Studierende Arbeiterkinder aus Münster erwarten Stellungnahme der AfD

Im Folgenden dokumentiere ich einen Offenen Brief an Alexander Dilger. Das Referat für studierende Arbeiterkinder im AStA der Uni Münster, der AStA der Uni Münster, der Dishwasher. Magazin für studierende Arbeiterkinder zählen neben Einzelpersonen zu den Unterstützern des Offenen Briefes.

Offener Brief an Alexander Dilger,

Landessprecher der AfD

Sehr geehrter Herr Dilger,

Sie sind Landessprecher der Alternative für Deutschland, deren Spitzenkandidat für NRW und Direktkandidat aus Dortmund für die Bundestagswahlen im September 2013.

Aus dem Bundesvorstand und dem wissenschaftlichen Beirat der AfD ist zu vernehmen, dass das Studium von Arbeiterkindern nicht erwünscht ist. Sie sind Professor an der Universität Münster und Leiter des Instituts für Organisationsökonomik.

So schrieb Konrad Adam, Bundesvorstand der AfD in einem Artikel mit dem Titel „Bildung lässt sich nicht umverteilen“:

“Nachdem das katholische Landarbeitermädchen in seiner Funktion als Menetekel der Schulreformer ausgedient hatte, musste ein Nachfolger her, um die Bewegung in Trab zu halten. Der ist auch bald gefunden worden. Die Wahl fiel auf den Großstadtjugendlichen aus Hartz-IV-Milieu, männlichen Geschlechts, türkischer Herkunft und muslimischen Glaubens […] Da er sich schwertut mit dem Lernen, aber gern zusticht, wenn ihm irgendetwas nicht passt, liegt er bei den Schulabschlüssen am unteren, in der Kriminalstatistik am oberen Ende der Skala: ein ziemlich hoffnungsloser Fall, aber gerade so, als mehrfach geschädigtes Opfer der Gesellschaft, der ideale Zuwendungsempfänger für die deutsche, pädagogisch hochambitionierte Betreuungsindustrie.”

Es handelt sich hierbei um eine diskriminierende Pauschalisierung gegenüber Arbeitersöhnen mit türkisch-islamischen Hintergrund. Es wird suggeriert, sie seien bildungsunfähig, „ziemlich hoffnungslose“ Fälle, ihnen wird ein Hang zu Gewaltverbrechen unterstellt. Zugleich diffamiert Adam pauschal diejenigen Menschen im Bildungssystem, die nicht seine Meinung der „Bildungsunfähigkeit“ teilen.

Adam ist leider kein Einzelfall. Auch Roland Vaubel vom Wissenschaftlichen Beirat der AfD und in Rheinland-Pfalz ebenfalls Kandidat für die Bundestagswahlen spricht sich anscheinend pauschal gegen das Studium von „Bildungsaufsteigern“ aus:

“Dass die Ökonomen die Flucht in die Logik angetreten haben, hat jedoch einen weiteren Grund. Die vertikale Mobilität zwischen den sozialen Schichten hat im 20. Jahrhundert stark zugenommen, was zweifellos zu begrüßen ist. Der Anteil der Professoren und Studenten, die aus einfachen Verhältnissen stammen, ist heute weitaus größer als im 19. Jahrhundert. Das gilt auch für die Ökonomen. Wer in einem bildungsfernen Elternhaus aufgewachsen ist, bringt geringere sprachliche Fertigkeiten mit und ist daher im Bereich der verbalen Logik benachteiligt. Die mathematische Logik wird dagegen weniger durch das Elternhaus als durch die Schule vermittelt. Die Aufsteiger präferieren daher die mathematische Logik. Wer heute Volkswirtschaftslehre studiert, tut es nicht selten nur deshalb, weil er oder sie nicht gut Deutsch kann, sich aber ein naturwissenschaftliches Studium nicht zutraut. Da die Aufsteiger eher “linke” Positionen vertreten als die Kinder aus bügerlichem Elternhaus, würde man bei den Modellökonomen eine stärkere Linksorientierung erwarten. Für die amerikanischen Pioniere der mathematischen Modellierung (Paul A. Samuelson, Robert Solow, Kenneth Arrow) trifft dies eindeutig zu. Außerdem könnte eine Rolle spielen, dass sich der Modelllogiker weniger mit der Welt als mit seinem eigenen Gedankengebäude beschäftigt. Er nimmt die Welt weniger zur Kenntnis. Bei einem deutschen Ordoliberalen wird man nur selten logische Übungen finden.”

