Bernd Lucke stellt beitragsfreie Sozialleistungen in Frage

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In dem Beitrag „Wer zu uns kommt, muss redlich sein“ für das Handelsblatt vom 10.01.2014 stellt Bernd Lucke beitragsfreie Leistungen wie AlG II in Frage. Grundlage ist sein Bedürfnis, Rumän*innen und Bulgar*innen, die bislang keine Steuern gezahlt haben, Sozialleistungen zu verweigern:
„Die Grundsicherung wird in Deutschland aus Steuermitteln finanziert. Warum sollte der Anspruch auf beitragsfreie Sozialleistungen nicht davon abhängig gemacht werden, dass man zuvor für einen bestimmten Zeitraum auch Steuern bezahlt hat

Wohlgemerkt: Leistungsgesetze gelten für Deutsche und für Ausländer gleichermaßen. Artikel 3 des Grundgesetzes verbietet es, Menschen nach ihrer Herkunft zu diskriminieren. Dieses Prinzip darf nicht angetastet werden. Nun gibt es aber auch Deutsche, die der Grundsicherung bedürfen, obwohl sie noch nie Steuern gezahlt haben. Manche sind jung und haben noch nie gearbeitet, andere haben ihr Leben lang geschafft, aber so wenig verdient, dass sie steuerfrei blieben.

Wenn man also den Anspruch auf beitragsfreie Sozialleistungen davon abhängig machen will, dass zuvor Finanzierungsbeiträge für den Sozialstaat geleistet wurden, dann so: Entweder der Empfänger oder seine Eltern müssen in Deutschland Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge abgeführt haben.“

Selbst wenn man den Text nicht auf Antiziganismus untersucht, finden sich diskriminierende Infragestellungen des Grundgesetzes. Kinder aus finanzschwachen Familien werden bekanntlich im deutschen Bildungssystem diskriminiert, erhalten trotz gleicher Leistungen seltener Gymnasialempfehlungen. Die Wahrscheinlichkeit für Kinder aus finanzschwachen Familien, auf Sozialleistungen angewiesen zu sein, ist also größer als bei Kindern aus finanzstarken Familien. Sie sollen nun nach der Idee von Bernd Lucke doppelt bestraft werden, da ihnen die Sozialleistungen nicht gewährt werden sollen, die Kinder aus finanzstarken Familien weiterhin erhalten sollen.

Dieser Vorschlag verstößt eklatant gegen den von ihm selber aufgelisteten Artikel 3 des Grundgesetzes.

Bereits 2005 hatte Lucke als einer der Initiatoren des Hamburger Appells gefordert, Sozialleistungen durch Aufstockungen zu ersetzen, wer also nicht arbeitet, sollte auch keine Sozialleistungen erhalten.

Antiziganismus und Klassismus gehen hier Hand in Hand. Für Lucke sind finanzschwache Menschen „Bodensatz“. Lucke verortet die Kriminalität bei den Armen, „jeder weiß, dass Armut auch Kriminalität bringt“, schreibt er. Als Volkswirtschaftler sollte er wissen, dass die Hartz-IV-Betrügereien nur einen Bruchteil der Kosten erzeugen, die Steuerhinterziehungen mit sich bringen. „Wer zu uns kommt, muss redlich sein“? Ja, es wäre schön, wenn Deutschland mehr Redlichkeit von Außen erhält, Texte wie der von Lucke zeigen, dass Deutschland nach wie vor der Zivilisierung bedarf, was die Menschenrechte betrifft. Nach unten treten, nach oben buckeln, dass sind die Kennzeichen der Untertanen-Mentalität, mit der nationalliberalen Ideologie wieder gegen die „Entartungen“ der Demokratie vorgehen möchte.

Nachtrag 11.01.2014: Soeben habe ich gelesen, dass Lucke das Coming-Out des ehemaligen Bundesnationalspielers Hitzlsperger „bemängelt“: „Ich hätte es gut gefunden, wenn Herr Hitzlsperger sein Bekenntnis zu seiner Homosexualität verbunden hätte mit einem Bekenntnis dazu, dass Ehe und Familie für unsere Gesellschaft konstitutiv sind“, sagte Lucke am Samstag auf dem hessischen Landesparteitag in Gießen laut einem Bericht der Rheinischen Post. Diese Aussage ist genauso diskriminierend wie sein Antiziganismus und Klassismus. Der Zusammenhang ist durch einen „Familialismus“ gegeben. Und dieser Familialismus ist wiederum mit der Nation verbunden, Familie als Kern der Nation.

Nachtrag 12.01.2014: In seiner Rede auf dem Hessischen Parteitag der AfD setzt Lucke die politische Denkweise fort, die mit den problematischen Vokabeln „Bodensatz“ und „Entartung der Demokratie“ begann. So heißt es in seiner Rede, „dass es Verfallserscheinungen in Teilen unserer Gesellschaft gibt bezüglich dieser wesentlichen Keimzelle unserer Gesellschaft: Ehe und Familie.“ „Verfallserscheinung“ ist ein synonymer Begriff für „Entartung“ und „Dekadenz“. Insbesondere dann, wenn von Ehe und Familie als „Keimzelle“ gesprochen wird. Es geht nicht darum, Begriffe zu vermeiden, die auch die Nazis benutzten. Es geht darum, nicht wie Nazis zu denken. Diese Begrifflichkeiten und diese Denkweise ist nicht spezifisch nationalsozialistisch, denn dazu würden noch weitere menschenverachtende Setzungen gehören, wie der „Rassegedanken“ und der „eliminatorische Antisemitismus“.

Dennoch: Die Begrifflichkeiten („Entartung“, „Verfallserscheinung“, Familie als „Keimzelle“) mit denen Lucke uns die Welt erklärt, stammen aus der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts. Es gab nicht nur Nazis, die diese Schlagworte gerne benutzten, sondern auch kolonialistisch-klerikal-faschistische Literatur, die von „Entartung“ und „Verfallserscheinungen in Teilen der Gesellschaft“ sprach; die die Ehe und Familie als gesunde „Keimzelle der Gesellschaft“ bedroht sah und damit die Kinder, die „wir“ als Nation „brauchen“. Diese Dekadenz-Literatur enthielt zudem Warnungen davor, dass in Deutschland die falschen die Kinder kriegen, da sich Intelligenz und Tüchtigkeit vererbe. Verknüpft sich Luckes „Entartungs-/Verfalls-/Bodensatz“-Denkweise mit Sarrazins „Erbintelligenz“-Theorie, was in den Köpfen einiger AfDler*innen sicherlich bereits passiert ist, dann wäre das noch lange keine neue nazistische Alfred-Rosenberg-Ideologie, aber nicht mehr weit entfernt von „christlichen“ Ideologien wie die von Paul Rohrbach („Aufstieg und Untermensch“, „Der Tag des Untermenschen“, „Deutschland. Tod oder Leben?“).

Transkription eines Teils der Rede von Bernd Lucke nach einem Mitschnitt der FAZ:

„Und dann waren die Zeitungen und Internetforen voll von Kommentaren, die den Mut von Herrn Hitzlsperger lobten, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen. Und das, meine Damen und Herren, finde ich, ist ein falsches Verständnis von Mut zur Wahrheit. Denn ich erkenne inzwischen zwölf Jahre, nachdem Herr Wowereit mit seinem berühmten Satz „Ich bin schwul und das ist gut so!“ und etliche Jahre, nachdem bekannt geworden ist, dass der Bundesaußenminister homosexuell ist, ich erkenne eigentlich gar keinen besonderen Mut mehr darin, sich zu seiner sexuellen Orientierung zu bekennen.

Ich hätte es gut gefunden, wenn Herr Hitzlsperger beispielsweise verbunden hätte mit dem Bekenntnis zu seiner Homosexualität ein Bekenntnis dazu, dass Ehe und Familie für unsere Gesellschaft konstitutiv ist und dass es Verfallserscheinungen in Teilen unserer Gesellschaft gibt bezüglich dieser wesentlichen Keimzelle unserer Gesellschaft: Ehe und Familie. Und dann stehen alleinerziehende Mütter mit Kindern da und sind in unserer Gesellschaft überfordert und können sich um die Kinder, die wir so dringend brauchen, nicht in dem Maße kümmern, wie es notwendig ist.

Und meine Damen und Herren, ihr Beispiel zeigt mir erstens, dass ich dem zustimme, und zeigt mir zweitens, dass wir keine populistische Partei sind, denn diese Position ist in Deutschlan nicht populär.

Ich möchte noch ein ganz kurzes Wort zu Hitzlsperger sagen. Dass der so viel Aufmerksamkeit gefunden hat, hängt mit damit zusammen, dass unsere Medien immer sehr viel Interesse daran haben, Gesichter zu zeigen, Schicksale zu zeigen, die sich mit Gesichtern verknüpfen. Deshalb findet ein einzelne Person, die jetzt über ihre eigene sexuelle Orientierung Auskunft ertielt, plötzlich sehr sehr viel Aufmerksamkeit in den Medien. Also Herr Hitzlsperger mag ja sehr vorbildliche Aktivitäten haben, aber ich glaube, dieser Begriff „Gesichter zeigen“ ist ein wichtiger Begriff, weil unsere Gesellschaft gerade fokussiert ist auf eine gewisse Prominenz von Personen, und darüber überproportional stark berichtet und eine Neigung dazu hat, andere, die gesichtslos sind, zu vergessen. Und ich glaube, wir als Alternative für Deutschland sollten gerade dieses Bestreben haben, die Gesichtslosen unserer Gesellschaft, denen ein Gesicht zu verleihen: den Kindern, den Müttern, den Steuerzahlern.“

Inhaltlich ist dieser transkribierte Text weitgehend deckungsgleich mit einem Text des Rechtsaußen Wolfgang Hübner, dessen Artikel „Die Geburt einer Bürgerpartei des 21. Jahrhunderts“ am 1.04.2013 auf er offiziellen Facebook-Seite der AfD gepostet wurde und wo es unter anderem heißt:

Kein vernünftiger, aufgeklärter Mensch will Homosexualität diskriminieren. Aber sind die Anliegen der homosexuellen Minderheit, deren Lobby bestens vernetzt ist, wirklich von solcher Wichtigkeit für die Gesamtgesellschaft, wie das in den Medien sich widerspiegelt? Ist es nicht für Millionen weit wichtiger, wie sehr die Inflation die Kaufkraft ihrer Renten wegfrisst oder die niedrigen Zinsen den Wert ihrer Lebensversicherungen mindert?
Eine Bürgerpartei wie die AfD soll und muss Platz für viele Menschen haben, die irgendwelchen Minderheiten angehören. Aber sie darf sich nicht zum Sprachrohr von Minderheiten machen lassen. Im konkreten Fall bedeutet das: Familien mit Kindern sind, wie überall auf der Welt, die Zukunft und die Basis der Gesellschaft.

