Zum Klassismus mathematischer Anordnungen

Hier eine kurze Einleitung, die ich nachträglich eingeführt habe:

„Alles Gute kommt von oben“ heißt es, unsere Gesellschaft ist geprägt von Vertikalismen, die das Oben mit dem Guten, das Unten mit dem Bösen verbinden. Das beginnt mit der Bibel (Himmel und Hölle), mit Jakobs Himmelsleiter, zieht sich über die antike Emanationstheorie Plotins, wonach der Geist als das Licht nach unten scheint, aber das Unten in Finsternis lässt, und der Hochscholastik Thomas von Aquins, die sich in der vertikalen Architektur des Feudalismus abbildet mit Kirchenhäuser, die für den Adel höhere Positionen vorsahen. Die bürgerliche Gesellschaft übernahm die Topologie der höheren und niederen Stände, die Vertikalismen verbanden sich mit Evolutionstheorien von Höherentwicklung, mit eugenischen Vorstellungen des Aufstiegs und Falls von Völkern, Nieztsche sprach von Übermenschen, Stoddard, Rosenberg und Himmler schließlich von Untermenschen, die infernografische Ideen Rosenbergs standen im Zusammenhang mit der Fantastik. Bei Wells entwickelte sich die Unterschicht zu Morlocks, die in Höhlen wohnten und die Oberschicht, die Eloi fraßen; verwandt sind hier die Orks (unten) und Elben (oben) von Tolkien. Vertikalismen finden sich auch in der Wissenschaft: In der Bildungsforschung wird von Hochschulen, Bildungsaufstieg, überhaupt von Erziehung gesprochen, in der Sozialstrukturanalyse von Unterschichten und Oberschichten, in der Ungleichheitsforschung von horizontalen und vertikalen Ungleichheiten. Die beherrschte Klasse wird mit Unten, die herrschende Klasse mit dem Oben verbunden. Diese Denkschemata gehen unmittelbar mit Bewertungsschemata einher: Unten ist ab(!)gewertet, Oben ist auf(!)gewertet.

Mit diesem Vorspann wird der eigentliche Artikel vielleicht verständlicher, der darauf hinweisen will, dass selbst in mathematischen Anordnungen Vertikalismen zu finden sind, die dort nichts zu suchen haben. (Hinzugefügt am 15.03.2013)

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3 ist nicht höher als 2, 13 ist keine niedrigere Zahl als 17. Es besteht kein Grund, in Koordinatensystemen positive Zahlen über negative abzubilden. Wer einwendet, dass doch aber ein dreißigmeter hohes Haus höher ist als ein zwanzigmeter großes, der sollte realisieren, dass eine Lampe mit einem dreißigzentimeter langen Kabel tiefer hängt als eine mit einem zwanzigzemtimeter langen. Und es sollte bedacht werden, dass ein habgieriger reicher Mensch mit 30 kg Münzen im Gepäck im Morast schneller tiefer sinkt als ein Habenichts ohne Gewicht. Zahlen haben nichts mit Höhe zu tun, eine Grube ist 20 Meter tief, nicht minus 20 Meter. Überhaupt gibt es im Weltraum kein oben und unten.

Ich zitiere hier Michel Foucault aus dem Kapitel Die Formation der Begriffe (Michel Foucault: Die Archäologie des Wissens, Frankfurt a.M. 1981):

Welche Beziehungen die allgemeine Grammatik mit der Mathesis (mit der kartesianischen und nachkartesianischen Algebra, mit dem Plan einer allgemeinen Ordungswissenschaft) unterhält, mit der philosophischen Analyse der Repräsentation und der Theorie der Zeichen, mit der Naturgeschichte, den Problemen der Charakterisierung und der Taxinomie, mit der Analyse der Reichtümer und den Problemen der arbiträren Zeichen von Maß und Tausch: Wenn man diese Beziehungen findet, kann man die Wege bestimmen, die von einem Gebiet zum anderen die Zirkulation, die Übertragung, die Modifikation der Begriffe, die Veränderung ihrer Form oder den Wechsel ihres Anwendungsgebietes sichern. (S.90)

Es ging Foucault hier um die vorbegriffliche Ebene, die als Denk- und Bewertungsschemata Bezeichnungen eine Plausibilität geben. Das heißt im Falle des Oben-Unten-Denkschemas, dass es nicht nur problematische klassenbezogene Untergangs- und Untermenschen-Diskurse gibt, sondern bereits vorbegriffliche mathematische Anordnungen uns denken lassen, dass ein Mensch mit einem Einkommen von 5000 Euro monatlich über jemanden steht mit einem Einkommen von 1000 Euro. Aber 5000 Euro Einkommen ist gar nicht „höher“ als 1000 Euro, er erhält mehr Geld, aber kein „höheres“. Das Einkommen ist vier mal mehr, aber nicht vier mal höher. Nur wenn das Einkommen monatlich in gleichen Einheiten gestapelt ausgezahlt werden würde, wäre das Einkommen des einen vier mal höher als das des anderen.

Es wird nur deshalb von „höherem“ Einkommen gesprochen, um dieses in einem Denkschema einbauen zu können:

In diesem Denkschema beinhaltet eine „höhere“ Herkunft einen „höheren“ IQ also eine „höhere“ Begabung oder auch „Hochbegabung“, was es plausibel macht, dass diese Kinder auf eine „höhere“ Schule gehören und mit den „höheren“ Abschlüssen die „Hochschulberechtigung“ erhalten, wo sie sich eine „höhere“ Bildung aneignen um mit ihrer „Höherqualifizierung“ „höhere Stellenangebote“ zu erhalten, wo sie dann aufgrund „höherer“ Verantwortung ein „höheres“ Einkommen erhalten.

Die gleiche Plausibilitätskette ließe sich auch von „niederer“ Herkunft zum „niedrigen“ Einkommen abspulen. Derart kann der Calvinist und Volkswirtschaftler Bernd Lucke (AfD) von „sozialen Bodensatz“ sprechen – in der Topologie der protestantischen Wirtschaftsordnung ist „hohes“ Einkommen Nähe zu Gott.

127 Kommentare

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  1. Benno Schwarzer

    Brüüüüülllllllllll

    Sag mal Andreas, wie hast Du eigentlich damals Deine Lehrer dazu gebracht, Dir ein bestandenes Abitur zu bescheinigen?

    (Du hast doch das Abi, oder?)

    NS: „Lehrer“ steht hier im Genus. Ich hoffe Du erinnerst Dich an den Unterschied zwischen Genus und Sexus.

    • Andreas Kemper

      Muss man da, wo du herkommst, Lehrer_innen dazu bringen, ein bestandenes Abitur zu bescheinigen?

      Die Begründung, Frauen beim Maskulinum mitzumeinen, weil man Genus und Sexus trennen könne, wurde erstmals Anfang der 1960er Jahre geliefert. Bis dahin waren Frauen tatsächlich nicht als eigenständige Personen gemeint, sondern das Maskulinum meinte tatsächlich nur Sexus und zwar des Mannes, zu dem Frauen rechtlich gehörten. Zu dieser Trennung zwischen Genus und Sexus kam es wahrscheinlich, weil nach und nach Frauen auch als eigene Rechtspersonen galten. Diese Trennung zwischen Genus und Sexus beim generischen Maskulinum war aber nie unumstritten. Bereits in den 1970er Jahren kam es zusätzlich zu einer Kritik am generischen Maskulinum durch die feministische Linguistik. Heute wird das generische Maskulinum zunehmend aus der Amtssprache verbannt.

      • Anti-Soziologe

        Ja, und weil die feministische Linguistik sich ihre eigenen Gesetze geschaffen hat, sollen wir nun diese Gesetze akzeptieren?! Seltsam ist dabei nur, dass es doch für den Gender-Mainstream keine Geschlechter gibt, folglich dürfte sich die „feministische“ Linguistik garnicht feministisch, geschweige zu kritisieren, dass „Lehrer“ nur die Männer beinhalte…

      • Andreas Kemper

        Es wird im Feminismus nirgendwo behauptet, dass es keine Geschlechter gibt. Zumindest als Konstruktionen werden sie immer anerkannt. Konstruierte Geschlechter sind aber ebenfalls Geschlechter, genauso wie konstruierte Brücken tatsächlich Brücken sind. Wenn ich sage, dass es von „Natur aus“ keine Klassen gibt, sondern Klassen gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse sind, die es zu überwinden gilt, dann kann ich mich als jemand aus der Arbeiterschaft trotzdem mit anderen aus der Arbeiterschaft zusammenschließen, also als Klasse, um für die Aufhebung der Klasse zu kämpfen.

      • Anti-Soziologe

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        „Es wird im Feminismus nirgendwo behauptet, dass es keine Geschlechter gibt. Zumindest als Konstruktionen werden sie immer anerkannt. Konstruierte Geschlechter sind aber ebenfalls Geschlechter“…

        Wenn Geschlechter durch Sozialisation konstruiert wurden, heisst das, dass diese Konstruktion künstlich geschaffen wurde. Das impliziert, dass es keine Geschlechter gibt. Folglich ist das Ziel, die Konstruktion aufzuheben, um jenen Zustand der Neutralität zu erreichen. Daher leugnet der Feminismus die Tatsache der Geschlechter. Das ist das gleiche, wenn ich behaupte, wenn es von Natur aus keine Klassen gibt, ist auch der Arbeiter nur ein Konstrukt, das sich in dem Augenblick auflöst, wenn die Klassen überwunden sind. Das heisst, der Arbeiter (wie auch das Geschlecht) ist nur eine scheinbar, da künstlich geschaffene Existenz, die in dem Augenblick erlischt, wenn die Klassen überwunden worden sind.
        Daher ist das Beispiel mit der Brücke völlig daneben. Denn die Brücke ist ein Erzeugnis des Menschen, nicht zu vergleichen mit dem Geschlecht. Wenn man aber, wie Religionsfanatiker, die Evolution als Tatsache leugnet, dann kommt man immer zu dem Ergebnis, das man gerade braucht.

      • Andreas Kemper

        Also „den Feminismus“ gibt es erstmal nicht. Es gibt im Bereich der feministischen Theorien, die sich auf die Konstruiertheit der Geschlechter befassen, auch verschiedene Ansätze.
        Wenn wir biologisch an die Frage herangehen, empfehle ich die Sichtweise von intersexuellen Menschen. Ihnen wird vom medizinisch-juristischen Komplex ein Geschlecht zugewiesen mit der Begründung, dass unsere Kultur nicht zulasse, dass es Menschen außerhalb der Geschlechterbinarität gibt.

        Und natürlich gibt es von Natur aus auch keine Klassen. Wenn die Klassengesellschaft irgendwann überwunden sein wird, wird es auch keine „Arbeiter“ mehr geben. Unangenehme Arbeiten werden von allen Menschen erledigt, und nicht nur von einer bestimmten Gruppe, so dass sich eine spezifische Kennzeichung erübrigt.

        Der Unterschied bei der Konstruiertheit einer Brücke und Konstruiertheiten von Geschlecht und Klasse liegt darin, dass eine Brücke erstmal fertig konstruiert ist und nicht immer neu konstruiert werden muss. Geschlecht und Klasse sind hingegen menschenfeindliche Konstruktionen, die permanent neu konstruiert werden müssen, was sich Doing-Gender bzw. Doing-Class nennt.

      • Anti-Soziologe

        .“..empfehle ich die Sichtweise von intersexuellen Menschen..“

        Hahaha, dass ich nicht lache…Ich ziehe mir ein Röckchen an, lasse mir Brüste implatieren, mir den Schwanz abschneiden, lasse mir künstlich Östrogen in den Körper spritzen und sage: Ich empfinde wie eine Frau! Was für ein Beweis. Das hatte Money auch gedacht, und für diesen ideologisch-faschistischen Menschenversuch sind die beiden Zwillinge draufgegangen!
        Russel sagte zu recht, wenn ein Philoph die Naturwissenschaften leugnet, dann ist er nicht mehr ernst zu nehmen. Und das gilt für alle ieologisch verbrämten Gender-Affen, die nichts ausser dummes Geschwätz vorweisen können gegen Beweise aus der Biologie, Evolutionären Erkenntnistheorie, der Medizin…
        Nicht die Tatsache, dass es Geschlechter gibt, sie biologisch zu unterschieden sind, daher ihr Denken, ihr Empfinden, in Verhalten Unterschiede aufweist, sondern das Leugnen von Beweisen, dabei aber selbst nichts als haltlose Aussagen entgegenzusetzen, ist menschen- und wissenschaftsfeindlich. Money hatte aus seinem Menschenversuch gelernt, hielt danach seinen Mund.
        Aber die Gender-Affen konstruieren neue Begriffe und wollen damit die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse umgehen. Aber weil es die Evolution gibt, wird auch ein solches kosntruiertes Denken, Geschlechter seien nicht vorhanden, aufgrund von Nutzlosigkeit überwunden werden. Schliesslich gibt es den Unterschied der Geschlechter seit ca 250 Millionen Jahre, den Gender-Unfug erst seit der Kriminellen Simone de Beauvoir, die minderjährige Mädchen missbrauchte!…Und zudem hiess es bei Ihnen am Anfang:“Es wird im Feminismus nirgendwo behauptet, dass es keine Geschlechter gibt“, dann heisst es:“Geschlecht und Klasse sind hingegen menschenfeindliche Konstruktionen, die permanent neu konstruiert werden müssen“…Man warte, bis der Feminist sich selber widerlegt!

      • maddes8cht

        „Die Begründung, Frauen beim Maskulinum mitzumeinen, weil man Genus und Sexus trennen könne, wurde erstmals Anfang der 1960er Jahre geliefert.“

        Ja, und zwar vom Feminismus.
        zuvor war die Idee völlig fremd, dass mit einer Bezeichnung wie „Maus“ ausschließlich weibliche Mäuse gemeint sein könnten. Vielmehr gab es weibliche Mäuse, und, obwohl das Genus von Maus feminin ist, auch männliche Mäuse.
        Was analog auch bei Begriffen mit männlichem Genus zutrifft.
        Funktionsträger tragen im Deutschen allgemein den maskulinen Genus.
        Dennoch gibt es männliche ärtze und weibliche ärzte.
        Ohne Zusatz, ob ein männlicher oder weiblicher Arzt gemeint ist, ist es eben NICHT primär ein männlicher Arzt, sondern ein nicht näher spezifizierter Artz unbekannten Geschlecht. Durch die genderistische Annahme, dass es wegen des Genus unbedingt ein männlicher Arzt sein müsse, haben wir die Begrifflichkeit verloren, geschlechtsunabhängig von einem nicht spezifizierten Arzt sprechen zu können. Damit bringt die angeblich „gendergerechte“ Bezeichnung einen beständigen Sexismus in die Sprache ein, wodurch ein geschlechtlich nicht spezifizierter Arzt überhaupt nicht mehr benannt werden kann. Das ist ein wesentlicher Verlust des sprachliche Ausdrucks.
        Dadurch wird es Unmöglich gemacht, bei der Bezeichung „Arzt“ heute (!) an einen weiblichen Arzt (mit-) zu denken, weil ein weiblicher Arzt nach der neuen Sprachlogik kein Arzt, sondern eine Ärztin zu sein hat.

        Oder, um es mit Orwells Ausführungen zum Neusprech auszudrücken:
        Man eliminiert Ausdrucksmöglichkeiten aus der Sprache, die man nicht mehr haben will. Der Genderismus lässt die Vorstellung von geschlechtlicher Zuordnung damit genau nicht verschwinden, indem er uns beständig, in jedem Satz, mit jeder Bezeichnung beständig unauslässlich daran erinnert, dass wir in allem nur als männlich oder weiblich existieren, und es keine Möglichkeit geben darf, dies nicht zum Ausdruck zu bringen.

        Dass genau das dazu beiträgt, dass Zwischenformen (genau – Zwischenformen, keine eigenständigen und von der Zweigeschlechtlichkeit unabhängigen „zusätzlichen“ Geschlechter) zwischen den Geschlechtern, in Form von Homosexualität oder Transgender oder sonstigem, in der beständigen Betonung der Polarität zwischen männlich und weiblich überhaupt keinen Platz finden, ist der Treppenwitz schlechthin an der sogenannten „gendergerechten“ Sprache.

      • Andreas Kemper

        Da liegen Sie komplett falsch. Mit dem Maskulinum wurden Frauen mitgemeint, weil sie als Anhängsel von Männern galten. Als Töchter oder als Ehefrauen. Da Frauen keine Doktorinnen werden konnten, erübrigte sich der Begriff Doktorin. Und keiner wäre auf die Idee gekommen, dass „Frau Doktor“ eine Doktorin sein. „Frau Doktor“ war natürlich die Ehefrau vom Doktor. Erst mit der Emanzipation der Frauen wurde es relevant, Frauen auch als eingenständige Wesen zu benennen, eben „Frau Doktor“ von „Frau Doktorin“ unterscheiden zu können. In dieser Phase wurde dann das „generische Maskulinum“ erfunden. Nicht von Feministinnen, sondern von Männern, die das Maskulinum behalten wollten und es nun anders deuteten.

      • maddes8cht

        Ihre Begründung, das Generikum gebe es erst seit der Emanzipation ist abenteuerlich.
        Richtig ist lediglich die Idee, dass erst der Feminismus auf die Idee kam, mit einer nicht explizit weiblichen Form seien Frauen irgendwie bloß „mitgemeint“, und damit „irgendwie“ gar nicht originär „richtig“ gemeint (sondern eben nur „mit-„…).

