AfD: Nationalkonservative setzen sich in NRW durch

Beim Landesparteitag der AfD in NRW wurde am 07./ 08. Juni 2014 Marcus Pretzell zum neuen Landessprecher (Vorsitzender) gewählt. Als Beisitzer wurde Sven Tritschler gewählt.

Pro-UKIP-Fraktion

Tritschler und Pretzell sind der Öffentlichkeit bereits bekannter geworden, als Tritschler in seiner Funktion als Landessprecher der Jungen Alternative für Deutschland (JA) den Chef der nationalkonservativen Partei UKIP, Nigel Farage, nach Köln zu einer Veranstaltungen einlud, an der Marcus Pretzell teilnahm. Da der Bundesvorstand zuvor angemahnt hatte, dass keine weiteren öffentlichen Treffen mit Parteien ohne Absprache mit dem AfD-Vorstand stattfinden sollten ohne dies zuvor mit dem Vorstand abzustimmen, erhielt Pretzell eine Rüge für seine Teilnahme.

Diese Rüge und weiteres als „autokratisch“ wahrgenommenes Verhalten des Parteivorstandes, insbesondere des Sprechers Bernd Lucke, sorgte in NRW für Unmut. Der damalige NRW-Parteisprecher Jörg Burger und ein Beisitzer, Jörg Himmelreich, verließen aus Protest nicht nur ihre Ämter, sondern traten komplett aus der Partei aus. Dieses Rücktritte machten die Neuwahlen am letzten Wochenende nötig. Provisorisch hatte von März bis Anfang Mai Hermann Behrendt den Landesvorsitz übernommen. Behrendt geriet in die Kritik, weil er in einer 2011 publizierten „Realutopie“ die Abschaffung der Parlamentarischen Demokratie empfahl, um dann u.a. Streikrecht und Kündigungsschutz abschaffen zu können. Behrendt wollte eigentlich für ein neues Amt nicht mehr kandidieren. Tatsächlich hat Behrendt nicht mehr kandidiert, wurde jedoch stellvertretender Sprecher.

Verharmlosung des NS-Antisemitismus

Dass Behrendt nun doch stellvertretender Sprecher der AfD-NRW ist, wurde durch den Rück- und Austritt Hans-Werner Schmitz ermöglicht. Schmitz hatte sich für ein Parteiausschlussverfahren gegen den Essener AfDler Marco Trauten eingesetzt. Die Jüdische Allgmeine berichtete, Trauten habe auf seiner Facebook-Seite „Parallelen zwischen den Boykottaufrufen der NSDAP gegen jüdische Geschäfte und einem aktuell ’staatlich verordneten Antifaschismus‘ in Deutschland“ hergestellt. Der Landesparteitag hatte sich am letzten Wochenende hinter Trauten gestellt und mit einer deutlichen Mehrheit dafür votiert, das Parteiausschlussverfahren zu beenden. Hans-Werner Schmitz trat daraufhin aus der AfD aus. Seinen Sprecher-Posten übernahm daraufhin Hermann Behrendt.

Die Jüdische Allgmeine kritisierte nicht nur Trautens Verharmlosung des nationalsozialistischen Antisemitismus, sondern u.a. auch eine ähnliche Verharmlosung durch Postings der Jungen Alternativen NRW: Diese „zeigte etwa auf ihrem Facebook-Profil eine Fotomontage, die Graffiti der örtlichen Antifa mit Bildern des ‚Judenboykotts‘ der Nazi-SA aus den 30er-Jahren gegenschnitt. In einem grafischen Symbol wird die Antifa als ‚Rote SA‘ diffamiert.“ Deren Sprecher, Sven Tritschler, wurde nun in den Vorstand der AfD NRW gewählt.

Mit diesen Entscheidungen hat sich in NRW komplett die nationalkonservative Linie durchgestzt, die in Opposition zur Parteiführung um Lucke und Henkel steht. Alexander Dilger, ehemaliger neoliberaler Vorsitzender der AfD-NRW bat seine Parteikolleg*innen, jetzt nicht aus der AfD auszutreten. Er selber kündigte aber an, seine Tätigkeiten in der AfD ruhen zu lassen. Wenige Tage vor dem Landesparteitag hatte er sich gegen einen angekündigten Massenaustritt der Liberalen aus der AfD gewandt.

Neuausrichtung als nationalliberale Familien- und Bildungspartei

Da im August und September Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg anstehen, wird die nationalkonservative Fraktion in der AfD weiter gestärkt werden. Das Parteiprogramm der AfD Sachsen spricht dort eine eindeutig nationalkonservativ-bevölkerungspolitische Sprache. In Thüringen sind vor wenigen Monaten zahlreiche aktive Mitglieder ausgetreten, weil die Landessprecher deutlich nationalkonservativ auftreten. In Brandenburg wurde Alexander Gauland zum Spitzenkandidaten gewählt, der von „nationaler Identität“ und „nationalliberalen Lebensgefühl“ bei der AfD schwärmt. Dort wird demnächst die Marschmusik der AfD spielen, nicht in den Auseinandersetzungen mit dem Euro oder der EU. Die AfD wird sich in den nächsten Monaten als „Familien- und Bildungspartei“ darstellen. Die Familienpolitik wird als bevölkerungsqualitative Politik verstanden, es geht um die nationalkonservative Privilegierung der Privilegierten.

Ausblick

Die Neoliberalen in der AfD haben zunächst mit den Entwicklungen nach den EU-Wahlen genug zu tun. Henkel und Lucke werden auf die Nationalkonservativen zugehen müssen. Das wird den potentiellen Unterstützern der AfD, den Verbänden der Familienunternehmer, nicht gefallen, bspw. wegen der Ablehnung des Freihandelsabkommens TTIP durch Nationalkonservative wie Pretzell. Die AfD wird langfristige diese Unterstützung benötigen. Ideologisch dürfte ein Zugehen auf die Nationalkonservativen den Neoliberalen nicht so schwer fallen, da Henkel sich als einer der größten Fans Sarrazins geoutet hat und Sarrazin wiederum erzählte, dass Lucke ihn gebeten habe, der AfD beizutreten. Überhaupt darf man sich die Neoliberalen in der AfD nicht als nicht-rechts vorstellen. Henkel strebt eine „Reform der politischen Entscheidungsstruktur“ an, um dann unternehmensnahe Reformen zu ermöglichen. Wie weit diese Strategie gehen könnte, hat Hermann Behrendt in seiner „Realutopie“ „Mandative Demokratie“ verdeutlicht. Wie rechts diese Positionen sind, kann man dort ausgiebig nachlesen. Dennoch gehört Behrendt eher zur Henkel-Fraktion. Henkel und Pretzell stehen für unterschiedliche Strategien der Ungleichheit. Sollte sich Pretzell durchsetzen, würde die AfD vermutlich zu einer REP2.0 werden; würde sich Henkel durchsetzen, entstünde eine rechte FDP2.0. In beiden Fällen würden die Entwicklungen dazu führen, dass die AfD unter 5 Prozent sinken würde.

