In einem älteren Artikel hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass hinter der rechten Partei Alternative für Deutschland Interessen eines Teils der deutschen Wirtschaft stehen. Interessensverbände der Wirtschaft hatten sich im letzten Jahr einen offenen Streit über die EURO-Politik geliefert. Während der mächtige BDI hinter der Politik von Merkel und Schäuble stand, kritisierten Familienunternehmerverbände wie Stiftung Familienunternehmen und Die Familienunternehmer – ASU die Rettungsschirm- und Finanzpolitik. Allerdings trug der Verband Die Familienunternehmer – ASU zu einem späteren Zeitpunkt die extreme Kritik der Stiftung Familienunternehmen nicht mehr mit. Gestern fand eine interessante Tagung statt, die plausibel machen könnte, in wessen Interesse die Alternative für Deutschland gegründet wurde und warum sie so schnell erfolgreich wurde. Die Rede ist von der sogenannten WELT-Konferenz, eine Kooperationsveranstaltung von Stiftung Familienunternehmen und der WELT-Gruppe aus dem Springer-Konzern.
Der Medienerfolg der AfD
Die Alternative für Deutschland ist meines Erachtens die erste Facebook-Partei. Bereits das Vorgänger-Projekt Wahlalternative 2013 machte seine Werbung vor allem über Facebook. Heute überkreuzten sich interessanterweise zwei Meldungen: Die AfD-Facebook-Seite hatte erstmals mehr “Likes” als die FDP-Facebook-Seite und die Partei AfD tauchte erstmals offiziell mit einem Ergebnis von 3 Prozent in einer offiziellen Wahlumfrage auf und zog zwei Tage nach dem Gründungsparteitag bereits mit der Piraten-Partei gleich.
Ich hatte ursprünglich gemutmaßt, dass der AfD der Einzug in den Bundestag gelingen könnte, wenn sie von der BILD unterstützt wird. Allerdings sieht es bislang nicht so aus, dass die BILD die AfD ernsthaft unterstützt. Sie bleibt ambivalent. Und ohne Unterstützung der BILD wird eine rechtspopulistische Partei wenig Chancen auf Erfolg haben. Die Alternative für Deutschland hat alle Sympathien der extrem rechten Jungen Freiheit und umgekehrt verlinkt die AfD immer wieder gerne deren Artikel auf der eigenen Facebook-Seite. Doch die Junge Freiheit erreicht nur ein bestimmtes Spektrum und ist nicht in der Lage wie die BILD, auf breiter Ebene Ressentiments in Wählerstimmen umzuwandeln.
Der SPRINGER-Verlag scheint in der Frage der AfD-Unterstützung genau so gespalten zu sein, wie die Wirtschaft in der EURO-Frage. Während sich die BILD ambivalent bis ablehnend verhält, scheint die WELT-Gruppe die AfD gefördert zu haben. Dies begann bereits im Herbst letzten Jahres, als Günter Lachmann mit einem WELT-Artikel die Wahlalternative 2013 bekannt machte. Lachmann berichtete in mehreren WELT-Artikel über die Entwicklung der WA2013 bzw. der AfD. Allein im März 2013, nach der Ankündigung der Gründung der neuen Partei Alternative für Deutschland, erschienen ein Dutzend Artikel. Eine Woche vor dem Gründungsparteitag widmete die WELT AM SONNTAG schließlich ihre ersten drei Seiten (!) der AfD und der sogenannten EURO-Krise.
Es mag hier nicht unerheblich sein, dass Konrad Adam, Mitinitiator der Wahlalternative 2013 und Vorstandsmitglied der Alternative für Deutschland, sieben Jahre lang politischer Chefkorrespondent der WELT gewesen ist. Aber es gibt noch einen weiteren – indirekten – Bezug der WELT-Gruppe zur Alternative für Deutschland. Die WELT-Gruppe organisiert zusammen mit der Stiftung Familienunternehmen die WELT-Währungskonferenz. Damit bestehen direkte Kontakte zur Stiftung Familienunternehmen. Und diese Stiftung wiederum sympathisiert mit der AfD.