52 Kommentare

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  1. Irina Smirnova

    Lieber Herr Prof. Dr. Dr. Dr (Hc? )Kemper. Ich wollte mit Ihnen über Ihre Auffassung von Solidarität öffentlich diskutieren. Sie verweigern sich aber. Unter Wissenschaftlern, ich denke Sie sind einer, befremdlich.Bei der Solidarität gibt es Geber und Nehmer. Die Geber müssen arbeiten, damit sie geben können. Die Nehmer haben nur Rechte? Solidarität als Einbahnstrasse? Mein Stil ist es nicht bei Disskusionen persönlich zu werden. Sie provozieren es aber.
    Sie verweigern sich als selbsternnanter Papst der Unterdrückten mit mir öffentlich zu diskutieren. Ich denke, Sie sollten in Ihrem Alter aus dem Pämpersalter heraus sein und für Alterspämpers zu jung sein. Sind Sie ein Mann, der nicht gegen eine Frau gleichen Alters antreten kann? Haben Sie plötzlich ein Genderproblem? Ich bin nicht mehr im Bundesvorstand der Alternativen für Deutschland. Ich bin auch aus der Partei ausgetreten. Das hat andere Gründe
    Nur Ihren Schwachsinn kann ich auch nicht mehr folgen. Sagen Sie mir, wieviel Tage Sie in das Deutsche Sozialsysthem nenneswerte Beiträge eingezahlt haben und wieviele DM und Euros Sie kassiert haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Billanz positiv ist. Kommen Sie in mein Heimatland und Sie werden verhungern. Das Deutsche Grundgesetz hat viele Artikel und bedarf dringend einer Renovierung. Wo bleibt die Deutsche Verfassung, 30 Jahre nach der Wiedervereinigung? Haben Sie als Wissenschaftler jemals danach gefragt? Einen schönen Abend trotzdem und einen ruhigen Schlaf, sowie einen Gruss unbekannter weise. Vielleicht treffen wir uns einmal bei einer Podiumsdiskussion persönlich. Wäre eine Bereicherung für mein Leben. Hoffentlich nict in Disgnerklamotten Irina Smirnova

    • Andreas Kemper

      Ja, wo sollen wir anfangen in der Diskussion? Ich bin Marxist und gehe davon aus, dass es in Deutschland eine kapitalistische Vergesellschaftung gibt. Diese kapitalistische Vergesellschaftung basiert auf dem Widerspruch, dass die Arbeit auf einer gesellschaftlichen Arbeitsteilung beruht, während die Prokutionsmittel privat organisiert sind. Arbeiter*innen erhalten für ihre Arbeit nicht das Äquivalent ihrer Arbeit sondern nur soviel, wie sie zur Wiederherstellung der Arbeitskraft benötigen. Den Rest – also den Mehrwert der Arbeit – streichen sich die Eigentümer*innen ein. Dies führt dazu, dass in Deutschland das Gesamtvermögen ständig steigt, aber es wird nicht gleichmäßig verteilt, sondern landet ausschließlich in die Taschen der Reichsten. Da der Kapitalismus als ökonomisches Modell in seiner Reinform sofort abgeschafft werden würde, gibt es aus herrschaftsstabilisierenden Gründen Zugeständnisse an den Mittelstand, der privilegiert wird. Und da kommen dann Parteien wie die AfD ins Spiel, die Diskriminierungen einfordern und stützen. Diskriminierungen haben in der bürgerlich-kapitalistischen Vergesellschaftung vor allem die Funktion, bestimmten Gruppen bestimmte Arbeitsplätze zuzuschreiben. Diskriminierungen sind aber weder mit den Menschenrechten noch mit dem ursprünglichen Versprechungen des Kapitalismus vereinbar. Aufgrund dieser Widersprüchlichkeiten ist es nur eine Frage der Zeit, dass sich die kapitalistische Vergesellschaft auflöst. Es ist zu hoffen, dass dies möglich früh, möglichst gewaltfrei und möglichst in Richtung einer egalitären, herrschaftsfreien Gesellschaft geschieht. Ich hoffe, ich habe genügend Diskussionsstoff gegeben.

    • Werner Hupperich

      Liebe Frau Smirnova,

      Ihre Aussage „Kommen Sie in mein Heimatland und Sie werden verhungern.“ finde ich insofern bemerkenswert, als dass doch gerade die Radikalität der Umgestaltungen seit 1992 Ihres Landes jedem Wirtschaftsliberalen in Freudentränen ausbrechen lassen müsste. Wenn dort trotz der Regentschaft nunmehr sogar „lupenreiner“ Demokraten heutzutage immer noch Menschen verhungern, kann am Smith’schem Paradigma eines „Wohlstands für alle durch liberalisierte Märkte“ jedenfalls nicht allzu viel ‚dran sein, oder? Auch in Sachen Stigmatisierung und Verfolgung gesellschaftlicher Minderheiten scheinen sich die Verhältnisse in der postsowjetischen Ära eher zum Schlimmeren gewandelt zu haben. Selbst die Straflager und Gefängnisse aus Sowjetzeiten existieren nach wie vor – bloß, dass sie heute, wo es sich um „demokratisch legitimierte Einrichtungen“ handelt, nicht mehr in jenem Maße in der internationalen Kritik stehen, wie zu Zeiten des „Kalten Krieges“. Es verwundert also zugegebenermaßen daher durchaus, wenn Sie in dieser Diskussion ausgerechnet die heute in Ihrem Land herrschenden Bedingungen ernsthaft als Maßstab anzuführen trachten. Dummerweise ist dies insbesondere seitens der Apologeten des Wirtschaftsliberalismus nicht möglich, ohne die eigene Ideologie dabei zu desavouieren.

      Betrachten Sie daher bitte auch meine als Entgegnung auf Ihre Feststellung „Das Deutsche Grundgesetz habe viele Artikel und bedürfe dringend einer Renovierung“ formulierte Frage,WEM denn Ihrer Ansicht nach das Recht zur Mitwirkung an einer novellierten Verfassung zu gewähren (und wer demgegenüber von jeder Form demokratischer Partizipation auszuschließen sei..) als eine rein rhetorische.

      Was wäre eigentlich, Frau Smirnova, wenn sich die Utopie der Wirtschaftsliberalen tatsächlich einmal einstellen sollte, und ein vollständig sich selbst nach marktwirtschaftlichen Bedingungen finanzierender, privatisierter Staat die Steuern rundweg abschafft? Wonach definiert sich denn dann das werte und das unwerte Leben? Nach den betriebswirtschaftlichen Bilanzen oder, einfacher, gleich nach dem jeweiligen Kontostand?

      Ein Mindestmaß an Ehrlichkeit würde jedenfalls bedingen, dass Sie – und Ihre Freunde von der AfD (von welchen Sie sich ja aus „anderen Gründen“ losgesagt haben, einmal vollständig auflisten, für welche Menschen ihre „schöne neuen Welt“ eine Heimat bietet – und welche Bevölkerungsteile es dementgegen zu entsorgen gilt. Was soll denn z.B. mit den Menschen „negativer Steuerbilanz“ (wozu Sie ja u.a. Herrn Kemper zählen) fürderhin geschehen? Naja, wer gesund und arbeitsfähig ist, den könnte man ja zwangsweise in die Produktion überführen, aber was ist mit den nicht Arbeitsfähigen? Wenn Sie – und Ihre Vordenker der AfD – Menschen rein nach nach deren ökonomischem Potenzial bewerten, stellen sich diese Fragen zwangsläufig. Stigmatisieren, entrechten, vernichten. Wenn die ersten beiden Punkte schon so freimütig zur Diskussion gestellt werden, warum auch nicht gleich der dritte, als logische Konsequenz der ersten beiden?

      Wenn Sie schon Brandstifterei im Schilde führen, dann tragen Sie Ihre Fackel gefälligst offen, Frau Smirnova.

      Im Hinblick auf „Nur Ihren Schwachsinn kann ich auch nicht mehr folgen.“ ist abschließend anzumerken, dass dies in der Tat jedem Menschen, dessen IQ geringfügig über Zimmertemperatur liegt, im Fall der ihrerseits propagierten Ideologie überaus leicht fällt. Allerdings – und das wiederum bietet hinreichend Anlass zum Pessimismus – lassen sich gerade simple Ideologien leichter in die Köpfe des Publikums transportieren als differenzierte Sichtweisen. Dieser Umstand hat bereits so manchem Betrüger in die Hände gespielt.

      MfG
      Werner Hupperich

  2. Uschi

    Herr Kemper, Herr Hupperich, solch einen hirnverbrannten Unsinn, explizit Herr Kemper, als „Marxist“, kann nur d e r raushauen, der nie die „marxistische“, respektive die „kommunistische“ Verlogenheit anhand von Nordkorea oder Kuba am eigenen Leibe erfahren und erleiden musste. Sandkasten-Spiele unge- und unerzogender Kinder nennt man das.

    • Andreas Kemper

      Marxismus ist eine Kritik an der kapitalistischen Vergesellschaftung. Wie sich eine nicht-kapitalistische, eine klassenlose Gesellschaft gestaltet, das entscheiden wir gemeinsam, herrschaftsfrei und basisdemokratisch. Aber es ist relativ müßig, darüber zu diskutieren.

      Wichtig ist hier, dass Parteien wie die AfD Diskriminierungen und Ungerechtigkeiten verschärfen wollen.

    • Werner Hupperich

      Auf Stammtischniveau diskutieren, Uschi, kann unbestreitbar auch Jener am besten, der an solchen zuhause ist. Nur so viel: Da in der „Volksrepublik“ China nach wie vor einzig von der KPCh regiert wird, muss Ihrem Verständnis nach China – neben Nordkorea und Kuba – als „kommunistisches System“ gelten. Wenn nach Ihrem Verständnis überall dort „Kommunismus“ ‚drin zu sein hat, wo „Kommunismus“ ‚draufsteht, wie erklärt sich dann die merkwürdige Partnerschaft mit dem ach so fiesen chinesischen Regime? Will sagen: Wenn Sie sich hier schon derart moralinsauer über die Opfer politischer Systeme echauffieren, sollten Sie nicht nur die Opfer ehemaliger Staatssozialismen bilanzieren, sondern gefälligst auch Jene, die die kapitalistische Wirtschaftsordnung auch heute noch tagtäglich fordert. Es sind und waren (im Falle Nordkoreas auch heute noch) zweifellos viele Opfer – sei es auf Grund von Versorgungsmängeln oder wegen politischer Verfolgung – der Staatssozialismen zu beklagen. Es herrschte – und herrscht, Sie führten explizit Nordkorea an – Knappheit an Nahrungsmitteln. Es gab z.B. kein Brot, weil es eine schlechte Ernte gab (und keine Devisen, um im kap. Ausland Getreide zu kaufen). Was aber ist mit all jenen Opfern in heutigen kapitalistischen Systemen, die dazu verdammt sind, buchstäblich neben vollen Lagerhäusern zu verhungern? Es mangelt heute nicht an Gütern aller Art, wohl aber an Menschen, denen es an der Fähigkeit mangelt, den seitens der Produzenten geforderten Preis – stets: Produktionskosten plus Profit – zu bezahlen.

