Website-Icon Andreas Kemper

Zur Flexibilität des eisernen Gesetzes der Ungleichheit

Thilo Sarrazin hatte bei Volkmar Weiss plagiiert, als er behauptete, die Nazis hätten die „jüdischen“ Intelligenztests abgelehnt. In dem Buch „Der Kulturumsturz. Die Bedrohung des Untermenschen“ („The Revolt Against Civilisation. The Menace of the Under Man“, 1922) des Rassisten Lothord Stoddard bezieht dieser sich auf Intelligenztests, die sowohl klassenspezifisch als auch ethnisch differenzieren. Ausgerechnet im Kapitel „The Iron Law of Inequality“ verweist er auf die niedrige Intelligenz von italienischen Kindern in den USA.

„Eisernes Gesetz“? In den 1920er Jahren in den USA traf es italienische Kinder

Es soll damit auf die „rassissche Vererbung“ hingewiesen werden. Dies zeigt, wie flexibel Rassist_innen immer aufs neue „eiserne“ Gesetze aufstellen.

Stoddards Untermenschen-Konzeption wurde von den Nazis übernommen. Er differenzierte zwischen „Primitiven“, die in einer „zivilisierten Gesellschaft“ am falschen Platz seien und „Degenerierten“. Beide Gruppen seien grundsätzlich „unzivilisierbar“. Diese „Unzivilisierbarkeit“ wurde im nationalsozialistischen Regime unter anderem durch die Ergänzung eines Abschnitts zur „Bildungsunfähigkeit“ im entsprechenden Gesetzestext aufgenommen. Auch Sarrazin thematisierte in „Deutschland schafft sich ab“ an verschiedenen Stellen die „Bildungsfähigkeit“. „Untermenschen“ wurden von Stoddard mit „the insane all those melancholy wasteproducts which every living species excretes but which are promptly extirpated in the state of nature“ beschrieben. Stoddard besuchte 1940 Hitler, Goebbels und Himmler und Sitzungen des Erbgesundheitsobergerichts in Berlin-Charlottenburg, an dem auch der Großvater des Sarrazin-Verteidigers Klaus von Dohnanyi Richter war. Himmler gab selber einen Bildband mit dem Titel „Der Untermensch“ heraus.

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