        Es ist aber völliger Unfug, zu denken, wenn man von einer Gruppe Mädchen (Neutrum) spricht, damit seien die weiblichen Mädchen lediglich „mitgemeint“, weil ja gar nicht in einer weiblichen Form angesprochen. Vielmehr meint der Begriff im Plural „die Mädchen“ tatsächlich sogar ausschließlich die weiblichen Mädchen der Gruppe, weil die männlichen Mädchen gar keine Mädchen sind, es sie somit nicht gibt.
        Aller feministischen Propaganda zum Trotz gehe ich jede Wette ein, dass der weit überwiegende Teil von Menschen, die sie dazu befragen würden, bei einer Aussage über „die Mädchen“ einer Gruppe dabei fast ausschlielich an weibliche Mädchen denken wird, obwohl das Sprachlich durchaus nicht zum Ausdruck kommt, sondern die weiblichen Mädchen nach genderistischer Theorie nur „mitgemeint“ seien und gewissermaßen sprachlich „unsichtbar gemacht“ werden.

        Vielleicht kennen sie Mark Twains wundervollen Text über die schreckliche deutsche Sprache. Er wurde vor 110 Jahren, im Jahr 1905, in einer Sammlung humoristischer Schriften veröffentlicht, also recht eindeutig vor der Frauenemanzipation.

        Bereits damals macht er sich darüber lustig, dass es im Deutschen kaum eine Systematik oder gar Logik beim gramatikalischen Geschlecht zu geben scheine. Die Eigenart, dass Funktionsträger zuerst mal maskulin sind, erscheint dabei doch eher zufällig.

        Ich zitiere mal:

        „Jedes Substantiv hat sein grammatisches Geschlecht, und die Verteilung ist ohne Sinn und Methode. Man muss daher bei jedem Substantiv das Geschlecht eigens mitlernen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Um das fertig zu bringen, braucht man ein Gedächtnis wie ein Terminkalender. Im Deutschen hat ein Fräulein kein Geschlecht, eine Rübe dagegen schon. Welch eine übermäßige Hochachtung vor der Rübe und welch eine kaltherzige Missachtung des Mädchens verrät sich hier! Sehen Sie einmal, wie es sich gedruckt ausnimmt – ich übersetze im Folgenden ein Gespräch aus einem der besten deutschen Sonntagsschulbücher:

        Gretchen: „Wilhelm, where is the turnip?“

        Wilhelm: „She has gone to the kitchen.“

        Gretchen: „Where is the accomplished and beautiful English maiden?“

        Wilhelm: „It has gone to the opera.“3

        Um mit den deutschen Geschlechtern fortzufahren: Ein Baum ist männlich, seine Knospen sind weiblich, seine Blätter sächlich; Pferde sind geschlechtslos, Hunde sind männlich, Katzen weiblich – Kater natürlich inbegriffen; Mund, Hals, Busen, Ellenbogen, Finger, Nägel, Füße und Rumpf eines Menschen sind männlichen Geschlechts; was auf dem Hals sitzt, ist entweder männlich oder sächlich, aber das richtet sich nach dem Wort, das man dafür benutzt, und nicht etwa nach dem Geschlecht des tragenden Individuums, denn in Deutschland haben alle Frauen entweder einen männlichen „Kopf“ oder ein geschlechtsloses „Haupt“. Nase, Lippen, Schultern, Brust, Hände, Hüften und Zehen eines Menschen sind weiblich, und sein Haar, seine Ohren, Augen, Beine, Knie, sein Kinn, sein Herz und sein Gewissen haben gar kein Geschlecht. Was der Erfinder der Sprache vom Gewissen wusste, wird er wohl vom Hörensagen gewusst haben.“

        Nein, dass das gramatikalische Genus mit einem irgendwie gearteten realen Geschlecht des damit bezeichneten durchaus nicht irgend etwas zu tun haben müsse war in vergangenen Zeiten schon aufgefallen.
        Dass das ab sofort aber so zu sein habe, und da, wo Frauen nicht explizit mit Femininum angesprochen werden, daran eine Diskriminierung abzuleiten sei (natürlich nur, wenn es Frauen betrifft.. Niemals kämen sie auf die Idee, dass „die Person“ für Männer diskriminierend sei, weil deren Genus feminin sei. Ich überigens auch nicht. Es dient mir nur als Beispiel für die Inkonsistenz der Grammatik und ihres Denkens.) und einen dringenden Handlungsbedarf zu konstruieren – das ist erst ein Gedankengut, das mit dem Feminismus erfunden worden ist. Und dabei achte ich sehr darauf, hier von Feminismus zu sprechen und nicht von Emanzipation, denn mit Emanzipation hat solches Denken nichts zu tun.

      • maddes8cht

        (*) Fussnote zum vorigen:
        „Katzen weiblich – Kater natürlich inbegriffen“: Im Englischen Original steht da: “ cats are female — tomcats included, of course;“ Die deutsche Übersetzung ist da Blödsinn, es müsste heißen: Katzen weiblich, männliche Katzen natürlich inbegriffen.
        Das absonderliche dabei ist, dass mit „Katzen“ tatsächlich der Überbegriff gemeint ist, der als das Generikum in diesem Fall auch die männlichen Katzen einschließt. Aber hier gibt es sowohl im deutschen als auch im Englischen einen separaten Begriff für die männliche Katze, nämlich Tomcat und Kater. Die Maus wäre somit das passender Beispiel gewesen, denn hier wird die männliche Form, wenn überhaupt, durch Anhängsel eines -rich zum Mäuserich. Das (oeder -er) ist die übliche deutsche Form, um aus einem weiblichen Generikum eine explizit männliche Form zu bilden, unabhängig davon, dass die generische Form bereits beides – Männchen wie Weibchen – meinen kann. Was im übrigen bei der „Ratte“ überhaupt nicht vorgesehen ist – einen „Ratterich“ gibt es nicht.

        Hier sieht das Deutsche bislang lediglich vor, von einer männlichen Ratte zu sprechen, oder einem Rattenmännchen.
        Was Günter Grass nicht davon abgehalten hat, von der bereits weiblichen Ratte eine noch weiblichere Form „Rättin“ zu bilden.
        Frage: Denken sie bei „Ratte“ automatisch an eine weibliche Ratte?

        Ich für mein Teil gebe zu: Zumindest bei Katze denke ich intuitiv eher an etwas weibliches. Aber sonst?

        Bemerkenswert finde ich in der Liste so schöne Besipiele, dass der Busen Männlich, die Brust hingegen Weiblich ist.

      • Andreas Kemper

        Sie geben sehr viele Beispiele dafür, wie schön anarchistisch die Sprache gewachsen ist.

        Aber Ihnen müssen doch zwei Dinge klar sein:

        1. Gab es bis in die 1970er Jahre eine machtbezogene Ungleichheit zwischen Männern und Frauen, die Frauen dazu nötigte, Männer zu heiraten und diese als Familienvorstand zu akzeptieren. Das war gesetzlich geregelt. Im 19. Jahrhundert waren Frauen vom Wahlrecht ausgeschlossen. Sie durften nicht studieren. Sie galten nicht als gleichwertig.

        2. Sprache ist nicht einfach nur gewachsen. Es gab in den letzten Jahrhunderten sehr viele behördliche Anweisungen, wie Sprache zu benutzen sei. Und diese Anweisungen suchten die herrschende Ideologie umzusetzen, dass Frauen nicht gleichwertig seien, insbesondere nicht im Auftreten gegenüber Behörden.

        Für den englischsprachigen Bereichen ist das sehr gut erforscht. So liegen Anweisungen vor, in der Behördensprache das „he and she“ oder das neutrale singuläre „they“ zu vermeiden und konsequent durch „he“ zu ersetzen. Damit sollten Frauen dann mitgemeint sein. Genauso wie für Frauen mitgewählt wurde, wenn der Familienvorstand, der Mann, wählte. Das war nur konsequent. In dem die Frau bereits sprachlich aus der Amtssprache entfernt wurde, sollte es gar nicht mehr denkbar sein, dass Frauen überhaupt als Subjekte gegenüber Behörden auftreten. George Orwell fasste das in den Begriff „Newspeak“.
        Das heißt, es liegt keinesfalls eine „Sprachpolizei“ vor, wenn Frauen, die politisch oder in der Familie nicht durch Männer mitvertreten sein wollen, auch fordern, dass sie sprachlich nicht mitgemeint sein wollen, sondern es ist eine Sprachrebellion gegen eine seit Jahrhunderten agierende androzentrische Sprachpolizei.

      • maddes8cht

        zu
        „1. Gab es bis in die 1970er Jahre eine machtbezogene Ungleichheit zwischen Männern und Frauen, die Frauen dazu nötigte, Männer zu heiraten und diese als Familienvorstand zu akzeptieren. Das war gesetzlich geregelt. Im 19. Jahrhundert waren Frauen vom Wahlrecht ausgeschlossen. Sie durften nicht studieren. Sie galten nicht als gleichwertig.“

        Ich lasse das mal so stehen, obwohl sich da im Detail einiges dazu sagen ließe und in der Auffassung durchaus einseitig ist.
        Sie geben damit jedenfalls explizit zu, dass dies bis in die 1970er Jahre dauerte und danach dieses Machtgefälle verschwunden ist.
        Das allgemeine Wahlrecht erhielten Frauen in Deutschland 1918. Zuvor gab es auch für Männer kein allgemeines Wahlrecht, lediglich in ausgewählten Gebieten wie dem norddeutschen Bund (ab 1867)
        Selbst unter Berücksichtigung einer solchen Besonderheit ist die Zeit eines gemeinsamen allgemeinen Wahlrechts (ca. 100 Jahre) erheblich länger als eine Zeit, in der es ausschließlich ein Männerwahlrecht gab.

        Hingegen gab es in den USA z.B. bis in die 1960er Jahre erhebliche Schwierigkeiten für Afroamerikaner, ihr eigentlich vorgesehenes Wahlrecht durchzusetzen.

        Demgegenüber war das Wahlrecht für Frauen also nahezu von Anfang an in unserer Gesellschaft verankert.

        Der Wesentliche Punkt ist aber nicht, was mal vor 50 oder 100 Jahren war. Wir reden von heute.

        zu
        „2. Sprache ist nicht einfach nur gewachsen. Es gab in den letzten Jahrhunderten sehr viele behördliche Anweisungen, wie Sprache zu benutzen sei. Und diese Anweisungen suchten die herrschende Ideologie umzusetzen, dass Frauen nicht gleichwertig seien, insbesondere nicht im Auftreten gegenüber Behörden.“

        Ich lehne solche behördlichen Einflussversuche von früher genauso ab wie heutige.
        Und der Volksmund hat sich gerade gegen solche behördliche indoktrination meist ganz Erfolgreich verwahrt.

        Ich kenne die von Ihnen angeführten englischsprachigen Behördenanweisungen nicht.
        Aber auch hier gilt wieder: Wir reden von deutschen Umständen.
        Ich kenne solche behördlichen Sprachvorgaben zugunten von Männern bei uns nicht.
        Sollen wir jetzt welche zugunsten von Frauen einführen, weil Engländer sowas schon mal vorgemacht hatten zugunsten von Männern?
        Einfach „weil es geht“? War es denn gut, dass es solche Regeln gab?

        Im Gegensatz zu den von ihnen angeführten Regeln, die sich, soweit ich das erkennen kann, auf den Behördlichen Bereich bezogen, versucht die gender-mainstreaming.ideologie ihre Sprachregelungen mit aller Gewalt in der gesamten Gesellschaft durchzusetzen, auch gegen erhebliche Widerstände, nicht nur von Männern, sondern auch von Frauen, die sich von dieser Indoktrination angewidert abwenden.
        Das hat schon sehr totalitaristische Züge, wie das mittlerweile in die Schulbildung gedrückt wird.

        Das ist KEINE Sprachentwicklung, sondern staatlich verordneter Neusprech, Das Gedankengut aus 1984 liegt bei ihrer Seite. Sie sind diejenigen, die unsere Sprache amtlich zu begradigen versuchen.

      • Andreas Kemper

        Wenn die diskriminierenden Gesetze bis weit in die 1970er Jahre reichten, dann hat die dadurch forcierte Gestaltung der Gesellschaft entsprechende langfristige Wirkungen, die nicht mit dem Ende der Gesetze abrupt endeten, zumal ja die Kräfte, die zu diesen Gesetzen führten, nicht komplett entmachtet, sondern nur geschwächt wurden. Sie wollen sich doch dieser sehr einfachen Erkenntnis nicht verweigern? Der Rassismus in den Vereinigten Staaten endete doch nicht zu dem Zeitpunkt, als die rassistischen Gesetze abgeschafft wurden. Ich weiß, dass es eine solche formalistische Denkweise gibt, aber ich halte sie für ignorant und dumm.

        Sie ignorieren, dass es seit Jahrhunderten eine patriarchale Sprachgestaltung gegeben hab, die mit der Unterdrückung von Frauen einherging. Eine Emanzipation von dieser patriarchal geschaffenen Sprache gibt es erst seit fünfzig Jahren. Natürlich wurde die patriarchale Sprachgestaltung nicht nur mit Gesetzen durchgedrückt, sondern auch an Hochschulen und Schulen praktiziert. Das ist in ihren Augen kein „Totalitarismus“. Warum eigentlich nicht?

        Argumentativ bleibt Ihnen nur, in Großbuchstaben zu schreiben. Und entsprechend zu übertreiben. Wo wurde denn „Gewalt“ angewendet, wenn Männer nicht geschlechtersensibel sprechen? Sie haben bestimmt etliche Beispiele parat, wo Männer von Frauen zusammengeschlagen wurden, weil sie kein Binnen-I benutzten. Oder Sie kennen bestimmt Fälle von Inhaftierungen, weil sich die Personen weigerten, in ihren E-Mails den Unterstrich zu benutzen? Nein, natürlich nicht. Sie müssen so einen durchgeknallten Popanz suggerieren, sie müssen „1984“ zweckentfremdet bemühen, weil sonst klar wird, was Sie eigentlich wollen: Dass alle ihre patriachale Sprache sprechen müssen, die Ihre Vorväter tatsächlich mit Gewalt durchsetzten, indem die Sprache dem gewaltsamen Ausschluss von Frauen folgte.

      • maddes8cht

        Okay, vorneweg das von hinten:
        “ Natürlich wurde die patriarchale Sprachgestaltung nicht nur mit Gesetzen durchgedrückt, sondern auch an Hochschulen und Schulen praktiziert. Das ist in ihren Augen kein “Totalitarismus”. Warum eigentlich nicht?“
        Aber ich habe doch nirgends behauptet, dass mein Vorwurf des Totalitarismus vollständig sei oder gar bei der Schule endet – selbstvesrständlich ist das, was an den Universitäten seit Jahrzehnten „praktiziert“ wird, sogar besonders totalitaristisch zu bewerten.
        Auch in England werden bei den Behörden keine Gummiknüppel eingesetzt worden sein, wenn jemand seine Anträge nicht mit der notwendigen einseitigkeit ausgefüllt hat – in so einem Fall wird gegängelt, nicht bearbeitet, verschleppt, unbearbeitet zurückgeschickt, etc.
        Und so etwas ist Ausübung von Staatlichem Druck, mithin also das, was man mit staatlicher Gewalt meint.

        Wenn eine Uni klarmacht, dass die Benotung einer Arbeit davon abhängig gemacht wird, ob das korrekte gendern eingehalten wird, ist das ebenfalls solche Form von Gewalt.
        Wenn solche Sprachleitfäden herausgegeben werden, auf deren einhaltung gepocht wird, ebenfalls.
        3/4 der Studierx verdrehen bei dem Thema doch nur entnervt die Augen, wenn man darauf zu sprechen kommt. Gefühlt sind es inzwischen eher 100%, nämlich so ziemlich alle Studierx, die ich selbst persönlich kenne. Sowohl mänliche studierx als auch weibliche.
        Wenn aber die verbleibenden paar Prozent sich derart lautstark artikulieren dürfen, weil sie den Schutz der Universität hinter sich wissen, und die weit überwiegende Mehrheit lieber die Klappe hält, weil sie sich keinen Ärger einhandeln wollen, dann ist genau das Ausübung von Gewalt.

        Das bemerkenswerte ist, dass dieser Mechanismus nun weniger greift, wenn es um die Schule geht, denn hier sind die Eltern nicht nur für sich selbst verantwortlich, sondern für ihre Kinder – und ich denke, dass sie sich da weniger gefallen lassen, als wenn es nur um sie selbst ginge.

        Wenn da Schulbücher in einer Weise sprachlich verstümmelt werden, dass die Beschäftigung mit dem Nebenthema Genderideologie beständig das Stoffverständnis behindert und verkompliziert, dann gehen Eltern auf die Barikaden.
        http://www.salzburg.com/nachrichten/oesterreich/politik/sn/artikel/binnen-i-im-schulbuch-eltern-wehren-sich-134314/

        „Arbeitet nun zu zweit. Lest den rechts stehenden Text (S.7) folgendermaßen: Eine/r ist Zuhörer/in, der /die andere ist Vorleser/in. Eine/r liest den Abschnitt vor, der/die Zuhörer/in fasst das Gehörte zusammen. Der/die Vorleser/in muss angeben, ob die Zusammenfassung richtig war. Wechselt euch nach jedem Textabschnitt in der Rolle ab“

        Wenn der/die Lehrer/in seine/ihre Schüler/innen nach diesem Muster unterichten muss, wird der Untericht beständig von diesem Thema überformt. Er wird vom „Querschnittsthema“ zum dauerpräsenten Hauptthema gemacht, das nirgends ausgeblendet werden kann und darf, sich immer in den Vordergrund drängelt, jede Äußerung beeinflusst, jede Äußerung erst mal daraufhin abgeklopft wird.
        Ganau das ist die Form von sprachlichem Totalitarismus, der in 1984 verwendet wird. Ein Totalitarismus, der das Denken permanent auf Korrektheit überprüft und damit alles andere Denken überformt.

