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Auch im AfD-Vorstand setzen sich die Rechten jetzt durch

Das wars dann wohl für den neoliberalen Bernd Lucke. Bislang galt er als der Parteichef und Repräsentant der AfD. Nun wird er von den AfD-Sprechern und Sprecherinnen für einen Termin am 18.01.2015 vorgeladen. Diese Vorladung kann Lucke sowohl als Abmahnung als auch konzertierte Kampfansage begreifen.

Unterschrieben wurde dieser Brief von Alexander Gauland, Frauke Petry, Konrad Adam, Beatrix von Storch und Marcus Pretzell.

Hierbei geht es zunächst um das Verhalten Luckes, welches in der Partei als ein selbstherrliches Walten „nach Gutsherrenart“ verstanden werde. Lucke möchte beim Parteitag am 31.1.2015 in Bremen den Satzungsentwurf in der Weise ändern, dass es nur noch einen Parteivorsitzenden gäbe und nicht mehr wie bislang drei. Es wurde ihm vorgeworfen, in den zurückliegenden Tagen an den beiden anderen Parteivorsitzenden (Adam und Petry) vorbei zu einem bundesweiten Treffen der Kreisvorsitzenden eingeladen zu haben. Diese Einladung wird in der AfD als der Versuch gewertet, die Kreisvorsitzenden auf seine Seite zu ziehen. Seine Ankündigung, er würde als Parteivorsitzender zurücktreten, wenn der Satzungsentwurf nicht durchkommt, wurde als Drohung wahrgenommen.

Aber es gibt auch inhaltlichen Widerspruch an den neoliberal orientierten Bernd Lucke durch die nationalliberal/ nationalkonservativ ausgerichteten AutorInnen des Briefes:

„Aber in anderen Fragen brauchen wir an der Parteispitze gleichberechtigte Repräsentanten, die auch die anderen Themen überzeugt und überzeugend vertreten. Sie, Bernd Lucke, haben in Straßburg für Sanktionen gegen Russland gestimmt; für das EU-Ukraine-Assoziierungsabkommen und damit für die Vorbereitung der Aufnahme der Ukraine in die EU und die Nato; für das EU-Georgien-Abkommen mit einer ähnlichen politischen Schlagrichtung; Sie wollen nicht gegen das Gender-Mainstreaming „agitieren“, wie Sie sagen, weil Wikipedia darunter die „Gleichstellung der Geschlechter“ definiert- und das ja eigentlich gut sei, und Sie halten Bürgerrechte für ein Thema, das bei SPD und Grünen ausreichend aufgehoben ist, weil Sie kein Liberaler seien. Sie wollten in einer Mail an alle Mitglieder am 1. November 2014 faktisch allen den Parteiaustritt nahelegen, die kritisch über Zins- und Zinseszins, das Geldsystem oder eine goldgedeckte Währung, über den Einfluss amerikanischer Banken auf die Politik oder die Souveränität Deutschlands nachdächten. Die AfD lehne ab, was als sogenannte Systemkritik daherkomme. Nur durch gut funktionierende Teamarbeit im Vorstand konnte der Versand dieser Mail verhindert werden.“

Was nicht direkt angesprochen wurde, ist der aktuelle Umgang mit Pegida. Zwar hat sich auch Lucke inzwischen mit Pegida solidarisiert, aber dies kann durchaus als ein opportunistisch-populistisches Zugeständnis an die AfD-Wähler*innen gewertet werden, die ja zu 72% mit Pegida sympathisieren. Gauland hingegen ist eigens von Brandenburg zur Pegida-Demonstration nach Dresden gefahren, Adam agiert schon seit Jahren gegen islamische Migrant*innen, Petry lädt am Montag, den 5.01.2015, zwölf Pegida-Führer zu einem gemeinsamen Treffen in den sächsischen Landtag nach Dresden ein. In dem Brief wird positiv die Angst „vor Überfremdung“ hervorgehoben:

„Wir haben durch die letzten Wahlen unsere Parteibasis enorm verbreitert. Es sind Menschen zu uns gestoßen, die nicht allein Alternativen zum Euro suchen, sondern auch zu vielen anderen Fehlentwicklungen in unserem Land. Es sind Menschen, die Zuwanderung nicht allein nach wirtschaftlichen Notwendigkeiten, sondern auch im Sinne einer kulturellen Verträglichkeit gesteuert sehen möchten. Es sind Menschen, die eine islamische Überfremdung fürchten, und solche, die sich ein europäisches Haus nicht gegen Russland wünschen.“

Dieser Brief ist nicht nur im Hinblick auf den Parteitag in Bremen geschrieben, sondern auch auf die Neuwahlen des Bundesvorstandes im Frühjahr. Die fünf UnterzeichnerInnen sind somit auch als diejenigen zu sehen, die als neue AfD-Chefs in Frage kommen. Wer sind die fünf?