Nachtrag 10.06.

Der AfD-Landesverband NRW hat als erster die Junge Alternative zu ihrer Jugendorganisation erklärt. Nach den Vorfällen der letzten Zeit ist diese Anerkennung als nachträgliche Legitimierung zu betrachten und damit auch als eine weitere Orientierung nach rechts zu sehen.

Zudem wurde ein Blog-Beitrag eines der letzten verbliebenen neoliberalen Mitglieder in NRW verurteilt. Alexander Dilger hatte kurz vor dem Parteitag noch Liberale dazu aufgefordert, die AfD nicht zu verlassen. Selbst nach der Wahl von Pretzell und Tritschler foderte er dazu auf, in der AfD zu bleiben. Dennoch wurde eben dieser Artikel verurteilt. Vor dem Hintergrund des Beschlusses, das Parteiauschlussverfahren von Marco Trauten einzustellen, wiegt die Verurteilung von Dilger noch einmal schwerer. Dieses Nachtreten interpretiere ich als entschlossenen Willen, die Partei von (neo)liberalen Positionen und Mitgliedern zu säubern.

 

73 Kommentare

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  1. heldenverbund

    Ich vermute, dass die Afd nächstes mal in den Bundestag kommt. Ich vermute aber auch, dass sie nur einmal dort drin sein werden. Nach der Wahl wird man nämlich sehen, welche Art von Politik sie machen (extrem wirtschaftsfreundlich, gegen Sozialleistungen, etc.).

    Dann werden ihnen viele Wähler abhanden kommen.

  2. Herbert Fuchsloch

    Pretzel befürwortet z.B. die Eingetragene Lebenspartnerschaft und die Entscheidung der Verfassungsrichter zur Gleichstellung. Er möchte Familien stärken. Das ist kein Gegensatz. Insofern ist er offenbar ein Nonkonformer und kein klassischer Rechter.

      • Herbert Fuchsloch

        Eine andere Interpretation lassen die Urteile unserer Bundesverfassungsrichter eigentlich nicht zu. Die Sukzessivadoption ist in der Praxis die Umsetzung dieser Forderung unter Beibehaltung beider Rechtsinstitute, auch wenn der Weg in der Praxis für die ELP offenbar noch etwas umständlicher erscheint. Weitergehende Urteile werden in den nächsten Monaten erwartet. Eine Gleichstellung wie sie die Richter anmahnen ist seitens der Politik zu akzeptieren.
        Ähnlich äußerte sich übrigens auch die neue AfD Europaabgeordnete Trebsius.

      • Andreas Kemper

        Hmmm… Bei Abgeordnetenwatch.de lehnt Pretzell das Adoptionsrecht für Eingetragene Partnerschaften ab:

        „These 24: Eingetragene Lebenspartner sollen Kinder adoptieren können.
        Position von Marcus Pretzell: Lehne ab“

      • Gast

        Bei Markus Lanz hat Bernd Lucke gesagt, er sei 100%ig für das Adoptionsrecht für homosexuelle Lebenspartner. Aber eben nur bei leiblichen Kindern, also gar nicht….

  3. Herbert Fuchsloch

    Ich denke das hat er inzwischen revidiert. Eine Nachfrage würde Klärung bringen. Auf dem Parteitag hat er wohl betont, nichts gegen die Gleichstellung zu haben. Er hat etwas gegen unser aktuelles Steuermodell, welches die Ehe fördert aber nicht die Kinder, was also dazu führt, dass die alleinerziehende Mutter mit drei Kindern steuerlich als leistungsfähiger eingestuft wird, als die Doppelverdienerehe ohne Kinder.“ Er sagt von sich selbst, er sei nicht erzkonservativ sondern beschreibt sich als Atheist.

    • Andreas Kemper

      Ich denke, die Aussagen von Herrn Pretzell sind hier eindeutig. Er unterstützt auch jeden Punkt von Hedwig von Befervoerdes „Grundsätze für Familie und Kinder“ und hat im Rahmen dieser Befragung sogar erklärt, einer interfraktionellen Gruppe in der EU beizutreten. Unter anderem hat er diese Position abgesegnet: „Die Ehe muß von allen nationalen und europäischen Instanzen geschützt werden, als dauerhafter öffentlicher Bund, den ein Mann und eine Frau in freier Entscheidung miteinander schließen, um sich zu lieben, eine Familie zu gründen und ihre Kinder zu erziehen.“ oder „Jeder Staat hat die Aufgabe, eine Familienpolitik zu formulieren, die den Bevölkerungsbestand und die Solidarität zwischen den Generationen sichert, sowie die Erziehung des Kindes durch seine Mutter und seinen Vater ermöglicht und fördert.“ oder „die natürliche Identität der zwei Geschlechter von Mann und Frau […], welche als objektive und essentielle Realität der Menschheit zugrunde liegen“.

      • Timo Keller

        Nun ja, das ist grundsätzlich bei isolierter Betrachtung noch nicht als homophob zu bezeichnen. Wenn es daneben auf gleicher Augenhöhe sozusagen, auch die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften nicht ausschließt …

      • Andreas Kemper

        Was allerdings von Hedwig von Beverfoerde wohl kaum so intendiert ist. Natürlich richtet sich das gegen die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Beziehungen. Deshalb haben Abgeordnete von bspw. von den Grünen diese Punkte abgelehnt. Bestenfalls treibt Pretzell mit den Antworten ein doppeltes Spiel, er dürfte wissen, wofür Familien-Schutz.de steht.