      Das Geld – der Götze der Wirtschaftsliberalen schlechthin – schließt die Menschen von den Dingen ihres Bedarfs aus. Im Extremfall bis zu deren Tode. Die Versorgung der Menschen mit den Dingen ihres Bedarfs steht gar nicht auf der kapitalistischen Agenda. Es geht einzig um _lohnende_ Produktion [welche dann auch stattfindet] im Kontext zahlungsfähiger [sic!] Marktsubjekte und Profit.

      Es werden regelmäßig in dem von Ihnen propagierten „Besten aller Systeme“ alljährlich Lebensmittel für sechs Milliarden Menschen VERNICHTET weil sich für diese keine Käufer fanden und verschenken „die Preise kaputt“ machen würde. Das könnten Sie, wenn Ihnen an ehrlicher Anteilnahme am Schicksal _aller_ Menschen gelegen wäre, in den Reports der WHO nachlesen. Aber um das Wohl der Menschen scheint es Ihnen – Ihre selektive Wahrnehmung lässt keinen anderen Schluss zu – gar nicht zu gehen.

      Ich gestehe, über die tatsächlichen [!] Verhältnisse in Nordkorea nur sehr wenig zu wissen. Aber ich habe sowohl Kuba als auch Weißrussland besucht. Hongkong leider nur unter dem Status einer britischen Kolonie, aber dafür die DDR vor der Wiedervereinigung. In allen genannten Ländern wurde ich freundlich behandelt und fühlte mich nicht unfreier als in einer heutigen westdeutschen Großstadt.

      Wo sie insbesondere Kuba anführen: Natürlich würde jeder aus einer Industrienation stammende Besucher unmittelbar Entzugserscheinungen von Handy, Satelliten-TV und Internet bekommen. Allerdings reflektieren solche „Entzugserscheinungen“ die Prioritäten einer synthetischen Konsumsphäre (nach Adorno), deren tatsächliche Bedeutung vom jeweiligen Subjekt abhängt. Will sagen: Wer auf Firlefanz verzichten kann und wem ein funktionierendes Gesundheits- und Bildungswesen wichtiger ist, dem fehlt auf Kuba recht wenig.

      Was Nordkorea angeht, so tendiere ich zu der Auffassung, dass Kim Jong Un ziemlich einen an der Murmel hat – sofern _das_ zutrifft, was hier seitens der Medien lanciert wird. Allerdings muss die Qualität der Informationen mangels verifizierbarer Quellen häufig kritisch betrachtet werden. Wenn Sie über persönliche Erfahrungen des Lebens in Nordkorea verfügen sollten, so würde ich mich sehr freuen, einmal Informationen aus erster Hand zu bekommen.

      Ich hoffe nur, dass diese Informationen ggfs. objektiver und ergebnisoffener recherchiert wurden, als es ihre selektive Opferwahrnehmung verschiedener politischer Systeme befürchten lässt.

      MfG
      Werner Hupperich

  3. Werner Hupperich

    Zu einem (zumindest für heute vermutlich..) letzten Kommentar dieses Themas sehe ich doch noch veranlasst:

    Wenn beitragsfreie Sozialleistungen in Frage gestellt werden d.h. die Gewährung von Sozialleistungen vom Gegenwert des Gegenwert des vom jeweiligen Nutznießers vorgeschossenen Kapitals („Steuern“) abhängig gemacht werden, sind es dann überhaupt noch „Sozialleistungen“? Per definitionem handelt es doch in solchem Fall um den Erwerb [des Anspruchs auf] eine Leistung gegen Geld. Genau betrachtet somit steht die Kommodifikation sozialer Verhältnisse auf der Agenda der AfD. Dies stellt insofern eine neue Dimension dar, als dass der Rahmen bisheriger in-Wert-Setzungen des Sozialsystems die Grundsicherung nicht in Frage stellten. Stichwort: privatisierte „Altersversorge“, „medizinische Zusatzleistungen“ etc. pp.

    Wenn nun aber Sozialleistungen _insgesamt_ zur Ware deklariert werden, die ohne Tauschäquivalent (Geld..) nach Auffassung der AfD nicht in Anspruch genommen werden sollen, so stellt sich dies doch als unvereinbar mit Art. 20 (1) GG dar. Eine rein über den Warenaustausch definierte Gesellschaftsordnung kann m.E. kein soziales Staatswesen sein. Oder, anders gefragt (das dürfte interessantere Kommentare garantieren):

    Wodurch sieht die AfD die verfassungsgemäße Bedingung einer Bundesrepublik Deutschland in Form eines „demokratischen und sozialen [sic!] Bundesstaats“ auch in der Zukunft gewährleistet?

    Wenn künftig Sozialleistungen in rein ökonomischen Bedingungen zu unterwerfende, finanzielle transaktionen – „Unterstützung gegen Vorauskasse“ – umgestaltet werden sollen, in wie fern soll dann das Recht auf Widerstand gem. Art 20 (4) keine Anwendung finden dürfen?

    Wohlgemerkt: Wir reden hier in diesem konkreten Fall nicht mehr von einem _Abbau_ sozialer Leistungen, sondern von deren _Abschaffung_ durch Transformation in Ware mittels Kommodifikation. Nicht zu verwechseln etwa mit der durchaus legitimen Frage gesellschaftlicher Finanzierung des Bedürftigen zu gewährenden Leistungs_umfangs_. Nicht _wie viel_ einem Bedürftigen zusteht wird hier seitens der AfD zum Thema gemacht, sondern dass ihm überhaupt _nur dann_ etwas zustehen soll, wenn er es (buchstäblich) wert ist resp. die im Bedarfsfall beanspruchte Leistung selbst vorab finanzierte.

    Da stellt sich einem schon die Frage, was eigentlich der Verfassungsschutz den lieben langen Tag so treiben mag. Eine Kompatibilitätsprüfung der AfD mit der bundesdeutschen Verfassung wäre jedenfalls eine m.E. sinnvolle Beschäftigung..

    MfG
    Werner Hupperich

  4. Uschi

    Herr Kemper, Herr Hupperich, es sind die gleichen betonartigen Parolen und ideologischen Argumentationsketten – es ist schlicht und ergreifend für einen Akademiker der ehemaligen DDR, der unter der Verlogenheit ideologischer Prämissen zum Schweigen verurteilt war, – nicht zu ertragen, von Menschen, die freiheitlich studieren durften, sozialistisch belehrt zu werden. Das Argument, wonach nicht drin sein muss, was draufsteht hat ja nun einen überlangen Bart. Ebenso kann man argumentieren, wo „friedliche Religion“ draufsteht, siehe Islam, muss nicht zwangläufig auch eine solche darinnen sein. Über das grausame System Nordkoreas weiß ich durch die studierenden Nordkoreaner in unserer Uni, indem sie angstvoll jeden Kontakt zu uns Deutschen mieden, mehr als Bescheid. Und mich wundert, nach welchen Studienlehrplänen Sie gelernt haben, welche Studienskripts Ihnen an der Uni ausgehändigt wurden und welch Profs so etwas Konfuses zu verantworten haben, dass ein solch nun wirklich seit mehr als einer Ära überholtes Kauderwelsch an sogenannter Politik hier zu lesen ist.

    • Andreas Kemper

      Mich wundert, dass die Kritiker von Bernd Luckes Vorschlag, Sozialleistungen abzuschaffen, nun plötzlich in die nordkoreanische Ecke gedrängt werden sollen. Fällt Ihnen an dieser Argumentationsfigur etwas auf?

      • Werner Hupperich

        Luckes augenscheinliche Sorge, im Falle einer nordkoreanischen Invasion Deutschlands zwangsweise seines Postens enthoben zu werden – und seitens der Besatzer obendrein die seiner Ansicht nach ihm selbstverständlich zustehenden Sozialleistungen verweigert zu bekommen? 😉

        MfG

        PS: Fast erscheinen einem die Wirtschaftsliberalen wie das West-Äquivalent eines pawlowschen Hundes. Sobald sie auch nur durch ein leises Glöckchen „Sozialismus“ erklingen hören, fangen sie unmittelbar an zu sabbern und rülpsen gereizt: „Gulag!“ (oder, je nach Konditionierung, auch schonmal „Nordkorea!“ oder „DDR!“)..

        PPS: Falls Sie hier mitlesen sollten, Herr Lucke: Keine Sorge, zur Abdeckung solcher Aktionsradien fehlt dem nordkoreanischen Militär das Geld für den Kraftstoff. Insofern können Sie sich wieder entspannt zurücklehnen. Obwohl.. wenn sich die Mitglieder des nordkoreanischen Heeres einzeln mittels China Post im Sparversand („Warensendung / von zollrechtlicher Behandlung befreit“) selbst nach Deutschland versenden würden, könnte das auch ohne vorherige Devisenbeschaffung funktionieren. Nordkoreaner sind ja bekanntlich bereits auf Grund der Mangelwirtschaft und ihrer kommunistischen Gene klein, leicht und obendrein das Hungern gewohnt.. aber selbst wenn: so schlimm wird’s schon nicht werden. Sie können Ihren Laden ja zur Not dann immer noch in AfNk („Alternative für Nordkorea“) umfirmieren, ins Exil gehen, z.B. bei südkoreanischen Sponsoren mit Ihrem Konzept hausieren, um sich dann anschließend mit Ihrer Beute einen beschaulichen Lebensabend auf Monaco zu finanzieren. Eine zeitnahe Invasion nordkoreanischer Truppen hätte zugleich auch den positiven Nebeneffekt, nicht nur die aktuell zu beobachtende Selbstdemontage der AfD gegenüber der Öffentlichkeit zu verschleiern, sondern Ihnen obendrein auch gleich noch einen Märtyrer-Nimbus zu verschaffen. Ich sehe schon die Schlagzeilen der Zeitungen mit den großen Buchstaben: „Bernd Lucke von 120 nordkoreanischen Hunden um ein Haar zerfleischt!“ oder „Brandanschlag auf Luckes Anwesen in letzter Sekunde vereitelt +++ Reisighaufen mutmaßlich nordkoreanischer Herkunft auf dem Gehweg vorgefunden +++ Hatte sich Kim Jong Un als taxifahrender Austauschstudent getarnt?“ ..