Hier wird wiederum mit unerträglichen und diskriminierenden Pauschalisierungen gegen Arbeiterkinder polemisiert.

Wir erwarten von Ihnen eine Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen

31 Kommentare

Comments RSS
  1. Rudi Dittmar

    Hallo, Hr. Andreas Kemper. Es ist erschreckend was Sie da zutage gefördert haben. Ich bin selbst auch ein Mensch, der zwar aus der unteren Gesellschaftsschicht kommt (Vater war Soldat und nach dem Krieg Verwaltungsangestellter in Gelsenkirchen-Buer), aber Bildungsferne war es nicht, sondern es waren die wirtschaftlichen Verhältnisse, die unseren
    Eltern das Leben schwer gemacht haben. Ich selbst bin Jahrgang 44 und habe von 58-61 eine Schlosserlehre absolviert und 1971 in Essen mein Examen als Sozialarbeiter gemacht. Aufgrund dieser Biografie unterstütze ich ihren Brief an Hr. Dilger voll und ganz und bitte Sie, mich auf dem lfd. zu halten, was dabei herausgekommen ist. Möglicherweise haben Sie auch Interesse an einen Regelmäßigen Kontakt mit mir – Ich würde mich darüber sehr freuen.
    Rudi Dittmar aus 74747 Ravenstein (Baden)

  2. goldwaescher

    Statt Herrn Dilger,
    möchte ich mal Antworten. Eigentlich ist es eine Frage, die sich bei Ihrem „offenen“ Brief stellt: Was macht eigentlich ein Studierender, ein denkendes Arbeiter, wenn er erkennt, erkennen MUSS, dass Statistik (Bildung, Kriminalität) und persönliche Erfahrung (Gewalt, Bildungsphobie der Migranten) zusammenfallen?
    Die Autoren und Zitierenden von Statistiken diffamieren?
    Mehr geht nicht? Schade.
    SIE sind der lebende, schreibende Beweis dafür, dass es gut ist, wenn Arbeiterkinder in der Klasse bleiben, aus der sie stammen. Sie sind zu einfach, zu unwissenschaftlich und zu niederträchtig. Sie sind kein Opfer der gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern jhaben sich eigenverantwortlich dort hinein manövriert.

    • Andreas Kemper

      Danke sehr,

      ich freue mich ganz besonders über solche Kommentare, weil sie verdeutlichen, dass es tatsächlich noch eine Reihe von Menschen gibt, die verhindern wollen, dass Arbeiterkinder studieren. Das glaubt einem ja niemand.

      • agztse

        Du, unter Pol Pot und so durften nur Arbeiterkinder Bildung erlangen. Warum gehst du nicht nach Nordkorea? Da soll das immer noch so sein, da ist Herr Kemper im Paradies und wir kommen hier schon irgendwie klar, denke ich.

  3. Soplaris

    Spricht Adam nicht von Kunstfiguren, die aufgebaut werden, damit der Betreuungsindustrie nicht die Budgets ausgehen?

