Das deutsche Einkommensrecht sieht das Ehegattensplitting vor. Das Ehegattensplitting bedeuetet, dass die zu versteuernden Einkommen der Verheirateten zunächst addiert werden (z.B. jährlich zu versteuerndes Einkommen: 36.000 € (Eheperson 1) + 4.000 € (Eheperson 2) = 40.000 € (gesamtes zu versteuerndes Einkommen)) um dann halbiert zu werden (20.000 €). Die Verheirateten zahlen dann je nur die Steuern dieses halbierten Beitrages. Im vorliegenden Fall müssten sie zusammen statt 7.946,26 € nur 5557,74 € Steuern einschließlich Solidaritätszuschlag zahlen.
Über den Sinn von Ehegattensplittings möchte ich an dieser Stelle nicht reden, sondern es geht um das jetzt unter anderem von der AfD Sachsen geforderte “Familiensplitting”. Dieses erweitert das Ehegattensplitting, in dem auch die Kinder einer Familie einbezogen werden. Das heißt, beim Familiensplitting wird das gesamte zu versteuernde Einkommen der Familie ermittelt und durch die Anzahl der Familienmitglieder geteilt. Für diese Einzeleinkommen sollen dann die Steuern ermittelt werden. Wenn eine Familie mit dem oben genannten Einkommen zwei Kinder hätte, entfielen auf jedes Familienmitglied 10.000 € zu versteuerndes Einkommen, läge also jedesmal unter der Grenze, ab der Einkommenssteuern gezahlt werden müssten. Das heißt, die Familie müsste keine Einkommenssteuern zahlen.
Das Modell des Familiengattensplittings klingt auf den ersten Blick fairer als das Ehegattensplitting. Da hier aber nicht über den Sinn von Ehegattensplittings geredet werden soll, verbietet sich auch dieser Vergleich. Betrachten wir das Familiensplitting nicht in Relation zum Ehegattensplitting, so ist es unfair und klassistisch.
Es macht keinen Sinn, das zu versteuernde Einkommen auf die Kinder zu verteilen und so zu tun, als hätten die Kinder einen eigenen Verdienst. Weder haben die Kinder einen Verdienst in dem Sinne, dass sie selbstständig arbeiten, noch haben sie dieses Einkommen verdient. Kinder von gut verdienenden Erziehungsberechtigten verdienen nicht mehr Geld als Kinder von schlechtverdienenden Erziehungsberechtigten. Im Gegenteil. Wenn der Staat hier eingreifen sollte, dann zugunsten von Kindern, deren Eltern ein geringes oder gar kein Einkommen haben. Das Denkmodell hinter dem Familiensplitting ist zutiefst klassistisch. Es geht davon aus, dass Kinder einkommensstarker Eltern mehr Geld verdienen als Kinder einkommensschwacher Eltern. Und sollte das Familiensplitting umgesetzt werden, so wäre nicht nur das Denkmodell klassistisch, sondern im Effekt würde es zu einer Umverteilung zugunsten gut verdienender Eltern und deren Kinder hinaus laufen. Da hierdurch erheblich weniger Steuern eingenommen werden und es in Deutschland inzwischen eine Schuldenbremse gibt, wäre die Folge, dass diese fehlenden Steuereinnahmen bei den Ausgaben des Staates eingspart werden müssten, was Sozialabbau hieße und vor allem die ärmeren Familien träfe.
Sehr viel sinnvoller als ein Familiensplitting, was davon ausgeht, dass Kinder gutverdienender Eltern mehr verdient haben, als Kinder schlechtverdienender Eltern, wäre ein gleiches Grundeinkommen von Kindern von 500 Euro, was u.a. vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) gefordert wird. Im obigen Beispiel hätte die Familie dann unter dem Strich genauso viel Geld wie sie durch das Familiensplitting sparen würde.
TL
Es ist nicht recht ersichtlich, was in diesem Zusammenhang mit der Bezeichnung “klassistisch” eigentlich gemeint sein soll. Geht es darum “dass Soziale Herkunft ein wesentliches Diskriminierungsmerkmal ist”, wie unter dem Stichwort “Klassismus” beschrieben? Dann ist die Einordnung unzutreffend. Niemand wird vom Finanzamt beim Steuer-Splitting nach seiner sozialen Herkunft eingestuft. Geht es darum, dass Familien mit niedrigem Einkommen schlechter gestellt sind als solche mit hohem? Dann erscheint es doch reichlich um die Ecke gedacht, eine “gruppenbezogene Diskriminierung” darin zu wittern, dass erstere mögliche Steuerfreibeträge nicht in gleichem Umfang ausschöpfen können.