        Jetzt aber Schluss. Das wird sonst selbst mir zu albern. Obwohl.. _ich_ habe mit dem Unfug ja schließlich nicht angefangen.

    • Werner Hupperich

      Sie weichen aus. Gegenstand der Diskussion waren keineswegs die zwecks Unterdrückung geschaffenen politischen Strukturen der Staatssozialismen. Diese wurden zu keiner Zeit seitens Herrn Kempers oder meinerseits in Abrede gestellt oder relativiert. Kritisiert habe ich einzig Ihren Fokus allein auf die Opfer der Ihrerseits genannten Staatssozialismen bei gleichzeitiger Ignoranz gegenüber der Opfer in kapitalistischen Wirtschaftsordnungen.

      Sie zünden Nebelkerzen, indem Sie einerseits Wirtschaftsordnungen mit Herrschaftsordnungen vermengen – wobei unklar bleibt, warum sich eigentlich Kapitalismus und Diktatur so wie Planwirtschaft und Demokratie als unverträglich erweisen sollten – und die Opfer sozialistischer Systeme als Mittel zur Lobhudelei auf die „Marktwirtschaft“ instrumentalisieren. Möglicherweise sind Sie ja dermaßen in ihrem Weltbild verhaftet, dass es Ihnen selbst gar nicht mehr auffällt.

      Wenn Sie schon die universitäre Forschung zumindest im Kontext nordkoreanischer Studenten erwähnen, sei Ihnen eine Befassung mit deren Grundsätzen anzuraten. Für den Einstieg sei in Sachen Werturteilsfreiheit die Standardliteratur Max Webers und in Sachen Ergebnisoffenheit die einschlägigen Werke Karl Poppers empfohlen. Nur als Wink mit Literatur, welche _Ihnen_ ganz offensichtlich vorenthalten wurde. Wenn Sie schon Herrn Kemper und mir defizitäre Studienscripts vorhalten.

      Es wird Sie gewiss erschrecken – wenngleich auch gewiss nicht Ihr vorgefasstes Weltbild zum Einsturz zu bringen vermögen – dass sich der sog. „Islamistische Terror“ bei eingehender Analyse als rein politisch motiviertes Phänomen erweist. Verkürzt formuliert: Die Ziele sind gemeinhin „weltlicher“ Natur, zu deren Verfolgung die Religion das _Werkzeug_ und eben nicht den _Auslöser_ darstellt. Wenn Sie ernsthaft die Religion als herrschaftsstabilisierender Faktor studieren möchten, empfehle ich die christlich fundamentale Rechte der USA als Untersuchungsgegenstand. Wenn Sie die dortigen Mechanismen verstanden haben, haben Sie auch in Sachen fanatischer Mullahs ein zur Urteilsbildung hinreichendes Basiswissen. Der Vorteil liegt dabei in niedrigeren Sprachbarrieren und besseren Kommunikationsstrukturen.

      Aber, wo Sie schon die nächste (diesmal: heilige) Nebelkerze zünden und vom fiesen Kommunismus über den vorzüglichen Kapitalismus zum vorbildlichen Christentum wandeln : Wie stet’s denn Ihrer Ansicht nach mit der Vergangenheitsbewältigung der Christenheit? Auch diese fallen offenbar in Ihrem „Bodycount“ der Opfer durch jenes weitmaschige Netz, in welchem sich ausschließlich Nordkoreaner, Kubaner, Sowjetrussen und Islamisten zu verfangen scheinen.

      Manchmal wünscht man sich in der Tat an den Hochschulen einen Numerus clausus, welcher die emotionale und soziale Intelligenz eines Bewerbers zum Maßstab nimmt.

      Apros pos „ideologische Prämissen“: Sie wollen doch nicht ernsthaft behaupten, solche wären einzig ein in den von Ihnen genannten „Schurkenstaaten“ zu beobachtendes Phänomen? Ich kenne gleich eine ganze Reihe von Wissenschaftlern, denen systematisch das Leben schwer gemacht wurde, weil ihre Befunde einflussreichen Lobbyisten ans Bein pinkelten oder der tagespolitischen Agenda konträre Handlungsweisen nahe legten.

      Wenn Sie nun also – als dritte Nebelkerze – „Verlogenheit“ als Indikator verdammenswürdiger Wirtschaftssysteme ins Feld führen, so kann dieser Schuss – in dieser Gesellschaft – nur nach hinten los gehen. Allerdings setze ich Voraus, dass Sie schon wissen werden, was Sie tun. In diesem Sinne: Nur weiter so!

      Wenn Sie der Diskussion nichts weiter beizusteuern vermögen als eine Aufrechnung der Opfer politischer Unterdrückung in Staatssozialismen, kann Ihre Kritik am Kommunismus ja nicht sonderlich essenziell sein. Die Hochschulen scheinen in der Tat nicht mehr das zu sein, was sie einmal waren. Wenn Hochschulabsolventen nichts weiter an Kritik gegenüber Sozialismus / Kommunismus einfällt, als eine (odendrein selektive) Aufrechnung von Opfern, ist das schon sehr deprimierend. Ich empfand es immer sehr traurig und bemerkenswert, dass unser Bildungswesen es regelmäßig auf eine Quote funktionaler Analphabeten von zwichen 12 und 14 Prozent brachte (und bringt). Menschen, die es trotz schulischer Bildung an elementarer Kompetenz des Rechnen, Lesen und Schreibens mangelt. Nach Ihren rhetorischen Kunstgriffen und Ihrem schlichten ideologischen Weltbild würde ich die Erhebung dieser Quote bei Hochschulabsolventen als interessantes Forschungsprojekt bezeichnen. Schade eigentlich.

      Jeder Tote, jeder Unterdrückte und jeder in seinen elementaren Rechten beschnittene Mensch bildet ein Opfer zu viel. Der in Ihrer Bilanzierung immanente Zynismus stellt eine Verhöhnung der Opfer dar, die mir zu ertragen sehr schwer fällt. Es spricht gewiss nichts dagegen, jedes Unrecht öffentlich zu benennen. Deswegen mahnte ich eingangs an, dies stets objektiv, umfassend und bar eigener ideologien zu tun. Sie jedoch sind sich offenbar nicht einmal dafür zu schade, menschliches Leid für ihre schäbige Propaganda zu instrumentalisieren.

      Ich bitte deshalb um Verständnis, wenn ich jeden weiteren Dialog mit Ihnen ablehne.

      MfG
      Werner Hupperich

  5. Uschi

    Ein Verwandter, ein hoher ehemaliger Kader der SED, hätte diesen, Ihren Text eins zu eins auch hersagen können, Herr Hupperich. Er verwendet auch heute die gleiche Formelhaftigkeit, die Sie verwenden. Als Sprachwissenschaftlerin erkenne ich strukturell und morphologisch Ideologien und damit diktatorische Machtausübung und Deutungshoheit über Sprache und Denken. Und mit Ideologen, gleich ob Rechten oder Linken und hier explizit die Grünen, ist Diskussion und Debattenkultur per se unsinnig, da Sprachinhalte nicht relevant sind, sondern die installierte Meinung (Deutungshoheit) nach der alles ge- und vermessen wird. Letztlich die inquisitorische Attribution jeglichen Diskurses. So gehe ich mit dem Verwandten um, freundlich, aber jegliche Diskussion meidend, da, siehe hier dies Forum. Es hat dann auch wirklich keinen Sinn, mit ideologischen Kadern zu reden. Und damit verabschiede ich mich von Ihnen und kann nur meine ehemalige Sprachprofessorin zitieren, die auf meinen ratlosen Beitrag, was sprachlich hier in diesem Deutschland mit dem rot-grünen Denk-und Sprachdiktat geschehen ist, antwortete: „Ich komme mir vor,wie auf einem anderen Stern“. Oder wie in „1984“

    • Andreas Kemper

      Ging es dem Sozialisten George Orwell nicht um eine Sprache, mit der sich politische Kritik formulieren ließe? Die Anti-PC-Bewegung will die Sprache entpolitisieren.

      • Werner Hupperich

        „Die Menschen leben weder allein in der objektiven Welt noch allein in der Welt gesellschaftlichen Handelns, wie es gemeinhin verstanden wird, sondern sind in hohem Maße der Gnade der sprache ausgeliefert, die für die Gesellschaft ein Ausdrucksmedium geworden ist. Es ist eine große Illusion, sich vorzustellen, dass man sich der Realität im wesentlichen ohne Verwendung der Sprache anpasst und Sprache nur ein nebensächliches Mittel zur Lösung spezifischer Kommunikations- und Reflexionsprobleme ist. Tatsache ist vielmehr, dass die ‚wirkliche Welt‘ unbewusst und in hohem Maße auf den Sprachgewohnheiten der Gruppe aufgebaut ist.“

        Sapir, Edward; „Selected Writings on Language, Culture, and Personality.“ David G. Mandelbaum (Hrsg.), Berkeley, 1949. 2. Aufl., 1963.

        „Wir sezieren die Natur entlang Linien, die unsere Muttersprache vorgezeichnet hat. Die Kategorien und typen, die wir aus der Welt der Phänome isolieren, finden wir dort nicht deshalb vor, weil sie sich jedem Beobachter geradezu aufdrängen; im Gegenteil, die Welt präsentiert sich in einer kaleidoskopartigen Flut von Eindrücken, die durch unseren Verstand – was weitgehend bedeutet, durch das sprachliche system in unserem verstand – organisiert werden muss. Wenn wir, wie wir es tun, die Natur zerteilen, sie in Begriffe einordnen und Bedeutung zuschreiben, dann weitgehend deshalb, weil wir Teilnehmer einer Vereinbarung sind, sie in dieser Weise zu organisieren – einer Vereinbarung, die innerhalb unserer Sprachgemeinschaft Gültigkeit hat und in den Mustern unserer Sprache kodifiziert ist.“

        Whorf, Benjamin Lee; „Sprache, Denken, Wirklichkeit. Beiträge zur Metalinguistik und Sprachphilosophie“, Rowohlt (1963)

        Hirzu wäre gewiss erhellend, einmal seitens Frau „Sprachwissenschaftlerin“ zu erfahren, wie man sich eigentlich Sprache ohne „installierte Meinung“ vorzustellen hat. Das ist nicht zuletzt insofern interessant, als dass – gesetzt den Fall, dass Uschi noch nicht die Falsifikation der Sapir-Whorf Hypothese geglückt sein sollte – die von Ihnen angesprochene Sprache zwingend ein entpolitisiertes Denken voraussetzen würde. Dass eine Entpolitisierung des Denkens in signifikanten Teilen der Bevölkerung – welche faktisch auf eine „Analphabetisierung“ jeden kollektiven kritischen Bewusstseins hinaus liefe – dem rechtsliberalen Flügel recht gut in den Kram passen würde, glaube ich indes durchaus.

