AfD-Richtigstellung: Gegen Gleichstellung

· Allgemein, Artikel (Gender)

Die AfD Berlin hat angeblich über 600 Unterschriften für die Zulassung zur Bundestagswahl beim schwul-lesbischen Motzstraßenfest in Berlin gesammelt. Sie stellte sich als Vorkämpferin für die Gleichstellung der „Homo-Ehe“ dar:

„Die Alternative für Deutschland steht ohne Vorbehalte zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Gleichstellung von Ehen hetero- und homosexueller Paare“ betonte der stellvertretene Sprecher der AfD Berlin, Christian Schmidt. Und der Schatzmeister der AfD Berlin, Frank Hansel, sowie der Sprecher der AfD Berlin, Günter Brinker fügten hinzu, dass „es in einer modernen und toleranten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts darauf ankommt, jene Menschen staatlicherseits zu würdigen, die im Leben füreinander Verantwortung übernehmen. Dem trägt das Verfassungsgericht mit seinem Urteil erfreulicherweise Rechnung.“

Wie zu erwarten war, kam es kurze Zeit später zu einer deutlichen Distanzierung seitens des AfD-Vorstandes:

„WICHTIGE Mitteilung in eigener Sache
Der Vorstand der Alternative für Deutschland distanziert sich ausdrücklich von der Pressemitteilung zum Berliner Motzstraßenfest vom 19.6.2013. Die steuerliche Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist ein politischer Nebenkriegsschauplatz und darf nicht en passant zu einer faktischen Entwertung der durch das Grundgesetz geschützten Ehe führen. Die Ehe ist aber eine Marke unseres Wertekanons, den wir schützen müssen!
Der Bundesvorstand der Alternative für Deutschland“

Es hätte der AfD Berlin bekannt sein müssen, dass die Bundespartei nicht die Forderung nach einer Gleichstellung unterstützt. Die beiden Spitzenkandidat_innen der AfD in Berlin gehören beispielsweise zum konservativen Lager.  So hatte Spitzenkandidat Joachim Starbatty just am Tag der PM der Berliner AfD einen Auftritt bei der pflichtschlagenden und zum extrem rechten Dachverband DB zählende Burschenschaft Rheinfranken in Marburg. Auf Platz 2 kandidiert für Berlin Beatrix von Storch, die das Netzwerk Zivile Koalition aufgebaut hat, zu welchem auch die Initiative Familienschutz von Freifrau von Beverförde zählt – eine Speerspitze im Kampf gegen Gleichstellung der „Homo-Ehe“.

Natürlich war dem Berliner Landesverband bekannt, dass die Gleichstellungsforderung kein Konsens ist. Das Gegenteil dürfte eher der Fall sein. Allerdings gibt es im Berliner Landesverband einen massiven Machtkampf. Und dieser wurde jetzt anscheinend mit dem Berliner Straßenfest geführt. Die Mehrzahl der über 600 Teilnehmer_innen der Straßenfestteilnehmer_innen, die der AfD ihre Unterschrift gegeben haben, werden wohl kaum Beatrix von Storch wählen. Hätten sie die tatsächliche Positionierung der Partei gekannt, hätten sie wahrscheinlich auch nicht unterschrieben.

Nachtrag 22.06.2013

Auch queer.de berichtet nun über die Differenzen zwischen Landes- und Bundesverband: Alternative für Deutschland. Homo-Streit bei den Euro-Gegnern.

11 Kommentare

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    • Peter C. Gerlach

      Sie repräsentieren nicht die Parteibasis und sollten sich daher auch nicht so nennen.

  1. Tobias Wagenbach

    In Köln hat man im Stadtverband der Alternative für Deutschland (AfD) ebenfalls beschlossen, beim Cologne Pride Flagge zu zeigen. In Metropolen wird die AfD die Wichtigkeit der homosexuellen Zielgruppe erkannt haben.

    • Andreas Kemper

      Dilger hat sich auch von der heterosexistischen Positionierung der AfD distanziert. Die Familienorierentierung (und das heißt dort: Mann, Frau, Kinder) ist ein konstitutives Merkmal der AfD.

      • Peter C. Gerlach

        Gibt es dagegen irgendetwas zu sagen Herr Kemper? Die Väter des Grundgesetzes hatten genau dies im Sinn.

    • Peter C. Gerlach

      Die AfD wird keine Randgruppenthemen aufgreifen, nur um ein bestimmtes Wählerkontingent mit abzufischen. Andere Parteien machen das und verwässern ihr Programm. Wir gehen mit unseren Themen in den Wahlkampf und wer uns dafür wählt, kann jedwede Religion, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung haben, es ist uns egal. Btw. der Staat hat nur ein Interesse, überhaupt Familienpolitik zu machen, nämlich den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern. Daher schützt er grundgesetzlich die Ehe. Schützt er gleichzeitig die Homo-Ehe, wäre ja der Zweck verfehlt.

      • Tim Volkmar

        Nein. Die AfD hat in Ihrem Parteiprogramm eben genau nicht das Thema EHE explizit herausgestellt, sondern das Thema FAMILIE. Die Ehe beruht auf der gleichen Wertigkeit wie die Eingetragene Partnerschaft von Homosexuellen. Erst wenn Kinder hinzukommen, egal ob die eigenen oder adoptierte Kinder, kann man von einer Familie sprechen.

      • Julian Langer

        Und mit welcher Begründung erhalten kinderlose Eheleute dann diesen Schutz? Die Ehe ist zunächst einmal nur eine feste Verbindung zweier gleichgestellter Menschen und nichts weiter. Dann muss man alle Schutzmechanismen nicht an der Ehe, sondern an den vorhandenen (!) Kindern festmachen. Warum erlaubt man nicht die Adoption für gleichgeschlechtliche Paare? dann können die auch etwas beitragen. Nein – hier geht es nur um konservative Denkweisen und nicht um eine fundierte wissenschaftliche und objektive Betrachtung.

  2. Tobias Wagenbach

    Auch Herr Landgrebe (ebenfalls im Landesvorstand NRW) vertritt eine ganz klar liberale Position beim Theme Homo-Ehe. Der Bundesvorstand steht mit seiner Sprachlosigkeit offenbar isoliert da. Die Zielgruppe der bürgerlichen Homosexuellen wird offenbar auch in der AfD erkannt.

    • Andreas Kemper

      Das wäre zu wünschen. Leider sind die Zivile Koalition und die Frankfurter Gruppe (Hübner) explizit gegen eine Gleichstellungspolitik für gleichgeschlechtliche Paare. Also mir scheint eher, dass die Liberalen in nordrhein-westfälischen und berliner Landesverbänden die Ausnahme sind und dass der Bundesverband die Mehrheit spiegelt.

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