    • Andreas Kemper

      Jein. Er knüpft ans Katholische Arbeitermädchen vom Land an. Das ist keine „Kunstfigur“, sondern damit sollte damals zum Ausdruck gebracht werden, dass nicht einfach nur Arbeiterkinder diskriminiert werden, sondern dass weitere Diskriminierungsmerkmale gibt, nämlich Geschlecht und Stadt-Land-Unterschiede, die sich dann zudem noch addieren. Heute würden wird davon sprechen, dass sich diese Diskriminierungsmerkmale mulitplizieren. Das Problem der Mehrfachunterdrückung wird bereits seit über einhundert Jahren diskutiert, bspw. von Otto Rühles „Zur Psychologie des proletarischen Kindes“, wo er die drei Unterdrückungsverhältnisse Alter, Geschlecht und Klasse auch bei der Arbeitertocher sah.
      Seit einigen Jahren ist die Rede davon, dass sich Benachteiligungen verschieben, bspw.
      „War früher das katholische Arbeitermädchen vom Lande in bezug auf Bildung und Ausbil dung am deutlichsten benachteiligt, so ist es heute die junge Türkin (aus dem städtischen Ballungszentrum), die zu den am klarsten Benachteiligten zählt. Der erhoffte Aufstieg der Töchter (aber auch der Söhne) von ZuwandererInnen der ersten Generation ist weitgehend ausgeblieben (vgl. hierzu auch Frick/Wagner 1999).“ (Beate Hock / Gerda Holz (Hg.): „Erfolg oder Scheitern? Arme und benachteiligte Jugendliche auf dem Weg ins Berufsleben“. Fünfter Zwischenbericht zu einer Studie im Auftrag des Bundesverbandes der Arbeiterwohlfahrt, 2000) Andere, wie Rainer Geißler sprechen auch von einer „Metamorphose vom Arbeitermädchen zum Migrantensohn“ (Rainer Geißler 2005). Hierauf bezieht sich Konrad Adam.

      Was aber Adam dann zusätzlich macht, ist eine grobe Pauschalisierung. In den Studien wird von einer „Mehrdimensionalität des Faktors Armut“ gesprochen, es werden im Bericht oben zehn Beispiele genannt, die in ihrer Wechselwirkung zu berücksichtigen seien. Adam hingegen konstatiert – ähnlich wie Thilo Sarrazin – eine generelle Bildungsunfähigkeit von türkisch-islamischen Migrantensöhnen. Dies ist bereits schlimm genug, aber er geht noch weiter und bringt das rassistische Stereotyp des „südländischen Messerstechers“ ins Spiel. Das hat alles nichts mit einer „Kunstfigur“ aus der Bildungsforschung zu tun, sondern dass ist rassistische und klassistische Brandstiftung.

  4. Christian Fehrenbacher

    Was eine aus dem Zusammenhang gerissene pauschale zitierung. Ich kann Das absolut nicht nachvollziehen was man aus den oberen Reihen gegen die AFD hat .die AFD hat viele Meinungen die früher die CDU hatte das ist heute rechts und ganz böse . Dabei ist die AFD die einzige Partei die sich schon im Aufnahme Antrag klar gegen rechts stellt .2012 wollten die Piraten NPD Mitglieder werben (einfach mal googeln) und nachdem sie sich diztanziert hatten waren alle nicht mehr recht .Die AFD hat nie irgendetwas in dieser Richtung getan trozdem wird krampfhaft versucht ihr ein schlechtes Image anzuhängen . Was ist den wohl gefährlicher ? Hat wir eine EU Diktatur bekommen ( Thema Bankenaufsicht ) oder das eine Partei die aus 20 % linken besteht und sich klar gegen rechts stellt und für Volksentscheide nach Schweizer Vorbild ist .zum kleinen Adolf mutiert !!???? Es sind viele Menschen mit Migrationshintergrund auch in Führungspositionen vertreten .Wer ein bisschen klar denken kann wählt AFD weil bei den anderen werden wir belogen das wissen wir und ob mit 120 gegen die Wand (CDU) oder mit 160 (SPD ) ist egal .aber selbst wenn die AFD eine Luftnummer wird so hat man mit ihr eine Chance !! eto vse ni normalno sto ti djelajesch sdes .Dos vidanje.!

    • Christian Fehrenbacher

      Sorry wurde vom Handy aus geschrieben .

    • Andreas Kemper

      Sorry, da ist nichts aus dem Zusammenhang gerissen. Konrad Adam ist ein bekannter Journalist. Es handelt sich nicht um einen Intellektuellen, der um fünf Ecken denkt und der sich mit der sprachlichen Vermittlung seiner komplexen Gedanken schwer tut. Es handelt sich auch nicht um Artikel in Provinzblättchen, die ohne Gegenlesung auf die Schnelle abgedruckt werden, sondern um Artikel in großen überregionalen Tageszeitungen. Adam kann gut schreiben, man kann gerade ihn nicht ständig in Schutz nehmen und sagen, naja, er hat sich wohl etwas schräg ausgedrückt, das meinte er gar nicht so, er wollte doch eigentlich was anderes sagen. Nein. Was da in den kurzen Zeitungsartikeln steht ist genauso gemeint, wie Adam es geschrieben hat. Da gibt es nicht viel, was man aus einem Zusammenhang reißen könnte. Das ist der „Klartext“, den auch Sarrazin spricht.

