Am letzten Wochendende wurde ein Sprecher der Alternative für Deutschland, Bernd Lucke, von zwei Männern von der Bühne geschubst. Ein Video (siehe Einzelbilder vom Schubsen) hatte die Szene sehr genau festgehalten. Offensichtlich waren die beiden Männer weder vermummt, noch attackierten sie den Sprecher mit irgendwelchen Hilfsmitteln, schon gar nicht mit Messern, Knüppeln oder Reizgas. Augenscheinlich fiel Lucke auch nicht hin. Kurz nach dem Vorfall teilte er heiter mit, dass das den Unterhaltungswert seiner Rede erhöht habe und dass ihm nichts passiert sei.
Reizgas und Knüppel
In den Medien wurde dieser Fall dramatisiert wiedergegeben. So schrieb Henning Lindhoff von der rechts-libertären “eigentümlich frei” einen Artikel mit der skandalisierenden Überschrift Alternative für Deutschland: Messerattacke gegen Bernd Lucke – Der Antifa-Mob im Blutrausch. “Braune und rote Sozialisten” hätten in den zwanziger Jahren aufeinander eingeschlagen und einen “ähnlichen Zustand” hätten wir heute wieder erreicht: “Freund oder Feind. Gefangene werden nicht gemacht”. Der “Höhepunkt des Demokratie-Exzesses” (Demokratie-Exzess???) sei beim oben genannten Vorfall in Bremen erreicht worden. Bernd Lucke sei “von mehreren Personen aus dem linksextremistischen Milieu, mit Reizgas, Knüppeln und mindestens einem Messer bewaffnet” angegriffen worden:
“Sechs bis sieben Vermummte sollen nach Heranpirschen durch den angrenzenden Wald auf die Bühne gelangt sein. Sie stürmten diese, auf der gerade Bernd Lucke eine Rede hielt. Der AfD-Sprecher wurde zu Boden gerissen. Es kam zu einem Handgemenge. Ein herbeieilender Helfer wurde durch einen Messerstich in die Hand verletzt. Die Linksextremisten versprühten außerdem Pfefferspray und Reizgas, wodurch mindestens 15 Personen Atemwegsverletzungen davontrugen. Nach dem Angriff flüchteten die Personen, von denen die Polizei bisher drei in Gewahrsam nehmen konnte.” (Henning Lindhoff: Alternative für Deutschland: Messerattacke gegen Bernd Lucke. Der Antifa-Mob im Blutrausch, in: Blog eigentümlich frei vom 25.08.2013 URL:ef-magazin.de/2013/08/25/4415-alternative-fuer-deutschland-messerattacke-gegen-bernd-lucke)
Der tatsächliche Vorfall ist im obigen Video aufgezeichnet.
Der ideologische Unterbau der linken Gewalt
Zwei Tage später legt Lindhoff mit dem Artikel Alternative für Deutschland: Der ideologische Unterbau der linken Gewalt. Zivile Koalition im Visier der Dünnbrettbohrer nach. Ich zitiere:
“die Gewalttaten der vergangenen Tage und Wochen gegen die Alternative für Deutschland wurden und werden nicht aus heiterem Himmel verübt. Wie so viele andere politische Scharmützel zwischen links und rechts, gut und böse, faschistisch und antifaschistisch, wächst auch diese Pflanze des demokratischen Kampfes auf der fragwürdigen Arbeit von Intellektuellen. Andreas Kemper heißt im aktuellen Schauspiel der Soziologe, dessen Schriftwerk der politisierten Gewalt einen akademischen Anstrich zu verpassen bestimmt ist.” (Henning Lindhoff: Alternative für Deutschland: Der ideologische Unterbau der linken Gewalt. Zivile Koalition im Visier der Dünnbrettbohrer, in: Blog eigentümlich frei vom 27.08.2013 URL:ef-magazin.de/2013/08/27/4429-alternative-fuer-deutschland-der-ideologische-unterbau-der-linken-gewalt)
Anlass ist ein Interview von mir zur sozialselektiven Demokratie der AfD im Radio Dreyeckland und meine aktuelle Buchpublikation Rechte Euro-Rebellion. Alternative für Deutschland und Zivile Koalition e.V. , die im Unrast-Verlag erschienen sei. Es folgt ein ganzer Abschnitt und weitere Bemerkungen zum Unrast-Verlag, einer “Institution linker Gesinnungskämpfer”. Das Buch ist allerdings gar nicht im Unrast-Verlag erschienen.
