Piraten-Post-Gender: Nichts tun, wenns brennt?

· Allgemein, Artikel (Gender)

Ein Oberbürgermeisterkandidat der Piraten-Partei, Wolfgang Britzl, hat ein Foto getwittert, auf dem eine Frau die aktuelle Ausgabe der EMMA verbrennt. Die besseren Kommentare auf Blogs von Pirat_innen verurteilen diese Aktion, weisen aber letztlich der EMMA bzw. Alice Schwarzer die Schuld für die Zeitschriften-Verbrennung zu: Wenn so unsachlich geschrieben wird, müsse man sich über die Wut, die zu solchen Aktionen führt, nicht wundern. So ungefähr Nick Haflinger, Cymaphore und Elle Nerdinger in ihren Reaktionen. Das ist das Problem am Post-Gender-Ansatz: Es soll Gleichheit sein, es soll nicht nach Ursachen für Ungleichheit geschaut werden. „Wir tun so als ob“ – dieses Mittelschichts-Paradigma hält die Kellertüren fest geschlossen und hat gegen jeden Brandgeruch der durch die Ritzen dringt das passende Raumspray. Müslikind macht in einem offenen Brief an die EMMA auf den „Kegelklub“ aufmerksam, der sich mit genderspezifischen Themen befasst. An Müslikind: Eine selbstkritische Aufarbeitung der Etablierung der Männer-AG in der Piraten-Partei wäre empfehlenswert, immerhin bestimmte diese Gruppe Titelblatt und Schwerpunkt der ersten Ausgabe des Kompass, der wohl wichtigsten Print-Ausgabe der Piratenpartei. Auch wenn die MännerAG nur noch ein Schattendasein führen sollte, so stellt sich dennoch die Frage, ob sich nicht gerade mit einer Post-Gender-Argumentation diese Gruppe etablieren konnte.

19 Kommentare

Comments RSS
  1. Name (notwendig)

    Guter Kommentar, guter Hinweis auf die Kompass-Ausgabe. Danke. Zur Reichweite und – nennen wir es mal – Man(n)ifestierung der Männer-AG kann sicher auch die Konstanzer Piratin ein paar Takte sagen, die im Sommer das Bruno Köhler-Debakel ausbaden durfte.

    • Andreas Kemper

      Hat sie Ärger bekommen? Der Bruno Köhler Auftritt scheint ein Wendepunkt für die Einflussnahme der Maskulinisten in der Piratenpartei gewesen zu sein. Seit dem Sommer tut sich nicht mehr viel, zumindest nicht sichtbar.

      Ob Arne Hoffmann hinter den Kulissen agitiert, wie sein Statement in der aufgeregten Debatte im Juni 2011 bei MANNdat („Woher meinst du zu wissen, dass ich nicht mit mehreren Mitgliedern der Piratenpartei (auch außerhalb der AG Männer) in engem Kontakt stehe und wir uns überlegen, wie man jetzt am besten strategisch vorgehen könnte?“) nahelegt, ist für mich nicht zu beurteilen.

  2. Julia

    Ach, vielleicht wird ja jetzt mal klar, wie schade es ist, dass Schwarzer die Emma (wieder) prägt. Wirklich schade!

  3. only connect

    Ja, eine Aufarbeitung bzw. Klarstellung zum Thema MännerAG seitens Piratenpartei wäre sehr wünschenswert. Im ganz piratigen Sinne von Transparenz müsste hier wirklich mehr passieren.

    Ich persönlich finde die Piraten in vieler Hinsicht sehr interessant (im positiven Sinne;-), bei obigem Thema bekomme ich allerdings heftige Bauchschmerzen. Und ich kenne einige Leute, denen es ähnlich geht.

  4. James T. Kirk

    Ich finde die Aktion der EMMA-Verbrennung sehr gut.

    Warum genau sind denn die Kommentare auf Piratenblogs die besseren, die diese Aktion verurteilen? Warum sind es nicht die schlechteren? Sie führen keine Begründung aus.

    Das Ziel unserer Verfasssung ist nicht die Gleichheit von Mann und Frau oder anderer Gruppen, sondern die Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit.

    Könnten Sie mir bitte hieb- und stichfest erläutern, inwieweit Frauen bei den Piraten benachteiligt werden?

  5. Andreas Kemper

    @James T. Kirk, mich wundert es nicht, dass Sie als agiler Blogger aus der Männerrechts-Szene Zeitschriften-Verbrennungen sehr gut finden.

    Motto: „Nur weil die Nazis Bücher verbrannt haben, dürfen wir jetzt keine Bücher mehr verbrennen?“

    oder:

    „Man wird doch noch wohl ein Buch verbrennen dürfen!“

  6. James T. Kirk

    Mich würde es freuen, wenn Sie auf meine Fragen eingehen.