  5. veritas

    “Nachdem das katholische Landarbeitermädchen in seiner Funktion als Menetekel der Schulreformer ausgedient hatte, musste ein Nachfolger her, um die Bewegung in Trab zu halten. Der ist auch bald gefunden worden. Die Wahl fiel auf den Großstadtjugendlichen aus Hartz-IV-Milieu, männlichen Geschlechts, türkischer Herkunft und muslimischen Glaubens […] Da er sich schwertut mit dem Lernen, aber gern zusticht, wenn ihm irgendetwas nicht passt, liegt er bei den Schulabschlüssen am unteren, in der Kriminalstatistik am oberen Ende der Skala: ein ziemlich hoffnungsloser Fall, aber gerade so, als mehrfach geschädigtes Opfer der Gesellschaft, der ideale Zuwendungsempfänger für die deutsche, pädagogisch hochambitionierte Betreuungsindustrie.”

    Exakt so sind die Zustände in Deutschland. Da können Sie noch so viele Offene Briefe der AStA dokumentieren. Als ob der ASta jedwelcher Universität auch immer, jemals zu einer objektiven Betrachtung beigetragen hätte. Sie können weiterhin die Augen verschließen, das ändert nichts daran, dass die Problemgruppen in Deutschland mehrheitlich muslimischen Glaubens sind, und trotz des mantraesken Wiederholens die angebliche Benachteiligung nicht zutreffen kann, da ja die Kinder der Arbeiterklasse anderer Glaubensrichtungen nicht sofort in der Dauerbeleidigung erstarren und gewaltsame Teilhabe zumeist ebenso nicht in Betracht ziehen. Aber wem schreibe ich das. Sie sind ja selbst durch die Betreuungsindustrie versorgt und wollen ihren angenehmen Universitäts-Schlafsessel mit Sicherheit auch nicht verlassen, indem Sie ihre Scheuklappen abnehmen und die migrantischen Problemgruppen der Arbeiterklasse, oder in diesem Fall besser Zuwendungsklasse, beim Namen nennen.
    Gruss,

    CL

  6. birke

    Andreas Kemper, ich bin ein Arbeiterkind (mein Vater arbeitete bei Hoesch), habe über den zweiten Bildungsweg studiert … und halte Sie für einen Spinner …

    • Andreas Kemper

      Hallo Helmut Birke. Sind sie der Helmut Birke, der als Direktkandidat für die AfD in Münster antritt, also der Herr Birke von der Pro-Hindenburgplatz-Initiative? Dann wundert es mich nicht, dass Sie mich für einen „Spinner“ halten.

  7. veritas

    Jetzt hat auch noch die Pro-Hindenburgplatz-Initiative Narben auf der zarten Seele des Herrn Kemper hinterlassen. Die mehr als deutliche Absage der Bevölkerung an eine Umbennenung des Platzes (wohlgemerkt in meheren Städten) war wohl eine schwer zu verkraftende Niederlage. Bald wird der Vorzeige-Demokrat wohl die Kommentarfunktion schließen.

    Ansonsten warte ich immer noch auf eine inhaltlich wertvolle Erwiderung auf meine Einlassungen am 23.Juli. Ich wünsche mir, dass Sie dazu befähigt sind.
    Gruss,
    CL

    • Andreas Kemper

      Mit Verlaub, sie leben in einer Traumwelt. 60 Prozent der Bevölkerung waren für die Umbenennung, von den Anwohner*innen sogar zwischen 70 und 78 Prozent. Lediglich in irgendwelchen Außenbezirken gab es knappe Mehrheit für Hindenburgplatz. Vorläufiges amtliches Wahlergebnis des Volksentscheides. Der Hindenburgpaltz heißt seit langem Schlossplatz. Hindenburg ist in Münster nicht willkommen

    • birke

      Was meinen Sie mit „Absage der Bevölkerung“? Beziehen Sie sich auf Garmisch-Partenkirchen, Essen, Voerde, … ? Übrigens, auf solch „mutige“ anonyme Bürger wie Sie antworte ich ansonsten grundsätzlich nicht … @A.Kemper: viel Spaß bei der Eröffnung einer neuen Schublade …

      • Rudi Dittmar

        Ich blick,s zwar noch nicht, aber eine sachliche Diskussion ist das mit Sicherheit nicht.
        Könnte mir mal jemand erklären, wo euer Problem ist. Andreas Kemper hat aus meiner
        Sicht in der Sache ja so recht. Diffamierende Äußerungen und billige Polemik haben
        aber keinen Wert.

