Sind “Gutbürgerliche” vor Rassismus immun?

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In einem Interview mit der WELT entgegnet der Landesparteivorsitzende Marcus Pretzell der AfD-NRW mehrfach auf die Frage, ob bei Pegida Nazis oder bei Mahnwachen Verschwörungsidolog*innen mitmischen, das könne nicht sein, das seien doch “Gutbürgerliche”:

“In den Medien hieß es, dort seien zu 90 Prozent verkappte Nazis unterwegs. Eine Studie der TU Dresden belegt: ‘… Der typische Pegida-Demonstrant entstammt der Mittelschicht, ist gut ausgebildet, berufstätig und weist keine Parteiverbundenheit auf …'”

“Wenn das bürgerliche Milieu in Deutschland in dieser Zahl auf die Straße geht, muss es sehr verzweifelt sein. Das sind keine dumpfen Rassisten, die da auf der Straße stehen. Das muss man mal akzeptieren.”

“Ich war ein einziges Mal bei einem Vortrag von Herrn Popp. Da finden Sie Sparkassenvorstände, Vertreter von Unternehmerverbänden, aus dem Mittelstand. Das ist durchweg gutbürgerliches Publikum.”

Hier wird Rassismus legitimiert und zwar mit Hilfe von Klassismus. Rassistisch sind in diesem Argumentationsmuster nur die ^unteren Schichten^. Das muss gar nicht erst explizit ausgesprochen werden, sondern wird als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt. Mit dem Verweis darauf, dass dort “Gutbürgerliche” seien, und dass daher kein Rassismus und keine Verschwörungsideologie möglich sei, wird implizit eine Stereotypisierung vorgenommen.

Es ist daher fatal, wenn auch im afd-kritischen Milieu diese Argumentationsfigur bedient wird, was leider aktuell sehr üblich ist. Es waren vor allem die gutbürgerlich-spießigen Kreise, die die NSDAP aufgebaut haben. Der Klassismus, mit dem der Rassismus vor allem bei Menschen mit geringen Bildungsabschlüssen und Einkommen zugeschrieben wird, hat seinerseits rassistische Effekte, weil er den Rassismus der Mittelklassen verharmlost. Aber das ist nicht der Punkt. Klassismus ist genauso übel wie Rassismus und sollte immer vermieden werden.

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