  4. Herbert Fuchsloch

    „Deshalb haben Abgeordnete von den Grünen diese Punkte abgelehnt…“. Aus meiner Sicht ist das was Sie hier schreiben werter Herr Kemper, ein typisches (linkes) Vorurteil. – Man kann sich durchaus für eine Aufwertung der klassischen Familie stark machen, und GLEICHZEITIG die verfassungsrechtlich gebotene Beendigung von Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare befürworten. In beiden Fällen handelt es sich um eine wertkonservative Sicht, die ich mal als „nonkonform“ und unideologisch bezeichnen würde. Dazu passt auch das Bekenntnis von Herrn Pretzell, ein Atheist zu sein. Warum nicht …

    • Andreas Kemper

      Man kann auch Atheist und homophob sein. Warum nicht … Bzw. man kann auch aus machtpolitischen Gründen heterosexistisch sein. Ich habe jetzt zwei sehr deutliche Aussagen von Herrn Pretzell gebracht. Er hat deutlich gesagt, dass er bezüglich der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft gegen die Adoption von Kindern ist. Und er hat deutlich der Aussage zugestimmt, die Ehe müsse geschützt werden „als dauerhafter öffentlicher Bund, den ein Mann und eine Frau in freier Entscheidung miteinander schließen“. Da bleibt nicht viel Interpretationsspielraum. Wenn Sie diese Aussagen dadurch zu legitmieren versuchen, dass er a) seine damalige Aussage zurückgenommen habe und b) die aktuellen Aussagen zur Ehe als dauerhafter Bund zwischen Mann und Frau auch Spielraum ließen bezüglich anderer Lebensbünde, da präsentieren Sie hier einen Marcus Pretzell, dem der „Mut zur Wahrheit“ fehlt.

  5. Tolera

    Lieber Andreas Kemper. Irgendwie tun Sie mir ein bisschen leid, weil Sie soviel Kraft und Zeit daran setzen (verschwenden ?), die AfD zu bekämpfen. Wenn man sich mal ohne Vorurteile mit der Partei befasst, kommt man zu dem Schluss, dass die vertretenen Positionen vor 20 Jahren genau so im CDU Programm gestanden haben. Sicher gibt es ein paar verbale Entgleisungen, aber die gibt und gab es in jeder Partei. Die AfD hat doch nur deshalb soviel Zulauf, weil die CDU soweit nach links gerückt ist, dass sie die Linken links überholt und die FDP sich selbst zerlegt hat. Somit ist nun rechts von der Mitte viel Platz und nichts anderes füllt die AfD aus: den Platz der Konservativen, von der CDU Vergessenen und Verratenen. Diese (potenziellen CDU Wähler und Vertreter als rechte Extremisten zuverunglimpfen halte ich von Ihnen äußerst bedenklich. Sie sollten Sich mal fragen, wie Sie selbst Demokratie verstehen. Demokratie ja, aber nur , wenn alle so denken, wie ich ? Oder wie stellen Sie Sich das vor ? Mit Verunglimpfen und als Rechtsradikale beschimpfen komnen Sie nicht mehr weiter. Die AfD beginnt, sich zu etablieren. Sie sollten Sich mal lieber mit den Sorgen und Nöten der Wähler der AfD beschäftigen und diese ernst nehmen.

    • Andreas Kemper

      Unsinn, die AfD vertritt nicht einfach Positionen, die die CDU vor zwanzig Jahren vertrat. Sie sind da falsch informiert. In Sachsen – und dort wird jetzt die Marschmusik der AfD spielen – fordert sie die Einführung der Kinderrente nach dem Schreiberplan von 1956 (!). Dieser Schreiberplan war der CDU bereits in den 1950er Jahren zu konservativ. Die AfD strebt einen Nationalliberalismus an, will also eine politische Richtung reetablieren, die vor hundert Jahren ihren Höhepunkt hatte.

      • N.K.

        “ …will also eine politische Richtung reetablieren, die vor hundert Jahren ihren Höhepunkt hatte.“

        Was soll das konkret besagen? Eine heutzutage von vielen Linken als „demokratische Kraft“ betrachtete Partei hält sich nach wie vor eine „Kommunistische Plattform“ (deren Vorsitzende bekanntlich sogar dem Parteivorstand angehört) und hält zumindest z.T. an deren merkwürdigen Glaubenssätzen von vorvorgestern fest. Von anderen werden Lehren von Marx aus dem 19. Jahrhundert ein wenig aufgehübscht und als „Marx heute“ verkauft. Und auch der Begriff des „Klassismus“ kann nicht verbergen, dass sein wesentliches Gerüst schon steinalt ist.

        Mit Schaum vor dem Mund betreibt man keine Wissenschaft, wie ich bereits an anderer Stelle andeutete. Der Vorwurf, dass der politische Gegner „von gestern“ sei, während man selbst für Fortschritt und Zukunft stünde, ist eigentlich schon seit Opis Zeiten nur eine hohle Phrase.

        Es mag ja sein, dass man nur mit Polemik Aufmerksamkeit erringt. Aber dann ist es halt auch nur Polemik.

      • Andreas Kemper

        Hier muss man Abgegoltenheit von Unabgegoltenheit unterscheiden. Der Nationalliberalismus ist abgegolten, eine ungleichzeitige politische Richtung, die national-ständische Elemente in den Kapitalismus einzubauen trachtet. Der Marxismus ist hingegen unabgegolten. Piketti zeigt mit seiner Formel r>g, dass der Kapitalismus auf seine eigene Abschaffung hinarbeitet.

      • heldenverbund

        Die Antwort von Herrn Kemper ist mir etwas zu hoch. Könnten Sie das erläutern? Was ist in diesem Zusammenhang Unabgegoltenheit bzw. Abgegoltenheit? Um was geht es bei der Formel?

        Eine kurze Erläuterung reicht, es muss kein Essay sein 🙂

      • Andreas Kemper

        Abgegoltenheit und Unabgegoltenheit bezieht sich auf den Fortschritt in der Geschicht. Der Kampf für Gerechtigkeit ist nicht unabgegolten, auch wenn dieser Kampf vorerst nicht zum erwünschten Ergebnis führt.