  8. veritas

    Na da sind Sie aber kurz ins Schwitzen gekommen. Als Soziologe weiss man ja nie was die Wirklichkeit ist. Aber ich muss Ihnen Recht geben. Ich habe mich getäuscht, bin von den Hindenburgstraßen ausgegangen, deren Anwohner sich gegen eine Umbennung ausgesprochen haben. Richtig lesen hilft! Aber was will man von einer Stadt, wie Münster erwarten? Da wird schnell jeder Patriot zur unerwünschten Person. Aber das Schöne ist, dass sich Zeiten und Ansichten immer wieder ändern.

  9. Rudi Dittmar

    Die Veritas-Äußerungen als Schwachsinn zu bezeichnen ist Geschmeichelt.
    Wer ist denn eigentlich objektiv? Eine Studentenvertretung mit Sicherheit nicht.
    Ich bin sowiso der Meinung, das es die wahre Objektivität garnicht nicht gibt
    – nicht geben kann, weil immer irgendwelche subjektiven Interessen Einzelner
    oder Gruppen in das „Politik – Spiel“ mit einbezogen werden – ob gewollt oder
    unbewußt: Wer außerdem die Menschen einer Region (z.B. Münster) so pauschal
    verunglipft, disqualifiziert sich selbst und sollte besser schweigen.

  10. veritas

    „bla bla bla“

    Man bekommt das Arbeiterkind aus der Gosse, aber die Gosse nicht aus dem Arbeiterkind.

    Na dann Herr Kemper, immer weiter versuchen.

