Massenexodus nach dem Rechtsruck der AfD
Nach dem Durchmarsch nationalkonservativer Politiker*innen während des Parteitages am 4./5.7.2015 in Essen kündigen eine Reihe von AfD-Funktionären und Landesvorsitzenden ihren Austritt an. Selbst Konrad Adam erwägt seinen Parteiaustritt. Er galt bislang als Vertreter des nationalkonservativen Flügels, positionierte sich allerdings gegen die Partei-Rechtsaußen Björn Höcke und Peter Münch, und wurde daher weder in Sprecher- noch in Beisitzerpositionen gewählt. Bereits während eines Durchmarsches der Rechten im Landesverband Hessen, wo der Ex-Republikaner Münch zu einem von drei Sprechern und der Neurechte Andreas Lichert in den Vorstand gewählt wurde, hätte sich für Adam zeigen können, wohin die Reise geht. Adam hatte sich zuvor mit Hans-Olaf Henkel, der inzwischen auch seinen Parteiaustritt bekannt gab, überworfen. Adam ist einer der Initiatoren der AfD. Er hatte 2012 als Mitglied des konservativen Berliner Kreises der CDU Alexander Gauland auf den Volkswirt Bernd Lucke aufmerksam gemacht. Gemeinsam gründeten die drei im September 2012 die Wahlalternative2013, aus der dann die AfD hervorging. Henkel stand im Hintergrund, unmittelbar nach seinem Artikel “ESM: Aus, aus, das Spiel ist aus!” ging die Wahlalternative2013 über Facebook an die Öffentlichkeit.
Bereits mehrere Landesvorstände der AfD haben ihren Austritt angekündigt: Ulrike Trebesius (Schleswig Holstein), Bernd Kölmel (Baden-Württemberg) und Uwe Zimmermann (Rheinland-Pfalz).
Mit Uwe Zimmermann könnten weitere Mitglieder, u.a. die Hälfte des Vorstandes der AfD Rheinland-Pfalz, die AfD verlassen. Für heute Abend 18 Uhr ist eine Presseerklärung angesetzt.
Auch in der AfD Rheinland-Pfalz würde es dann zu einem deutlichen Rechtsruck kommen. Die Neue Rechte hatte vor wenigen Monaten in der AfD die “Erfurter Resolution” verabschiedet. Insbesondere Stefan Scheil aus dem Rhein-Pfalz-Kreis arbeitet schon länger mit der Neuen Rechten um Götz Kubitschek zusammen. Es wird sich zeigen, wieviele AfDler*innen aus diesem Spektrum in den neuen Vorstand der AfD aufrücken und welche von ihnen bei der Landtagswahl am 13. März 2016 als Spitzenkandidat*innen antreten werden.
Unterstützer der „Erfurter Resolution“ (Funktionäre) in Rheinland-Pfalz (Stand 13. April 2015):
Kreis Bad Kreuznach
- Friedrich-Wilhelm Servaty, Beisitzer im AfD-Kreisvorstand Bad Kreuznach
Kreis Birkenfeld
- Gabriele Bublies-Leifert, Kreisvorsitzende Birkenfeld (Stipshausen)
Ulrich Wilhelm Leifert, Schatzmeister KV Birkenfeld
Kreis Germersheim
- Theodor Nist, Beisitzer im Vorstand Kreisverband Germersheim
Kreis Landau
- Volker Bauer, Beisitzer Vorstand KV Landau
- Myriam Kern, Stadträtin Landau
- Jürgen Sauer, Schatzmeister KV Landau
Kreis Ludwigshafen am Rhein
- Timo Böhme, Schriftführer Kreisverband Ludwigshafen am Rhein
- Klaus Räuchle, Mitglied und Stellvertreter Integrationsausschuss
Kreis Mayen-Koblenz
- Walter Scharbach, 2. Stellvertretender Vorsitzender Kreis Mayen-Koblenz
Kreis Rhein-Pfalz
- Tony Kleinert
- Stefan Scheil, Fraktionssprecher im Kreistag des Rhein-Pfalz-Kreises
- Claus-Peter Tabellion, Beisitzer Kreisverband Rhein-Pfalz-Kreis
Kreis Südliche Weinstraße
- Werner Franz Schneidser, Stellv. Kreisvorsitzender Kreisverband Südliche Weinstraße
Kreis Trier
- Mirco Kos, Beisitzer Kreisverband Trier

Screenshot der Internetpräsenz “Der Flügel” vom 11.4.2015 – Die Funktionäre haben anscheinend laut “Der Flügel” der Veröffentlichung zugestimmt, sonst ergäbe das Wort “ebenfalls” des Folgesatzes keinen Sinn.
M. Boersch
„Was früher normal war, gilt heute als rechts“!! Das schrieb der politisch völlig unverdächtige Ex-ZDF-Journalist Peter Hahne vor wenigen Tagen. Und trifft damit den Nagel eigentlich auf den Kopf. Man kann das auch googeln 🙂 Das meint natürlich, dass insbesondere die ehemals stockkonservative CDU und selbst die CSU inzwischen so sozialdemokratisiert worden sind, dass die ganz normalen Menschen, die sich nicht vom Sozialdemokratismus angezogen fühlen, inzwischen keine polit. Heimat mehr haben. Daher war die Beschränkung der Lucke-AfD auf den Gesellschaftsbereich “wirtschaftsliberal” nicht nur taktisch falsch, sie machte die Entwicklung der AfD auch abhängig davon, ob sich die FDP berappelt oder nicht. Tatsächlich hat sich die FDP in Hamburg und Bremen so berappelt, dass die AfD nur zwischen 6,1 und 5,5 % der Wählerstimmen bekommen hat. Das war das Potential des Wahlkämpfers Bernd Lucke. In Thüringen und Sachsen haben Björn Höcke und Frauke Petry 10,6 bzw. 9,7 % der Wählerstimmen eingefahren. Mit anderen Worten: Es gibt tatsächlich keinen Rechtsruck in der Petry-Meuthen-AfD sondern eine Hinwendung zur Wählerschaft. Das ist nicht nur notwendig, es ist auch klug 🙂