  6. Herbert Fuchsloch

    Naja „Mut zur Wahrheit“ wäre es auch zuzugeben, dass die globalisierte deutsche Industriegesellschaft Defizite aufweist, die dem Kindeswohl schaden. Verwahrlosung, Verrohung, Einsamkeit und emotionale Kälte sind ein Massenphänomen. Vor diesem Hintergrund kann und muss das Thema Kindeswohl stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Das „Nein“ bei abgeordnetenwatch.de bezog sich auf eine pauschalisierte Fragestellung. „Mann“ kann durchaus persönliche Bedenken beim „bedingungslosen“ Adoptionsrecht äußern, wenn Kindern z.B. der Bezug zu einer Person des anderen Geschlechts vorenthalten wird. Interessanter wäre deshalb die Nachfrage, ob Herr Pretzell in gleicher Weise auch die oft gar nicht idealen Bedingungen für Kinder in alleinerziehenden, heterosexuellen Verantwortungsgemeinschaften kritisiert? Meines Erachtens tut er das. Ist er aber auch bereit zu differenzieren? Hier stützen Sie sich auf Vermutungen. Natürlich können auch eigene und/oder adoptierte Kinder Alleinerziehender, egal ob die Erziehungsberechtigten homo-, oder heterosexuell veranlagt sind, ideale oder weitgehend ideale Bedingungen in Pachwork-, oder Regenbogenfamilien vorfinden. Wenn diese Tatsache von Kritikern des Adoptionsrechts für Homosexuelle nicht bestritten wird, zieht auch der Vorwurf der „Homophobie“ nicht, zumal dann nicht, wenn z.B. ein Politiker wie Herr Pretzell die Forderungen unserer höchsten Verfassungsrichter grundsätzlich akzeptiert. Hier gilt es konkret nachzufragen. Ansonsten wäre das für mich Manipulation und Meinungsmache.

    • Andreas Kemper

      Nein. Wenn Herr Pretzell zusammen mit Beatrix von Storch ins Europäische Parlament einzieht und alle Punkte ihrer antifeministischen Kollegin Hedwig von Beverfoerde unterstützt, zudem noch bei Abgeordnetenwatch.de klarstellt, dass er gegen die Adoption von Kindern bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften ist, dann ist es an ihm, sich zu erklären. Außerdem finde ich es durchaus heterosexistisch, wenn behauptet wird, es schade dem Kindeswohl, wenn Kindern bei zwei Männern oder bei zwei Frauen groß werden. Dies wird nicht weniger heterosexistisch, wenn zugleich behauptet wird, es schade dem Kindeswohl, wenn Kinder alleinerziehend groß werden.

    • Gast

      Genaugenommen ging es Kindern nie besser. Man hat nur früher nicht so genau hingesehen. Solange man extrem unglückliche Kinder nicht zum Psychiater schickt, oder das Jugendamt eine gewaltfreie Erziehung einfordert, wird einfach nur vieles übersehen.

      In der Realität sinkt die absolute Zahl der pro Jahr gestorbenen Kinder seit den 60er Jahren jedes Jahr…

    • Andreas Kemper

      Lieber Herr Richter, bitte befassen Sie sich mit den Grundlagen logischer Schlussfolgerung. Danke.

  7. Herbert Fuchsloch

    Wer behauptet denn es „schade grundsätzlich dem Kindeswohl“, wenn es bei zwei Männern oder zwei Frauen aufwächst? Ich jedenfalls nicht. Dafür gibt es genügend positive Gegenbeispiele, z.B. in den Niederlanden. Ich habe lediglich gefordert, dass man der Auffassung sein kann, dass Kinder im Idealfall weibliche und männliche Bezugspersonen haben sollten und dies eben im Alltag bei der Erziehung auch gewährleistet sein sollte. Die Kriterien von Jugendämtern sehen übrigens ähnliche Punkte vor. Auch das Recht eines Kindes, sein leibliches Elternteil kennenlernen zu dürfen gehört m.E. dazu.

    • Andreas Kemper

      Wir reden ja nicht über Sie, Herr Fuchsloch, sondern über Herrn Pretzell.

  8. Herbert Fuchsloch

    Eben – und Sie vermuten bei Herrn Pretzell allein deswegen eine „homophobe“ Einstellung, weil er die traditionelle Ehe als Idealbild ansieht? Diese Meinung finden Sie sowohl bei Liberalen, als auch bei Konservativen und Sozialisten, gläubigen Christen, Moslems, oder auch bei Homosexuellen selbst. Für sich gesehen ist das kein Beweis für eine „homofeindliche“ Haltung. Hätte er in einem Atemzug die verfassungsrechtlich gebotene Gleichstellung (so wie sie das BVerfG fordert) von Eingetragenen Lebenspartnerschaften abgelehnt, würde ich Ihnen beipflichten. So eben nicht. Ein liberaler Geist beweist sich in der Akzeptanz von Rechtsstaatlichkeit, und nicht in ideologischer Rechthaberei.

    • Andreas Kemper

      „Homophobie“ ist ein eher schwieriger Begriff, weil er eine persönliche Disposition unterstellt. Passender wäre der Begriff „Heterosexismus“. Und „Heterosexismus“ liegt vor, wenn die Ehe zwischen Frau und Mann als „Idealbild“ propagiert wird.

    • Andreas Kemper

      „Homophobie“ ist ein eher schwieriger Begriff, weil er eine persönliche Disposition unterstellt. Passender wäre der Begriff „Heterosexismus“. Und „Heterosexismus“ liegt vor, wenn die Ehe zwischen Frau und Mann als „Idealbild“ propagiert wird.

      • heldenverbund

        laut Wikipedia ist der Begriff aber auch recht negativ behaftet.

  9. Sebastian_S_Soltau

    Also ich bin selber schwul und sehe in der traditionellen Ehe auch den idealen Ort für Kinder – wenn die Ehe nicht zerrüttet ist. Dennoch weiß ich, dass es in meinem Bekanntenkreis schwule und lesbische Paare gibt, die vorbildlich ihrem erzieherischen Auftrag gerecht werden. Sie erziehen ihre Kinder (eigene und adoptierte Kinder) zu mündigen, anständigen Bürgern. Sie geben ihnen Liebe und Zuneigung. Sie gehen behutsam und offen mit ihnen um. Sie machen sie stark für eine Umgebung, in der Toleranz und Akzeptanz nicht immer eine Selbstverständlichkeit ist. Sie schaffen einen Zugang zu dem jeweils leiblichen Erzeugern. In beiden Fällen waren es geplante Kinder und der Umgang unter den 4 beteiligten Erwachsenen ist familiär und entspannt. Die erziehungsberechtigten Eltern schaffen „Mut zur Wahrheit“ und klären ihre Kinder auf, so früh wie nötig und so konkret wie möglich. Sie bauen kein Lügengerüst auf und schaffen keine Feindbilder – wie dies häufig in heterosexuellen, gescheiterten (zerrütteten) Ehen der Fall ist. Es ist sicher nicht jener „Idealfall“ aus dem Bilderbuch der 1950-er Jahre, aber es ist eine sehr gute Situation, vor allem für die Kinder. Vielleicht kann Herr Pretzell von der AfD diese zutiefst konservative Lebensart versuchen zu akzeptieren und sie als anerkennenswerte Ergänzung zur traditionellen Ehe zu sehen? Das wäre ein wichtiger Schritt.