    Gruss,

    CL

  11. Schwarz

    Kommen wir wieder zum eigentlichen Thema zurück. Das Abschweifen, bzw. der persönlich Angriff auf Herrn Birke ist hier nicht zielführend. Ich frage mich, wer hier in einer Traumwelt lebt?
    Die „generelle Bildungsunfähigkeit von türkisch-islamischen Migrantensöhnen“ kombiniert mit dem Bild des „südländischen Messerstechers” liegen leider näher an der Realität, als es die Kritik von Andreas Kemper an die Herren Sarrazin und Adam wahrhaben möchte. In diesem Zusammenhang von rassistischer Brandstiftung zu sprechen, ist reine Polemik.
    Ich würde dem Soziologen Andreas Kemper einfach mal empfehlen über einen längeren Zeitraum hinweg, in einem BVJ (Berufsvorbereitungsjahr – besucht von Jugendlichen mit meist türkischem Migrationshintergrund ohne Schulabschluss) an einer Berufsschule zu unterrichten, wie ich es selbst als Lehrer auch getan habe. Die fehlenden Sprach- und Sozialkompetenzen lassen Frust entstehen, der oft mit einer Neigung zu erhöhter Gewaltbereitschaft verarbeitet und artikuliert wird. Es ist sicherlich nicht problemlösend, pauschal von einer generellen Bildungsunfähigkeit zu sprechen, da nur die tatsächlichen Ursachen verdeckt werden. Ein verantwortungsbewusster Soziologe, sollte aber auch erkennen, das die Defizite bestimmter Bildungsschichten, in der Kindheit zu suchen sind. Eine Betreungsindustrie, die erst in späteren Lebensjahren aktiv wird, sichert sich so langfristig seine Leistungsempfänger. Der einfachste und auch ökonomischste Weg wäre mit einem verpflichtenden, vorschulischen Besuch eines Kindergarten gegeben. Dort lernen die Kinder rein spielerisch die Sprache und die erforderlichen Sozialkompetenzen. Die Migrantenkinder, die mit meiner Tochter über viele Jahre den Kindergarten besuchten, hatten beim Übergang auf die Grundschule keinerlei Sprachprobleme oder sonstige Verhaltensauffälligkeiten. Der schleppende Aufbau von Kita Plätze mit hochqualifizierten und gut bezahltem Fachpersonal ist eher den verantwortlichen Bildungspolitikern anzulasten. Wer tätigt schon Investitionen, deren Erfolg nicht unmittelbar sichtbar wird? Ein Land, das nicht bereit ist in die Bildung der Kleinsten zu investieren, handelt grob fahrlässig. Statt dessen verwendet ein selbst ernannter Experte, wie der Soziologe Andreas Kemper, seine Energie darauf, sich als Unterstützer eines offenen Briefes der Studentenvertretung (Uni Münster) anzubiedern, um gegen die Kommentare von Konrad Adam und Thilo Sarrazin in polemisierender Weise, zu Felde zu ziehen. Herr Kemper, sollte sich lieber einer ursachenbezogenen Analyse zuwenden – d.h. seine Kritik gegen die Verantwortlichen dieser Miesere richten. Mit dem Ziel, dass Kinder aus bildungsfernen Arbeiter- und Migrantenfamilien, ähnliche Startbedingungen beim Eintritt in die Grundschule erhalten, wie solche aus bildungsnahen Elternhäuser.
    Ich kann daher auch der Kritik, des „Referates für finanziell und kulturell benachteiligten Studierende“, die teils auf Spekulationen und Interpretationen beruht, an den Kommentaren von Alexander Dilger, Konrad Adam oder Thilo Sarrrazin, nicht folgen.
    Die von Ihnen vertreten Studenten gehören einfach nicht zu den zitierten „hoffnungslosen Fällen“ der Gesellschaft, da sie, was den Bildungsabschluss betrifft, am obersten Ende der Bildungsskala liegen. Was bezwecken sie also mit ihrem Brief? Was bezwecken Sie, Herr Kemper mit Ihrer reißerischen Unterstützung?
    Schauen sie sich selbst einmal die „hoffnungslosen“ Fälle in der Praxis an, vielleicht werden Sie dann zu einer ähnlichen Schlussfolgerung kommen, die allemal näher an der Realität liegt, als Ihre theoretische, idealistische Weltanschauung es ihnen momentan gestattet. Bei Herrn Kemper, Autor des Buches „Rechte Euro- Rebellion“, tut sich zusätzlich noch ein weiterer Aspekt auf – als selbsternannter Experte in Parteienfragen, glaubt er offensichtlich ein weiteres Indiz für eine Rechtslastigkeit der AfD gefunden zu haben. Das hat nichts mit einer seriösen, wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu tun, da die Kritik folgerichtig an die Verursacher gerichtet werden muss und die sitzen in Regierungsverantwortung.

    Thilo Schwarz, Dipl.-Ing., Studienrat

    • Andreas Kemper

      1. Der persönliche Angriff ging von Herrn Birke aus. Die Kommentare sind dokumentiert, etwas Gegenteiliges zu behaupten ist sinnlos.
      2. Ich gebe ihnen völlig Recht damit, dass die Kita-Situation verbessert werden muss. Es muss sehr viel mehr Geld in Bildungs finanziert werden und zwar vor allem im Primarbereich. Dann muss die soziale Selektion weg. Es kann nicht sein, dass ständig Arbeiter*innenkinder trotz besserer Leistungen von Lehrer*innen auf die Hauptschule geschickt werden, Akademiker*innenkinder aber trotz schlechterer Leistungen zum Gymnasium. Die Ursache für diese Misere – und da geben Sie mir sicherlich Recht – sind die besser verdienenden Eltern mit akademischen Abschluss. Diese wollen für ihre Kinder Privilegien sichern. Zum einen fordern sie eine möglichst frühe soziale Selektion und zum anderen darf diese Selektion nicht nach objektivierten Kritierien erfolgen. Wir haben dieses sozial selektive Schulsystem, weil den Eltern aus dem Akademikermilieu nichts entgegengesetzt wird. Ich denke, dass sich endlich Arbeiter*innenkinder selber organisieren müssen, um hier eine Gegenmacht aufzubauen, um das Grundgesetz durchzusetzen, wonach niemand aufgrund seiner sozialen Herkunft benachteiligt werden darf.
      3. Sie behaupten das komplette Gegenteil von Adam und Sarrazin. Diese beiden essentialisieren die Probelme. Sie argumentieren rassistisch und klassistisch und tun so, als seien die Arbeiter*innenkinder Schuld. „Bildung lässt sich nicht umverteilen“ behauptet Adam und Sarrazin bemüht die Nazi-Ideologie der Erbintelligenz. Also Herr Schwarz, trennen Sie sich besser von diesen Leuten.