        Was dabei herauskommt, sieht man z.B. an ihrem Artikel, bei dem sie selbst einfachste umgangssprachliche Ausdrucksweisen auf politische Korrektheit überprüfen und „in Frage stellen“. Ziel einer solchen Denkweise kann nur sein, der Sprache letztlich jede Ausdruckskraft und Farbigkeit zu nehmen, weil jede solche Ausdruckskraft mit Assoziationen einhergeht, die in irgend einer Weise hinterfragt und kritisiert werden kann.
        Übrig bleiben darf dann nur ein maximal eingetrocknetes, im Ausdruck verarmtes, substanz- und lebloses Beamtendeutsch, das keinerlei Ecken und Kanten mehr haben kann und darf.

        Sie haben nicht einmal bemerkt, dass die Bedeutung von „hoch“ und „tief“ bei weitem nicht so eindeutig positiv oder negativ konnotiert sind wie sie uns weismachen wollen.
        Dazu reicht die Tiefe (sic) ihrer Gedanken nicht aus.
        Ebenso wenig, wie sie bemerkt haben, dass bei Tolkien die wichtigsten und größten „Helden“ weder die Elben noch die Zauberer sind, sondern ausgerechnet die Hobbits, die kleinsten und unscheinbarsten aller seiner menschenartigen Wesen. Es geht dort genau um die Auswirkungen auf sie, und die Wirkungen die sie auszulösen im Stande sind. Diese Feststellung hätte durchaus eine Vertiefung verdient gehabt.
        Aber derartige Überlegungen stellen sie nicht an, weil sie nicht zu dem passen wollen, was sie darin sehen wollen.
        Stille Gewässer sind tief, so der Volksmund, und an dieser Stelle hätte es gut gtan, wenn sie still geblieben wären und ihre Weisheiten für sich behalten hätten.
        Die Gedankentiefe eines Beitrags ist oftmals genau umgekehrt ausgeprägt wie der Hochmut (!) seines Autor.

        Sie hätten sehen können, dass die Begriffe hoch und tief auch in umgekehrter Wertung durchaus gebräuchlich sind, und durchaus keine absoluten Wertungen per se beinhalten.
        Und genau das wird im Kontext mathematischer Ordnung auch ausgedrückt. Höhere oder größere Zahlen sind einfach nur größer oder höher als kleinere oder niedrigere Zahlen. Man braucht aber einen vergleichenden sprachlichen Ausdruck dafür, um diesen Umstand benennen zu können. Dabei ist der Ausdruck „größer“ um nichts weniger oder mehr „wertend“ als der Ausdruck „höher“.

      • Andreas Kemper

        „Wenn eine Uni klarmacht, dass die Benotung einer Arbeit davon abhängig gemacht wird, ob das korrekte gendern eingehalten wird, ist das ebenfalls solche Form von Gewalt.“

        Entschuldigung, als ich mit meinem Studium in den 1980er Jahren begann, war das üblich. Es war nicht möglich, ein „Binnen-I“ zu benutzen. Es musste korrekt gegendert werden mit dem sogenannten „generischen Maskulinum“. Noch heute ist das so. Versuchen Sie mal in einem Wikipedia-Artikel das „Binnen-I“ einzufügen – das wird direkt revertiert und im Zweifelsfall werden Sie gesperrt. Bei den Überschriften der Artikel ist es noch krasser. Während in den Artikeln immerhin eine Beidnennung der Geschlechter möglich ist, muss die Überschrift korrekt gegendert werden, nämlich im sogenannten „generischen Maskulinum“.

        Es gibt also seit Jahrhunderten eine patriarchal vorgegebene Sprache, die restriktiv durchgesetzt wird. Erst seit wenigen Jahrzehnten gibt es dagegen Emanzipationsversuche, die dann – und das ist politisches Kalkül – als „Sprachpolizei“ denunziert werden, um von der seit Jahrhunderten stattfindenen patriarchalen Sprachgestaltung („Sprachpolizei“) abzulenken.

      • maddes8cht

        „Wenn die diskriminierenden Gesetze bis weit in die 1970er Jahre reichten, dann hat die dadurch forcierte Gestaltung der Gesellschaft entsprechende langfristige Wirkungen, die nicht mit dem Ende der Gesetze abrupt endeten, zumal ja die Kräfte, die zu diesen Gesetzen führten, nicht komplett entmachtet, sondern nur geschwächt wurden. “

        Es gibt seit Jahrzehnten keine Gesetze mehr, die sich in irgend einer Weise als Diskriminierend gegen Frauen werten ließen.
        Es gibt jedoch seit Jahrzehnten eine zunehmende Flut von Gesetzen zur Diskriminierung von Männern, die mit einer entsprechend diskriminierenden Rechtspraxis v.a. im Familienrecht einhergehen.
        Die dadurch forcierte Gestaltung der Gesellschaft hat mitlerweile weitreichende zersetzende Wirkungen auf das Verhältnis der Geschlechter, die sich in zunehmendem gegenseitigem Misstrauen äußern. Zumal ja die Kräfte, die zu diesen Gesetzen führten, nicht abnehmen, sondern im Gegenteil immer weiter gestärkt werden.

        „Sie ignorieren, dass es seit Jahrhunderten eine patriarchale Sprachgestaltung gegeben hab, die mit der Unterdrückung von Frauen einherging. Eine Emanzipation von dieser patriarchal geschaffenen Sprache gibt es erst seit fünfzig Jahren“

        Sie ignorieren, dass sich diese Verhältnisse längst umgekehrt haben.
        Sie versuchen permanent, heutige neu entstehende Ungerechtigkeiten mit früher bestehenden umgekehrten Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen.

        Sie verweigern sich damit der Erkenntnis, dass Diskriminierung ungerecht bleibt, auch wenn sie unter umgekehrten Vorzeichen betrieben wird.

        Sie stellen sich nicht gegen Diskriminierung.
        Sie stellen sich lediglich gegen die Diskriminierung von Frauen, nehmen aber beliebig Diskriminierung von Männern in Kauf.

        Wo sie sich gegen Diskriminierung von Frauen wenden, bin ich jederzeit auf ihrer Seite.
        Ich bin allerdings nicht mehr im Stande, heute noch wesentliche Diskriminierungen von Frauen erkennen zu können. Dafür sehe ich eine zunehmende Flut an Männerdiskriminierung. Wie stellen sie sich zu den bestehenden Diskriminierungen gegen Männer?

      • Andreas Kemper

        Sie leben in einer Scheinwelt. Versuchen Sie mal bei Wikipedia einen Text in gendergerechter Sprache zu schreiben. Schauen Sie sich bitte die Herrschaftspositionen in den Industriestaaten an. In der Wirtschaft, in der Politik, in der Wissenschaft, im Militär, in den Medien, in der Kirche… Jetzt können Sie gerne mit Angela Merkel kommen – aber wenn es ein G8-Treffen gibt, wird auch das schnell relativert: 7 von 8 Regierungschef*innen sind noch immer Männer. Ich kenne auch nicht soviele Generälinnen, Päpstinnen, Milliardärinnen, Dax-Managerinnen… und auch die Professorinnen sind noch immer in einer krassen Minderheit. Und Sie sind dabei, die Gleichstellungstendenzen zurückzudrehen.

      • maddes8cht

        Ich schrieb:
        „Ziel einer solchen Denkweise kann nur sein, der Sprache letztlich jede Ausdruckskraft und Farbigkeit zu nehmen, weil jede solche Ausdruckskraft mit Assoziationen einhergeht, die in irgend einer Weise hinterfragt und kritisiert werden kann.
        Übrig bleiben darf dann nur ein maximal eingetrocknetes, im Ausdruck verarmtes, substanz- und lebloses Beamtendeutsch, das keinerlei Ecken und Kanten mehr haben kann und darf.“

        Wie das funktioniert, lässt sich leicht an einem beliebig herausgegriffenen Beispiel illustrieren, das ich mal analog zu ihrer „höher und tiefer“ Pseudoargumentation abarbeite:
        Ich nehme einfach mal aus ihrem eigenen Artikel:

        „Es ging Foucault hier um die vorbegriffliche Ebene,“

        Mit dem Ausdruck des „vor-“ begrifflichen wird hier ein Wertungsmaßstab herangezogen, der das „vor“- gegen das „nach-„begriffliche ausspielt. Dabei ist das vorbegriffliche, unterbewusste, vorbewusste eine „dunkle Kraft“, die sich in unser Denken einschleicht und
        uns unbewusst manipuliert.
        Dabei spielt selbst die unbewusste Wertung eine Rolle, dass „vor-“ heriges weniger wertvoll und substantiell ist als späteres.

        Das „moderne“ ist „automatisch“ besser als das „alte“, ein „neuer“ Gedanke automatisch „besser“ als ein alter.

        Diese Wertungen sind in unserer heutigen Gesellschaft so fest eingeprägt, dass der Vorwurf des „ewig gestrigen“ absolut gesetzt werden kann, sobald jemand wagt, einen neuen Gedanken anzugreifen.
        Es ist dann oft nutzlos, noch argumentativ an der Wertung der Gedanken des angeblich „neuen“ gegen den angeblich „alten“ zu arbeiten.
        Das Pseudoargument, an etwas „altem“ festhalten zu wollen, sticht jedes rationale Argument aus, wenn das „neue“ als automatisch „besser“ gewertet wird als das „alte“ bzw. vorige.
        Dass auch ein neuer Gedanke einmal schlecht sein kann, scheint keine Rolle zu spielen.
        Dass es sogar so sein könnte, dass der größte Teil „neuer“ Gedanken eher unterirdischer Gedankenmüll sein könnte, und Fortschritt neuer Gedanken nur dadurch zu Stande kommt, dass immer nur die (wenigen) besten der neuen Gedanken sich durchsetzen – das scheint heutigen Tags ein eher undenkbarer Gedanke geworden zu sein.

        Ein neuer Gedanke muss sich aus sich selbst bewähren können. Er darf keinen Bonus dafür erhalten, einfach nur dafür, dass er „neu“ ist.
        Zum Beispiel der Gedanke, zu denken, ab nun zu definieren, dass 3 + 2 = 5 ist, und ab nun so zu berechnen sei.

        Sie sehen, ich kann sowas auch.

      • maddes8cht

        „Entschuldigung, als ich mit meinem Studium in den 1980er Jahren begann, war das üblich. Es war nicht möglich, ein „Binnen-I“ zu benutzen. Es musste korrekt gegendert werden mit dem sogenannten „generischen Maskulinum“. Noch heute ist das so.“

        Sie verwechseln da was.
        Das was sie da erwähnen sind die gewachsenen Regeln unserer Sprache, die sich durchgesetzt hat und zum Zweck besserer Verständlichkeit auch in ein Sprachwerk wie dem Duden festgehalten wird.
        Danach entscheidet sich eine Bewertung „korrekter“ Sprache, die an der Schule gelehrt wird.

        Deshalb wird in einem Wikipedia-Artikel eine entsprechende Falschschreibung korrigiert, solange sie sich nicht allgemein sprachlich durchgesetzt hat. Wenn sie sich durchgesetzt hat, erscheint sie im Duden und wird dann auch von Wikipedia akzeptiert.

        „Während in den Artikeln immerhin eine Beidnennung der Geschlechter möglich ist, muss die Überschrift korrekt gegendert werden, nämlich im sogenannten „generischen Maskulinum“. “

        Das ist falsch.
        Es muss nicht automatisch im „generischen Maskulinum“ gegendert werden, sondern im korrekten Generikum. Bei Funktionsträgern ist das tatsächlich häufig das Maskulinum.
        Wenn das Generikum feminin ist, werden sie in Wikipedia korrigiert werden, wenn sie stattdessen ein Maskulinum verwenden. („der Person“ statt „die Person“, „der Maus“ statt „die Maus“…)

        „Es gibt also seit Jahrhunderten eine patriarchal vorgegebene Sprache, die restriktiv durchgesetzt wird. Erst seit wenigen Jahrzehnten gibt es dagegen Emanzipationsversuche, die dann – und das ist politisches Kalkül – als „Sprachpolizei“ denunziert werden ….“

        Eine Emanzipation kommt per Definition aus den sich emanzipierenden selbst heraus. Die Emanzipierten befreien (emanzipieren) sich von Vorgaben von Außen.
        Die paternalistischen Vorgaben einer Obrigkeit, sei es einer Universität oder einer Schulbehörde, die dem zu emanzipierenden Volk vorgibt, wie es zu denken und zu sprechen hat, ist das exakte Gegenteil davon.

        Insofern handelt es sich also nicht um „Emanzipationsversuche“, sondern um eine „Sprachpolizei, die aus politischem Kalkül heraus installiert wird, um das Denken der „zu emanzipierenden“ zu beeinflussen.

        Emanzipatorisch wäre es, wenn sich ein geschlechtsneutrales Sprechen aus sich selbst heraus durchzusetzen beginnen würde, weil es dem veränderten Denken einer Gesellschaft entspricht, und sich dieses Denken und dieses Sprachhandeln auch gegen die Vorgaben einer Obrigkeit nicht mehr verhindern ließe.
        Wir erleben in allem das Gegenteil davon.
        Das ist auch nicht vewunderlich, denn die paternalistischen Vorgaben sind umständlich, leblos und kompliziert.
        Eine Veränderung, die sich von alleine durchsetzen würde, wäre mit Sicherheit eine, die einfach, einprägsam und ausdrucksstark wäre.

        Ausdrucksformen, wie sie sich z.B. in der (oft zu unrecht gescholtenen) „Jugendsprache“ ausbilden. Jede generation hat hier Sprachschöpfungen hervorgebracht, die sich später allgemein durchgesetzt haben. Ganz ohne behördliche Vorgaben.

      • Andreas Kemper

        Quatsch. Das hatten wir doch schon und da hatten sie bereits einglenkt. Die Sprache ist nie nur „gewachsen“. Würde sie einfach nur „wachsen“, bräuchte man keinen Duden. Ich habe ihnen Beispiele dafür genannt, wie eine Geschlechtersprache im 19. Jahrhundert verordnet wurde. Warum ignorieren Sie das?

      • maddes8cht

        „Jetzt können Sie gerne mit Angela Merkel kommen – aber wenn es ein G8-Treffen gibt, wird auch das schnell relativert: 7 von 8 Regierungschef*innen sind noch immer Männer.“

        Ich komme ihnen jetzt nicht mit Angela Merkel, sondern damit, dass 80% der Obdachlosen Männer sind, 80% der Suizidfälle ebenso, der Anteil der Männer unter den Arbeitslosen inzwischen 16% höher liegt als bei Frauen, die Lebenserwartung von Männern 5 Jahre niedriger liegt als bei Frauen, dennoch der weitaus größte Anteil von Gesundheitsvorsorgeleistungen in Frauen investiert wird und dies weiter aktiv ausgebau wird, während entsprechende Bedürfnisse für Männer ignoriert werden, Mädchen bei gleicher Leistung in der Schule besser bewertet werden, häufiger bei gleicher Eignung aufs Gymnasium geschickt werden, und dennoch immer weiter Geld nahezu ausschließlich in Frauenförderung, Mädchenförderung, Frauenunterstützung gepumpt wird etc. etc. etc..

        Das alles hat mit Gleichberechtigung nichts zu tun.
        Es hat mittlerweile nicht einmal mehr mit Gleichstellung zu tun, denn bei 60% Anteil von Frauen in den Universitäten kann eine weitere Freuenförderung nur noch als Besserstellung bezeichnet werden.

        Sie blenden vollständig aus,dass Männer nicht nur an der Spitze der Gesellschaft häufiger repräsentiert sind, sondern vor allem auch am unteren Ende. Sie leben in einer Scheinwelt, wenn sie lediglich die schmale Spitze der Gesellschaft ansehen.

        Und Zahlenmäßig finden sich am unteren Ende erheblich mehr Repräsentanten als am dünnen oberen Ende, wo vor allem Männer sich vor allem dafür einsetzen, dass Freuen vor allen Unbillen des Lebens geschützt werden, im Zweifel auf Kosten von Männern.

        Die Bestrebungen der Politik, vor allem Frauen in gehobene Positionen zu bringen, unabhängig von deren Leistung oder Eignung, ist vor allem eine Klientelpolitik einer kleinen wohlhabeden Oberschicht zugunsten der Frauen einer kleinen wohlhanden Oberschicht, die keinerlei Vorteile für die breite Masse von Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen nach sich zieht.

      • maddes8cht

        „Quatsch. Das hatten wir doch schon und da hatten sie bereits einglenkt.“

        Worauf beziehen sie sich gerade? Wo hatte ich ihrer Meinung nach eingelenkt?
        Ehrliche Frage – so ist das etwas schwer zu beantworten.