    Könnten Sie mir bitte darlegen, inwieweit Frauen bei den Piraten benachteiligt werden?

    Ihre Antwort enthält leider keine Argumente, sondern lediglich negative Suggestionen, die irgendwie eine Nähe zu den Nazis herstellen sollen.

    Ich finde Zeitschriftenverbrennungen nicht sehr gut, sondern lediglich den demonstrativen Akt einer EMMA-Verbrennung.

    Die EMMA ist nachwievor erwerbbar. Es wurden keinerlei Anstrengungen unternommen, diese Zeitschrift als solche zu verbieten.

    Es gab meiner Meinung nach auch gute Gründe für diesen einmaligen Akt.

    • Andreas Kemper

      >“Könnten Sie mir bitte darlegen, inwieweit Frauen bei den Piraten benachteiligt werden?“

      Ich befürchte, dass unsere Sichtweisen derart weit auseinander gehen, dass das zu einer fruchtlosen Grundsatzdebatte werden würde. Bereits in dem Wort „Piraten“ sehe ich eine Benachteiligung. Wie würde es Ihnen denn gefallen, wenn man fortan nur noch von „Maskulistinnen“ spräche und sie sich mitgemeint fühlen müssten?

      >“Ihre Antwort enthält leider keine Argumente, sondern lediglich negative Suggestionen, die irgendwie eine Nähe zu den Nazis herstellen sollen.“

      „Irgendwie“ verbinde ich Bücherverbrennungen nun mal mit Nazis.

      >“Ich finde Zeitschriftenverbrennungen nicht sehr gut, sondern lediglich den demonstrativen Akt einer EMMA-Verbrennung.“

      Die Nazis fanden Bücherverbrennungen generell auch nicht sehr gut und hätten sicherlich auf den demonstrativen Akt verwiesen, wenn ein genereller Freund von Bücherverbrennungen naiver Weise mit einem Bollerwagen voller „Mein Kampf“-Ausgaben angerückt wäre. Das unterscheidt die Bücherverbrennung der Nazis von der in „Fahrenheit 451″.

      >“Die EMMA ist nachwievor erwerbbar. Es wurden keinerlei Anstrengungen unternommen, diese Zeitschrift als solche zu verbieten.“

      Die Anstrengungen wären sinnlos gewesen, da die EMMA durch die Pressefreiheit geschützt ist. Das Verbrennen von Büchern und Zeitschriften hat vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte einen Symbolgehalt, der unmittelbar mit einem Angriff auf diese Pressefreiheit gleichzusetzen ist.

      >“Es gab meiner Meinung nach auch gute Gründe für diesen einmaligen Akt.“

      Die Nazis haben auch versucht, gute Gründe für die Bücherverbrennung aufzulisten. Man kann unterschiedlicher Meinung sein. Dies darf jedoch nicht so weit gehen, dass auf eine Nazi-Symbolik zurückgegriffen wird.

      • Tim

        Da sehen sie mal wie wenig Ahnung sie von Geschichte haben.

        Ich verbinde die Bücherverbrennung zuerst einmal mit dem ersten Kaiser von China.

      • Andreas Kemper

        @Tim Es gibt jede Menge an scholastischem Wissen.

  7. James T. Kirk

    Die Anstrengungen wären sinnlos gewesen, da die EMMA durch die Pressefreiheit geschützt ist. Das Verbrennen von Büchern und Zeitschriften hat vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte einen Symbolgehalt, der unmittelbar mit einem Angriff auf diese Pressefreiheit gleichzusetzen ist.

    Ich gebe mich hiermit geschlagen und gebe Ihnen in Ihrer Argumentation recht.

    Das Verbrennen einer EMMA-Ausgabe, in der ein diffamierender und demagogischer Artikel über die Piratenpartei stand, der mittels der üblichen pauschalen Konstruktionen eine Benachteiligung von Frauen konstruiert, war nicht in Ordnung und ist mit einem Angriff auf die Pressefreiheit gleichzusetzen.

    Die Nazis verbrannten Bücher jüdischer Autoren, unabhängig von deren Inhalt. Einige Piraten verbrannten eine EMMA-Ausgabe abhängig von deren Inhalt.

    Ich befürchte, dass unsere Sichtweisen derart weit auseinander gehen, dass das zu einer fruchtlosen Grundsatzdebatte werden würde. Bereits in dem Wort „Piraten“ sehe ich eine Benachteiligung. Wie würde es Ihnen denn gefallen, wenn man fortan nur noch von „Maskulistinnen“ spräche und sie sich mitgemeint fühlen müssten?

    Ich bin glücklicherweise kein Maskulist, daher betrifft mich die Sache nicht. Sie dürfen gerne alles Mögliche diskriminierend finden, ich möchte Sie aber von der Möglichkeit in Kenntnis setzen, daß 95% bis 100% der Frauen keinerlei Probleme mit dem generischen Maskulinum haben und es selbst gerne und unablässig verwenden.