        MfG
        Werner Hupperich

        PS: Nebenbei bemerkt – Stichwort „Deutungshoheit“ – bin ich doch einigermaßen überrascht, seitens Frau Uschi als „Grüner“ diffamiert zu werden. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle erneut meine tiefste Verachtung gegenüber diesem opportunistischen Sauhaufen, der sich permanent am Verrat der einsmals eigenen Ideale übt, zum Ausdruck zu bringen.

        Dass hingegen die sich nach eigenem Anspruch bar jeder Formelhaftigkeit („Nordkorea“) artikulierende Sprachwissenschaftlerin als Vertreterin der Theorie der in „ef-Kreisen“ äußerst beliebten „rot-grünen Weltverschwörung“ outet, vermag dabei nur insofern zu überraschen, als dass dieser Fauxpas einer nach eigenen Angaben gebildeten Person passierte. Die Gretchenfrage („Sag‘, wie hältst du’s mit dem Klimawandel?“) ist daher ebenfalls obsolet. Die „Formelhaftigkeit“ eines Marxisten- und Kommunistenbashings, des Bodycounts der Sozialismus-Opfer, Abqualifizierung („Studienscripts“) so wie Kategorisierung („Grüne“) unbequemer Diskussionsteilnehmer hätte man mit ein wenig mehr Mühe jedenfalls etwas geschickter kaschieren können. Schon gleich, wenn man sich damit rühmt, die Sprachwissenschaften studiert zu haben. Echt deprimierend, sowas..

  6. gerry

    Mir scheint, die Diskutierenden sind hier gefangen im eigenen argumentativen Kreis. Kempers Kritik an Lucke steht generell in der Klammer der Leistbarkeit des von Kemper implizit Geforderten. Auch übersieht Kemper das Wesen unserer (soweit man davon überhaupt noch reden kann) Solidargemeinschaft. Eine – wie offenbar von Kemper gewünscht – grenzenlose Ausweitung der Zahl Anspruchsberechtigter würde binnen Kürze den Kollaps des gesamten Systems bedingen. Die Folgen inklusive sozialer Unruhen wurden entweder nicht bedacht oder aber werden billigend in Kauf genommen. Die AfD ist sicherlich nicht die Partei, die ein völlig neues Wirtschaftssystem etablieren möchte, sonder vielmehr im Rahmen der Realität überfällige Korrekturen anmahnt. Insofern Herr Kemper reden Sie doch endlich Klartext: Das von Ihnen Geforderte sprengt das existierende System in die Luft. Spätestens dann braucht es eine (sorry ;-)) Alternative. Welche alternativen Gesellschaftsmodelle sind denn die Ihren? Abschliessend stelle ich der Ehrlichkeit halber klar, daß ich engagiertes Mitglied der AfD, und genauso unglücklich über das Bild der in Mülltonnen nach Pfandflaschen suchenden Rentner, welcher Nationalität auch immer bin. Das gilt es zu verändern. Der Goldman Sachs gesteuerten EU das Wort zu reden dürfte dabei wenig hilfreich sein.

    • Andreas Kemper

      Was haben Sie dazu geleistet, in Deutschland geboren zu sein? Entweder wir gehen von Menschenrechten aus, dann hat jeder Mensch die selben Rechte, unabhängig von ihrem Geburtsort. Oder wir setzen das Leistungsprinzip voraus. Dann frage ich Sie, worin die Leistung bestehen soll, in einem bestimmten Land mit einer bestimmten zuerkannten Nationalität geboren worden zu sein. In der AfD soll es angeblich Christ*innen geben. Wie lassen sich geschlossene Grenzen mit christlicher Nächstenliebe vereinbaren?

  7. gerry

    Sprache ist Denken. PC bedeutet im Wesentlichen Staatsraison – also Denkverbote. Eine wohlmeinende politische Bewegung sollte solch manipulative Taschenspielertricks nicht nötig haben. Die Tatsache, daß – Beispiel: „Rechtspopulismus“ – in offensichtlicher Ermangelung jeglicher Argumente hier die Denkverbotskeule geschwungen wird, lässt die glühenden Verehrer der PC in entsprechendem Lichte erscheinen. „Freiheit ist immer auch die der Andersdenkenden.“ Man sollte kaum glauben, daß dieser Denkwürdige Satz von einer Kommunistin stammt. Was könnte dazu geführt haben, daß die Linke im laufe der Jahre derart abgebaut hat ?

  8. gerry

    Herr Kemper Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Wem ist wirklich gedient, wenn das Sozialsystem ob Negation jeglicher Zugangskriterien zusammenbricht? Meine Geburt in Deutschland ist weder Verdienst, noch besonderer Fluch oder Segen. Und bevor der zu erwartende Einwand kommt, daß andere Geburtsstätten unzweifelhaft wesentliche Nachteile mit sich brächten: ich habe auch nichts dazu getan, daß es eben anderswo wesentlich unglücklicher ist. Allerdings halte ich solche Fragestellungen für wenig lösungsorientiert.
    Die Linke beklagt zu recht (auch eine schöne Formulierung… 😉 ), daß die den Mehrwert Erarbeitenden immer weniger Reallohn für immer mehr zu leistende Arbeit zu verzeichnen haben. Gleichzeitig wird mit überbordenden Ansprüchen an deren Solidarität eben diesem Phänomen Vorschub geleistet. Das ist nicht stringent.
    Bezüglich der von Ihnen vermuteten „Anti – PC- Kampagne“ habe ich einen älteren Link: Immanuel Kant: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“

    • Andreas Kemper

      Lieber gerry, sie sind hier als Gast gerne willkommen. Ich verlange auch gar nicht, dass Sie sich hier integrieren und meine Fragen beantworten. Aber vielleicht können wir uns darauf einigen, dass wir uns gegenseitig unsere Fragen beantworten?

      Doch, machen Sie mal. Sie benutzen doch den Begriff „PC“, dann lesen Sie doch bitte, wie dieser Begriff entstanden ist und wie er heute verwendet wird. Ein Tip: Schauen Sie sich die us-amerikanischen Culture Wars der frühen 1990er Jahre an.

    • Werner Hupperich

      gerry schrieb: „Wem ist wirklich gedient, wenn das Sozialsystem ob Negation jeglicher Zugangskriterien zusammenbricht?“

      Wonach definiert sich denn Ihrer Ansicht nach die „Belastungsfähigkeit“ des Sozialsystems bzw. wie erklärt es sich, dass trotz beständig gestiegenen BIPs (bei sinkender Bevölkerungszahl) Sozialleistungen zusammengestrichen wurden, welche einstmals (seltsamer Weise scheint sich eine zeitliche Korrelation mit dem Zusammenbruch des Ostblocks zu ergeben..) als Aushängeschild eines sozialverträglichen Kapitalismus dienten?

      Also:

      1. Wer definiert die Tragfähigkeit des Sozialsystems (und nach welchen Kriterien geschieht dies)?

      2. Warum sollte das Sozialsystem trotz gestiegenen gesamtgesellschaftlichen Reichtums (obendrein bei Zunahme der Erwerbslosigkeit!) „kollabieren“?

      3. Wie bewerten Sie den Umstand, dass die Bevölkerungsgruppe mit dem höchsten Einkommen den prozentual geringsten Beitrag zu Finanzierung des Sozialsystems leistet?

      Sie können es drehen und wenden wie Sie wollen: Es geht letztlich gar nicht darum, welche Belastungsgrenzen des Sozialsystems sich dieses Staatswesen leisten _kann_, sondern einzig, welche Belastungsgrenzen man sich leisten _will_.

      MfG
      Werner Hupperich

  9. gerry

    Lieber Herr Kemper, der von Ihnen gegebene Link beschreibt Wörter, die zu Recht heute zum Glück in unserer (Umgangs-)Sprache keinen Platz mehr haben. Der Begriff PC wird (ich habe gegoogled!) selbst im, nach allgemeinem Dafürhalten linkslastigen Wikipedia in seiner Entstehung und offenbar in kaum einer Anwendung ohne Ironie gehandhabt oder beschrieben.. Ich möchte allerdings auf Ihren subkutanen Vorwurf eingehen, ich wolle mich auf Ihrer Seite nicht „integrieren“: Ich habe lediglich Bedenken gegenüber einigen Ihrer Aussagen geäussert. Sofern Ihre Frage auf Anerkennung meiner bezüglich einer Erbschuld durch Geburt als Deutscher abzielt gebe ich zu, diese abzulehnen. Ohne die Verbrechen unserer Vorfahren zu leugnen, bedeutet die Inanspruchnahme derer Nachgeborenen doch faktisch nichts Anderes als Sippenhaft. Nun ist Sippenhaft (http://de.wikipedia.org/wiki/Sippenhaft) geschichtlich als nationalsozialistisches Gedankengut einzuordnen – welches sowohl ich, als auch die AfD strikt ablehnen. Wenn also die Linke unter Hinweis auf die „geschichtliche Verantwortung“ so nationalsozialistisches Gedankengut instrumentalisiert, wird es – das müssen Sie als Wissenschaftler zugeben – skurril.

    • Andreas Kemper

      Wie denn jetzt. Sie wollen keine „Sippenhaft“ (Verantwortung aufgrund der deutschen Geschichte), sie wollen aber sehr wohl die Vorzüge der reichen deutschen Gesellschaft? Sie sind mir ja einer. Immer nur das beste raussuchen… Erklären Sie mir das: Sie können nichts dafür, dass die deutschen Vorfahren das nationalsozialistische Regime errichteten. Schließlich können sie nichts dafür, dass sie in Deutschland geboren wurden. Sie machen aber andere dafür verantwortlich, nicht in Deutschland geboren worden zu sein und wollen ihnen daher verbieten nach Deutschland zu kommen? Sippenhaft?