Stiftung Familienunternehmen
Ich hatte bereits vor einem Monat gemutmaßt, dass die AfD die Interessen einer bestimmten Kapital-Fraktion, nämlich die der Unternehmer, die in der Stiftung Familienunternehmen zusammengeschlossen sind, vertreten. Mitte März hatte ich geschrieben:
“hinter den politischen Kulissen scheint eine massive Auseinandersetzung zwischen Unternehmen stattzufinden. Die CDU vertritt die Interessen des mächtigen Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) (100.000 Unternehmen). Die Alternative für Deutschland hingegen vertritt die Interessen der deutschen Familienunternehmer, die in Die Familienunternehmer und in derStiftung Familienunternehmer vertreten sind. Das Handelsblatt berichtete letztes Jahr über eine Stellungnahme des BDI, die sich direkt gegen die Berliner Erklärung der Familienunternehmer wandte.
In der Stiftung Familienunternehmer ist unter anderem die von Finck’sche Familie vertreten. August von Finck hatte bereits den Bund Freier Bürger unterstützt, eine Anti-Euro-Partei, von denen verschiedene Mitglieder (Schachtschneider, Starbatty, Bandulet) auch in der Alternative für Deutschland aktiv sind. Von Finck finanzierte zudem eine Kampagne des BürgerKonvents, in dessen Vorstand nun mit Beatrix von Storch und Vera Lengsfeld zwei Vertreterinnen des Netzwerkes Zivile Koalition sitzen.”
In einem Artikel der WELT von gestern über den WELT-Kongress ist nun zu lesen:
“Auf die Frage, ob er damit die Euro-kritische Partei Alternative für Deutschland (AfD) unterstütze, sagte er: “Wir in unserer Stiftung sind natürlich konservative Leute, wir betreiben keine Parteipolitik.” Aber es gebe Ansätze, die man teile. Und dann verwies er auf das Wählerpotenzial der AfD.” http://www.welt.de/wirtschaft/article115366812/Bundesbank-wirbt-fuer-Geduld-mit-Frankreich.html
In einem Streitgespräch um den Euro zwischen Thilo Sarrazin und dem Mitglied der “Wirtschaftsweisen”, Peter Bofinger, war Bofinger in der Defensive, wie die WELT heute berichtete:
“bei der dritten Währungskonferenz der “Welt” und der Stiftung Familienunternehmen im Berliner Verlagsgebäude des Medienkonzerns Axel Springer (“Bild”, “Welt”) musste sich nicht der Euro-Skeptiker Sarrazin für seine Thesen rechtfertigen – sondern vor allem der überzeugte Euro-Anhänger Bofinger.”
Die WELT sieht Sarrazin plötzlich im EURO-Mainstream. Im Umfeld dieser Familienunternehmer-Szene scheint es kein Vertrauen mehr in die CDU-Finanzpolitik zu geben. So schrieb die WELT: “Als der Moderator in den Saal fragt, wer an eine integrierte Fiskalpolitik glaube, meldet sich – niemand.” Dass ein Thilo Sarrazin, dem die UN ebenfalls gestern bescheinigte, dass er die Ideologie des Rassenhasses verbreite, sich auf Konferenzen der Familienunternehmen bewegt wie ein Fisch im Wasser, spricht nicht für diese Unternehmer.
Ich denke, dass die “Stiftung Familienunternehmen” die AfD mit aufgebaut hat. Der AfD fehlt jetzt nur noch Geld. Bei den Mulitmillionären wie von Finck, Würth, Hoyer… dürften ein paar Millionen kein Problem sein.
Klar ist aber jetzt auch: Anders als die vorangegangenen rechtspopulistischen Parteien, ist die AfD nicht einfach nur ein Sammelbecken für rechtskonservative und nationalistische Interessen. Die AfD hat eine realere Grundlage, da sie die Interessen einer bestimmten Kapital-Fraktion vertritt. Es ist an der Zeit Ernst Blochs “Erbschaft dieser Zeit” zu lesen, um die Ungleichzeitigkeit der AfD zu verstehen.
Andreas Kemper
Hier ist ein weiterer Artikel zum sozialen Hintergrund der AfD: Frank Behrmann: Über den Charakter der “Alternative für Deutschland” http://goo.gl/jqXQe