Das klassistische Oben-Unten Bewertungsschema

Mit der Klassengesellschaft geht ein Denkschema einher, welches gesellschaftliche Gruppen entlang einer Vertikale verortet. Dieses Denkschema ist älter als der Feudalismus, bereits in der Antike gab es bekanntlich den Hades und den Olymp.

Vertikalismus und infernografische Wertung

Mit dem Vertikalismus geht ein Bewertungsschema einher. Dessen starke Verankerung zeigt sich darin, dass selbst die Bewertungsbegriffe vertikal bestimmt sind, da man von Auf- und Abwertung spricht, was sich beispielsweise in Platzierungslisten wiederfindet, wo die Besten oben abgebildet werden oder bei Siegerehrungen etwas höher stehen. Soziale Gruppen wurden als Stände vertikalisiert, und es kamen mit den Stratifizierungsmodellen, dem “Zwiebeldiagramm” bestenfalls horizontale Differenzierungen hinzu, die sich auch noch in Bourdieus Kapitalsorten-Diagramm oder in den Milieu-Darstellungen von Sinus und Michael Vester wiederfinden. Auch der Staat trägt mit den Amtsbezeichnungen der Beamten oder den Dienstgraden im Militär zum vertikalen Bewertungsschema bei, wenn ein Oberstudienrat “höher” gestellt ist als ein Studienrat oder ein Oberst in der Befehlshierarchie “über” dem Unteroffizier steht. Der Begriff Inferno, der aus dem Lateinischen kommend, so viel wie “unten” hieß, heißt im Italienischen bereits “Hölle”. Aus dem Schlund des Orcus strömen sowohl die Orks als auch die Morlocks, die Untermenschen als aus den Höhlen und Gräben kriechenden Zombies und Infizierten, um die Elite, die Elben, die Eloi zu fressen. Es geht hier nicht nur um die sprachlich-symbolische Infernografie und nicht nur um das sich beispielsweise in der Architektur niederschlagende Dispositiv, welches abfälliges Herunter- und hochachtendendes Heraufschauen unterstützt. Sondern es erfordert auch tägliches Training, dieses Klassenbild von Unter- und Oberschicht um 90 Grad zu drehen, die Infernografik zu zerschmetterten, in dem die Vertikale in die Horziontale umgestürzt wird – also sich permanent gegen die eingefressenen Bilder klar zu machen, was Ton, Stein, Scherben einst in einem Liebeslied sangen: Ich bin nicht über dir, ich bin nicht unter dir, ich bin neben dir.

Dies ist somit eine Aufforderung an den Staat, vertikale Bezeichnungen wie “unter”, “über”, “haupt” aus den Amtsbezeichnungen und Dienstgraden zu entfernen, um der Untertanenmentalität und dem Radfahrerprinzip (nach oben buckeln und nach unten treten) entgegenzuwirken; und eine Aufforderung an die Soziologie Vertikalismen aus der Sozialstrukturanalyse zu verbannen.

1 Kommentar

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  1. anonyme_Untersch1cht

    Vertikalismen aus der Sozialstrukturanalyse zu verbannen hmm.. wie soll das gehen? Also wenn etwas ne hierarchische Ordnung hat und es darum geht eben diese Ordnung darzustellen.

    Könnte mir höchstens ne Umdrehung der typischen Vertikalismen in der Darstellung denken, wobei das dann ziemlich verwirrend für die Kommunikation werden könnte, wenn dann von der Unterschicht der “Reichen” geredet wird bzw. die als “da unten” bezeichnet werden. Vor allem wenn im dominanten System, also außerhalb einer einzelnen Theorie argumentiert werden müsste ;D

    Wenn du:

    Unter- und Oberschicht um 90 Grad zu drehen, die Infernografik zu zerschmetterten, in dem die Vertikale in die Horziontale umgestürzt wird

    machst, dann ergibt sich imho eine Art “Fortschrittsbalken”. Also die Hierarchie lässt sich auch horizontal darstellen. Im Sinne von “schneller, weiter”.

    Und wenn du die zuvor “obersten” nach links packst dann ändert sich imho einfach nur die Leserichtung.

    vielleicht hab ich auch nen Denkfehler drin, aber bin von der Aufforderung(was Sozialstrukturanalyse betrifft) ehrlich gesagt verwirrt und kann damit jetzt leider gar nichts so recht anfangen ;D

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