  10. gerry

    Die „Vorzüge“ der „reichen“ deutschen Gesellschaft sehen Sie am besten an in Mülltonnen nach Pfandflaschen suchenden Rentnern. Wenn das in Ihren Augen „das Beste“ sein soll, haben Sie eine recht traurige Gesellschaftsutopie. Die Linke war da schon einmal optimistischer! Aber ich gebe Ihnen insofern recht, daß ich – 24 Jahre nach Kriegsende geboren – wirklich nichts für das NS-Regime kann. Ich habe auch keinerlei Schuldkomplexe deswegen – vielleicht sollte ich deswegen eine Therapie in Betracht ziehen. Bezüglich meiner Verantwortung für die unbestrittenen Greuel meiner Vorfahren sehe ich durchaus die Pflicht, grassierendes faschistoides Gedankengut – unter welcher politischen Flagge es gerade auch segelt – zu bekämpfen. Die deutsche Geschichte als erfolgreiches Geschäftsmodell zur leistungslosen Erlangung welcher Gelder auch immer hingegen lehne ich deutlich ab. Entgegen Ihrer Unterstellung mache ich auch niemanden für den Ort seiner Geburt verantwortlich – hier scheint mir Ihre Argumentation nicht mehr wirklich vom seriös wissenschaftlichen Geist geprägt. Auch soll natürlich Niemandem verboten werden, nach Deutschland zu kommen! Konkrete Beispiele beweisen ja schliesslich, wie dringend notwendig ein entsprechender „BrainDrain“ ist! Die von der AfD vorgeschlagene Punkteregelung nach kanadischem Vorbild ist von der Linken in ihrer Kritik hingegen nie direkt angegriffen worden. Warum eigentlich? Was ist an Kanada bezüglich seiner Einwanderungsgesetze so verabscheuenswürdig? Wir könnten alternativ (sorry!) auch über das nach Ihrer Massgabe „rechtspopulistische“ Australien sprechen….oder die USA.

    • Andreas Kemper

      gerry, wenn Sie niemandnen für den Ort seiner Geburt verantwortlich machen – mit welchem Recht verweigern Sie ihm*ihr dann die Einreise nach Deutschland? Wenn der BrainDrain das Problem ist: Dann tauschen Sie doch einfach mit einem Roma.

  11. Angelika H.

    Ich frage mich bei all der Diskussion um Einwanderung, was überhaupt dahinter steckt. „Proletarier aller Länder vereinigt euch“ oder Ausnutzung der Armut und Heimatlosigkeit als willfährige Armee für die Großindustrie. Unter den Augen einer EU herrschen seit Jahren die furchtbarsten Zustände in Armengegenden in Rumänien/Bulgarien, bald auch in Griechenland/Portugal/Spanien. Haben wir das so gewollt? Warum werden in genannten Ländern Staatsbetriebe wie Wasserversorgung privatisiert, um Staatsschulden bezahlen zu können? Wer provitiert davon?

  12. Angelika H.

    Der von den Linken und Grünen vorgeschlagene Paster Gauck hat heute eine interessante Rede über Neoliberalismus gehalten: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/gaucks-neoliberales-plaedoyer-er-fordert-mehr-mut-zum-wettbewerb-a-943876.html#js-article-comments-box-pager „Trotz ihrer Erfolge hielten viele Deutsche die marktwirtschaftliche Ordnung nicht für gerecht, sagte der Staatschef. Ein Grund dafür sei, dass „allzu viele den Wettbewerb eher unbequem“ fänden. Wettbewerb sei aber auch „eine öffnende Kraft“. Er biete Raum für „mehr Teilhabe und Mitwirkung“ und sei daher – bei richtiger Gestaltung – auch gerecht.“

  13. Werner Hupperich

    Angelika H. schrieb: „Haben wir das so gewollt?“

    „Wir“ halte ich in so weit für unzutreffend, als dass die EU in Nachfolge der EWG konzeptionell keinerlei im weitesten Sinne humanitäre Ziele verfolgt, sondern schlicht sowohl als Erweiterung der bis dato nationalen Wirtschaftsräume konzipiert wurde, als auch der Bildung einer zum USD konkurrenzfähigen Währungsungsunion dient. Die Wohlfahrt der Produktivkräfte stand zu keiner Zeit auf der politischen Agenda – auch wenn die diffus als „Europäische Völkergemeinschaft“ propagierte Idee seitens der Bevölkerung vornehmlich positiv rezipiert wurde (Ein Reigen befreundeter Nachbarn rückt _noch_ etwas enger zusammen und schafft so ein internationalisiertes „Wir“-Gefühl..).

    Armut ist das Symptom einer Wirtschaftsordnung, deren Wachstumszwang die Schaffung der EU geschuldet ist. Die Vorstellung einer Krankheit, welche ihre eigenen Symptome heilt, darf hierbei wohl zu Recht als abwegig gelten. So lange die Duldung von Armut sich für’s Kapital „rechnet“ (bzw. deren Beseitigung sich nicht „lohnt“..), wird sich an diesem Phänomen naturnotwendig [mit]produzierter „Kollateralschäden“ des Kapitalismus nichts ändern. Die von Ihnen angesprochenen „Privatisierungen“ bilden hierbei ihrerseits neue Geschäftssphären des Kapitals, deren Intention nur sekundär in der Tilgung von Staatsschulden liegt. Primär geht’s rein um’s Geschäft.

    MfG
    Werner Hupperich

  14. Irina Smirnova

    Oh, lieber Herr Kemper, es freut mich, dass Sie die Diskussion eingehen.
    Ich bin 1972 in Lenigrad geboren. Ich kann Ihnen erzählen, was Hunger ist, was solch ein System den Menschen in Namen von Lenin, Alaah oder sonst einem Hirngespinnst antut. Von Ideologie wird keiner satt. So was ist da geringere Übel. In einer Woche bin ich wieder online und kann mit Ihnen ausgiebig diskutieren. Ich hatte gebeten, immer informiert zu werden. Leider habe ich keine Mails bekommen. So checken Sie Ihr Programm. Ihe Irina Smirnova

    • Andreas Kemper

      Hallo Irina Smirnova, wenn sie über akutelle Beiträge meines Blogs auf dem Laufenden gehalten werden möchten, dann müssen sie meinen Blog abonnieren.
      Ich kenne mich mit der Geschichte der Sowjetunion sicher nicht so gut aus wie Sie. Allerdings meine ich aus anderen Ländern und aus der Geschichte zu wissen, dass Kapitalismus nicht unbedingt der Garant dafür ist, dass Menschen nicht hungern.

      • Werner Hupperich

        Andreas Kemper schrieb: „Ich kenne mich mit der Geschichte der Sowjetunion sicher nicht so gut aus wie Sie. Allerdings meine ich aus anderen Ländern und aus der Geschichte zu wissen, dass Kapitalismus nicht unbedingt der Garant dafür ist, dass Menschen nicht hungern.“

        Exemplarisch – in Sachen „Was Hirngespinste Menschen antun“, könnten wir mit Frau Smirnova ja einmal über das neoliberale Schlaraffenland eines Augusto Pinochet reden, deren Putsch Franz Josef Strauß 1977 bekanntlich als „größten Schlag gegen den internationalen Kommunismus“ bezeichnete. Dort sollen Berichten der Valech-Kommission einige tsd. Menschen u.a. durch Nahrungsentzug (anderes Wort für „Hunger“..) um’s Leben gekommen sein.

        Interessant wäre gewiss auch zu erfahren, warum eigentlich die kapitalistischen Haitianer mit größeren Problemen der Nahrungsversorgung zu kämpfen haben, als dies bei den „kommunistischen“ Kubanern der Fall war bzw. ist (auch _nach_ Einstellung der Lieferungen an Kuba nach Zusammenbruch der SU 1992 und _vor_ der Allianz mit Venezuela ab 1998..).

        Die meinerseits hier an anderer Stelle bereits kritisierte selektive Wahrnehmung von Opfern unterschiedlicher politischer Systeme scheint bis zu ausgewachsenen Schizophrenie steigerungsfähig.

        Sowohl das mangelnde Reflexionsvermögen als auch die an den Tag gelegte Rücksichtslosigkeit in der Propagierung des eigenen Welt- und Menschenbildes legt den Schluss nahe, dass sich gerade unter den Verfechtern des Wirtschaftsliberalismus zunehmend fundamental-idologische Hooligans in der Provokation einer Außenwirkung üben, welche dem Ansehen jeden Liberalismus (im Allgemeinen) abzuwerten geeignet scheint. Würde man sich die Kommunikation differenzierter Inhalte pflegen, statt sich auf’s Absondern von Slogans und hohlen Phrasen zu verlegen, wäre zumindest die Grundbedingung eines Dialogs bzw. ernsthaften Auseinandersetzung mit seitens der AfD postulierten Inhalten erfüllt.

        Der tumbe Verweis auf die Fehlerhaftigkeit und die Opfer vergangener Staatssozialismen – welche im Übrigen von keinem Marxisten in Abrede gestellt werden – kann schwerlich zur Aufwertung der eigenen Weltanschauung dienen. Enthielte Frau Smirnovas Theorie – Hunger und Unterdrückung als primäres Phänomen sozialistischer / kommunistischer Nationalstaaten – auch nur einen Hauch von Wahrheit, so wäre doch zwangsläufig nach dem Zusammenbruch dieser Systeme eine signifikante Verbesserung der auf diesem Planeten lebenden Menschen zu erwarten gewesen. Die Zahl der unterernährten Menschen stieg jedoch nach 1992 unbeirrt weiter – auf nunmehr deutlich über eine Milliarde – an. Wie erklärt sich das bitte, Frau Smirnova?

        MfG
        Werner Hupperich

  15. Angelika H.

    Ich befürchte, wir können hier diskutieren und kommen auf keinen Nenner. Schuld ist der Mensch. Er ist gierig. Wenn er satt ist, ein Dach über den Kopf hat und ein Wägelchen vor dem Haus steht will er mehr. Mehr. Und es ist ihm jedes Mittel recht. Das ist im Kapitalismus so – und auch im Sozialismus. Die Idee eines sozialen States ist gut, jedoch nicht durchsetzbar. Schuld ist die Gier. Dazu kommt das Machtgefühl. Wir sehen das an unseren Berufspolitikern. Wir haben es erlebt in der DDR. Ich habe diesen Staat 35 Jahre erlebt/gelebt. Anfangseuphorie nach dem Krieg, dann: Ducken, Duckmäusertum vor der „Macht“ im Arbeiter-und Bauernstaat!!!, Pfründe so gut wie möglich sichern……Das Ende ist bekannt. Die BRD glänzte neben dem sozialistischem Staat. Man gierte nach deren Glanz und Glitter. Noch zur letzten BTW hielt der Zuspruch vor allem der Rentner und darunter bes. den ostdeutschen Rentnern zur CDU an. Man ist dankbar. Dass inzwischen Arbeiter mit 6 €/Stunde Renten von über 1000 € erschuften, interessiert nicht.
    Dass es nicht so weitergehen kann ist klar. Da sind die Argumente einer AfD Labsal für die Seele. Die Politiker der anderen Parteien haben sich schon längst von der Realität entfernt…………

    • Andreas Kemper

      „Den“ Menschen gibt es nicht. Jeder Mensch ist ein Universum, ich lehne es ab, pauschal alle Menschen als „gierig“ oder sonstwie böse zu sehen. Ich nehme für mich persönlich in Anspruch, ein guter Mensch zu sein, zumindest den Umständen entsprechend gut. Und das gestehe ich daher auch allen anderen Menschen zu. Ich gehe davon aus, dass die Geschichte der Menschheit erst dann wirklich beginnt, wenn es keine Gewalt und Gewaltverhältnisse mehr gibt und die Menschen die traumatischen Folgen unserer gewaltätigen Gesellschaft hinter sich gelassen haben. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass die Machiavellisten einem irrationalen Menschen folgen, der zutiefst unter einem schlimmen Foltertrauma litt und sich entsprechend mit seinen Tätern identifizierte.