        „Die Sprache ist nie nur “gewachsen”. Würde sie einfach nur “wachsen”, bräuchte man keinen Duden. Ich habe ihnen Beispiele dafür genannt, wie eine Geschlechtersprache im 19. Jahrhundert verordnet wurde. Warum ignorieren Sie das?“

        Ich ignoeriere das nicht.
        Ich hatte bereits gesagt, dass ich auch solche früheren Versuche ablehnen würde.
        Was ich gerade an den gegenwärtigen Versuchen abstoßend finde ist ihr Umfang und das Bemühen, in alle Bereiche des Lebens hinein zu dringen und mitttlerweile auch die Schulbildung zu unterwandern.
        Ohne jegliche demokratische Rechtfertigung, ohne legitimierung eines Gesellscahftlichen Wunsches. Einfach nur als paternalistische behördliche Vorgabe.

        An der Stelle streikt mein liberaler Geist und hat das tiefe Bedürfnis, mich gegen eine solche Bevormundung zu verteidigen.

        Und ich hoffe, dass es diesen Abwehrreflex nich bei vielen anderen bevormundeten auslösen wird.
        Dabei freue ich mich besonders über die große Zahl an Frauen, die darüber nur verständnislos den Kopf schütteln – gerade diese Frauen entwinden solchen Vorhaben die Rechtfertigung. Sie müssten sich allerdings noch etwas deutlicher artikulieren.

  2. F. Mahler

    Na, das ist ja wohl die Höhe 😉
    Old black Feather spekuliert hier scheinbar auf eine Frühverrentunung. Versucht er doch uns zu erklären, daß Zahlenwerte nicht in jedem Fall etwas mit einer von ihm selbst definierten „soziologischen Höhe“ zu tun haben. Sicher, da hat er natürlich ganz automatisch recht.
    Genauso könnte er sagen, das gelb nicht zwingend gleich 3 ist und sogar noch weiter sinnieren, daß schwarz nicht unbedingt schlau sein muß, ob als Feder, oder sonstwas, ist dabei unerheblich.
    Für eine Erkenntnis muß man ihm aber dankbar sein. Ein versuchtes Soziologiestudium ist nicht gleichbedeutend mit geistiger Tiefe ( egal welchen Zahlenwert man dafür annehmen möchte ), selbst wenn man die kompliziertesten Sätze von Foucault zu kopieren dabei gelernt hat.

    M.a.W.: ein bestandener Rhetorik-Kurs 1 ermächtigt nicht zum sinnvollen Zerpflücken von Mathe, nicht mal zum Verständnis des kleinen 1×1 ( übrigens auch nicht der Soziologie ).

    Aber warum nicht mal etwas Selbsterniedrigung betreiben, wenn man sich damit eine Erhöhung der eigenen „Reputation“, oder gar der Zahenwerte in der Geldbörse, zumindest indirekt erhoffen kann, gelle?
    Ich liebe Profitfeministen……………

    • Andreas Kemper

      Der Satz von Foucault war nicht kompliziert. Und die Fremdworte sind verlinkt.

  3. Anti-Soziologe

    Wenn es tatsächlich so ist, dass es keine Höhe oder Tiefe gibt, dann würde ich an Deiner Stelle auf ein 100m hohes Haus hinaufsteigen und springen. Vielleicht würde es während des Fuges doch noch geschehen, dass Dein wirrer Kopf begreift, dass zwar die Erde ein Teil des Universums ist, aber auf der Erde physikalische Gesetze existieren, die mit den Begriffen hoch und tief bezeichnet werden können. Das heisst, 3 Meter sind höher als 2 Meter, wenn von dem gleichen Punkt aus gemessen wurde.

    • Andreas Kemper

      Wieso wusste ich, dass das Argument kommt: Spring doch vom Hochhaus, dann wirst du sehen, dass es oben und unten gibt. Dieses Argument macht überhaupt keinen Sinn, dennoch war klar dass es kommt.

      Du schreibst: „Das heisst, 3 Meter sind höher als 2 Meter, wenn von dem gleichen Punkt aus gemessen wurde.“

      Das ist natürlich falsch. Vielleicht kommst du selber darauf, was an der Aussage falsch ist.

      • Anti-Soziologe

        Natürlich macht es für Dich keinen Sinn, da Du nicht begreifen willst, dass auf der Erde andere Bedingungen und Gesetze herrschen, als ausserhalb der Erdatmosphäre. Wenn Du schreibst: „Überhaupt gibt es im Weltraum kein oben und unten“, blendest Du eben diesen Unterschied aus! Nietzsche schrieb, dass es, vom Weltall aus gesehen, keinen Sinn (für das Leben des Menschen) gäbe, aber auf der Erde, als organisches Lebewesen, was der Mensch ist, besitzt der Mensch einen Sinn; und sei es nur die Reproduktion. Was auch Nietzsche klar war.
        Die Zahl an sich ist abstrakt. Dennoch wird sie dann eingesetzt, wenn sie etwas beweisen soll, z.B. in der Mathematik oder Physik, Volkswirtschaft…Wenn ein Haus 100m HOCH ist, dann drückt diese Zahl 100 die Höhe aus! Diese abstrakte Zahl bekommt einen Wert zugesprochen, der aufzeigt, dass ein Haus 100m hoch ist. Und wenn man diese HÖHE mit einer anderen vergleicht, dann resultiert daraus, dass dieses 100m hohe Haus kleiner ist, als ein 110m hohes Haus.

        Aber als politisch Korrekter hält man fest an einer Theorie, die von sich glaubt, das Maß neu gesteckt zu haben. Wenn der Solipsist behauptet, es gäbe keine äussere Wirklichkeit, ist das, steng genommen, nicht zu widerlegen. Aber niemand wird ihn ernst nehmen, da jeder weiss, dass ein Baum hart ist, wenn man mit zu HOHER Geschwindigkeit dagegen prallt. Und wenn man behauptet, die diskursive Praxis sei die einzige wahre Philosophie, damit unter anderem die biologische Realität von Frau und Mann hinwegdiskutiert werden soll, macht es für Dich keinen Sinn, dass es HÖHE und TIEFE gibt.

      • Andreas Kemper

        Okay, du hast noch immer nicht verstanden, worauf ich hinaus will: „Höhe“ macht dann als Begriff einen Sinn, wenn man von Höhe spricht, nicht dann, wenn man von abstrakten Zahlen spricht. Dennoch wird oft von „hohen Zahlen“ oder „höheren Zahlen“ gesprochen. Das ist nicht nur falsch, sondern auch problematisch, da Vertikalismen in unserer Gesellschaft mit klassenbezogenen Wertungen einhergehen.

        Aber danke für das Stichwort Nietzsche. Gerade solche Leute wie Nietzsche benutzten ganz massiv klassenspezifisch wertende Vertikalismen („niedere Menschen“/ der „Übermensch“), was dann anschlussfähig zur Untermenschen-Ideologie der Nazis wurde.

  4. kommentatorin

    3 ist nicht höher als 2, 13 ist keine niedrigere Zahl als 17. Es besteht kein Grund, in Koordinatensystemen positive Zahlen über negative abzubilden. Wer einwendet, dass doch aber ein dreißigmeter hohes Haus höher ist als ein zwanzigmeter großes, der sollte realisieren, dass eine Lampe mit einem dreißigzentimeter langen Kabel tiefer hängt als eine mit einem zwanzigzemtimeter langen.

    Indem Du das Wort „tiefer“ verwendest, legst Du das Koordinatensystem fest. der Punkt, wo das Kabel befestigt ist, ist Null, und dann geht es nach unten (tiefer). Die Länge des Kabels stellt also einen negativen Wert dar, während die Höhe des Hauses einen positiven Wert darstellt.

    • Andreas Kemper

      Ja, das ist schon klar.
      Das Problem ist damit aber noch nicht erfasst. Man spricht ja auch nicht davon, dass 3 rechter ist als 2 oder dass 13 linker ist als 17. Das macht genauso wenig Sinn, wie davon zu reden, dass 3 eine höhere Zahl als 2 ist. Eigentlich müsste doch eher die 3 als rechter von 2 genannt werden als dass man sie als höher als 2 bezeichnet. Denn es wird ja nicht nur in einem Koordinatenkreuz nach rechts weiter gezählt, sondern auch in der Leserichtung. Die Leserichtung geht am Ende der Zeile dann aber nach unten weiter. Dies würde eher dafür sprechen, die sogenannten „höheren“ Zahlen als „tiefere“ zu bezeichnen. Die Leserichtung ist abhängig von der Schreibrichtung und diese hatte meines Wissens mit dem Problem des Nichtverwischens der Tinte zu tun, hier lagen also eher mechanische Gründe vor. Das Koordinatenkreuz müsste doch eigentlich die Leserichtung abbilden, in der waagerechten Ausrichtung passiert das, in der senkrechten Ausrichtung nicht. Man kann eben auch von oben nach unten messen. Wenn du einen Schrank von oben nach unten misst, sagst du ja nicht, der Schrank ist Minus zwei Meter hoch.

      • kommentatorin

        Jetzt führst Du eine andere Betrachtung ein, weg von oben und unten hin zu links und rechts. In unserem Kulturraum herrscht die Anschauung vor, dass links minus unendlich ist und rechts positiv unendlich. Selbstverständlich kann man das auch anders rum betrachten, was aber den mathematischen Gesetzen exakt nichts ändert. Wenn ich einen Ausdruck betrachte, der im negativen Bereich gegen 0 und im positiven Bereich gegen positiv unendlich geht (z.B. 2^x), ist es egal, ob ich meiner Anschauung positiv unendlich links oder rechts einordne, die mathematische Analyse dieser Funktion wird davon nicht tangiert, und auch Aliens kommen zum selben Wert der Konstanten, die das Verhältnis zwischen Radius und Umfang eines Kreises beschreibt. Das ist der Grund, warum wir Botschaften, die wir ins All schicken, in der Sprache der Mathematik abfassen.

      • Andreas Kemper

        Ja, wir scheinen einer Meinung zu sein. Das Problem ist das, was du „Kulturraum“ nennst. Also nicht die Mathematik, sondern die mathematischen Anordnungen. Es ändert nichts an der Mathematik, ob man oben ein minus macht oder unten oder ob man von links nach rechts zählt. Interessant ist, warum wir diese Anordnungen vornehmen. Und warum wir einige Anordnungen betonen („höhere Zahlen), andere nicht („rechtere Zahlen“). Meine These ist, dass diese Anordnungen klassistische Effekte haben und daher auch gewollt sind.

      • anonym

        Oh man komm doch mal von höher und tiefer in der Mathematik weg, da redet man von größer und kleiner und wenn du es auch so betrachten würdest, würdest du auch deinen Fehler erkennen.

        Die Drei ist größer als die zwei, die dreizehn kleiner als die siebzehn. Somit sind Fünftausend € ein größeres Gehalt als Eintausend €.

        Schau so einfach ist Mathematik.

      • Andreas Kemper

        Deshalb sprach ich von „mathematischen Anordnungen“ und nicht von der „Mathematik“. Ich bin darauf gekommen, nachdem der AfD-Chef Bernd Lucke ^abwertend^ von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen als ^Bodensatz^ sprach. Ich wurde hellhörig, als ein VWL-Student Lucke verteidigte, in dem er darauf verwies, dass aufgrund der Diagramme in VWL oft vom ^Bodensatz^ geredet werde. Also mit Hilfe von mathematischen Anordnungen, Diagrammen, werden über strukturell ähnliche Topologien Pseudo-Plausibilitäten geschaffen.

  5. kommentatorin

    Mathematiker sprechen nicht von „höheren“ Zahlen. Zahlen sind nicht „höher“ oder „tiefer“ sondern „größer“ oder „kleiner“, auch in die negative Richtung, deswegen ist auch der Betrag von -3 und 3 gleich (so betrachtet ist weder -3 noch 3 „höher“ oder „tiefer“). Es ist egal, ob ich von „negativen Vermögen“ (mit einem negativen Wert umschrieben) oder von „Schulden“ (mit einem positiven Wert beschrieben) spreche, am Schuldenberg ändert das nichts. Unabhängig von der Umschreibung, die ich verwende, ist der/das eine Schuldenberg/negative Vermögen (als Betrag) „größer“ oder „kleiner“ als der/das andere. Beim Schuldenberg offensichtlich, in der Mathematik herleitbar und beweisbar. Wenn ein Mathematiker von „“ spricht, redet er nicht beliebig daher, sondern über Dinge, die sich beweisen lassen.

    Du kannst natürlich auf die Konventionen pfeifen, und z.B. das Schaubild von 2^x beliebig drehen, aber dann müsstest Du, damit es einen Sinn für andere ergeben kann, anhand der Beschriftung der Koordinatenachsen kenntlich machen, welcher Richtung welche mathematische Bedeutung zukommt. Das kann dann natürlich so aussehen, dass das Schaubild ins Bodenlose abstürzt, dennoch geht es von seiner Bedeutung her nach wie vor gegen positiv unendlich.

    Ob man den Menschen dazu bringen kann, positiv unendlich mit „unten“ zu assoziieren ist eine interessante Frage.

    Wer es aber auf dem Gebiet der Mathematik zu etwas bringen will, sollte sich an die Konventionen halten. Wenn ich in ein anderes Landes gehe, lerne ich schließlich auch als erstes die Sprache und versuch nicht jedesmal eine neue, andere Sprache zu entwerfen, das hält nur auf und kostet nur Lebenszeit. Und deswegen verabschiede ich mich. Interessanter Gedanke, den Du da ansprichst, aber ich glaube der bleibt fruchtlos.

    • Andreas Kemper

      Zunächst einmal geht es darum, sich diese Konventionen als Konventionen bewusst zu machen. Der nächste Schritt wäre dann, zu untersuchen, wie diese Konventionen entstanden sind und wem sie nützen, wem sie Schaden, als drittes könnte dann überlegt werden, ob diese Konventionen sinnvoll verändert werden können. Konventionen sind Mittel zum Zweck.

  6. Dirk

    Wie auch in der Sprache sollte man, um miteinander kommunizieren zu können, eine einheitliche Basis schaffen. In der Sprache sind dies die Wörter mit ihrer Bedeutung, in der Mathe eben die Bezugsebenen.

    Es zeugt nicht von höherer Intelligenz, diese Ebenen zu verlassen und , in Concreto bei der Sprache so zu reden, dass eine Verständigung erschwert wird.

    • Andreas Kemper

      Es zeugt nicht von „höherer“(sic!) Intelligenz, die Verständigungsebene kritisch zu reflektieren?

  7. Carsten

    Ich glaube nicht das unsere Betrachtung auf Zahlenwerte etwas mit Klassismus zu tun haben. Vielmehr denke ich das die Einteilung in „hohe“ und „niedrige“ Zahlenwerte auf simple, alltägliche Beobachtungen zurückzuführen sind. Natürlich ist eine 3 räumlich gesehen nicht „höher“ als eine 2. Aber umgangssprachlich hat sich dies nunmal so eingebürgert. Ein Stapel mit 3 Münzen ist höher als ein Stapel mit 2 Münzen. Ein Haufen mit 300 Kieselsteinen ist höher als ein solcher mit nur 100. Ein Haus, welches vom Fundament bis zum Dach 25 Meter misst ist höher als eines mit nur 15 Metern. Sicherlich lassen diese Vergleiche keine allgemeingültige Einteilung in „hohe“ und „niedrige“ Werte zu. Allerdings haben sich diese umgangssprachlichen Bezeichnungen wohl sehr warscheinlich – so in etwa – eingebürgert. So wie unser Dezimalsystem, welches die Zahl 10 als Basis ansieht, mit der Anzahl unsere Finger zusammenhängt. Auch hier wäre eine andere Betrachtung möglich. Genausogut könnte man die 7, eine 12 oder jede andere Zahl als Grundbaustein wählen. Es würde allerdings an der Mathematik und ihren Regeln nichts änderen. Lediglich an unserer Betrachtungsweise auf sie.
    Ja, die Mathematik und unsere Sichtweise auf sie ist tatsächlich eine sehr interessante Sache. Selbst die Zahl „Null“ hat mathematisch eine lange Zeit keinerlei Bedeutung gehabt. Sie ist erst durch die Erfindung des Stellenwertsystems „entstanden“. Naja, das nur nebenbei 😉

    • Andreas Kemper

      Hallo Carsten,

      das stimmt, ein Stapel von 3 Münzen ist höher als ein Stapel von 2 Münzen. Aber genauso ist eine Schlange mit 10 Menschen länger als eine Schlange von 5 Menschen. Trotzdem sprechen wir nicht von „längeren Zahlen“. Es bleibt also erklärungsrelevant, warum die Vertikalität in die Zahlenverhältnis-Beschreibung reinkommt, nicht aber die Horizontalität.

  8. Eike Scholz

    Hm,

    ich bin ja nun Mathematiker, aber wenn ich sage x hat ein höheres Einkommen als y,
    meine ich „Einkommen(x) > Einkommen(y)“. Das verstehen auch viele andere Menschen so.
    Mir ist nicht klar wie man davon ausgehen kann, dass das irgendwie „P(x) > P(y)“ für irgend ein
    anderes P als Einkommen gemein sein könnte. Insofern ist deine Feststellung, dass ein solcher
    Sprachgebrauch Klassizistisch ist, falsch. Richtig ist offensichtlich, dass es Menschen gibt, die das als Klassizistisch empfinden und welche die das nicht so empfinden.

