche” Intelligenzniveau auswirkt”. Das klingt nach Lamarckismus: Eigenschaften gehen ins Erbgut über; oder nach einer “Entartungs”- und “Dekadenz-/Degenerierungstheorie”; dabei dachte ich bislang, Sarrazin würde vulgärdarwinistisch-eugenisch argumentieren, dass also die “Negative Auslese” eine Gruppe von Menschen mit einer vererbbar niedrigen Intelligenz entstehen lasse, die sich aber überproportional vermehre, also zu einer dysgenischen Entwicklung führe, der man zum Wohle des Volkes eugenisch entgegenwirke müsse. Was daran schlecht ist? Sozialeugenik ist menschenverachtend.
“Und in einem Interview, nach eventuell genetischen Anteilen der Intelligenzvererbung gefragt, meinte er unter Hinweis auf wissenschaftliche Veröffentlichungen in den USA – inzwischen zu seinem eigenen Bedauern -, dass auch die Juden (die in seinem Buch nur Bewunderung wegen ihrer Intelligenz erfahren) vermutlich eine etwas andere (also überlegene) Genstruktur aufweisen könnten. Rassismus?”
Ja. Rassismus. Sarrazin bedauert den Satz mit dem “Juden-Gen”, weil damit die Stimmung plötzlich umschlug. Die New York Times berichtete, dass ein deutscher Bundesbank-Vorstand von Basken- und Juden-Gene sprach. Bis dato wusste Sarrazin sehr wohl zu vermeiden, Begriffe wie “Entartung” und “Eugenik” zu explizit zu nennen. Im Interview hat er sich verplappert. Er hat nicht den Inhalt seiner Aussage bedauert, sondern dass er nun dort gesehen wurde, wo er steht. Es klingt übrigens so, als würden Sie seinen Satz inhaltlich nicht bedauern, Herr von Dohnanyi.
Dass es Begriffe wie “Rasse” gibt, bezweifelt niemand. Die UN hat aber klargestellt, dass es keine biologische Entsprechung von “Rassen” bei Menschen gibt. Man sollte also nicht über “Rassen” nachdenken, sonndern über Rassismus. Als stellvertretener Vorsitzender des “Konvents für Deutschland”, sollte es von Dohnanyi seinen Konventskollegen Oswald Metzger (Ex-SPDler, Ex-Grüner), Wolfgang Clement (Ex-SPDler, inzwischen aus dem Konvent ausgeschieden) gleichtun und die SPD verlassen.
Wolfgang Clement:
“Biologen verwenden für “Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – leben”, übereinstimmend die Bezeichnung “Parasiten”. Natürlich ist es völlig unstatthaft, Begriffe aus dem Tierreich auf Menschen zu übertragen.” Quelle: heute journal 20.10.2005
Oswald Metzger:
Wir können doch heute schon bei Sozialhilfe-Biografien über Generationen beobachten, dass Menschen, die von Transfereinkommen leben, nicht aktiviert werden. Sozialhilfeempfänger werden keineswegs schöpferisch aktiv. Viele sehen ihren Lebenssinn darin, Kohlehydrate oder Alkohol in sich hinein zu stopfen, vor dem Fernseher zu sitzen und das Gleiche den eigenen Kindern angedeihen zu lassen. Die wachsen dann verdickt und verdummt auf. Quelle: Stern.de 20.11.2007
Dohnanyi kann die SPD zusammen mit Sarrazin verlassen ihn in den Konvent reinholen. Hans-Olaf Henkel würde sich über den neuen Kollegen freuen. In der SPD jedenfalls sollte kein Platz für das laute “Nachdenken” über Rassen und Klassenrassen sein.
Nachtrag:
War ja klar, ein weiteres (ehemaliges) Konvent-Mitglied hat sich für Sarrazin stark gemacht: Wolfgang Clement.
Nachtrag 2:
Et Voilà: Auch Oswald Metzger verteidigt nun Sarrazin (in einem Interview mit der Jungen Feiheit, die ich hier nicht verlinken werde):
„Während viele politisch korrekte Meinungsbildner mit Empörung auf Sarrazins Fundamentalkritik an der gescheiterten Integrationspolitik reagieren, die SPD-Spitze ihn rausschmeißen möchte und die Staatsspitze – von der Kanzlerin bis zum Bundespräsidenten – die Bundesbank erfolgreich zur Entfernung des Übeltäters aus dem Vorstand aufforderten, ist sich das gemeine Volk einig: ‘Der Mann sagt die Wahrheit und wird dafür abgestraft!’“
Wo bleibt Olaf Henkel? Oder hält sich Henkel zurück, weil seine Position zum rassistischen “Red Lining” in der Bank of America bereits umstritten genug ist?
Nachtrag 3 (07.09.2010):
Klaus von Dohnanyi im Deutschlandfunk-Interview mit Christoph Heinemann:
“Ob das richtig ist oder nicht, weiß er nicht, weiß ich nicht, aber wenn Intelligenz vererbbar ist, dann könnte ich mir vorstellen, dass abgesehen von der sehr viel besseren Schulpolitik, die die Juden in der Regel in ihren Familien betreiben, und der größeren Bildungsnähe, die sie ihren Kindern vermitteln – das ist ja der große Vorteil der jüdischen Gesellschaft, dass sie einfach mehr Wert auf Bildung legen -, abgesehen davon könnte es natürlich inzwischen auch dadurch ein gewisser höherer Intelligenzquotient abhängig sein von einem Gen. Niemand weiß das, es ist aber keine Sünde, das zu sagen. Wenn Intelligenz vererbbar ist, was offenbar in der Wissenschaft unbestritten ist, dann könnte das der Fall sein.”
Zu dem “was die Wissenschaft” zu dieser Frage sagt, hat sich nun der Dachverband der Biologie-Wissenschaftler_innen eingeschaltet: VBIO: Thilo Sarrazin hat grundlegende genetische Zusammenhänge falsch verstanden:
“In Bezug auf die Aussagen Sarrazins zur Genetik verwehrt sich der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBIO e. V.) entschieden gegen jede politische Instrumentalisierung biologischer Fakten. – Sei es durch Thilo Sarrazin selbst, sei es durch andere Teilnehmer der derzeit laufenden öffentlichen und medialen Debatte.
Die genetischen Thesen von Herrn Sarrazin sind nicht mit den modernen Erkenntnissen zur Evolutionsbiologie des Menschen vereinbar. […]” Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin, 02.09.2010
Marti
Dummer Artikel!