  10. Angelika H.

    Herr Kemper, Sie unterstellen der AfD in einen Ihrer Schriften Homophobie (siehe Wikipedia). Wissen Sie was eine Phobie ist?? Da auch ich wie so viele für den besonderen Schutz von „Mutter-Vater-Kinder“ bin, würde ich, falls mich einer öffentlich dafür als homophob benennen würde, denjenigen wegen übler Nachrede verklagen. Irgendwann hört der „Spaß“ auf. Gespannt wäre ich auf das schriftliche Urteil des Richters.

    • Andreas Kemper

      Frau H., wie ich bereits zuvor dargelegt habe, ist der Begriff „Homophobie“ kein soziologischer Begriff. Ich bevorzuge die Begriffe „Heterosexismus“ oder „Heteronormativität“. „Homophobie“ ist mir zu psychologisierend, da wäre ich insbesondere bei Politiker*innen, die oft aus machtpolitischen Gründen Positionen beziehen, vorsichtig. Einen besonderen Schutz von „Mutter-Vater-Kind“ zulasten von „Vater-Vater-Kind“ oder „Mutter-Mutter-Kind“ zu fordern, würde ich als „heterosexistisch“ bezeichnen, es wäre in meinen Augen eine diskriminierende Einstellung. Dieser Heterosexismus beruht nicht zwingend auf eine homophobe Neigung, sondern kann auch durch eine nationalistisch-bevölkerungspolitische Einstellung verursacht sein oder durch andere Gründe.

  11. Bernd Schreiber

    Leichter sachlicher Fehler. Herr Behrendt war bereits stellvertretender Sprecher und hat das Amt des Sprechers nach dem Rücktritt von Herrn Burger nur kommissarisch übernommen. Selbstverständlich hat Herr Behrendt seine Wahlfunktion als stellvertretender Sprecher behalten. Das hat nichts mit dem angekündigten Rücktritt von Herrn Schmitz zu tun. Eigentlich müsste jetzt für Herrn Schmitz, sofern dessen Rücktritt amtlich wird, ein neuer stellvertretender Sprecher gewählt werden.

    • Andreas Kemper

      Danke für den Hinweis. Nur zur Klärung frage ich noch einmal nach: Erst war Burger Sprecher und Behrendt stellvertretender Sprecher. Dann ist Burger ausgetreten und Behrendt wurde zum Sprecher. War zu dem Zeitpunkt Schmitz schon stellvertretender Sprecher quasi parallel zu Behrendt oder ist er an der Stelle von Behrendt stellvertretender Sprecher geworden? Die Ankündigung Behrendts, für kein Amt zu kandidieren hatte ich so verstanden, dass er für kein Amt zur Verfügung stehen will und nicht so, dass er sein altes Amt wieder übernimmt. Gut. Da scheine ich mich weder formal noch in der realen Besetzung bezüglich der stellvertretenden Sprecherposition gut auszukennen, daher meine Nachfrage. Relevant ist das Ganze jetzt aber bezogen auf die nächste Zukunft. Bleibt Behrendt jetzt stellvertretender Vorsitzender/ Sprecher oder hat er dieses Amt auch wieder nur kommisarisch inne?

    • heldenverbund

      Der Link scheint nicht zu gehen. Geht man aber über Google und sucht nach Konrad Adam Abgeordnetenwatch wird es angezeigt. Komisch.

  12. Konrad_Glaimer

    @heldenverbund – Adam ist nicht „die“ AfD. Um an einige Vorredner anzuknüpfen: Der Ordnung halber sollten Sie bitte auch die zukünftige EU-Abgeordnete Ulrike Trebsius posten. Sie hat beispielsweise eine vernünftige, konservative, aber dennoch schwulen- und lesbenfreundliche Haltung eingenommen! Es ist alles mitnichten so, dass hier dezidierte Homofeinde in das EU-Parlament gewählt werden. Von der schwierigen Personalie Frau von Storch mal abgesehen. Hier ihre Antworten auf abgeordnetenwatch: https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/ulrike-trebesius

    • heldenverbund

      das stimmt natürlich. Dennoch war ich überrascht, dass ein Politiker (unabhängig von seinen Ansichten!), welcher keine unwichtige Position in der Partei hat, auf diese Art und Weise Fragen potentieller Wähler / politisch interessierter beantwortet.

  13. Gast

    Was halten Sie von der ehemaligen Absage der AfD an eine Zusammenarbeit mit den „Wahren Finnen“, und der Koalition der AfD mit genau dieser Partei? Ist das ein Wortbruch oder wird Lucke sich wieder rausreden können mit „Das war ja so gar nicht gemeint“?

  14. Angelika H.

    Nur einer reagiert vernünftig: Bosbach von der CDU “ „Aber wir haben allen Grund, uns mit den Motiven der AfD-Wähler zu beschäftigen und mit der Frage, aus welchen Gründen so viele Menschen diese Partei wählen.“
    @ Gast Unsere derzeitigen Politiker begehen Wortbrüche mit Milliarden-Folgezahlungen für den Steuerzahler: 2010 Wolfgang Schäuble “ Die finanzielle Hilfe für Griechenland gibt es nur einmal“ – DAS scheint Sie nicht zu stören??…..

  15. Angelika H.

    Neben dem „großen“ Thema für AfD-Kritiker, wie denn nun die AfD zu den „Wahren Finnen“ steht ect. laufen die großen Ursachen für die Gründung der AfD an den Wählern vorbei und keiner regt sich auf und wählt sogar wieder die, welche uns seit Jahren belügen :http://www.tagesschau.de/wirtschaft/spanien-verschuldung-100.html.