    Beste Grüße,

    Eike

    • Andreas Kemper

      Erstmal „klassistisch“ und nicht „klassizistisch“.
      Es geht darum, dass „höheres Einkommen“ kein willkürlicher Begriff ist und nichts mit den Zahlen oder dem Einkommen zu tun hat, sondern mit den Bewertungsschemata, die im Feudalismus auch die herrschende Klasse über die beherrschte Klasse darstellten.

  9. Andreas Kemper

    Eine „Political Correctness“ der Mathematik – der Bastion männlicher Wissenschaft – befürchtend, haben sich verschiedene antifeministische Blogs auf diesen Artikel eingeschossen. Hier gibt es drei Argumentationstypen:
    * Die ganz dummen verstehen nicht mal im Ansatz, dass es keine „höheren Zahlen“ gibt, da sind dann Argumente zu finden, wie „spring mal vom Hochhaus, dann wirste sehen, dass es oben und unten gibt“
    * Die klugere Argumention gibt mir insofern Recht, als sie sagt, dass es keine „höheren Zahlen“ gibt. Sie stellen dies dann als banal dar, verstehen aber Foucault nicht, sie weigern sich, überhaupt außer-mathematische Ursachen für mathematische Anordnungen in Betracht zu ziehen
    * Die klügsten Argumente hingegen gestehen ein, dass es außer-mathematische Gründe für die mathematischen Anordnungen gibt, beharren hier aber auf „Kognitionswissenschaften“ oder „Neurowissenschaften“, dass wir Beziehungen und Sachverhalten räumlich abbilden. Dem mag so sein, aber das erklärt natürlich nicht, warum von „höheren Zahlen“ die Rede ist, denn räumliche Abbildung geht ja nicht nur in die Vertikale, sondern auch in die Horizontale, und wir sprechen eben nicht von „längeren Zahlen“, sondern von „höheren Zahlen“.

    • imion

      Das wirklich interessante ist, das du nicht mal im ansatz merkst, das du in diesem Kommentar genau das machst, was du in deinem Artikel Kritisierst.

      • Andreas Kemper

        Was mache ich denn in dem Kommentar, was ich im Artikel kritisiere. Bitte konkret werden.

      • imion

        du Klassifizierst die Kommentare nach, deiner Meinung, dumm und Klug. Also genau das gleiche, wie höher oder niedriger. Denk mal drüber nach.

      • Andreas Kemper

        „Denk mal drüber nach“ – genau ist das Kriterium, mit dem ich die Klassifikation „dumm und klug“ durchgeführt habe. Die „dummen Kommentare“ sind diejenigen, die davon zeugen, dass nicht nachgedacht wurde. Bei den klügeren wurde mehr nachgedacht. Ist das nicht legitim?

      • imion

        Kommt drauf an, was du für einen anspruch hast. Wenn du Klassifizierung ablehnst, wie du ja mit diesem Artikel suggerierst, solltest du auch die Klassifizierung nach dumm und klug unterlassen. Ansonsten beweist du nur willkür.

      • Andreas Kemper

        Ich lehne ja nicht Klassifizierung ab. Ich finde Klassifizierung dann problematisch, wenn sie diskriminierende Effekte hat, vor allem dann, wenn diese Effekte unsichtbar sind. Als Soziologe muss ich ständig klassifizieren.

      • imion

        Und nach klug und dumm zu klassifizieren hat keine Diskriminierenden Effekt?

      • Andreas Kemper

        Es könnte einen diskriminierenden Effekt haben, wenn klug und dumm hier nicht als Bewertung von Aussagen, sondern als Charaktereigenschaften gelesen und diese Charaktereigenschaften dann auch noch als unveränderlich verstanden würden. Vielleicht hätte ich dazu schreiben soll, dass Dummheit für mich in der Regel ein Begriff für Ignoranz gepaart mit Arroganz ist. In der Regel äußern sich Diskriminierende dumm, weil sie bezüglich ihres eigenen Verhaltens und der eigenen Denkschemata bewusst auf Nachdenken verzichten.

    • noname37

      Das ständige argumentieren mit Foucault führt nicht dazu, dass dadurch Foucaults Aussagen richtiger werden. Eher ist dies ein Beispiel für ein argumentum ab auctoritate und zeigt zudem sehr schön, dass hier Aussagen alleine aufgrund ihrer Herkunft ein höherer Wahrheitsgehalt unterstellt wird. Mithin genau das getan und fortgeführt wird, was eigentlich zu kritisieren und überwinden ist.

      • Andreas Kemper

        Das „ständige Argumentieren mit Foucault“ ist kein „argumentum ab auctoritate“, sondern ist ein Hinweis darauf, dass hier einige Kommentatoren sehr unbelesen sind. Wer mitargumentieren will, sollte auch die Bereitschaft aufbringen, zu lesen. Wer sich mit Foucault nicht beschäftigen möchte, der sollte sich auch mit seinen Kommentaren zurückhalten. „Alles Quatsch“ ist kein Argument.

  10. anonym

    boa, ist doch ganz einfach, das Wort „höher“ bezieht sich nicht auf die räumliche Höhe sondern auf die Wertigkeit.

    Als Beispiel: die 10 ist höherwertig als die 9 warum ist sie das? weil die 10 einen Zähler mehr enthält. Sowas lernt man aber nur wenn man in Mathe aufpast. 🙂

    • Andreas Kemper

      Und warum wird „höher“ in die Wertigkeit eingezogen? Ist oben besser als unten?

      • Wednesday

        Du willst darauf hinaus, daß 20 schlicht 20 ist, und nicht höher oder niedriger als 18 oder 21. Ich gehe davon aus, daß sich das für Mathematiker auch tatsächlich so verhält; die Wertung erfolgt eher in der Warenwelt als in der Mathematik.

        Ein System, in dem es kein unten und oben, hoch und niedrig gibt, ist offensichtlich so schwer vorstellbar wie eine menschliche Gesellschaft ohne Geldeinheiten.

      • Andreas Kemper

        Ja genau. Zum Beispiel ist das Bild des „höheren IQ“ kompatibel mit der „höheren Bildung“ und der „Hochschule“. Dieses vorbegriffliche Bewertungsschema ist bereits in mathematischen Anordnungen eingeschrieben und lässt dann Bewertungen als neutral erscheinen. Dies ist eine Grundlage für solche Ergebnisse: http://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.414647.de Die „Höhe“ deines Bildungsabschlusses ist dann sogar noch abhängiger von der „Höhe“ deiner Herkunft, als deine Körperhöhe von der deiner Eltern. Das erscheint dann noch „natürlicher“ als tatsächliche genetische Effekte.

      • Melli

        Mathematiker werten in der Regel nicht.

        Auch ist in Mathe oder Physik oben oder unten egal von der Wertigkeit her.

        Trenne mal mathematische Begriffe von soziologischen oder umgangssprachlichen.

        Für mich sind die kauzigsten Mathematiker weitaus normaler als mancher Soziologe 😉

        So und jetzt noch ne Folge Big Bang Theory schauen…

      • Andreas Kemper

        Bitte lese noch mal den Artikel (z.B. nach der nächsten Folge Big Bang Theory), dann wirst du sehen, dass ich von mathematischen Anordnungen spreche, die haben mit Mathematik im eigentlichen sinne nichts zu tun, werden aber von Mathematiker_innen oftmals unreflektiert übernommen mitsamt den impliziten Bewertungsschemata.

      • Melli

        Achso du bist doch so ein Feministinnen Freak ( nicht bös gemeint):

        Kennst du den Film „Contact“ mit Jodie Foster?

        Wenn du ihn nicht kennst einfach mal anschauen. Erklärt vieles.

        Z.B. das Mathematik so neutral, wertfrei und universal ist und das Mathematik die einzige Möglichkeit wäre mit Ausserirdischen Kontakt aufzunehmen.

      • Andreas Kemper

        Ich kenne die meisten SF-Filme, ich bin so ein Science Fiction Freak.
        Die Grundlage, um einen Kontakt zwischen Außerirdischen und der Menschheit herzustellen, wäre, dass das Vorgeplänkel der Menschenheitsgeschichte in die Entstehungsphase der Menschheit übergeht. Und dazu wäre es nötig, alle Verhältnisse zu beseitigen, in denen der Mensch ein geknechtetes Wesen ist.
        Oder anders gesagt: ich möchte nicht gerne einer außerirdischen Zivilisation begegnen, die es attraktiv finden, mit unserer Zivilisation Kontakt aufzunehmen.

      • Melli

        @ Wednesday

        Eigentlich wollte ich auch nichts Anderes sagen aber du hast es besser gemacht.

        Ich bin zwar kein Mathematikerin aber Naturwissenschaft passt schon. Und ja für uns sind solche Begriffe neutral. Die Wertung erfolgt in der realen Welt.

        Texte zu verfassen ist nicht mein Ding. So jetzt aber aufs Canape

        Lieben Gruss @ Wednesday und Andreas.

    • Melli

      @ Andreas

      Und wenn schon. Anordnungen hin oder her. Irgendwelche Begriffe sind in Mathe nur Hilfsmittel.

      Sie sind wertfrei. Sie haben auch keine weiteren Funktionen.

      Und man muss auch in der Umgangssprache nicht alles auf die Goldwaage legen

      • Andreas Kemper

        Für die Mathematik hast du recht. In der Mathematik sind diese Hilfsmittel nur Hilfsmittel. Aber Mathematik ist ja nicht nur ein Selbstzweck, sie wird auch zur Gestaltung unseres praktischen Lebens gebraucht – und hier werden dann die mathematischen Anordnungen wirkmächtig.

  11. anonym

    ach man das hat doch nichts mit besser oder schlechter zu tun sondern mit dem Stellenwert der Zahl als solches. Es gibt keine Wertigkeit die Behauptet eine größere Zahl ist eine bessere Zahl.

    nochmal ein Beispiel zur größe eine Zahl mit dem nötigen Antwortsatz zur Aufgabe welche Berechnug ergibt das größere Ergebniss.

    Berechnung 1.) 1 + 1 = 2
    Berechnung 2.) 1 + 2 = 3

    Antwort: Das Ergebniss aus der Berechnung 2 ergibt das größere Ergebniss, da die Zahl 3 eine um den Wert 1 höhere Wertigkeit hat.

    So funktioniert Mathematik nunmal.

    schönen Tag noch

    • Andreas Kemper

      Warum wird die Wertikgeit mit „höher“ bezeichnet. Selbst „größer“ meint ja nicht „höher“. Ein größeres Fußballfeld ist ja kein höheres Fußballfeld. Verstehst du, was ich meine?

      • Melli

        @ Andreas

        Aber ein größeres Feld kostet mehr Geld 😉 Du bist ja Sozialist gell hihi

        Größer wertet ja auch in gewisser Art und Weise. Aber erst wenn man das Objekt kennt weiss man ob negativ oder positiv.

        Höherer Blutdruck ist auch nicht so gesund oder? Oder wenn der Hirntumor größer als Gedacht ist.

        Ist ein positiver H.I.V.-Test nicht negativ?

        Du machst dir über Sachen nen Kopf die keinerlei Erkenntnisgewinn bringen bzw. schon hundert Mal durchgekaut wurden.

        Vielleicht bin ich zu rational eingestellt.

      • Andreas Kemper

        Ja, das stimmt, dass „oben“ nicht durchgängig besser ist als „unten“. Aber bereits die Begriffe „Aufwertung“ bzw. „Abwertung“ machen deutlich, wie stark „oben“ mit gut und „unten“ mit schlecht assoziiert wird. Das ist ähnlich wie bei Schwarz/Dunkel und Weiß/Hell. Ich denke aber, dass diese Oben-Unten-Dichotomie noch grundlegender in unserer Kultur eingeprägt ist als Schwazr-weiß. Und diese Bewertungschemata verbinden sich natürlich: Licht ist oben ist Gott/Himmel, Finsternis ist unten ist der Gefallene Engel/Unterwelt.

      • Anti-Soziologe

        Ich frage mich, warum Du Dich an der Bezeichnung HOCH oder TIEF stösst? Im Grunde bist letztendlich Du es, der behauptet, dass HOCH mit einer klassistischen Denkweise zusammenhängt. Hoch ist ein Berg. Aber ich würde diesen Berg nicht höher werten, weil er hoch ist, sondern ich beziehe meine Bezeichnung auf die Tatsache, dass der Berg hoch ist. Wenn Du kritisierst, dass es keine hohe Einkommen gibt, dann bist Du es, der in der Höhe des Einkommens einen klassistischen Hintergund sehen willst. Wenn Du von hoher Bildung redest, dann bist Du es, der in der höheren Bildung eine klassistische Sichtweise interpretierst. Dass es Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft gibt, darin stimme ich zu, nur scheinst Du aber, als politisch Korrekter, erst dann zufrieden zu sein, wenn alles restlos gesellschaftlich nivelliert ist, d.h. kein Geschlecht, kein oben und unten, mensch und tier ist gleich, kein Türke, kein Deutscher, kein Marsmensch…etc. Dass aber darin erst die Ungerechtigkeit liegt, weil der Mensch biologisch unterschiedlich ist, scheint Dir nicht bewusst zu sein. Auch bist DU es, der weiter oben klassistisch denkt, indem DU die Kommentatoren in drei Stufen hierarchisiert hast …Oder irre ich mich da! Wie kann ich Hierarchien kritisieren, wenn ich selber dazu neige, die Menschen zu klassifizieren…

      • Andreas Kemper

        Hast du die verlinkte Studie vom DIW zur Kenntnis genommen? Noch nicht mal die Körpergröße ist so abhängig von den Eltern wie die Bildung und das Einkommen der erwachsenen Kinder. Die biologische Unterschiedlichkeit ist also weitgehend vernachlässigbar gegenüber den gesellschaftlichen Faktoren.
        Hoch und Tief, Oben und Unten ist verbunden mit klassistischen Bewertungsschema: Oberschicht – Unterschicht.

  12. anonym

    @andreas

    ah jetzt fange ich an zu verstehen auf was du hinaus willst, natürlich haben Begriffe wie „höher“ „licht“ „weis“ und so weiter eine Positive Besetzung, als die Gegenstücke. Aber wie sollte es auch anders sein, wie willst du, überspitzt gesagt „GUT und BÖSE“ trennen? Man kann nicht jeden Begriff der in der Umgangssprache eine Wertung vornimmt, in der Wissenschaft mit der selben Wertung bestücken, Wissenschaft ist Wertungsfrei, sollte sie jedenfalls sein. Philosophen sind schon ein Volk für sich 🙂 , auch wenn ich nicht damit sagen will das da nicht auch impulse kommen die die Gesellschaft weiter bringen können. Aber sei mir nicht böse mir ist ein philosophierender Matematiker lieber als ein Philosoph der sich in Mathematik versucht. Die Menschen sind weniger böse als wie du denkst.

    • Andreas Kemper

      „Gut“ und „Böse“ sollten so getrennt werden, dass sie nicht mit Bewertungsschema einhergehen, die von vornherein bestimmte Menschengruppen privilegieren oder benachteiligen. Für die Objektivität der Wissenschaft ist wichtig, dass Wissenschaftler_innen sich auch in der geschichtlichen Entstehung ihrer Disziplin auskennen, um nicht in Fallen hineinzutappen. Und wissenschaftsjournalistisch ist es besonders wichtig, auch gesellschaftlich reflektiert zu berichten. Ich weiß nicht, ob es bereits Untersuchungen dazu gibt, wie sich die Emanationstheorie des Neuplatonismus auf mathematische Anordnungen ausgewirkt hat. Vielleicht hat beides nichts miteinander zu tun, vielleicht auch ganz indirekt. Aber es wäre gut, wenn sich Mathematiker_innen und Journalist_innen darüber im Klaren sind, dass es nicht gut ist, von „hohen Zahlen“ zu sprechen.

  13. anonym

    lass uns morgen weiter machen

  14. Anti-Soziologe

    @Andreas: „Hoch und Tief, Oben und Unten ist verbunden mit klassistischen Bewertungsschema: Oberschicht – Unterschicht“. Ja und Nein, denn es kommt darauf an, worauf man sich bezieht. Wenn ich mich, wie oben beschrieben, auf die Höhe eines Berges beziehe, dann richtet sich der Wert lediglich auf eine Masseinheit. Wobei man noch zu trennen hat, da OBEN und HÖHE nicht identischen Charakter besitzen. Dennoch kann ich auch sagen, dass ich OBEN auf dem Regal ein Buch liegen habe, das ich haben will. Dass ich dabei mit dem Begriff OBEN klassifiziere, ist absolut falsch, denn OBEN ist hierbei nur eine reine Ortsbestimmung, die über gesellschaftliche Zustände nichts aussagt oder aussagen will. Nachvollziehbar ist es nur dann, wenn ich sage: Die da OBEN glauben Ansprüche zu besitzen, die sie eigentlich nicht besitzen dürften. Das heisst, immer muss darauf geachtet, welche Wörter man worauf bezieht. Dasselbe Wort hat dann eine, zwei oder mehrere Bedeutung. Aber strikt zu behaupten, ein Wort habe nur die oder die Bedeutung, wenn es mehre hat, ist falsch. Und nicht anders ist es bei den Zahlen. Sie bestimmen einen Wert, eine Grösse, oder mit ihnen wird etwas bewiesen, oder will es beweisen. Wenn ich sage (zum x-ten Male) ein Haus ist 100m hoch, dann bestimme ich durch die Zahl 100 einen Wert, der darüber Aufschluss gibt, dass das Haus 100m hoch ist. Nichts anderes.
    Und entweder Du begreifst es, oder eben nicht…

    Nietzsche hat ent-wertet und neu ge-wertet. Ob man seine Philosphie annimmt oder nicht, vorausgesetzt man hat sich mit ihr auseinandergesetzt, ist einem selbst überlassen. Nur darauf zu verweisen, er habe die Nazi-Ideologie in Gang gesetzt, ist schon etwas dümmlich. Erstens hätte er die Nazis selber verachtet, zweitens ist ein Philosoph nicht verantwortlich dafür, wie man seine Philosophie politisch interpretiert und/oder eigenmächtig umsetzt. Denn sind nicht im Namen MARX Millionen von Menschen abgeschlachtet worden?! Eine Denkweise, von der noch heute geglaubt wird, man habe Marx nicht richtig verstanden?! Zudem ist Nietzsche für einen Gender-Feminismus-Sozialismus-Ideologen eh Gift. Weil er all das zutiefst verachtet hat und in seinen Schriften auseinandernahm?!..