    • Werner Hupperich

      Angelika H. schrieb: „Schuld ist der Mensch. Er ist gierig. Wenn er satt ist, ein Dach über den Kopf hat und ein Wägelchen vor dem Haus steht will er mehr.“

      Abgesehen davon, dass Sie hierdurch ein erschreckendes Bild – nicht zuletzt auch von sich selbst – zeichnen: Wenn es sich tatsächlich so verhielte, dass ein biologischer Trieb (hier: „Gier“) das Bewusstsein und die Vernunft dergestalt zu determinieren vermag, wie Sie es hier darstellen, bräuchten Eltern keine Sekunde in die Erziehung ihrer Kinder zu investieren. Die „wären dann eben so“. Ihnen mit Argumenten ins sprichwörtliche „Gewissen“ reden zu wollen, wäre in solchem Fall verschwendete Zeit und Energie.

      Ich würde demgegenüber ein weniger pessimistisches Menschenbild bevorzugen und es zunächst einmal dahin zu bringen trachten, dass jedem Menschen hinreichend Nahrung und ein Dach über dem Kopf bereit stehen. Sofern sie sich dann darüber hinaus als „Gierig“ erweisen sollten – was ich zu bezweifeln wage – könnte man sich dann immer noch mit ihnen über die Gründe ihrer Unzufriedenheit unterhalten.

      Elementare Bedürfnisse sind keineswegs „grenzenlos“. Demgegenüber synthetisch geschaffene „Bedürfnisse“ der kapitalistischen Konsumsphäre hochgradig irrational. Mit vernünftigen Menschen sollte man jedoch nicht zuletzt über Vernunft reden können – sofern das überhaupt noch notwendig sein sollte.

      MfG
      Werner Hupperich

  16. Frank

    Nicht viel übrig für alle, die auf staatliche Leistungen für ihren Lebensunterhalt angewiesen sind, hat auch der stellvertretende Vorsitzende der AfD Baden-Württembergs, Marc Jongen. Er darf heute auf cicero online ein „Manifest für eine Alternative für Europa“ veröffentlichen. Darin erwartet er vom künftigen Parteiprogramm eine Vision: „Die Vision eines Deutschlands, dessen produktive, kulturtragende Schicht sich aus dem Zangengriff von ausufernder Sozialindustrie unten sowie asozialen Finanzeliten oben befreit, in dem echter Bürgersinn und Meritokratie folglich wieder Platz greifen können.“ Die AfD ist eine Partei des verrohenden Mittelstands!

    • Andreas Kemper

      Marc Jongen ist der Assistent von Peter Sloterdijk. Da ist nicht viel zu erwarten. Und „Meritokratie“ wird von der AfD sehr viel stärker abgelehnt als von jeder anderen Partei. Die AfD ist deutlich anti-meritokratisch.

      • Frank

        Unter meritokratisch verstehe ich in diesem Zusammenhang, dass die Leistung eines Menschen – gemessen an dem sozialen Status, den er sich in der Gesellschaft erkämpfen konnte, bzw. der ihm von der Gesellschaft zuerkannt wird – darüber entscheiden soll, wie viel politischen Einfluss er nehmen kann. D.h., die sog. gesellschaftlichen Eliten sollen mehr Anteil an politischen Entscheidungen haben als andere Schichten (weil sie vorgeblich mehr geleistet haben oder noch immer leisten).

      • Andreas Kemper

        Der soziale Status hat allerdings nichts mit Leistung zu tun, da die soziale Herkunft und nicht die Leistung über den sozialen Status bestimmt. Diese Differenzierung ist wichtig, damit nicht übersehen wird, dass Arbeiter*innenkinder um ihre Leistungen betrogen werden. Wenn sie genau so gute Schulleistungen erbringen wie Akademiker*innenkinder – und das heißt, sie haben tatsächlich mehr geleistet als diese, weil Arbeiter*innenkinder weniger Ressourcen haben – erhalten sie trotzdem seltener Schulempfehlungen fürs Gymnasium. Die Leistung von Arbeit*innenkindern wird weniger anerkannt.
        Das soll nicht heißen, dass ich auf die Leistungsgesellschaft abfahre. Es ist aber wichtig festzuhalten, dass die Leistungsgesellschaft eine Ideologie ist und keine Realtität. Und die AfD vertritt die Ideologie der Leistungsgesellschaft, gleichzeitig treten sie aber für eine Privilegierung der Privilegierten ein – unabhängig von deren tatsächlichen Leistungen.

      • Frank

        So weit, ja, Andreas. Aber Leistung ist nicht etwas Objektives, sondern, was als Leistung anerkannt wird, wird gesellschaftlich definiert. Und eine Klassengesellschaft definiert Leistung eben so, dass die ProfiteurInnen dieser Gesellschaft als LeistungsträgerInnen betrachtet werden (womit ihre dominierende Stellung in der Gesellschaft zugleich als gerechtfertigt erscheint). Wer wird denn als Leistungsträger angesehen? Doch nicht die ArbeiterInnen, die ein Bauwerk errichten, sondern der „Bauherr“ titulierte Geldgeber. Der mit dem Gebäude dann Gewinne erzielt und damit wiederum „Leistung zeigt“. Und in diesem Sinne (Wohlstand und gesellschaftliche Anerkennung seien Ausdruck von erbrachter Leistung) ist die „Meritokratie“ von Jongens doch wohl zu verstehen. Ich glaube, wir haben da keine Differenz.

      • Andreas Kemper

        Der Kapitalismus ist doch aber auf Leistungsmessung angewiesen, die mehr ist als Schein. Damit Unternehmen konkurrenzfähig bleiben, müssen sie nach Leistung selektieren. Hier besteht ein Widerspruch zwischen dem Herrschaftssystem, welches den Privilegierten ihre unverdienten Privilegien lässt und der Profitmaximierung, die auf tatsächlich erbrachte Leistung angewiesen ist. Der AfD geht es um Privilegiensicherung.

  17. Frank

    Es handelt sich um zwei zu unterscheidende Begriffe von Leistung: Die eine, die tatsächliche, unmittelbar aus der Ökonomie stammende, die berücksichtigt werden muss, um beispielsweise einen Betrieb wirtschaftlich führen zu können. Die andere, die gesellschaftlich gewichtete und gewertete, also die der kapitalistischen Ideologie entspringende, mit der die gesellschaftlichen Hierarchien begründet werden, soziales Ansehen erworben wird und festgelegt wird, wer „LeistungsträfgerIn“ ist und wer nicht.
    Aber aus meiner Warte kann auch gesagt werden, dass diese Gesellschaft ihren eigenen, in der kapitalistischen Produktion notwendigen Leistungsbegriff konterkariert, um den Priviliegien der Priveligierten einen gerechtfertigten Anstrich zu geben. Aus dem Leistungsbegriff wird Ideologie.
    Und der AfD geht es sowohl um Privilegiensicherung als auch um Profitmaximierung. Für Letzteres hier nur eben als Belege angeührt ihre neoliberale Ausrichtung, die Ablehnung eines Mindestlohns und die Bewertung von Immigration nach dem (ökonomischen) Nutzen für die deutsche Gesellschaft.

    • Andreas Kemper

      Hallo Frank, das ist wahrscheinlich auch eine Frage der Perspektive. Ich komme aus der Bildungsforschung. Und mit dieser Perspektive kann ich nur sagen, dass die AfD gegen das Prinzip der Chancengleichheit, und damit auch der Meritokratie ist. Aus meiner Sicht ist die Chancengleichheit problematisch, weil diese nur die sekundären Benachteiligungen verhindern will (unfaire Beurteilungen, etc.), nicht aber die primären Benachteiligungen (Unterschiede in der sozialen Herkunft). Aber mit dem Konzept der Chancengleichheit soll immerhin so etwas wie „Leistungsgerechtigkeit“ hergestellt werden. Mir ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die AfD nicht nur nicht die primären Benachteiligungen abschaffen will, sondern die sekundären Benachteiligungen verschärfen möchte. Deshalb würde ich sie als anti-meritokratisch bezeichnen. Dass sie selber die Leistungsideologie hochhält, ist natürlich klar. Und dass es der AfD um Profitmaximierung geht, glaube ich auch – allerdings unter dem Vorbehalt, dass diese Profitmaximierung nicht mit einer Verschlechterung der Position der Privilegierten einhergeht. Diese möchten sich und ihre Kinder gerne aus der Schusslinie einer leistungsgerechten Konkurrenzgesellschaft nehmen.

  18. christian82

    In den Augen von Herrn Kemper müssen Ökonomie-Professoren ja allesamt ein Rad ab haben. Ökonomie ist nämlich die Lehre vom Umgang mit knappen Ressourcen. In der Welt von Herrn Kemper scheint es keine knappen Ressourcen zu geben. Also stellt er sich Lucke, Starbatty, Sinn und Co. wahrscheinlich als allesamt böse dreinschauende Schreibtischtäter vor, die von der Lobby bezahlt werden und selbst reich genug sind, um die Armen zu drangsalieren. Oder wie?
    In diesem konkreten Fall ist doch Fakt: das deutsche Sozialsystem kann nicht auf unbegrenzt viele Empfänger ausgeweitet werden, denn dafür reichen die Steuern von begrenzt vielen Zahlern (denen aus Deutschland) nicht. Dann wird uns irgendwann die Schuldenlast erdrücken, und wir geraten wie Griechenland in die Abhängigkeit von Banken und anderer Großinvestoren. Die Erwähnung dieses Sachverhalts hat nichts mit Nationalismus zu tun, es ist eben mehr oder weniger zufällig so, dass unser Sozialsystem innerhalb der deutschen Nationalgrenzen stattfindet – die gleiche Gesetzmäßigkeit gilt natürlich auch für andere Sozialsysteme. Ausgerechnet dem stark christlich geprägten Weltbankberater Lucke sozialdarwinistische Denkweisen zu unterstellen, halte ich für ziemlich unpassend. Auf solcher Ebene diskutiert man eigentlich nur, wenn man an einer inhaltlichen Debatte nicht interessiert ist. Das ist schade, denn ich hätte gerne alternative Vorschlägen zur Lösung des momentan offen darliegenden Systemfehlers in Deutschland gehört. Auch wenn man nicht von spontan einbrechenden Horden von Sozialhilfeempfängern ausgeht, so muss man diese Lücke im System doch sehen und etwas dagegen tun!
    (Vermutlich würden Alternativvorschläge zu denen der Wirtschaftswissenschaftler mit Steuererhöhungen zu tun haben… – und nein, das stört mich nicht deshalb, weil ich mich betroffen fühle oder mich als unter Versagensangst leidender Mittelständer mit den Oberen sozialisiere, sondern weil ich auch da eher nüchtern davon ausgehen, dass durch solche Maßnahmen nicht viel mehr ins System kommt aufgrund von Steuerflucht, Abwanderung und Outsourcing. So sind Menschen nun mal, sie reagieren auf Anreize (ökonomische Grundregel). Also muss die Lösung schon etwas diffiziler ausfallen, außer man möchte eine Mauer bauen.)