    • Gast

      Es gibt keinen demokritischen Grundsatz, der besagt, dass ein Politiker nicht versuchen dürfte, einen anderen Politiker zu überzeugen. Das nennt man Meinungsfreiheit, glaube ich. Es spricht auch absolut nichts dagegen, selbst gewählte Abgeordnete jenseits der ihnen verfassungsgemäß zustehenden Rechte irgendwelche Kooperation zu verweigern.

      Gerade im Falle der zahlenmäßig unbedeutenden, eurokritischen und aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung völlig inkompetenten AfD-Abgeordneten würde eine solche Ausgrenzung die Arbeitsfähigkeit der genannten Gremien eher erhöhen.

  16. heldenverbund

    Um mal was positives für die AfD zu sagen: Vom Thüringer Vorstand hat die Partei sich getrennt. In diesem Vorstand war auch jene Person, die Fremdenhass verstehen konnte. (Radiointerview).

    • Andreas Kemper

      Björn Hocke ist auch nicht besser als Wohlfahrt, sogar gefährlicher, weil Wohlfahrt mit seinem „Haus Bethlehem“ als evangelikaler Rechter leichter zu durchschauen ist. In Höcke Kreisverband hieß es vor kurzem noch: „Deutschland ist kein Einwanderungsland. Wir fordern ein Ende der Zuwanderung in unser soziales Netz. Schluss mit MULTIKULTI. Wir lehnen eine doppelte Staatsbürgerschaft ab und betrachten die Akzeptanz von Sitten, Werten und Normen des Gastlandes durch Immigranten als Selbstverständlichkeit.“
      Höcke hatte im Dezember ein Impulstreffen vorbereitet, zu dem er den extrem weit rechts zu verortenden Scholdt eine Rede zur „historischen Misseion der AfD“ halten ließ.

  17. Angelika H.

    „Deutschland ist kein Einwanderungsland. Wir fordern ein Ende der Zuwanderung in unser soziales Netz. Schluss mit MULTIKULTI. Wir lehnen eine doppelte Staatsbürgerschaft ab und betrachten die Akzeptanz von Sitten, Werten und Normen des Gastlandes durch Immigranten als Selbstverständlichkeit.“ – Was ist daran gefährlich, Herr Kemper?

    • Andreas Kemper

      Vorsicht, Angelika H. Ich habe bereits einen Beitrag von Ihnen nicht freigegeben, der rassistische Untertöne hatte.

      • Angelika H.

        Ich merke, Herr Kemper, Sie sind weit entfernt von der Realität.

      • Andreas Kemper

        Ich hoffe, ich bin weit entfernt von Ihrer Realität.

    • Gast

      Das gefährliche? Nun, erstmal muss man festhalten, in welchem Rahmen und mit welchem Hintergedanken solche Äußerungen fallen. Zum Beispiel fordern AfD und CSU beide, eine Einwanderung ins Sozialsystem zu vermeiden. Im Prinzip fordern das sogar Grüne und die SPD. Der Unterschied: AfD und NPD schreiben das auf ihre Plakate und reiben es dem Wähler auf die Nase. Auch sind sich CSU, Grüne und SPD darüber einig, dass die „Einwanderung in die Sozialsysteme“ nicht in einem Ausmaß gibt, als dass man wirklich etwas dagegen tun müsste oder könnte.

      Und das wirklich Wichtigste an dem Thema: Was soll denn getan werden? Rechtskonservative und besonders die AfD drücken sich vor diesem Thema. Wie soll man die – zum größten Teil finanziell positive – Einwanderung aus EU Ländern stoppen ohne aus der EU auszutreten? Die zahlenmäßig bedeutenste Gruppe von ausländischen Sozialhilfeempfängern haben einen türkischen migrationshintergrund (und stellen unter Türken und Sozialempfängern gleichermaßen eine kleine Minderheit). Wer gegen Sozialhilfe für Ausländer ist, und das als großen Dienst am deutschen Volk lobpreist, muss doch irgendeinen Plan haben, ein paar hunderttausend Türken loszuwerden.

  18. Grievous

    „Björn Hocke ist auch nicht besser als Wohlfahrt, sogar gefährlicher, weil Wohlfahrt mit seinem “Haus Bethlehem” als evangelikaler Rechter leichter zu durchschauen ist.“

    Ich kann schon verstehen, dass Ihnen Wohlfahrt lieber war, hat er Ihnen doch wesentlich die Arbeit erleichtert. Nun müssen Sie sich also noch mehr auf Halbwahrheiten und Vermutungen stützen, wenn Sie die AfD rechts verorten wollen. Blöd.
    Aber ich bin mir sicher, dass Sie auch das hinbekommen. Sie sind darin ja recht talentiert.

    Eigentlich sollten Sie Ihr Talent noch weitaus mehr im Kampf gegen die „faschistoide Tendenzen zeigende AfD“ einsetzen.
    Im EU-Wahlkampf etwa habe ich ein umgestaltetes Plakat der sogenannten „Linken“ gesehen:

    Statt „Flüchtlinge schützen und nicht ertrinken lassen“
    stand da: „Flüchtlinge erschießen und nicht entkommen lassen“
    Brüller! Sowas müssen Sie auch machen, nur mit AfD-Plakaten. Der nächste Wahlkampf kommt bestimmt. Ich verlasse mich da auf Sie, Herr Häusler!

    MfG
    Ein AfD-Mitglied

    • Gast

      Wo ist denn die AfD? Lucke sagt, die AfD ist nicht links und nicht rechts von der Partei, und schon garnicht deckungsgleich. Ja wo ist sie denn dann?

      Viele AfD Mitglieder sind stolz darauf, dass die AfD konservativer und rechter ist als die CDU. Bernd Lucke hat mehrfach im Fernsehen gesagt, die AfD wäre weder rechts noch konservativ.

      Kann es sein, dass die meisten AfD Mitglieder gerne gegen Ausländer wüten und schimpfen, aber die gesellschaftliche Reaktion darauf nicht abkönnen? Also Hass austeilen, aber keinen Hass einstecken wollen?