    Die Biologie ist existent, aber erklärt nicht alles, das ist richtig. Ich selbst würde falsches behaupten, wenn ich sage, (einfach ausgedrückt) „der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“. Dennoch besitzt jeder einzelne Mensch gewisse Anlagen, die durch die Evolution entstanden sind. Das heisst, bei seiner Geburt ist er in gewissen Dingen determiniert, die unabhängig von der jeweiligen Gesellschaftsform sind. Wenn ich ein Mensch bin, unterscheide ich mich von allen anderen Tiergattungen. Wenn ich ein Mann bin, unterscheide ich mich von den Frauen. Wenn ich in einer gewissen Kultur bin, unterscheide ich dadurch von anderen Kulturen, vor allem dann, wenn meine Herkunft weit in der jeweiligen Kultur verankert ist. Werde ich in der und der Familie geboren, werden speziell deren Gene in mir zu finden sein. Alles das ist im Grunde wertfrei aufzufassen. Was die Gesellschaft, oder eine politische Richtung daraus macht, kann gerne kritisiert werden. Wenn Akademikerkinder mehr Chancen auf ein Abitur haben als Arbeiterkinder, ist das verwerflich, vor allem dann, wenn das Arbeiterkind über mehr Intelligenz verfügt. Doch die Lösung, die Du uns anbietest, dass alles gleich ist und dann alles toll ist…nein danke. Vor allem dann nicht, wenn jemand, der mit dem Finger auf die Nazi-Ideologie zeigt, selbst fleissig daran arbeitet, dass gewissen Denkungsarten und Meinungen als FALSCH betrachtet werden sollen, weil sie nicht im Sinne einer feministischen-linken-gender-Ideologie sind. Wenn etwas falsch ist, was stichhaltig bewiesen werden konnte, ist das etwas anderes. Aber hierbei geht es nicht um RICHTIG oder FALSCH, sondern hier soll eine Anschauung verbreitet werden, die als einzige zu akzeptieren sei…

    • Andreas Kemper

      Du kannst nur analytisch Begriffe voneinander trennen. Die Oben-Unten-Dichotomie ist in der europäischen Kultur so umfassend und quer aufeinander bezogen, dass sich im Alltag diese Bilderproduktionen überlappen. Du kennst das wahrscheinlich, wenn man im Discounter einkauft, findet man oftmals Preise wie 2,98 statt 3 Euro, weil 2,98 unbewusst eher mit 2 Euro (undnochwas) als mit 3 Euro verbunden wird.

      Nietzsches Bilderproduktion vom Übermenschen und die ganzen damit einhergehenden vertikalistischen Zuschreibungen haben natürlich nicht in direkter Linie zum Nationalsozialismus geführt. Aber auf diese Bilder konnten sich die entsprechenden Publikationen von Rosenberg und Himmler stützen, wenn sie die „bolschewistischen Untermenschen“ beschrieben. Und diese „Untergangs“-Literatur findet sich bis heute in Variationen, wenn davon gesprochen wird, dass sich das Problem der Unterschichten auswachsen müsse.

      Ich behaupte gar nicht, dass alles gleich ist, ich nehme eine kritische Haltung gegenüber den Ungleichheitsdiskursen ein. Herrschaft legitimiert sich durch Ungleichheits-Ideologien – auch im Stalinismus. Wenn man sich diese Ungleichheitsbehauptungen genau anschaut, zerfallen sie meistens zu Staub, siehe Sarrazin.

      • Anti-Soziologe

        Wenn man glaubt, in einem Blog wissenschaftliche Ansprüche zu stellen, dann darf man sich nicht wundern, wenn jemand die Begriffe scharf voneinander trennt. OBEN und UNTEN haben, wie bereits ausgeführt, verschiedene Bedeutungen, abhängig davon, worauf man sich bezieht. OBEN/UNTEN kann eine Ortsbestimmung sein, oder eine Position innerhalb einer gesellschaftlichen Hierarchie. HOCH/TIEF kann bedeuten, dass man durch einen Vergleich zwischen zwei Grössen einen Wert ermitteln will, man sich lediglich auf eine Masseinheit bezieht. Oder aber man bezieht sich auf eine gesellschaftliche Position, indem man den oder den als HOCHgestellt betrachtet. Wenn sich, Deiner Meinung nach, diese Begriffe überlappen, weil Menschen sie nicht trennen, dann liegt das nicht an den Begriffen, sondern an den Leuten. Dennoch heisst das nicht, dass man ihnen unterstellen kann, dass sie durch die Überlappung klassistisch denken oder empfinden, weil die jeweilige Kultur ihnen das angeblich eingepflanzt habe. Wenn ihnen durch den Preis 2,98 suggeriert wird, das sei billig, dann ist zwar der Vergleich zwischen zwei Zahlen dafür verantwortlich, dass sie dies annehmen, weil 2 in diesem Fall einen geringen Stellenwert einnimmt als 3. Aber dass sie zugreifen, liegt doch eher daran, dass der Mensch sein Geld nicht gerne verschleudert. Denn in einem anderen Fall verhält sich das anders. Wenn man auf Qualität achtet, wird man in der Regel eher zu 3 greifen als zu 2, da die Erfahrung das mit sich bringt, dass Qualität seinen Preis hat. Jeder Handwerker weiss das. Ungerechtigkeiten müssen nicht notwendig durch Ungleichheiten entstehen. Denn Ungleicheit ist eine reale Tatsache. Oder willst Du behaupten, dass jeder Mensch in der Lage ist oder gewesen wäre, die Relativitätstheorie zu beweisen bzw sie aufzustellen?! Oben führte ich aus, dass der Mensch durch die Evolution in gewissen Dingen determiniert ist. Das heisst, dass jeder Mensch an seine Grenzen stösst, die wahscheinlich anders sind, als die eines anderen Menschen. Wenn ich 100m in 12s laufe, dann werde ich damit leben müssen, dass andere schneller sind.
        Was die Herrschaft betrifft, ist die Behauptung, dass sich Herrschaft stets durch Ungleichheits-Ideologien legitimiere zu einseitig. Herrschaft legitimiert sich in erster Linie durch Macht. Die Ideologie ist eher nur der Vorwand, um die Massen hinter sich zu mobilisieren, um die Macht lange halten zu können. Habermas hat das schon richtig erkannt, wenn er sagt, dass eine Macht ohne die Massen schnell zerfällt. Doch welche Ideologie propagiert wird, ist davon abhängig, in welcher Zeit man sich befindet. So wurde während der Französischen Revoution nicht die Un-Gleicheit propagiert, sondern die Gleicheit. Wohin hat das geführt! Man muss unterscheiden zwischen Herrschaft und Philosophie und Kultur. Philosophien endeten oftmals nur in Utopien, für die Realität unbrauchbar. Kultur zehrte zwar von der jeweiligen Herrschaft, aber überdauerte sie manches Mal, oder knüpfte wieder an, wenn sie durch eine Herrschaftsform unterbrochen wurde. Herrschaft zog sich immer das heraus, was sie gerade brauchte.
        Das Problem ist, dass man die Wirklichkeit erfassen muss und in gewisser Weise zu akzeptieren hat. Wie man den Tod nicht ausschalten kann, hat man Ungleichheiten als feste Grösse anzunehmen. Wenn ein Arbeiterkind weitaus begabter ist, als ein Akademikerkind, ist diese Ungleichheit eine Realität. Wenn aber dennoch das Arbeiterkind keine Auftiegschancen besitzt, weil es eines ist, dann ist das ungerecht. Das heisst, alle Faktoren, die den Menschen betreffen, sind immer zu berücksichtigen, wenn man über Gesellschaftsformen sinniert. Auch die Tatsache, dass der Mensch zu Macht neigt. Das impliziert, dass jegliche Ideologie an der Realität vorbeigeht, da sie Tatsachen nicht akzeptiert, oder nur dann, wenn sie der Macht dienen.
        Sei kritisch, aber was wird geboten?!

      • Andreas Kemper

        Es ist schwierig auf Ihre Kommentare zu antworten, weil sie immer wieder den eigentlichen Diskussionsstrang entgleisen lassen.

        Zum ersten Abschnitt: Ich habe 2,98 Euro als manipulativen Discounter-Preis nur als Beispiel für die Suggestivkraft von Benennungen angeführt. Ich möchte jetzt nicht über Handwerkspreise reden. Es geht um Suggestion. Die Redeweise „höhere Zahl“ suggeriert, dass Zahlen Höhe haben, das suggeriert, dass es hohe Einkommen gibt, das suggeriert, dass Manager höher sind als Arbeitslose, das wiederum suggeriert, dass Manager etwas besseres sind als Arbeitslose.

        Zum zweiten Absatz: Wozu hat es geführt, dass die Französische Revolution Gleichheit propagiert hat? Zur Demokratie.

        Zum dritten Absatz: Die „Tatsache“, dass der Mensch zur Macht neige, soll implizieren, dass „jegliche Ideologie an der Realtität vorbeigeht“. Was ist denn dann mit der Ideologie, dass es eine Tatsache sei, dass der Mensch zur Macht neige und deren Implikation, dass jegeliche Ideologie an der Realität vorbeigehe?

  15. Anti-Soziologe

    Hier entgleist niemand, sondern hier wird aufgezeigt, dass die Dinge weitaus komplexer sind, als sie scheinen…Ja, in ihrem Kopf suggeriert dies. In der Regel wissen die meisten, dass die Manager zu viel Geld verdienen. Aber ihnen fehlt die Macht, dies zu stoppen. Die meisten wissen, dass nicht nach Leistung bewertet wird, sondern nach Einfluss. Daher betrachten sie den Manager nicht als HÖHER. Und was die Bewertung von Menschen betrifft, wurden auch hier die Kommentatoren klassifiziert. Aber das nur am Rande…

    Zur Demokratie? Sie sollten sich mit der Geschichte der Technologie auseinandersetzen, dann würden sie einen interessanten Gedanken finden: die Technisierung war vielmehr die Ursache für Demokratisierung als die Idee der Gleichheit. Wenn in der Antike der einzelne Krieger durch Kraft und Geschick einen Kampf entscheiden konnte, war später die Schusswaffe dafür mehr entscheident. Das 19. Jahrhundert hat durch seine Industrialisierung mehr dazu beigetragen als das politische Geschwätz.

    Wenn ein Ideologe nur aus der Wortspielerei seine Erkenntnis zieht, nicht auf die Wirklichkeit (auch die gewesene) achtet, wird er schlicht behaupten, Macht existiere nicht. Aus der Geschichtswissenschaft erkenne ich, dass der Mensch immer zur Macht neigte, sogar heute, zeitgeschichtlich, werde ich darin bestätigt. Wenn aber behauptet wird, durch Erziehung des Menschen würde man beweisen können, dass der Mensch nicht dazu neigt, fehlt noch immer der Beweis! Zudem ist Macht vielschichtig. Recht in seinen Ansichten haben wollen, ist auch eine Form von Macht.

    • Andreas Kemper

      „In der Regel wissen die meisten, dass die Manager zu viel Geld verdienen. Aber ihnen fehlt die Macht, dies zu stoppen.“ Jein… Die meisten sehen eher, dass die Nachbarn zu viel Geld verdienen, nicht wie die tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse aussehen. Deswegen regen sich die Leute über die Peanuts auf, die der „Sozialbetrug“ von ALG-II-Empfänger_innen kostet, nicht aber über die tausendmal teureren Betrügereien durch Steuerhinterziehung. Ihnen fehlt auch deshalb die Macht, weil ihnen das Bewusstsein fehlt. Und das hat wiederum mit Suggestionen und vorbegrifflichen Bewertungsschemata zu tun. Aber nicht nur, da sind wir uns einig.

      Technologie wird von ihnen überbewertet: Bereits in Griechenland gab es die Dampfmaschine, dies führte aber weder zur Demokratie noch zur Industrialisierung. Ich möchte nicht mitverstanden werden. Wenn ich sage, dass die Idee der Gleichheit in der Französischen Revolution zur Demokratie geführt hat, dann heißt dass nicht, dass Ideen alleine Gesellschaftsstrukturen schaffen können. Sie sind eine Bedingung, aber keine ausreichende Bedingung.

      Wir können uns gerne über den Macht-Begriff unterhalten, sollten ihn dazu aber definieren. Wichtig wäre hier die Unterscheidung zwischen Macht und Herrschaft.

      • Anti-Soziologe

        Leider noch ein (ich hoffe nicht vor-) letztes Wort: Die Technologie der Antike mit der Technologie im 19. Jahrhundert zu vergleichen, ist mehr als gewagt. Sie sollten vermeiden, meine Begriffe weiterzuformen (Antike). Die Schusswaffe war nur ein sehr einfaches Beispiel, um klar zu verdeutlichen, wie allein diese Erfindung den einzelnen Mann als Kämpfer de-gradierte, da fast jeder in der Lage war und ist, eine Schusswaffe abzufeuern. Der arme Bauer war nun in der Lage, einen reichen Gutsbesitzer abzuknallen wie einen Hund. Da ich hier nur wenig Raum besitze, schlage ich Ihnen vor, von y Gasset „Der Aufstand der Massen“ zu lesen. Dort schildert er hervorragend, dass durch die Industralisierung das Niveau der Massen einen nie gewesenen Anstieg erhielt. Und in der Tat lebt der heutige Durchschnittsbürger auf einem Niveau, das damals nicht einmal ein Adeliger besass (Heizung, Kühlschrank, Elektrizität, etc.). Aber dieser Niveauanstieg führte dazu, dass der Respekt vor GRÖSSE allmählich wich. (Ich will diese Respektlosigkeit nicht werten). Das heisst, die Technisierung hatte weitaus mehr Einfluss auf die Demokratisierung als die Ideen. Wenn damals noch der Bauer mit seiner Rolle einverstanden war, ist heute weitaus mehr Empörung zu verspüren, wenn ein Guttenberg sich einen Doktor erschleicht und damit Pfründe sichert. Es spielt dabei auch keine Rolle, wieviel ein Auto kostet, denn im Stau werden sie alle gleich schnell vorankommen. Das ist die Wirkung der Technik. Die Antike war revolutionär in vielen Bereichen, auch in der Technologie (für damalige Verhältnisse. Aber das Erdöl und die Elektrizität, die Atomphysik ist mehr als eine Terme und Aquadukte.

        „Ihnen fehlt auch deshalb die Macht, weil ihnen das Bewusstsein fehlt“…

        Die Menschen sind sehr unterschiedlich. Selbst wenn man ihnen das Bewusstsein einflössen würde, wären viele nicht bereit, danach zu handeln, und x davon nicht in der Lage, es zu verstehen, da Ziele und Bedürfnisse unterschiedlich sind. Das war auch der Fehler von Marx. Er hat den Arbeiter nicht verstanden, daher ihn als Faktor überschätzt…

        Da ich kein Internet habe, nicht kontinuierlich antworten kann, beende ich hiermit den kleinen Disput. Er war nicht uninteressant, und wenn er nur dazu verholfen hat, die jeweils eigenen Ansichten erneut zu hinterfragen und zu festigen. So war er nicht umsonst…Machen Sie es gut.

  16. Anti-Soziologe

    Aber lassen wir das, unsere Ungleicheit in den Ansichten ist zu auffallend, als dass wir auf einen Nenner kommen.

  17. Dennis C.

    „Klassismus“!? Diesen Begriff gibt es doch gar nicht. Den hast Du dir selbst ausgedacht.

  18. korbinianpolk128korbinian

    verstehe ich dich richtig wenn ich meine dass du meinst dass wenn man „aufstiegschancen für alle!“ fordert klassistisches gedankengut a la oben == gut – unten == schlecht propagiert? oder hochkultur > subkultur? das wäre banal, aber natürlich richtig. was ich nich verstehe: meinst du das nur beschreibend, oder sollte man da tatsächlich auch keine wertungen mehr vornehmen? rassismus beendet man ja zb auch nicht dadurch dass man die kategorie ‚farbe‘ infrage stellt.