Richtig ist, dass in Rechte Euro-Rebellion Forderungen nach sozialselektiver Demokratie kritisiert wird. Bspw. die Forderung des eigentümlich frei-Herausgebers, André Lichtschlag, “Nettostaatsempfängern” (Beamte, Arbeitslose …) das Wahlrecht zu entziehen. Der Gründer und Sprecher der Alternative für Deutschland, Konrad Adam, pflichtete Lichtschlag in seinem Artikel “Wer soll wählen?” bei, zumindest bezogen auf Arbeitslose, da Passive Aktive lähmen würden, seit das Wahlrecht nicht mehr an Eigentum gebunden sei.
Verfassungsänderung gegen Parteiendemokratie
Hans-Olaf Henkel hingegen machte gestern nicht mich, sondern “die Parteien”, bzw. “das Kartell” für die Vorfälle gegen die Alternative für Deutschland verantwortlich (Hans-Olaf Henkl: Mit neuer Verfassung das Kartell aufbrechen, in: Blog Die Freie Welt, 26.08.2013, URL:www.freiewelt.net/mit-neuer-verfassung-das-kartell-aufbrechen-10008375/). Es sei nun eine Verfassungsänderung gegen den Parteienstaat notwendig. In unserer Demokratie könnten noch nicht mal Ministerpräsidenten selbst gewählt werden, geschweige denn den Bundeskanzler. Und dieser oder diese dürfe noch nicht einmal alleine entscheiden, wen sie ins Kabinett holt, darüber würden entmündigende Parteispitzen entscheiden. Daher fehlten im Kabinett so kompetente Volkswirtschaftsprofessoren wie Bernd Lucke von der AfD. Damit nicht genug: Die als Partei-Stiftungen “getarnten Propagandaabteilungen” hätten “den Steuerzahler im Jahre 2000 schon knappe 300 Millionen Euro” gekostet, aber heute “verfrühstücken” sie bereits “jährlich um die 350 Millionen. Tendenz steigend”. Nur nebenbei: Henkel müsste als Finanzexperte eigentlich wissen, dass es eine Inflationsrate gibt, wonach 300 Millionen Euro heute 380 Millionen Euro entsprechen würden. Die Stiftungen haben also inflationsbereinigt immer weniger Geld und nicht immer mehr Geld zur Verfügung.
Mit ähnlichen Vorschlägen ging Henkel bereits 2009 auf die Freien Wähler zu, als diese ihren ersten Bundesparteitag abhielten. Er beschwerte sich dort über die von den Allierten erlassene Parteiendemokratie (Hitler unterschied in Mein Kampf zwischen “germanischer Führerdemokratie” und “jüdischem Parlamentarismus”) und forderte die “Reform der politischen Entscheidungsstruktur”. Thomas Wagners “Demokratie als Mogelpackung” ist zu entnehmen, dass Henkel bereits Jahre zuvor unser Verhältniswahlrecht durch ein Mehrheitswahlrecht ersetzen wollte, um ein “Linksbündnis” zu verhindern. Für diese Forderung nach sozialselektiver Demokratie müssen nun aufgebauschte Vorfälle zur AfD herhalten, deren wahre Ursache wahlweise bei Soziologen oder Parteien zu suchen sei, die der AfD Forderungen nach sozialselektiver Demokratie zuschreiben.
Nachtrag 5.9.2013
Nach einem Bericht der taz rudert die Bremer Polizei nun zurück. Auch von einem Messer könne nicht mehr die Rede sein. Hier mein Beitrag: AfD/Bremen: Polizei und Medien verbreiteten Propaganda
sven
und sie können es nicht lassen, immer weiter hetzen und gewalttaten relativieren, bis zum ersten toten oder doch weiter ?