Konrad Adam hat zusammen mit Alexander Gauland und Bernd Lucke die Wahlalternative 2013 gegründet, den Verein, aus dem im Januar 2013 die AfD hervorging. Adam gehört also mit Gauland und Lucke zu den drei Urvätern der AfD. Adam ist zudem mit Lucke und Petry zusammen AfD-Sprecher. Lucke ist also keineswegs der Chef der AfD, sondern teilt sich diesen Posten mit den anderen beiden. Zudem ist Adam einer der drei Sprecher des LV Hessen der AfD. Adam hatte als Redakteur der Welt seit Jahren für einen Sozialabbau geschrieben, das allgemeine Wahlrecht ist seiner Meinung nach kein gesellschaftlicher Fortschritt, weil dadurch die „Passiven die Aktiven lähmen“. In seinen Texten stigmatisiert er Migranten zu Messerstechern.

Frauke Petry ist zusammen mit Lucke und Adam Sprecherin der AfD. Sie ist zudem Landessprecherin in Sachsen und seit ihr der sensationelle Wahlerfolg in Sachsen gelang und sie mit zehn Prozent in den Landtag einziehen konnten, ist sie auch Fraktionssprecherin. In einem Interview mit der neurechten Jungen Freiheit während der Leipziger Buchmesse 2014 definierte sie die AfD zumindest in Sachsen nicht mehr als Anti-Euro-Partei, sondern als Partei der Familie, wobei Familienpolitik, das dürfe man ja heute wieder sagen, Bevölkerungspolitik sei.

Alexander Gauland ist ebenfalls ein Urvater der AfD. Er ist stellvertrender AfD-Sprecher und zog mit 12 Prozent in das brandenburgische Landesparlament ein. Er ist Sprecher und Fraktionssprecher der AfD Brandenburg. Gauland war hessischer Staatssekretär für die CDU und Herausgeber der Märkischen Allgemeinen in Brandenburg. Kurz vor der Gründung des Vereins Wahlalternative 2013 verfasste er einen Zeitungsartikel, in dem er den Pazifismus der Deutschen kritisierte. Dabei berief er sich auf die berüchtigte Eisen-und-Blut-Rede Bismarcks. Gauland strebt eine bismarcksche Außenpolitik an, die als russland-freundlich gilt. Er bezeichnete die AfD als nationalliberal.

Marcus Pretzell ist Vorsitzender des größten Landesverbandes der AfD (der LV NRW hat 4000 Mitglieder) und einer von sieben AfD-Europa-Abgeordneten. In NRW galt er als Gegenspieler des ehemaligen neoliberalen Landesvorsitzenden Alexander Dilger. Im Frühjahr 2014 hat sich Pretzell gab es in der AfD NRW einen deutlichen Rechtsruck. Pretzell kandidierte beim Bundesparteitag 2014 in Erfurt gegen Hans-Olaf Henkel um einen Posten als stellvertender Parteivorsitzender. Diese Kampfkandidatur gegen den prominenten Henkel hat er äußerst knapp verloren. Pretzell nahm an einer Veranstaltung der Jungen Alternative NRW teil, zu der der Vorsitzende der rechtspopulistischen UKIP eingeladen war. Pretzell hatte als Bundes-Beirat damit gegen die Parteilinie Luckes verstoßen, sich nicht mit rechtspopulistischen Parteien aus anderen Staaten zu treffen. Er erhielt damals noch eine Abmahnung und verließ Monate später den Bundesvorstand.

Beatrix von Storch ist Europaabgeordnete der AfD. Sie koordiniert für die drittgrößte Fraktion des Europäischen Parlaments, der ECR, die Geschlechter- und Familienpolitik. Beatrix von Storch ist verwandschaftlich mit dem Hochadel verbunden. Sie hat das politische Kampagnen-Netzwerk Zivile Koalition gegründet. Die Zivile Koalition organisiert u.a. die erzreaktionären und homophoben „Demos für alle“.

Der neue Vorstand wird sich aus diesen Leuten zusammen setzen. Mit oder ohne Lucke. Adam (Jg. 42) und Gauland (Jg. 41) könnten aus Altersgründen für den Vorstand ausscheiden. Beatrix von Storch ist mit ihrem Kampagnen-Netzwerk und ihrem Sitz im Europa-Parlament voll ausgelastet. Es kann gut sein, dass Adam, Gauland und von Storch gerne einen Posten in der zweiten Reihe haben, mit kompatiblen ParteisprecherInnen, von denen keine Alleingänge erwartet werden. Ich tippe daher auf einen neuen Vorstand mit Preztell und Petry.

Von der Jungen Alternative Baden-Württemberg wird zudem Björn Höcke als Aufsteiger gefeiert. Er gilt als einer der wichtigsten Sympathieträger der Jungen Alternative. Höcke ist Sprecher und Landesfraktionssprecher der AfD in Thüringen und gehört ideologisch zur Neuen Rechten.

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