      • Grievous

        Nun, Herr „Gast“ ich stelle mal die überaus gewagte Vermutung auf, dass Sie sich noch nie ausführlicher mit einem AfD-Mitglied unterhalten haben. (wie Herr Kemper wohl auch nicht) Sicher gibt es bei uns Spinner, das bestreitet auch niemand. Auch rechtsradikale Spinner. Es ist aber so, dass der Anteil derer in der AfD, die zum Extremismus neigen, verschwindend gering ist. Bei Parteien wie Grünen, Linken und SPD werden Sie erheblich mehr Linksknaller finden, als bei uns Rechtsknaller.

        „Kann es sein, dass die meisten AfD Mitglieder gerne gegen Ausländer wüten und schimpfen, aber die gesellschaftliche Reaktion darauf nicht abkönnen?“

        Es wird immer so nebulös von „die Meisten“ oder auch „vielen“ gesprochen. Besuchen Sie doch mal eine Veranstaltung Ihres örtlichen AfD-Verbandes und sehen selbst, ob Ihr Bild von der AfD und die Realität zusammenpassen. Ich prohezeihe Ihnen, dass Sie auf eine ordentliche Diskrepanz stoßen werden.

        Den Tip kann ich auch nur dem Eigner dieses Blogs geben: reden Sie doch mal mit Parteimitgliedern der AfD. Wir werden Sie schon nicht verprügeln (jedenfalls nicht gleich 😉 )

        MfG

      • Andreas Kemper

        Hallo Grievous, ich habe mit einigen AfD-Mitgliedern gesprochen. In der Regel habe ich genau die rassistischen, klassistischen und (hetero)sexistischen Argumentationen wieder gefunden, über die ich hier auch schreibe. Das heißt nicht, dass die AfD-Mitglieder unfreundlich waren. Es ist mir allerdings wiederholt passiert, dass in den Diskussionen relativ freundlich diskutiert wurde, in den entsprechenden Internet-Blogs und -Foren von den selben Leuten sehr unfreundliche Dinge geschrieben wurden.

      • Gast

        Es kann theoretisch sein, dass es an der AfD Basis weniger „Rechtspinner“ gibt, als in SPD und bei den Grünen „Linksspinner“. Aber klar deutlich ist doch, dass die AfD solche Mitglieder wesentlich öfter in verantwortungsvolle Positionen wählt. Da wären Republikaner, Holocaust-Verharmloser und verurteilte Nazischläger als Kandidaten zu nennen. Oder die diversen dokumentierten Sprüche von Funktionären, das legendäre „Multi-Kulti-Gen“, der Trisomie-21 Kommentar, die Indianer-Nummer, das Weltsozialamt usw.

        Und ansonsten? Ich habe einen Mitschnitt von einer Rede Pretzells gehört, bei dem er sagte, weil nur 30% der Einwanderer aus Rumänien/Bulgarien Akademiker wären, sind 70% von der deutschen Sozialhilfe abhängig. Das ist klar und widerlegbar gelogen, in einer vorbereiteten Rede, vor Öffentlichkeit und um Stimmung gegen eine ethnische Gruppe zu machen. Was ist Rechtspopulismus, wenn nicht sowas?

        Oder nehmen wir Olav Henkel. Wer den Thesen Sarrazins vollumfänglich zustimmt stellt sich doch ganz klar in die rechte Ecke. Sarrazins versucht seine rassistischen Gefühle mit hilflos herbeigezauberter Logik zu unterlegen. Dabei sollte für jeden der Gedankenzug „Türken sind schlecht in der Schule“ und „IQ ist genetisch“ beweise „Türken sind genetisch dümmer“ mindestens suspekt sein. (Und widerlegt, denn IQ korrelliert kaum mit akademischer Leistung, die Türkei hatte in den 60er/70er Jahren keine soziale „Sortierung“ durch Bildung, und der Zusammenhang von Intelligenzunterschieden und Genetik ist zwischen ethnischen Gruppen nicht bewiesen.

    • heldenverbund

      Wenn der AfD an der Aussortierung von gewissen Gesinnungen gelegen ist (davon gehe ich jetzt einfach mal zugunsten der Partei aus), dann müsste die Partei eigentlich den Blog als nützlich erachten, die Anschuldigungen prüfen und dann entsprechende personelle Konsequenzen ziehen.

      Wie gesagt, nach Überprüfung. Es ist ja auch nicht so, als ob hier nur total zusammenhangloses, widerlegbares Zeug stehen würde. (Wäre das der Fall, wäre ja alles längst widerlegt worden!). Das manch einer bei bestimmten Aussagen andere Schlussfolgerungen zieht: Klar. Das muss jeder selbst prüfen.

      Es ist zumindest auffallend, dass viele Afd-Mitglieder sich auf Sarrazin beziehen. Ich will jetzt nicht sagen, dass Sarazzin ein Rassist ist, aber seine Meinungen teile ich nicht. Und eine solce Aussage über ihn lässt mich zumindest grübeln:

  19. Grievous

    Nachtrag: Ich sehe gerade; Sie heißen Kemper. Nicht, dass das von den Ansichten her einen Unterschied machen würde (Sie beide gleichen sich da wie Siamesische Zwillinge), aber die Höflichkeit gebietet es, dass ich mich für diese Verwechslung entschuldige.

    Tschuldigung.

    • Andreas Kemper

      Häusler, Kemper, … wer wird schon so kleinlich sein? Das erinnert mich an die sogenannten „Rezensionen“ bei Amazon, die in ihrem Eifer mein Buch zur AfD schlecht zu machen, derart hingeschmiert wurden, dass zum Teil noch nicht mal mein Name richtig wieder gegeben wurde, sondern von einem „Peter Kemper“ die Rede ist.

  20. Shaniana

    Vielen Dank (nicht nur) für diesen interessanten Artikel.

    Bei einer grundsätzlichen Frage bin ich aber nicht (mehr) so sicher, inwieweit ich da mitgehen würde: Diese Trennung von neoliberalen und konservativen Kräften in der AfD, die Sie ja auch schon ein wenig relativiert haben. Ich meine, Henkel äußert sich wiederholt rassistisch, findet Sarrazin toll, lobt Frau von Storch und so weiter – der ist ja nicht nur wirtschaftspolitisch neoliberal, sondern eben auch autoritär auf der gesellschaftspolitischen Konfliktlinie. Andersherum scheinen mir die sehr Konservativen in der AfD auch nichts dagegen zu haben, dass mehr Wettbewerb und Kapitalismus in unserem Lande Einzug halten. Die Unterschiede finden sich natürlich in der Betonung der jeweiligen Seite.

