Höcke: “dämliche Erinnerungskultur”

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Ausschnitt aus Höckes Rede in Dresden zur Vergangenheitsbewältigung. Er hielt sie am 17.01.2017. Wenige Stunden zuvor hatte das BVerfG entschieden, die NPD nicht zu verbieten. In Dresden trafen sich unter anderem Björn Höcke und Götz Kubitschek. Das Compact-Magazin von Jürgen Elsässer sorgte für den Livestream, Pegida für den Saalschutz.
Die Rede wurde unterbrochen von “Volksverräter”-Rufen (vor allem gegen den letzte Woche verstorbenen ehem. Bundespräsideten Roman Herzog und gegen Weizsäcker), von “Höcke”-Skandierungen und “Wir sind das Volk”-Rufen. Immer wieder gab es Standing Ovations, angeheizt von ein paar Männern, die vor der Bühne standen. Viele krasse Sachen in Höckes Rede hatte er vorher schon wiederholt von sich gegeben. Die folgende Passage ist relativ neu, sie findet sich zum Ende seiner Rede:
“Die Bombardierung Dresdens und der anschließende Feuersturm vernichtete die Elbflorenz und die darin lebenden Menschen. Die Bombardierung Dresdens war ein Kriegsverbrechen. Sie ist vergleichbar mit den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki. Mit der Bombardierung Dresdens und der anderen deutschen Städte wollte man nichts anderes, als uns unsere kollektive Identität rauben. Man wollte uns mit Stumpf und Stil vernichten, man wollte unsere Wurzeln roden. Und zusammen mit der dann nach 1945 begonnenen systematischen Umerziehung hat man das dann auch fast geschafft. Deutsche Opfer gab es nicht mehr, sondern es gab nur noch deutsche Täter. Bis heute sind wir nicht in der Lage, unsere eigenen Opfer zu betrauern. Und augenfällig wurde das wieder mit dem würdelosen Umgang mit den Opfern des Berliner Terroranschlags.
Der von Markus Mohr schon zurecht bemerkte Wiederaufbau der Frauenkirche war für uns Patrioten ein Hoffnungsschimmer dafür, dass es ihn doch noch gibt, diesen kleinen Funken deutschen Selbstbehauptungswillen. Aber, liebe Freunde, bis jetzt sind es nur Fassaden, die wieder entstanden sind. Jetzt ist unsere Geistesverfassung, unser Gemütszustand immer noch der eines total besiegten Volkes. Wir Deutschen, und ich rede jetzt nicht von euch Patrioten, die sich hier und heute versammelt haben, wir Deutschen als unser Volk sind das einzige Volk der Welt, dass sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat. Wenn man sich statt die nachwachsende Generation, mit den großen Wohltätern, mit den bekannten, weltbewegenden Philosophen, den Musikern, den genialen Entdeckern und Erfindern, in Berührung zu bringen, von denen wir ja so viele haben, Markus Mohr hat darauf hingewiesen und sie namentlich stellenweise erwähnt und es war doch nur eine kleine Gruppe, die er mangels Zeit aufzählen konnte, vielleicht mehr als jedes andere Volk auf dieser Welt, liebe Freunde, und anstatt unsere Schüler in den Schulen mit dieser Geschichte in Berührung zu bringen, wird die Geschichte, die deutsche Geschichte mies und lächerlich gemacht. So kann es und so darf es nicht weiter gehen.
So kann es, so darf es und so wird es nicht weiter gehen, liebe Freunde. Es gibt keine moralische Pflicht zur Selbstauflösung. Die gibt es nicht. Im Gegenteil, es gibt die moralische Pflicht, dieses Land, diese Kultur, seinen noch vorhandenen Wohlstand und seine noch vorhandene staatliche Wohlordnung an die kommende Generation weiter zu geben, das ist unsere moralische Pflicht. Wenn wir eine Zukunft haben wollen und wir wollen eine Zukunft haben und immer mehr Deutsche erkennen, dass auch sie eine Zukunft haben wollen, dann brauchen wir eine Vision. Eine Vision wird aber nur dann entstehen, wenn wir uns wieder selber finden, wenn wir uns wieder selbst entdecken. Wir müssen wieder wir selbst werden.Selber haben werden wir uns nur, wenn wir wieder eine positive Beziehung zu unserer Geschichte aufbauen. Und schon Franz-Josef Strauß bemerkte, die Vergangenheitsbewältigung als gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe, die lähmt ein Volk. Liebe Freunde, Recht hat er, der Franz-Josef Strauß! Und diese dämliche Bewältigungspolitik, die lähmt uns heute noch viel mehr als den Franz-Josef Strauß zeitens. Wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad. Wir brauchen so dringend wie niemals zuvor diese erinnerungspolitische Wende um 180 Grad. Liebe Freunde, wir brauchen keine toten Riten mehr in diesem Land, wir haben keine Zeit mehr, tote Riten zu exekutieren, wir brauchen keine hohlen Phrasen mehr in diesem Land, wir brauchen eine lebendige Erinnerungskultur, die uns vor allen Dingen und zu aller erst mit den großartigen Leistungen der Altvorderen in Berührung bringt.”