    • Andreas Kemper

      Es geht zunächst einmal um die Feststellung dieser Denkschemen, die mit Bewertungsschemen einhergehen. Problematisch ist nicht nur, dass dieser Vertikalismus als Vorstruktur im Gedanken ist, in dem dann Klassen eingebaut werden und das Ganze dann mit Bewertungsschemen einhergeht. Es ist mir noch nicht klar, wie mit diesen Vertikalismen umgegangen werden sollte. Eine Strategie wäre, auf die Vertikalismen ganz zu verzichten, eine andere, oben und unten in der Bewertung umzudrehen (Basisbewegunmg, Bildung von unten). Beide Strategien sind problematisch.
      Rassismus beendet man auch nicht, in dem man die Kategorie „Farbe“ in Frage stellt. Aber geht dort nicht so sehr um Farben, sondern um die Denk- und Bewertungsschemen „Hell“ und „Dunkel“ mit „Weiß“ und „Schwarz“ als Extreme. Niemand würde behaupten dass der Verzicht auf Fragen in Spielen wie „Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?“ den Rassismus abschafft. Dennoch wird zurecht darauf hingewiesen, dass Begriffe wie „Schwarzfahrer“ Rassismus fördern http://blog.derbraunemob.info/2010/11/04/rtl-supertalent-quote-mit-lahmen-obama-schwarzfahrer-witzen/
      Das Interessante an den Denk- und Bewertungsschemen ist, dass sie sich überschneiden: Oben ist das Licht, unten die Finsternis (Emanationstheorie im Neuplatonismus).

  19. anonyme_UnterschichtX

    Hi Andreas :))

    „klassistisch“ *hau* ;D

    Finde du machst gerad leider nebenbei den Klassismus Begriff unbrauchbar. Das gefällt mir nicht. Obwohl ich ziemlich vieles von dem was du schreibst teilen kann.

    Weil Klassismus ist hier als Vertikalismus bzw. als Denken in Vertikalismen gedacht, also damit gleichgesetzt.

    Diskriminierung muss aber nicht „natürlich“ mit einem „vertikalen“ Schema einhergehen. Also ich könnte, die z.B. auch in Form von „innen“ und „außen“ denken. Ob etwas nun als „innen“ und „außen“ oder „vertikal“ gedacht ist, ist dabei erst mal ziemlich egal.

    Was mit „vertikal“ alles gemeint ist, ist selbst ist auch erst mal „beliebig“(naja ne Variable, nicht notwendig beliebig) sobald es sich nicht mehr auf die „reine“ Orientierung im Raum bezieht.

    „Vertikal“ ist imho nun (mindestens) doppelt bestimmt einerseits von räumlicher Erfahrung(Verwendbarkeit als Metapher muss erst gegeben sein) andererseits aber eben auch von dem was als innerhalb einer Gesellschaft auf der Achse horizontal-vertikal, als „vertikal“ angesehen wird. Also dein Beispiel Licht-Finsternis etc. Mit der Verwendung von „vertikal“ ändert sich auch die Bedeutung „des vertikalen“. Bist ja eben z.B. schon auf Unterscheidung zwischen Licht-Dunkel eingegangen und auf Überlappung mit anderem also wo etwas dann gleichzeitig z.B. vertikal und außen ist. Mit Überlappung kann es aber auch zu Bedeutungsverschiebungen kommen also ein Teil des einen Bildes geht in das des anderen über. D.h. „vertikal“ selbst oder auch so ziemlich jeder andere Begriff ist nicht „fest“.

    Wenn du also Klassismus auf Vertikalismen beziehst dann schnappst du dir nur den formalen Teil, also das etwas als vertikal gilt. Das Problem dabei ist, dass das was „vertikal“ sein soll, in unterschiedlichen Bezugssystemen mal oben und mal unten sein kann und das auch gleichzeitig. Subkulturen wären ein solches Beispiel. Wenn der Punk den Yuppie verachtet, dann ist der Punk oben und der Yuppie unten.

    Um von Klassismus sprechen zu können braucht es imho noch eines dominanten Prinzips welches eben dafür sorgt das auch wenn der Punk den Yuppie in der einen Hinsicht nach unten definiert, dieser dennoch gesamtgesellschaftlich oben steht. Also letztlich auch eine soziale Perspektive, quasi Bezug auf „gesellschaftliche Vertikalismen“.

    Wenn ich deine eben aufgeführten Strategien zur Aufhebung von Vertikalismen nehme:
    1- auf Vertikalismen verzichten
    und
    2- oben und unten umdrehen

    Dann ist 1 nicht wirklich möglich, oben-unten z.B. hat ja bereits eine gesellschaftliche Bedeutung und hat das ja aus Gründen. Also es ist letztlich eine bestimmte Praxis die Vertikalismen reproduziert. Wenn auf diese „verzichtet“ wird, wird indirekt auch auf Vertikalismen verzichtet, weil die ihre Bedeutung verlieren. Verschiebung von Bedeutung wäre btw. auch noch ne Möglichkeit.

    Und 2 die Umdrehung von oben und unten innerhalb eines dominanten Prinzips, wie im Beispiel mit dem Punker funktioniert nur begrenzt dann, wenn ein bestimmtes dominantes Prinzip gilt. Es könnte aber auch ein neues dominantes Prinzip an die Stelle des Alten gesetzt werden. Dieses kann eine Art Spiegelung sein, muss das aber nicht.

    Es gibt mindestens noch einen dritte Strategietyp. Bestimmten Grenzziehungen kann nämlich die Anerkennung verweigert werden in dem sie einem anderen dominanten Prinzip unterworfen werden(ich benutz dominantes Prinzip „neutral“). Beispielsweise, wenn ich einen Rassisten nehme und der gemeinsam mit einem „Schwarzen“ arbeiten muss, dann ist die Hautfarbenunterscheidung des Rassisten innerhalb dieses Systems zwar vorhanden, sie wird jedoch nicht anerkannt. Dieses muss nicht einseitig sein. Es könnten auch beide Rassisten sein. Um ihren Rassismus zu retten müssten sie diesen verändern, es setzt eine Verschiebung ein, der ihn weiter schwächt.

    Dein „Schwarzfahrer“ Beispiel muss ich leider weitgehend ignorieren(jetzt schon zu lang und kompliziert geschrieben geworden, imho geht es dabei um Zuschreibungen die ein „Eigenleben“ führen können bzw. teilautonom sind)

    Aber ein Punkt ist mir noch wichtig. Du schreibst:

    „Ich finde Klassifizierung dann problematisch, wenn sie diskriminierende Effekte hat, vor allem dann, wenn diese Effekte unsichtbar sind.“

    Hier fehlt imho was diskriminiert wird. Es ist ja z.B. möglich Leute die Andere Leute umbringen wollen, weil sie glauben das ein Ufo sie abholt oder was auch immer zu diskriminieren. Das wäre dann auch ein diskriminierender Effekt.

    Nichtdiskriminierung z.B. setzt imho die Diskriminierung der Diskriminierung voraus. Ist damit also notwendig auch eine Form der Diskriminierung. Das darf imho nicht vergessen werden, also dass immer auch etwas ausgeschlossen wird. Oder anders: die Abschaffung von Vertikalismen ist auch „ausschließend“ bzw. Macht.

    lol das war jetzt viel zu lang und ich hoffe mein geschriebenes ergibt noch Sinn ;D

    Kurzkritik: Begriff Klassismus geht kaputt, wenn der nur auf Mikroebene oder nur sprachlich gedacht wird.

    :))

    • Andreas Kemper

      Nur kurz: Ich gebe dir Recht: Der Begriff Klassismus geht kaputt, wenn er nur sprachlich gedacht wird. Aber so wie es darum geht, Klassismus in die Klassenthematik einzubringen und auch in den Anti-Diskriminierungsdiskurs, ohne in Frage zu stellen, dass wir in einer kapitalistischen Gesellschaft leben, in der Arbeiter_innen durch die Mehrwertabressung ausgebeutet werden, geht es hier darum, grundlegende Denk- und Bewertungsschemata als eine Grundlage des Klassismus aufzudecken, ohne in Frage zu stellen, dass Klassismus noch ganz viele andere Gesichter hat. Gerade weil wir nicht in einer revolutionären Phase leben und nächste Woche der Übergang vom Kapitalismus in den Sozialismus ansteht, sollten wir es uns erlauben, die Herrschafts- und Machtmechanismen der bürgerlichen Gesellschaft zur Stützung des kapitalistischen Systems in der ganzen Breite anzuschauen.

  20. anonyme_UnterschichtX

    Re: Hab kein Problem mit dem Begriff, nicht mit unterschiedlichem Zugang und auch nicht mit Analyse von Denk- und Bewertungschemata als ne Grundlage. Problem was ich aber sehe ist: Wenn etwas, was für sich alleine(!), noch nicht Klassismus ist, als Klassismus bezeichnet wird, dann wirkt sich das imho negativ, auf das einbringen des Begriffs aus. Mich nerven ja schon die Nichtanerkennung von Betroffenheit und genug andere Unterstellungen. Die Absicht war nicht Kritik an Klassismus. Nicht am Zugang über Sprache. Sondern Klarstellung.
    Um sich bestimmte Diskussionen (hoffentlich) ersparen zu können.

    btw. bin sehr froh nicht in einer „revolutionären Phase“ zu sein, erstens klingt das so nach Tod, zweitens wegen der „Revolutionäre“ ;D

  21. Andreas Kemper

    Für sich alleine steht ja nichts. Ich bin auf die Idee mit den Vertikalismen von Zahlen gekommen. als ich mir Gedanken darüber gemacht habe, warum in Diagrammen die beherrschten Klassen immer „unten“ abgebildet werden. Dabei fiel mir auf, dass in der Mathematik von „höheren Zahlen“ gesprochen wird, wozu es erstmal keinen Grund gibt.

  22. Nett ist nicht genug | sanczny linked to this post.
  23. Isidor

    Als Mathematiker kann man sagen, dass die Vergleiche zwischen Zahlen ermoeglicht werden durch die Ordnungsrelation. Fuer natuerliche, ganze, rationale und reelle Zahlen nimmt man hier ueblicherweise „groesser-als“ (und nicht „hoeher-als“, „laenger-als“ oder „mehr-als“). Bei maximal reflektiertem Sprachgebrauch muesste man also, wenn nicht feststeht, ob die Zahl z.B. fuer eine Menge gestapelter Objekte genutzt wird, von „groesser“ sprechen statt von „hoeher“.

    Es laesst sich aber nicht abstreiten, dass auch andere sprachliche Komparative fuer Zahlen gebraeuchlich sind. Wenn man seinen Mitmenschen bei jedem Wort entsprechend viel Sprachreflexion unterstellt, kann man hier natuerlich Klassismus oder irgendwelche anderen Vorurteile unterstellen. Mir persoenlich wuerde das zu weit gehen. Um mich damit wohlzufuehlen, muesste ich zunaechst untersuchen, ob entsprechender Sprachgebrauch tatsaechlich mit entsprechenden Denkmustern abseits der Sprache (im Handeln etc.) korreliert – entsprechende Forschungen sind mir jedenfalls nicht bekannt.

    Und wenn ich an dem Punkt bin, dass entsprechender Sprachgebrauch nicht automatisch entsprechendes Denken impliziert, kann ich nicht ruhigen Gewissens auf Menschen zugehen und behaupten, ihr Sprachgebrauch sei „falsch“. Genausogut koennte ich in ein anderes Bundesland gehen und den dort ueblichen Dialekt angreifen, nur weil ich selbst anders spreche.

    • Andreas Kemper

      Es geht mir hier eher um klassistisch wirkende Effekte. Gibt es Zusammenhänge zwischen der Rede von „höheren Zahlen“ mit dem merkwürdigen Begriff der „Einkommenshöhe“ und der „hohen Geburt“? Genau so wenig wie es „hohe Zahlen“ gibt, gibt es „hohe Einkommen“ oder „hohe Geburt“. Meine Vermutung ist, dass sich diese Topologien gegenseitig stärken.

      • Isidor

        „Hohe Geburt“ sagt mir ueberhaupt nichts.

        Bei „Hoehe“ in Bezug auf finanzielle Groessen fallen mir verschiedene Ursachen ein. Wenn man z.B. im Verkauf arbeitet und Geld in einer Kasse verwaltet, ist es praktisch, das Geld in der Kasse in irgendeiner Form zu stapeln. Mehr Geld ist dann „hoeher“. Ich halte es daher fuer vorstellbar, dass hier sprachlich keine Wertung vorgenommen wird, sondern sich das Denken in Bezug auf den Umgang mit dem Geld in der Sprache niederschlaegt. Solange wir es gewoehnt sind, mit Bargeld umzugehen, duerfte diese Art der Sprachverwendung fuer die Mehrheit gut verstaendlich sein.

        Man kann es natuerlich auch klassistisch sehen, wenn man daran glaubt, dass mehr Einkommen einen in eine hoehere gesellschaftliche Position hebt. Ich denke aber, das ist nur moeglich, wenn es von „weiter unten“ akzeptiert wird – dass man von „hohem Einkommen“ spricht, waere dann immer noch ein blosses Symptom.

        Weiter gedacht ist es vielleicht auch nur Sache der persoenlichen Praegung, ob man „oben“ als besser betrachtet als „unten“. Bei einem Haus nuetzt z.B. ein stabiles Dach wenig, wenn das Fundament wackelt. Und von seinem moeglicherweise gelebten Klassismus hat der, der unterm Dach lebt, dann relativ wenig – egal ob ich seine Sprache anprangere oder nicht.

  24. 144000

    owohl kaum jemand meinen kommentar hier unten lesen wird, schreibe ich ihn trotzdem, um genau dies zu demonstrieren .
    es gibt ein oben und unten, und die kommentare so anzuordnen wie hier, ist einfach konraproduktiv .
    es sollte umgekehrt sein, wie jeder programmierer weiß, der einen lifo-stapel anlegt(last in, first out) .
    im übrigen kann man das, was AK hier meint, auf einen begriff reduzieren; nämlich auf das patriarchat .
    oben und unten gab es seit menschengedenken, aber erst das patriarchat hat die einseitigkeit reingebracht, das oben (himmel) ‚höher‘ zu bewerten, als das unten (erde) .
    und damit auch die natürliche tatsache umgedreht, das der mann von der frau abstammt (geboren wird) .
    in der bibel, dem klassischen buch des patriarchats, stammt die frau vom manne ab, und jahrtausende lang hat man diesen quatsch geglaubt.
    AK hat das ja schon angeschnitten, und in der tat haben wir hier einen zugang, den jeder nachvollziehen kann .
    da es hier aber keiner lesen wird, sollten zunächst einmal alle, die das vielleich doch lesen, sich dafür einsetzen, das die kommentar-anordnung umgedreht wird .
    andreas, ich habe dir in anknüpfung an die whuffie-geschichte ein konto eröffnet, als diskussionsgrundlage (ungefähr so, wie man jemand in seine kreise aufnimmt) .
    http://knol2.wordpress.com/ak-account/ (den link zum zugehörigen seiten-baum findest du unten auf der seite) .
    es ist löblich, kritisch zu sein, aber am besten ist, konstruktiv zu sein .

  25. W-Day

    @144000. Die Reduzierung ist einleuchtend. Danke.

  26. I-Dotz

    Gehalt A = 1.000 Euro Gehalt B = 5.000 Euro
    <>
    Pardon, es ist vier mal mehr.

    • Andreas Kemper

      Danke. Habs korrigiert. Es ist natürlich fünf mal soviel also vier mal mehr.

  27. bertrandolf

    Habe nicht alle Kommentare, aber um mal bischen Verwirrung reinzubringen:
    Eine 2 hat zwar einen höheren oder größeren Wert wie eine 1. Aber in einer Rangfolge gebracht ist die 1 meist besser wie die 2 😀 Ausser es geht beispielsweise um die Sterberate von Krankheiten, da ist die 2 besser wie 1….

    In einer Liste mit 100 Einheiten, werden wohl nur die vordersten richtig betrachtet, deswegen ist es meist vorteilhaft oben zu stehen, die hinteren werden meist nicht mehr aufgenommen.

    Die Hierachieformen von oben nach unten, zum Beispiel in einem Stabliniendiagramm sind mir vertraut. Allerdings fehlt mir ein Bild um mir ein horizontales Diagramm richtig vorstellen zu können. Wenn ich es drehe steht die 1 ja schon wieder vorne…
    Ausser ich nehm ein Koordinatensystem, y = Anteil der Bevölkerung und x = Einkommen, dann würde die Kurve schön den hohen Anteil der Bevölkerung mit einem geringen Einkommen und eine Spitze mit wenigen Anteil mit hohen Einkommen zeigen….

  28. m

    Wenn man Sie so lassen würde, wie Sie wollten, Herr Kemper, stünden wir am Ende mit nichts da als mit einem weißen Blatt.

    Und selbst das würde Ihnen nicht reichen, oder?

  29. bertrandolf

    Ich finde was sie aussagen wollen durchaus richtig. Beispielsweise könnte ich mir die Pyramide, die die Demokratie darstellt, wo unten die Bürger sind und oben die Regierung auf den Kopf vorstellen. Macht schon sehr viel Sinn, gedanklich könnte dann nicht mehr gegen die oben argumentiert werden und die Macht der Wahl wird deutlicher.

    Allerdings habe ich in meinen letzten Kommentar wohl bisschen zuviel geschrieben und es ist mein wichtigster Satz untergegangen.
    „Allerdings fehlt mir ein Bild um mir ein horizontales Diagramm richtig vorstellen zu können. “

    Haben Sie vielleicht ein Link zu einem Bild, das Ihren Artikel beschreibt? Beziehungsweise ein horizontales Klassen-Schichtenmodell, oder sowas in der Art.