    • Andreas Kemper

      Sie schreiben: „Ausgerechnet dem stark christlich geprägten Weltbankberater Lucke sozialdarwinistische Denkweisen zu unterstellen, halte ich für ziemlich unpassend.“ Sie meinen, die Kombination Christentum + Volkswirtschaft verhindert den Malthusianismus? Thomas Robert Malthus war Pfarrer, bevor er den weltweit ersten Lehrstuhl für Ökonomie betrat. Es war gerade die Verknüpfung der protestantische Wirtschaftsethik mit einem ökonomistisch reduziertem Menschenbild („so sind die Menschen nunmal“), die der rassenhygienischen Denkweise den Weg ebnete.

  19. Uschi

    Herr Hupperich, gerade habe ich nach Ihrem Namen gegoogelt und Ihre Hompage „Umwelt-Ethik“ entdeckt. Finde ich sehr interessant und wichtig, kann mir auch gut vorstellen, dass die offiziellen Naturschutzorganisationen inzwischen auch sehr zu hinterfragen sind. Aber: wo werden die unendlich vielen Tieropfer durch die Installation von Windrädern angeführt?

  20. Werner Hupperich

    Uschi schrieb: „Herr Hupperich, gerade habe ich nach Ihrem Namen gegoogelt..“

    Wie Sie uns jetzt noch erleuchten, was Ihnen diese Maßnahme im Kontext der hiesigen AfD-Diskussion geboten erscheinen ließ – es erscheint mir persönlich zumindest recht ungewöhnlich, Personen aus Anlass von Blog-Gastkommentaren hinterher zu recherchieren – wäre ich Ihnen sehr dankbar.

    Das Thema Windkraft steht bereits – insbesondere im Hinblick auf die ökologischen Auswirkungen – seit längerem in naturschutzfachlichem Diskurs. Allerdings nicht auf Anti-EEG-verschwörungstheoretischer Ebene, erst Recht nicht unter moralinsauer vorgetragener „unendlich vieler Tieropfer“, sondern auf Basis wissenschaftlicher Daten. Hätten sie mit der gebotenen Gründlichkeit gegoogelt, wäre Ihnen das nicht entgangen. Sie sind nicht zufällig dem Dunstkreise einer gewissen Frau Tanja Krienen entsprungen? Ich erlaube mir diese Frage deswegen, weil diese Dame eine der Ihrigen recht ähnliche Strategie (Namensrecherche, Windkraft-Antipathie und der Versuch, für mich meine Prioritäten zu ordnen..) an den Tag zu legen pflegte.

    Allerdings ist das auch Einerlei, weil es hier in diesem – Herrn Kempers – Blog um AfD, Lucke, Sozialleistungen – und eben NICHT um Windkraft – ging.

    MfG
    Werner Hupperich

    • Andreas Kemper

      Ich schließe mich Werner Hupperich an und möchte darum bitten, beim Thema „AfD und Sozialleistungen“ zu bleiben.

  21. Uschi

    Herr Hupperich, ich will Ihre Frage beantworten, auch ist mir alles Provokative in diesem Zusammenhang fern. Von Tanja Krienen habe ich noch nie etwas gehört, kann also auch nicht ihrem „Dunstkreis“ entsprungen oder entfleucht sein. Da Ihre Gastkommentarfunktion auf Ihrem Namen anzuklickern geht, interessierte mich, welcher Autor, bzw. Aktivist sich hinter dem Namen verbirgt. Die Vehemenz beim Bearbeiten gesellschaftlicher Themengruppen schließt eben auch Umwelt-Verantwortungsethos ein. Und auf diese Weise habe ich völlig unvoreingenommen Ihnen die Frage stellen wollen, wie das Hinmorden einzelner, von Ihnen benannter Tierarten (Krähen, Elstern, Gänsen usw.) in Zusammenhang mit den Windparks und deren Zerstörung vor allem der Mikrotierwelt zu interpretieren ist. Sie selbst sagen ja sinngemäß, dass ökonomischen „Zwängen“, bzw. radikal kapitalistischer Vorteilsname die Tierwelt der Ausrottung preisgegeben wird. Dass die Windparks von Ihnen letztendlich relativiert werden, indem Sie mich verwschwörungstheoretischer Gedanken und Absichten bezichtigen, ist für mich betrüblich. Und bitte nochmals um Verzeihung, – ich wollte dem Fortlauf der AfD-Diskussion keinen Stein in den Weg legen.

    • Werner Hupperich

      Ich relativiere nichts und niemanden. Über die ökologischen Konsequenzen eines zunehmend irrationalen ökonomischen Wachstumsparadigmas kapitalistischer Produktion habe ich mich im Rahmen naturschutzfachlicher Diskurse mehrfach und ausführlich geäußert. Ich werde dies hier in Herrn Kempers Blog – wie bereits angekündigt – nicht erneut tun. Es geht hier um die AfD, Lucke und Sozialleistungen.

      Im Übrigen ist jeder Kapitalismus in seinen Auswirkungen – gegen Mensch und Natur – „radikal“, so dass Ihre Unterstellung, ich würde relativieren, auch in diesem Kontext nicht greift. Um es – abschließend – in zwei kurzen Sätzen darzustellen: Mein standpunkt, dass eben auf Grund des Wachstumsparadigmas (so wie nicht zuletzt allein bereits auf Grund des Profit- und Vermarktungsinteresses der Produzenten der Ware „Strom“..) mehr Windkraftanlagen als erforderlich errichtet werden, wodurch trotz Schonung endlicher Ressourcen eine vermeidbare Beschädigung natürlicher Entitäten stattfindet, gefällt den Bündnisgrünen ganz und gar nicht. Dass die effizienteste Methode zum Schutz der Umwelt – unter den derzeitigen kapitalistischen Produktionsverhältnissen – schlicht im Konsumverzicht besteht, passt den wirtschaftsliberalen Interessengruppen noch weniger in den Kram (womit zumindest ein Stück weit in diesem Kommentar eine thematische Brücke zu AfD [& Co.] geschlagen sein dürfte.

      Da Ihnen jedoch ganz offensichtlich die Argumente in der hiesigen AfD-Diskussion in einem solchen Maße ausgegangen zu sein scheinen, dass Sie sich auf Namens-Nachgoogeleien zu verlegen und Nebenkriegsschauplätze zu diesen eröffnen genötigt sehen, beende ich hiermit den Dialog mit Ihnen. Nicht, dass es mir etwas ausmachte, auch unbedarfte Gemüter mit Informationen zu versorgen, aber wie bereits mehrfach höflich angemerkt, sehe ich hier in Herrn Kempers Blog nicht die adäquate Plattform für Grundsatzdebatten. In Sachen Windkraft dürften Sie sich bei EIKE (oder meinetwegen auch der „Fachredaktion“ des ef-Magazins) ohnehin deutlich besser betreut fühlen als im naturschutzfachlichen Umfeld. Ohne da irgendwas relativieren zu wollen. Im Gegenteil..

      MfG
      Werner Hupperich

  22. Uschi

    Herr Hupperich, auch ich verabschiede mich hiermit von Ihnen – nicht ohne eine kleine Ergänzung zu den von Ihnen georakelten und für mich diagnostizierten Blogs zu tätigen: Ich lese Kommentare von Prof. Benny Peiser, Artikel von Miersch und Maxeiner, Gerald Mackenstein, das Blog Achse des Guten, und – wie Sie sehr gut geweissagt haben – die ef. Die Art und Weise, wie Sie mich ansprechen und der Duktus Ihrer Rede zeugt nicht von großer Seriosität, vor allem nicht von Souveränität. Ich kann demzufolge nur sagen: „unbedarfte Gemüter“ fällt auf den Erzeuger dieser unbedarften Worte zurück. Nun aber Schicht im Schacht!

  23. Casper Niegolf

    @Andreas Kemper „Als Volkswirtschaftler sollte er wissen, dass die Hartz-IV-Betrügereien nur einen Bruchteil der Kosten erzeugen, die Steuerhinterziehungen mit sich bringen.“

    Gut, dann senken wir eben die Steuern auf zum Beispiel ein Hundertstel der jetzigen Größe. Dann betragen die Steuerhinterziehungen nicht mehr ein Vielfaches des Hartz-IV-Betrügereien.

    Verstehen Sie, Herr Kemper? Durch die hohen Steuerraten erschaffen Sie erst ihr „Argument“. Das heißt zuerst erhöht der Sozialismus in Deutschland die Steuern auf ein unerträgliches Maß und Sie benutzen das auch noch als Argument gegen Hartz-IV Kritiker.

    • Andreas Kemper

      Genauso gut könnten Sie argumentieren: Gut, dann gibt es eben ein bedingungsloses Grundeinkommen von 2000 Euro monatlich, dann gäbe es gar keine Hartz-IV-Betrügereien mehr.

      Wir haben keine „hohen Steuerraten“. Die Steuerraten wurden seit den 1990er Jahren massiv gesenkt. Dennoch reicht das den Millionären noch nicht, sie hinterziehen weiter Steuern und zwar in einem hundertfach höherem Maße als alle Hartz-IV-Schummeleien zusammen. Und das auch noch vor dem Hintergrund, dass die Vermögen bei diesen Leuten – und zwar nur bei diesen Leuten extrem angestiegen sind.

      Ihr Argument geht in die Richtung: Schaffen wir das Eigentum ab, dann gibt es auch keinen Diebstahl mehr. Nur argumentieren Sie nicht konsequent, sondern ausschließlich zugunsten der Millionäre.

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