Was haltet ihr von der Kennzeichnung “familitär” für die Ideologie der neuen rechten Partei Alternative für Deutschland und dem Netzwerk Zivile Koalition e.V.?
“Familitär” ist gemeint als Zusammenziehung von “familialistisch-libertär”. “Libertär” meint hier Entbindung des Staates von sozialen Aufgaben: Also massive weitere Steuersenkungen für die Reichen, weitere “Flexibilisierung” des Arbeitsmarktes, Ausbau des Niedriglohnsektors, weitere “Einschneidungen im sozialen Netz”, weitere Selbstvorsorge im Gesundheits- und Rentensystem. Familialistisch meint: heterosexistische konservative Geschlechter- und Familienpolitik, weitgehende Überführung der Bildungsverantwortung vom Staat in die Familie, demografische Kopplung von Familienpolitik und nationaler Bevölkerungspolitik. Familialistisch + libertär = familitär.
Ausgangspunkt dieser Ideologie ist die Perspektive von Familienunternehmern, die ihren Reichtum generationenübergreifend in der Familie sichern wollen. Sie widersprechen der bürgerlichen Idee der Meritokratie, also der Leistungsbezogenheit, bzw. beziehen Leistung nicht auf die Leistung des Einzelnen, sondern auf die Leistung der Familie. Es ist dann bereits eine Leistung, in der “richtigen” (wohlhabend-deutschen) Familie hineingeboren zu sein. Hier kommt dann Sarrazin mit seiner Intelligenz-Vererbungs-Ideologie ins Spiel oder die Clubtheorie, die den “Wert des Kindes” an der “Investionsbereitschaft” der Eltern misst.
Das wegen “-militär” eine Assoziierung des Begriffs mit Gewalt stattfindet, ist durchaus beabsichtigt. Eine familialistische Ausrichtung der Bildungspolitik empfinde ich als Gewalt, da bewusst die herkunftsbezogenen Benachteiligungen verstärkt werden sollen. Und ein weiterer Sozialabbau ist natürlich auch Gewalt.
Also familitär, Familitarismus, familitärisch, familitaristisch.
W-Day
Familitär hört sich eher nach bewaffnetem Werkschutz an. “Libertär” verbinde ich mit Anarchismus, nicht mit Neoliberalismus.