    • Andreas Kemper

      Ein horizontales Klassenmodell wäre bspw. ein dialektischer Ansatz, der widersprüchliche Klassen auf einer Ebene abbildet (der Ebene des Wderspruchs). Allerdings wäre es ein vertikal angeordnetes Entwicklungsmodell, da der Widerspruch im wörtlichen Sinn aufgehoben (also im Sinne von „angehoben) wird.
      Spannend sind Netzwerkmodelle. Ansonsten kann man das ganze ja auch drehen. Dialektisch gesehen würde es Sinn machen, die fortschrittlichen Gruppen oben abzubilden, die rückschrittlichen, bzw. ungleichzeitigen Gruppen eher unten.

  30. Milan Deroses

    „Wer einwendet, dass doch aber ein dreißigmeter hohes Haus höher ist als ein zwanzigmeter großes, der sollte realisieren, dass eine Lampe mit einem dreißigzentimeter langen Kabel tiefer hängt als eine mit einem zwanzigzemtimeter langen.“

    Das Argument ist absurd. Es könnte eigentlich offensichtlich sein, dass hier die Bezugsrichtung vertauscht wurde um damit den Anschein zu erwecken, es gäbe so etwas wie „Größe“ gar nicht. Natürlich kann ich von einem höheren Haus tiefer fallen als ich auf ein niedriges hinaufgestiegen bin. Aber eben nur in entgegengesetzter Richtung.

    • Andreas Kemper

      Dass eine Bezugsrichtung überhaupt vertauschbar ist, impliziert bereits die Frage, warum die eine und nicht die andere Richtung gewählt wurde. Sie haben nicht verstanden, dass hier nicht gegen „Größe“ argumentiert wurde, sondern gegen die Gleichsetzung von „Größe“ mit „Höhe“. „Größe“ kann aber sowohl eine größere „Höhe“, eine größere „Tiefe“, eine größere „Breite“ als auch eine größere „Länge“ meinen. Eigentlich banal. Uneigentlich aber nicht banal, da sich die Frage stellt, warum in unserer Gesellschaft immer von „Höhe“ die Rede ist, wenn eigentlich „Größe“ gemeint ist.

  31. Milan Deroses

    „Dass eine Bezugsrichtung überhaupt vertauschbar ist, impliziert bereits die Frage, warum die eine und nicht die andere Richtung gewählt wurde.“

    Ein kleiner Tip: bei Hochbauten bietet es sich an, den Erdboden als Referenzniveau zu wählen und nicht die verschiedenen Dachfirste, für Berggipfel scheint der Meeresspiegel eine ganz brauchbare Bezugshöhe (nicht: „-tiefe“) abzugeben, für Temperaturen existiert ein absolutes Minimum, das sich offenbar nur schwer als „Gipfel“ vorstellen lässt und beim Einkommen schließlich ist es wohl anschaulicher, Münzen zu stapeln, als sie zu verstreuen. Keine Ahnung, was daran „klassistisch“ sein soll. Allgemeinverbindlich ist es im Übrigen auch nicht:

    „“Größe” kann aber sowohl eine größere “Höhe”, eine größere “Tiefe”, eine größere “Breite” als auch eine größere “Länge” meinen. Eigentlich banal. Uneigentlich aber nicht banal, da sich die Frage stellt, warum in unserer Gesellschaft immer von “Höhe” die Rede ist, wenn eigentlich “Größe” gemeint ist.“

    Ich weiss nicht, wo Sie das her nehmen wollen, abgesehen davon, dass Sie es sinngemäß bei Foucault abgepinnt haben. Es ist durchaus geläufig, von „tiefen Gefühlen“, „vertieften Beziehungen“, „tiefer Verstrickung“, „tiefgestaffelter Abwehr“, „tief gegründeten Fundamenten“, vom „tiefen Staat“ in der Türkei, sogar von der „Vertiefung“ eines Gegenstands zu sprechen. Damit ist jeweils nicht ein geringerer Umfang gemeint (und gerade auch keine „größere Krümmung“).

    • Andreas Kemper

      Wir sind einer Meinung hinsichtlich der Häufigkeit des Referenzniveaus „Boden“, von dem aus nach Oben gemessen wird. Aber schon beim Meeresspiegel ist diese Linie nicht nur eine, von der aus Berge gemessen werden, sondern auch die Meerestiefe. Das heißt, der Wasserspiegel ist eine Linie, von der aus auch nach Unten gemessen wird.

      Wir sind unterschiedlicher Meinung hinsichtlich der Messung von Geld. Meiner Ansicht nach wird heute nicht mehr das Geld in der Höhe von Münzstapeln gemessen. Vielleicht ist das in ihrem Land anders. Hierzulande ist die Währung weitgehend abgekoppelt von einer physischen Repräsentation, Geld ist hier vorrangig eine Zahl, die elektronisch oder elektromagnetisch gespeichert wird. Obwohl hierzulande das Gehalt nicht in unterschiedlich hohen Münzstapeln ausgezahlt wird, spricht man von unterschiedlich hohen Einkommen. Das macht keinen Sinn. Die Einkommen sind unterschiedlich groß, nicht unterschiedlich „hoch“.

  32. Milan Deroses

    „Wir sind einer Meinung hinsichtlich der Häufigkeit des Referenzniveaus “Boden”, von dem aus nach Oben gemessen wird.“

    Machen Sie das öfter? Ich meine hier: Diskussionspartner fehlinterpretieren, durch Unterstellung angeblicher gemeinsamer Ansichten vereinnahmen und offensichtliche Widersprüche dabei fallen lassen. Ich habe Ihnen einen Hinweis gegeben, „warum die eine und nicht die andere Richtung gewählt wurde“ wenn verschiedene Größen bei Zunahme im allgemeinen Sprachgebrauch wie auch in der Wissenschaft als „hoch“ beschrieben werden. Es ist kein Zufall, dass beim Meeresspiegel von einer „Höhe“, beim Meeresboden dagegen von einer „Tiefe“ gesprochen wird und dass Berge üblicherweise von unten nach oben gemessen werden. Was machen Sie? Legen mir eine Aussage zur „Häufigkeit des Referenzniveaus“ in den Mund und reklamieren:

    „Aber schon beim Meeresspiegel ist diese Linie nicht nur eine, von der aus Berge gemessen werden, sondern auch die Meerestiefe.“

    Hatte ich das bestritten? Darf ich wenigstens annehmen, dass nun stilles Einverständnis zwischen uns besteht, dass die Frage

    „warum in unserer Gesellschaft immer von “Höhe” die Rede ist, wenn eigentlich “Größe” gemeint ist“

    von unhaltbaren Voraussetzungen ausgeht?

    Der Ursprung der Betrachtung von Einkünften „der Höhe nach“ ließe sich recht plausibel auf den völlig unschuldigen Umstand zurückführen, dass Menschen seit alters her nicht nur Münzen, sondern auch Heu, Kokosnüsse, Muscheln, Äpfel und Koks von unten nach oben stapeln und nicht umgekehrt. Ich führe das nicht zuletzt auf die Wirkung des Schwerefelds der Erde zurück. Die Klassifizierung solcher Haufen nach ihrer Höhe ist viel einfacher und anschaulicher als die Betrachtung der Grundfläche oder des Volumens, da sie sich nur in einer Dimension bewegt. Bezugshorizont der betrachteten „Höhen“-Ausdehnung ist die „Basis“, auf der das ganze Zeugs liegt. Mit dem Füllniveau von Gefäßen verhält es sich analog. Stehen die Oliven im Fass „hoch“ an, sind reichlich davon da, muss man „tief“ hineinlangen, sind nicht mehr viel übrig. Diese Interpretation ist auch beim Portemonnaie gebräuchlich, ungeachtet des Umstands, dass Münzen und Scheine hier inzwischen eher neben- als übereinander zu liegen kommen. Verbreitet ist die Verwendung der Redensart „Ebbe in der Kasse“. Ich weiss auch nicht, wie das in dem Land empfunden wird, das Sie „ihres“ nennen würden. Ich war schon in mehreren, und in jedem schienen die Menschen „Fülle“ mit Hochstand und „Abnahme“ mit „Baisse“ zu assoziieren.

    Was die angebliche Abwertung von Geringverdienern durch die fortgesetzte Verwendung des Begriffs „Einkommenshöhe“ auch nach Abkoppelung des Geldbetrags von der physischen Repräsentation anbelangt, könnten Sie doch wenigstens versuchen, Indizien beizubringen, die geeignet wären, Ihr a priori getroffenes Urteil zu stärken. Vielleicht würde damit sogar verständlich, in welcher Form sich das manifestiert und wer entsprechende Absichten erkennen lässt. Sie könnten alternativ auch erklären, wie Schuldner durch ihre „hohen“ Schulden und unrentable Betriebe durch ihr „hohes“ Defizit aufgewertet werden.

    P.S.: Für die Unterstellung, Sie hätten die Idee vom „Klassismus mathematischer Anordnungen“ in Form unangebrachter Verwendung des Begriffs „Höhe“ bei Foucault entlehnt, bitte ich um Entschuldigung. Die Behauptung entbehrte jeder Grundlage.

    • Andreas Kemper

      Ich bitte Sie, weniger aggressiv aufzutreten.

      Um es kurz zu machen: In unserer Gesellschaft wird selbstverständlich nicht „immer“ von „Höhe“ geredet, wenn „Größe“ gemeint ist. Es wird so häufig von „Höhe“ gesprochen, dass „Höhe“ schon ein Synonym für „Größe“ ist. Dies hat seine Gründe nicht einfach nur in der Gravitation, sondern in sich ergebenden Plausibilitäten. Es passt einfach gut ins Herrschaftskonzept, als dass man auf diese Metaphorik verzichten möchte. Natürlich gibt es da auch Brüche, wie sie richtig anführen („hohe Verschuldung“). Da es hier um Häufigkeiten geht, ist das kein Widerspruch.

      Ihre Entschuldigung nehme ich an. Foucault sprach von der Mathesis, die gesellschaftliche Entwicklungen spiegelt, und er sprach von Klassisfaktionsmustern. Er sprach nicht vom „Klassismus mathematischer Anordnungen“ oder von „Vertikalismen“. Dies ist meine Sprachwahl, lässt sich aber aus Foucaults Ansatz ableiten.

  33. Milan Deroses

    „Natürlich gibt es da auch Brüche, wie sie richtig anführen (“hohe Verschuldung”). Da es hier um Häufigkeiten geht, ist das kein Widerspruch.“

    Aus angeblichen „Häufigkeiten“ können Sie den von Ihnen postulierten Zusammenhang

    „Es wird nur deshalb von “höherem” Einkommen gesprochen, um dieses in einem Denkschema einbauen zu können“

    nicht ableiten.

    • Andreas Kemper

      Natürlich nicht. Aber was sagen sie zu der Linie: hohe Herkunft, hoher IQ, hohe Begabung, höhere Schule, höhere Bildung, Hochschule, Höheres Niveau, Höhere Stellung, Höhere Verantwortung, höheres Einkommen, höheres Ansehen… Hat alles nicht so viel mit Gravitation zu tun, ehrlich gesagt.

  34. Milan Deroses

    Nein, muss es ja auch gar nicht, da sich die Bezeichnung „hoch“ im übertragenen Sinne für „mehr“ eingebürgert hat. Oder von mir aus auch für „groß“:

    „Es wird so häufig von “Höhe” gesprochen, dass “Höhe” schon ein Synonym für “Größe” ist.“

    • Andreas Kemper

      Ja, im wahrsten Sinne des Wortes einge“bürgert“. Die Vertikalismen hat das Bürgertum vom Adel übernommen und dynamisiert. „Hoch“ hat sich für „mehr“ einge“bürgert“, weil die Bilderproduktion besser passt und durch diese Bilder Plausibilitäten hergestellt werden. Die Vertikalismen in der bürgerlichen Bildungspolitik basieren auf dem antiken Modell der Emanation: von Oben strahlt der Geist und verliert nach Unten hin an Leuchtkraft. „Höhere“ Bildung meint nicht nur „mehr“ Bildung, sondern Bildung, die an einem höher gelegenen Ort ist, nämlich in der Nähe des Geistes.

  35. Milan Deroses

    „Die Vertikalismen in der bürgerlichen Bildungspolitik basieren auf dem antiken Modell der Emanation: von Oben strahlt der Geist und verliert nach Unten hin an Leuchtkraft.“

    Ich habe meine Zweifel, dass Sie das antike Modell der Emanation in dieser Form richtig wiedergeben.

    • Andreas Kemper

      Ich habe meine Zweifel, dass die Anmeldung von Zweifeln ein Argument ersetzt. Auch bei den Emanationstheorien des Neuplatonismus geht es mir nur um die Bilderproduktion: Oben ist das Gute, unten ist das Mangelhafte/ Übel. Dieses Bild besteht heute weiterhin in der Vorstellung von Bildungsinstitutionen.

  36. Milan Deroses

    Sie werden hoffentlich entschuldigen, dass ich mich nicht jeden Tag mit antiken Modellen befasse und daher nicht auf Anhieb in der Lage war, konkret auszuformulieren, inwiefern Sie den von Ihnen in die Debatte eingeführten Begriff der Emanation unzutreffend wiedergeben. Dass die Zweifel berechtigt waren bestätigen Sie mir ja, indem Sie jetzt damit herausrücken, dass Sie sich eigentlich auf die Verwendung im Neuplatonismus beziehen. Emanation meint sinngemäß ein „Ausfließen“ oder „Ausstrahlen“ aus einer (Licht-)Quelle. Ein „Vertikalismus“ ist darin noch gar nicht angelegt. Sie haben sich also wie gehabt die Deutung herausgesucht, die zu Ihrer These passt. In Bezug auf die Vorstellung einer „Einkommenshöhe“, über die wir uns eigentlich unterhalten, ist der hergestellte Zusammenhang im übrigen absurd, da die Emanationslehre davon ausgeht, dass die Quelle sich durch das Ausströmen nicht vermindern oder erschöpfen kann.

    • Andreas Kemper

      Nein, ich entschuldige nicht, dass sie „Zweifel anmelden“, wenn sie von der Thematik keine Ahnung haben. Das ist ein rhetorischer Trick, der unnötig mit Unterstellungen arbeitet.

      P.S. sowohl bei Plotin als auch später bei Boethius ist die „Lichtquelle“ natürlich oben. Es wird von „herabströmen“ und nicht einfach nur von „ausströmen“ gesprochen.

      P.P.S. Mit dem Kapitalismus ist in dem Vertikalismus des Mittelalters, der statisch war wie die Kathedralen, eine Dynamisierung eingetreten, entwicklungstheoretische Konzeptionen. Das Klassifizierungsmuster „Oben ist das Gute und die oben sind die Herrschenden“ ist aber geblieben.

  37. Theaitetos

    Ich bin Mathematiker, kein Poet, aber zu diesem herbeifabulierten Unsinn fällt mir nur ein:

    Nicht tief-gründig, aber hoch-mütig.

    • Andreas Kemper

      Um beurteilen zu können, ob es um „herbeifabulierten Unsinn“ handelt, müssten sie keine Mathematiker sein, sondern jemand, der sich mit der geschichtlichen Entwicklung der Mathematik auskennt.

  38. Andreas Kemper

    Aktuell wird dieser Artikel von Antifeministen herumgereicht, um zu zeigen, wie dumm Soziologen sind. Das Ganze ist ein Eigentor. Im obigen Artikel ist von „mathematischen Anordnungen“ die Rede. Daraus wird dann „Mathematik“ gemacht. Es ist die gleiche reduzierte Denkweise, mit der sie an Genderthemen herangehen. Wir kennen das aus der Geschichte. Dass sich die Erde um die Sonne dreht, darf nicht gedacht werden. Dummdreist wird immer wieder darauf verwiesen, dass man doch sehe, dass die Sonne aufgehe. Wenn die Erde eine Kugel wäre, würde man doch herunterfallen. Es ist eine selbstverordnete Dummheit. Das beste Mittel, sich das Denken zu untersagen, ist das bewusste Falschverstehen des Gegenübers. In diesem Fall die bewusste Verwechslung von Mathematik als Wissenschaft einerseits und Anordnungen in und Anwendungen von der Mathematik andererseits.

    • nils

      Im Artikel ist eben nicht von “mathematischen Anordnungen” die Rede, guck nochmal nach.

    • nils

      „dass selbst in der Mathematik Vertikalismen zu finden sind, die dort nichts zu suchen haben“

      • Andreas Kemper

        Stimmt. Danke für den Hinweis, das war an der Stelle, die ich später hinzugefügt hatte, ungenau formuliert. Habs korrekter formuliert.

  39. MilanDeroses

    „Aktuell wird dieser Artikel von Antifeministen herumgereicht, um zu zeigen, wie dumm Soziologen sind. Das Ganze ist ein Eigentor.“

    Da schrillt mir doch jetzt Billy Bragg im Ohr: we`ve been up all night, moving the goalposts…
    Im Ernst, was diese Antifeministen da veranstalten, tut mir aufrichtig leid. Ich bin wohl nicht ganz unschuldig daran, dass es so weit gekommen ist.

  40. Telipinu Hatti

    Die Bibel arbeitet mit Vertikalismen: Jesus Christus dreht sie in der Bergpredigt um. Leider war die Bergpredigt aber für jede Epoche zu revolutionär und utopisch. Calvin, bei allem Respekt, hat die Welt als „Schauspiel zum Ruhme Gottes“ gesehen, nicht als irdisches Jammertal, wie Luther. Seine Epigonen haben dann ein Ideal erschaffen, das in etwa Dagobert Duck entspricht. Sie haben die Bergpredigt umgedreht.

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