    Ich glaube eher, die drei Flügel sind die Neoliberalen, die auch gesellschaftspolitisch eine eher liberale Partei wollten und die die AfD schon wieder verlassen haben oder gerade herausgedrängt werden, dann die, über die ich oben geschrieben habe, und als drittes, ohne dass man da eine klare Grenze ziehen könnte, die, die die Partei zu einer wirklich rechtspopulistischen oder rechtsextremen Parteie machen wollen, ohne das so zu sagen natürlich. Ich fürchte aber, dass sich die beiden letzteren gerade dabei sind zu einigen: eine Partei irgendwo zwischen nationalkonservativ und rechtspopulisitisch, gerade noch sagbar in Deutschland und trotzdem mit klaren Botschaften für die, die etwas gegen Parteien, Schwule, Ausländer „und so weiter“ haben…

    • Andreas Kemper

      Hallo Shaniana, da stimme ich weitgehend zu. Ich denke aber, dass in Fragen der Westbindung und des Freihandelsabkommens Unterschiede deutlich werden.

  21. Angelika H.

    Eins verstehe ich nicht. Im Grunde dreht sich die Diskussion über für und wider Einwanderung und Folgen. Als Linke sollte man doch spätestens jetzt nach dem Schrei der Industrie nach „Fachkräften“ begreifen, dass deren Ziel ist, das Lohnniveau weiter zu senken und die Arbeitslosigkeit weiter zu vergrößern und somit die breite Masse besser steuerbar und erpressbar zu machen. Ist es wirklich Sinn des Lebens, global einsetzbar zu sein? – Für wen?

    • Andreas Kemper

      Luckes „Bündnis Bürgerwille“ – der Vorgänger der AfD – bezog sich inhaltlich auf die Bogenberger Erklärung von Hans-Werner Sinn. Dort hieß es, in Deutschland dürfte es auf keinen Fall Lohnerhöhungen geben, in Griechenland hingegen müsste eine flexible Lohnpolitik eingeführt werden (flexibel = weniger). Es geht Lucke also ganz sicher nicht darum, dass die Geringverdiener mit deutscher Herkunft ein größeres Einkommen haben. Die Geringverdiener müssen weniger verdienen, hieß es im Hamburger Appell.
      Als Linker setzt man übrigens auf die internationale bzw. transnationale Solidarität. Und dazu gehört auch die grenzenlose Bewegungsfreiheit. Und zur Bewegungsfreiheit gehört auch, nicht dorthin gehen zu müssen, wo das Kapital es verlangt.

  22. Angelika H.

    Ja, warum verlassen die Menschen ihre Heimat? Indirekt tragen wir eine Mitschuld. Den Roma und Sinti muss in ihren Herkunftsländern geholfen werden. Will das das Finanzkapital? Nein! Heimatlose Menschen sind variabel einsetzbar und können von wahrhaftigen Problemen herrlich ablenken (Bankenkrise/EZB, Fracking, Genmanipulationen, Kriegshetze).

    • Andreas Kemper

      Sie sind nicht auf die Bogenberger Erklärung und den Hamburger Appell eingegangen. Die Motivation von Lucke in seinen Äußerungen zu Roma und Sinti hat seine Ursachen nicht darin, dass Roma und Sinti oder deutsche Geringverdiener*innen mehr Geld zur Verfügung haben.

    • heldenverbund

      Sinti und Roma haben auch das Problem, dass ihr Ruf in der Gesellschaft schlecht ist. Das ist auch ein bisschen ein Teufelskreis. Wenn (überspitzt gesagt) jeder dich für einen Betrüger hält, wie will man dann ehrlich arbeiten? So gesehen schaden diese Vorurteile auch der Integration und der Möglichkeit, eine Erwerbstätigkeit zu erlangen. Zudem gibt es immer die Angst, gehen zu müssen (falls man keine dauerhafte Genehmigung erhält).

      Es ist auch nicht so, dass keine Roma gibt, die hier integriert sind und arbeiten.

      Es ist leider eine Tatsache, dass Kindern von Roma in der Schule benachteiligt/gehänselt werden. Auch von Lehrern.

      Natürlich gibt es schwarze Schafe. Natürlich gibt es Extremgebiete. Aber man sollte das nicht als Normalfall darstellen.

      Übrigens hat jeder zu irgendwas Vorurteile. Ich will mich da garnicht ausschließen.

    • Gast

      Ob das „Finanzkapital“ den Menschen in ihren Heimatländern helfen will? Und ob. Google mal was Bill Gates die letzten paar Jahre so angestellt hat.

      Entwicklungshilfe ist schwierig. Man kann aber mit dem mangelnden Erfolg oder mangelnder Anstrengung rechtfertigen, das Asylrecht auszuhebeln, oder Einwanderer allgemein zu diskriminieren.

      Die „rechte Ecke“ fordern einerseits, die Menschen in ihrer Heimat mehr zu fördern. Sie sind aber auch die ersten, die weniger Ausgaben für Entwicklungshilfe fordern…

  23. GAST

    Interessant finde ich die Erwähnung von Sven Tritschler als Vorsitzender der JA NRW und Einladender des Nigel Farage.

    Tritschler wurde später in den NRW Vorstand gewählt – fungierte aber als Wahlkampfleiter und damals noch Stadvorstand in Köln – und dürfte wohl auch verantwortlich sein, dass die Kölner AfD von PRO Köln unterwandert wurde. So stark, dass ein Ex Mitglied Pro Köln sich bei der Wahlliste Kommunal als erster hinter den Vorstandsmitgliedern platzieren konnte.

    Obwohl der berufslose Tritschler es mit 32 Jahren noch nie ins Berufsleben geschafft hat, wurde er von der Fraktion ‚eingestellt‘ – ohne dass es dafür eine Ausschreibung gegeben hätte.

    Zur Ehrrettung der Kölner AfD Mitglieder sollte aber gesagt werden, dass diese Strukturen um Trittschler und noch mehr Beckamp von den Mitgliedern nicht getragen werden. Besonders nicht von den Mitgliedern, die schon vor der Bundestagswahl der AfD beitraten.

    Wer sich einen Einblick über AfD und PRO Köln verschaffen möchte – einfach beide Begriffe zusammen googlen.

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