  12. Rudi Dittmar

    Nachdem ich nun einige Kommentare gelesen habe, sind mir zweifel gekommen, ob es überhaupt einen Sinn macht, mit Ignoranten zu diskutieren – (Perlen im Futtertrog) – hab mich dann doch hinreißen lassen, weil ich den Beitrag von Andreas Kemper zur Trauma-Forschung als sehr hilfreich empfinde.
    Zwar habe ich bisher nicht die Zeit gehabt, mir das theoretische Wissen anzueigenen,
    um auf das vorgegebene Niveau zu kommen. Aber ich bin ein Mensch, der das erworbene
    Wissen und die daraus resultierenden Erkenntnisse möglichst Zeitnah in die jeweilige Praxis
    umsetzen will. Aus diesem Grund auch mein Beitrag zu den beiden Themen.
    Ich habe mich schon lange mit traumatisierenden Lebensumständen beschäftigt, und bin zu der
    Überzeugung gekommen, das Lebensumstände wie Armut und Gewalt immer traumatisierenden
    Charakter haben. Dazu gehören auch die „ganz normalen Erziehungsmethoden“ einzelner
    Erziehungsberechtigter (z.B. Klaps hinten drauf hat noch niemandem geschadet).
    Allerdings muß man in diesem Zusammenhang auch die Situation der Erziehungsberechtigten
    berücksichtigen, die oft genug von Unkenntnis, eigenen traumatischen Erfahrungen oder von
    Stress geprät ist. Ein besonderes Augenmerk richte ich in diesem Zusammenhand auf die
    Kriegs-und Nachkriegsgeneration, wo mit ziemlicher Sicherheit eine Vielzahl von Menschen
    mit traumatisierenden Lebensumständen fertig werden mussten. Ich bin außerdem der
    Meinung, das diese Traumen weitergegeben wurden und dadurch bis in die heutige Zeit
    hinein wirken, z.B. durch lernblockaden.
    Zum Thema „Großstadt-Jugendliche aus Hartz IV…“ lassen aus meiner Sicht Beobachtungswerte
    die Hypothesenartige Vermutung zu, das es erhebliche Unterschiede gibt, wo ein Mensch
    aufgewachsen und sozialisiert worden ist. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die
    hervorragende Resozialisierungs-Quote der Adelsheimer Jugendhaftanstalt hin.
    Dieser Fragen-Komplex ist, um zu gesicherten Ergebnissen zu kommen, eine genaue Unter-
    suchun wert. Ich selbst habe schon in dieser Richtung einige Überlegungen angestellt, um im Rahmen einer sogenannten „teilnehmende Beobachtung“, eben diese, aus meiner Sicht dringend benötigten Ergebnisse zu produzieren. Ergebnisse übrigens die sich einerseits mit
    den Traumatisierenden Erfahrungen einzelner auseinander setzen, wo aber auch die Lebens-und Lernumstände von „studierenden Arbeiterkindern“ im Mittelpunkt steht.
    Leider bin ich aber immer wider an die Grenzen der Finanzierbarkeit gestoßen und für mich
    stellt sich tatsächlich die Frage, ob das ganz bewußt von irgenwoher planmäßig gesteuert
    und damt verhindert wird.