18 Kommentare

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  1. Höcke – Andreas Kemper linked to this post.
  2. AlTzsch

    Höcke beschreibt die Ursache für die vom Establishment betriebene Politik der Preisgabe unseres Landes. Die Reaktionen auf seine Rede zeigen, wie richtig seine Beschreibung ist – statt Argumente wird der übliche Vorwurf erhoben, eine falsche Gesinnung zu haben. Dafür reicht es schon aus, auf Zutreffendes (Denkmal für die ermordeten Juden in der Mitte der Hauptstadt) hinzuweisen.

    • Andreas Kemper

      Die Gesinnung, die die Gewalt des Nationalsozialismus verharmlost, ist nicht nur eine falsche Gesinnung. Es ist eine Gesinnung, die bekämpft werden muss. Die Entnazifizierung hat nach 1945 nur unvollständig stattgefunden. Wir müssen unsere Gesellschaft noch sehr viel stärker entnazifizieren. Höcke ist in einer ostpreußischen Parallelgesellschaft groß geworden. Diese Parallelgesellschaften müssen integriert werden.

    • V. Ohneland

      Sie wollen ein Argument? Aber gerne doch:

      Höcke redet irgendwann zwischendrin davon, Errungenschaften zu erhalten und Deutschland in einem guten Zustand an die kommende Generation weiterzugeben. Das scheint ihm schon wichtig zu sein. Im ganzen Rest der Rede geht es aber gar nicht um die Zukunft oder um sinnvolle Vorhaben bei tatsächlichen aktuellen Problemen, sondern um die ferne Vergangenheit. Deren heutige Deutung gefällt ihm offenbar nicht. Das nennt man Geschichtsrevisionismus, das hebt zwar offenbar das Gemüt (des Publikums in Dresden zumindest), löst aber nicht ein einziges reales Problem.

      Fazit: Das ist keine Politik, das ist Eierschaukeln. Mit dem was er eigentlich will hält er im Rest seiner Rede irgendwie hinterm Berg, verbirgt es hinter Phrasen und drescht dann nebenbei auf grüne Politiker und ehemalige Bundespräsidenten der CDU ein. Hauptsache irgendwann 51 Prozent für die AfD und dann nach uns die Sintflut. Er scheint darauf abzuzielen, 1933 nochmal machen zu wollen, nur besser. Aber was zum Henker will er 2017 mit 1933 lösen? Das war damals extremer Mist, das ist auch bald hundert Jahre später nicht besser geworden. Wirklich: Das war Mist. Und wirklich: Das ist immer noch Mist.

      ‘n bißchen weniger Alarmismus (“Preisgabe unseres Landes”? Herrje!) und etwas mehr Realismus wäre übrigens schön.

  3. Hans

    Nicht primär die – wohl bewusst gesetzte – Doppeldeutigkeit “Denkmal der Schande” ist das Hauptproblem, sondern Höckes eindeutig neonazistischer Geschichtsrevisionismus ist das Problem. Leider sind da auch viele Medien in ihrer Oberflächlichkeit völlig vorbei gerauscht. Höcke deutet Hitlerdeutschland zum Opfer um. Die Alliierten hätten gegen Deutschland nur unter einem Vorwand gekämpft. Nicht etwa, um ein massenmörderisches Regime zu stoppen, sondern um dessen Kultur und gar Existenz an sich “auszurotten”.

  4. Roland

    Rudolf Augstein zum Holocaust-Denkmal im Spiegel, 1998:

    »Nun soll in der Mitte der wiedergewonnenen Hauptstadt Berlin ein Mahnmal an unsere fortwährende Schande erinnern. Anderen Nationen wäre ein solcher Umgang mit ihrer Vergangenheit fremd. Man ahnt, daß dieses Schandmal gegen die Hauptstadt und das in Berlin sich neu formierende Deutschland gerichtet ist. Man wird es aber nicht wagen, so sehr die Muskeln auch schwellen, mit Rücksicht auf die New Yorker Presse und die Haifische im Anwaltsgewand, die Mitte Berlins freizuhalten von solch einer Monstrosität.«

    Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-7085973.html

    • Andreas Kemper

      Was soll das Zitat? Es geht bei der Kritik an Höcke um Formulierungen wie “dämliche Bewältigungspolitik” und vor allem um die Forderung einer “Wende um 180 Grad” in der Erinnerungskultur.

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