    Sie müssen also in Erwägung ziehen, daß es sich hierbei um ein Pseudoproblem handelt, über welches man in einigen Jahrzehnten nur noch Gelächter parat hat.

    Ich hoffe, Sie respektieren, daß andere Menschen Ihre Wertungen und Einschätzungen nicht teilen und unsere traditionelle Sprache in Ordnung finden.

    Ich bin ein recht zugänglicher Mensch. Ich hätte also gerne von Ihnen Argumente gehört, warum Frauen angeblich bei den Piraten benachteiligt werden. Offenbar ist es nicht möglich, einfache Gründe vorzubringen.

    Sie müßten zwingend belegen können, daß der geringe Frauenanteil bei den Piraten nicht auf legitime Ursachen zurückführbar ist.

    • Andreas Kemper

      >“Die Nazis verbrannten Bücher jüdischer Autoren, unabhängig von deren Inhalt.“

      Sie sollten beginnen, sich ernsthaft mit der deutschen Geschichte auseinanderzusetzen.

  8. Tim

    Davon mal abgesehen: Ich finde Bücherverbrennungen und Zensur jeder Art *sch***e*

    Ich finde es gut das Sarrazins Bücher nicht recycelt werden. Die Idee dieses tschechischen „Künstlers“ ging voll daneben. Gut so.

    • Andreas Kemper

      Bücherverbrennungen haben in Deutschland eine besondere Symbolkraft.

      „Zensur“ ist ein sehr dehnbarer Begriff. Nicht jede Unfreundlichkeit, Beleidigung, diskriminierende Äußerung oder gar Drohung kann für sich einen prominenten Veröffentlichungsplatz einfordern.

      Zur Aktion des tschechischen Künstlers. Wir sollten da vorsichtig sein. Schließlich wurden in Prag über 1.000 Studierende und Professor_innen der Uni in Konzentrationslager deportiert um dann die Hochschule zur Front-Universität des NS-Regimes auszubauen. Der Rassenhygieniker Otmar von Verschuer hat in den 1950er Jahren mehrere Rassenhygieniker, die an der Front-Universität tätig waren, ins Humangenetische Institut nach Münster geholt. Verschuer war Mitbegründer der rassistischen Zeitschrift „Mankind Quarterly“, die für „Deutschland schafft sich ab“ eine nicht zu schmälernde Rolle spielt.

      Für uns Deutsche geziemt sich eher eine Aktion wie diese: http://ufafo.de/blog/2010/09/10-bucher-die-sie-statt-sarrazins-buch-lesen-sollten/

      • Tim

        Im Übrigen ist Rassenhygiene keine Deutsche „Erfindung“. Im Gegenteil. Hat mich selbst auch gewundert aber man lernt ja jeden Tag dazu.

        Lange bevor die Nazis an der Macht waren wurden in den USA schon unerwünschte Personen (z.B. Mädchen die schon früh sex hatten) zwangs- sterilisiert.

        Die Deutschen „Ärzte“ die Versuche in KZs gemacht haben, wurden in den USA nach dem Krieg mit Kusshand aufgenommen da man ihre Forschungsergebnisse brauchte.

        Wie von Braun.

        Aber ursprünglich kommt die ganze Scheisse aus Amerika. In Deutschland wurde es nur perfektioniert da man in den KZ überhaupt keine Rücksicht mehr auf die Opfer nehmen musste. Ein riesiges Versuchslabor.

        Das war in den USA so nicht möglich.

  9. Tim

    “ 8. Polenz, Ruprecht: Besser für beide. Die Türkei gehört in die EU“

    Guter Witz, selten so gelacht. 😉

    Nein, die Türkei will längst nicht mehr in die EU. Das hat ganz einfache Gründe.
    Türkei ist ein Entwicklungsland in dem es aufwärts geht.

    Gender-Schwachsinn, Krümmungsgrad von Gurken, 5000 Gesetze über Schokolade, Pseudo-Umweltgesetze und ähnlichem Müll würde ihre Wirtschaft schädigen bzw. mit unnützem Mist belasten. Die fahren ohne EU weitaus besser.

    Unterhalten sie sich mal mit normalen Türken aus der Türkei. Die werden ihnen was husten.

  10. Andreas Kemper

    Eugenik und Zwangssterilisationen gab es auch in anderen Staaten. Rassenhygiene ist allerdings tatsächlich eine deutsche Erfindung.

    Welche Ärzte, die an Menschenexperimenten in KZs beteiligt waren, wurden in die USA aufgenommen?

Schreibe eine Antwort zu Andreas KemperAntwort abbrechen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Entdecke mehr von Andreas Kemper

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen

GDPR Cookie Consent mit Real Cookie Banner