  13. Schwarz

    „Ein Hafttag im „Projekt Chance“ kostet rund 203 €, in der JVA Adelsheim rund 125 €. Der Tagessatz liegt damit in der Größenordnung vergleichbarer stationärer Einrichtungen der Jugendhilfe.“
    Das heißt, rund 6000 € pro Monat kostet den Steuerzahler eine Unterbringung in einen alternativen gegenüber 3750 Euro im herkömmlichen Strafvollzug einer JVA.
    Das sind die zitierten „hoffnungslosen Fälle“, denen man im frühen Kindheitsalter effektivere Hilfe hätte angedeihen lassen können. Hier ist das Kind allerdings schon in den Brunnen gefallen.
    Herr Dittmar spricht, in nicht nachvollziehbarer Weise, von einer generellen Traumatisierung, der Gesellschaft, ausgelöst durch die Kriegserfahrung und „weitervererbt“ auf die nächsten Generationen. Nach dieser Auffassung müßte fast jeder Bundesbürger im Knast sitzen.
    Was will Herr Dittmar uns mit seinen vagen Vermutungen konkret mitteilen?
    Immerhin räumt er ein, dass er sich nicht wirklich tief gehend mit der Theorie zu diesem Thema auseinander gesetzt hat.

    • Andreas Kemper

      Traumatisierung kann viele Folgen haben. Delinquenz wäre nur eine. Wenn Sie wirklich an dem Thema interessiert sind, dann empfehle ich Arno Gruen: Der Fremde in uns. Hier ist ein Interview mit Arno Gruen vom Mai diesen Jahres: Der empathische Mensch

  14. ben wilmes

    lieber herr kemper, ihr anliegen ist zweifellos berechtigt, zumal die brd dasjenige land in europa ist, in dem der zusammenhang von herkunft und bildungschancen am klarsten erkennbar ist oder anders formuliert, wo die bildungsungerechtigkeit am ausgeprägtesten ist.
    arbeiterkinder sollten die gleichen chancen haben wie alle anderen.es kommt mir fast absurd vor eine solche selbstverständlichkeit überhaupt fordern zu müssen. das ist das eine.
    tatsache ist aber auch, dass eine wachsende zahl von jugendlichen mit migrationshintergrund vornehmlich aus muslimisch geprägten ländern nicht nur absolut integrationsunwillig ist, sondern es auch „biodeutschen“ arbeiterkindern erschwert, sich zu entwickeln und einen geraden weg zu gehen. die dominanz von arabisch- oder türkischstämmigen schülern an vielen hauptschulen ist lernverhindernd, kriminalitätsfördernd und stellt die gesellschaft vor fast unlösbare herausforderungen. das konstatiere ich nicht, weil ich in irgendeiner weise rechts oder populistisch oder sonstwie schlimm bin, sondern weil mir als handwerkerkind, bergmannsenkel, der in vielen berufen gearbeitet hat, auch in sozialen , diese tatsache nicht entgangen ist und ich sie schweren herzens täglich schlucken muss. die messerstecher und tottreter, auf- den- boden- rotzer, „ey alter isch schwör auf koran „- typen sind keine erfindung frustrierter konservativer denker, sondern massenhafte, täglich zu beobachtende realität von explosivem konfliktcharakter.auch und gerade als linker sollte man das zur kenntnis nehmen und speziell das faschistische potenzial wahrnehmen, das darin besteht, dass diese klientel für den gewalttätigen islamismus äusserst empfänglich ist.
    wer das verharmlost macht sich selbst etwas vor. ich hätte es auch gerne bunt und lieb und nett, wer denn nicht ??? ausser ein paar nazispinnern….. aber wir müssen doch die wirklichkeit zur kenntnis nehmen, kinder. mann mann mann.
    mit freundlichen grüssen
    schalom
    ben wilmes

    • Andreas Kemper

      Doch, Sie arbeiten mit Vorurteilen. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass alle Amokläufer an Schulen in den letzten Jahren weiße deutsche christlich-geprägte Jungen aus der Mittelschicht waren. Das Problem ist doch, dass der migrantische Hintergrund bei Gewalttaten immer hervorgehoben wird, während bei Amokläufern niemand hervorhebt, dass es sich um Täter aus der „gutdeutschen“ Mittelschicht handelt“. Die Gewalt, die von Hauptschülern in Cliquen ausgeht, ist nicht in erster Linie ein Migrationsproblem und schon gar nicht eines von sogeannten arabischen oder türkischen Kulturen. Es gibt eine spannende Untersuchung zu Schülern britischer Herkunft aus der Arbeiterklasse von Paul Willis. Eine Seminararbeit dazu können Sie hier lesen: http://files.adulteducation.at/forschungsarbeiten/kliemstein.pdf

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