Bei der Landtagswahl NRW 2017 fiel mir auf, dass die prozentualen Wähler*innenstimmen für die AfD mit der offiziellen Arbeitslosenstatistik der Bezirke korrelieren, ja fast durchgehend deckungsgleich sind: 4,5% Arbeitslosigkeit → 4,5% AfD-Stimmen (Münsterland); 11% Arbeitslosigkeit → 11% AfD-Stimmen (Ruhrpott). Bei den Bundestagswahlen 2017 gab es ein ähnliches Ergebnis.
Aber auch innerhalb der Städte selber scheinen AfD-Hochburgen deckungsgleich mit den sogenannten “sozialen Brennpunkten” zu sein, also mit den Stadtteilen, die sozial exkludiert sind, mit einer hohen Arbeitslosenziffer und vielen armutsbezogenen Problemen.
In Münster gab es bei der Bundestagswahl 273 Wahlbezirke. In 16 Wahlbezirken erreichte die AfD über 10%. 12 dieser 16 Wahlbezirke befinden sich in den Stadtteilen, die den Ruf haben, “soziale Brennpunkte” zu sein: Berg Fidel, Coerde, Kinderhaus und Osthuesheide. Die restlichen 4 Wahlbezirke der 16 Wahlbezirke mit über 10% Wahlbeteiligung befinden sich in Vororten. In den Klammern findet sich die Platzierung hinsichtlich der prozentualen AfD-Stimmen.
Berg Fidel
Hogenbergstraße 21,91% (Platz 1)
Am Berg Fidel 15,20% (Platz 4)
Vennheideweg 11,55% (Platz 12)
Coerde
Königsberger Straße 15,99% (Platz 3)
Dachsleite 14,84% (Platz 5)
Marderweg 13,14% (Platz 7)
Breslauer Straße 11,85% (Platz 11)
An der Meerwiese 10,58% (Platz 14)
Kinderhaus
Killingstraße 12,76% (Platz 8)
Kinderhaus Zentrum 12,43% (Platz 10)
Osthuesheide
Bachstraße 18,03% (Platz 2)
Theodor-Heuss-Straße 14,20% (Platz 6)
Das heißt für NRW und für Münster kann sehr deutlich festgehalten werden: Die Wähler*innenstimmen für die AfD kommen überwiegend aus den sogenannten “sozialen Brennpunkten”. Wer also die AfD bekämpfen will, sollte sich um die verarmten und marginalisierten Stadtteile kümmern.
Markus
Hallo. Dasselbe Phänomen gibt es auch in Köln. Von den 15 größten Städten in Deutschland hatte die AfD in Köln mit 7,2% das schlechteste Ergebnis. http://www.election.de/img/maps/btw17_stadt_details.png
Die AfD konnte dort immerhin eines von 800 Stimmbezirken gewinnen, nämlich “Finkenberg 71602”. Und wie im Text von Ihnen beschrieben, ist auch Finkenberg ein sozialer Brennpunkt in der Domstadt (https://de.wikipedia.org/wiki/Finkenberg_(K%C3%B6ln)#Sozialer_Brennpunkt). Bei einer Wahlbeteiligung von nur 38% in dem Bezirk wählte etwa jeder Vierte dort die AfD. 80% der Leute dort haben einen Migrationshintergrund, weshalb ich auch der Meinung bin die sogenannte “Angst vor Überfremdung” ist nicht der Hauptgrund die Partei zu wählen. Im “Veedel” direkt daneben, in Eil wählten “nur” 10% die AfD.
Allgemein lässt sich im Fall Köln sagen, dass die AfD dort mehr gewählt wurde, desto weiter man sich von der Innenstadt entfernt. Bei Grünen und Linken ist es übrigens genau umgekehrt. Dieselbe Erkentniss konnte man bereits in Frankreich und Holland bemerken, als Wilders und Le Pen in den Stadtzentren der Großstädte extrem schlecht waren.
In vielen Vierteln wie Lindenthal bspw. bekam die Partei nur 2-3%. Ebenfalls habe ich bemerkt, dass dort wo die FDP besonders stark ist, die AfD automatisch deutlich schlechter ist, wie bspw in Braunsfeld (FDP 23%, AfD 4%)
Die AfD war in Köln rechtsrheinisch auch etwa 3-5% im Schnitt besser als linksrheinisch, wofür ich noch keine Erklärung habe.
http://www.ksta.de/interaktiv/bundestagswahl-2017-in-koeln-so-haben-die-menschen-in-ihrem-veedel-gewaehlt-28480938