Zum Bonapartismus der Alternative für Deutschland

· Artikel (Sozialphilosophie)

Leider fehlt mir momentan die Zeit, einen längeren Artikel zu verfassen zum Bonapartismus des Netzwerkes der Partei Alternative für Deutschland. Daher nur ganz kurz: Bonapartismus bezieht sich auf Napoleon III. und meint im eigentlichen Sinn eine Alleinherrschaft, die sich auf Volksabstimmungen beruft, also sowohl auf die Direktwahl des Herrschers, als auch auf Volksentscheide.

Ein zentraler Punkt des Wahlprogramms der  Alternative für Deutschland ist demokratische Reform. Neben Direktwahlen findet bzw. fand sich auch der Satz „Wir lehnen einen Gängelung der öffentlichen Meinung unter dem Deckmantel der sogenannten ‚political correctness‚ ab.“ Der Punkt scheint inzwischen wieder gestrichen zu sein. Dennoch spielt der Begriff der Political Correctness in den Foren der Alternative für Deutschland eine wesentliche Rolle.

Zum Netzwerk, aus dem die Alternative für Deutschland entstanden ist, gehören sowohl der Konvent für Deutschland, in dem Hans-Olaf Henkel eine wichtige Rolle spielt, als auch das Netzwerk von Freie Welt  und des BürgerKonvents.

Konvent für Deutschland

Im Konvent für Deutschland heißt es, der Bundespräsident solle direkt gewählt werden. Aber er müsse dann auch mehr Rechte bekommen, damit sich die Wahl auch lohnt: „Dem Bundespräsidenten könnte etwa das Recht eingeräumt werden, mit öffentlicher Begründung die Ausfertigung von Gesetzen abzulehnen. […] Ferner scheint ein sorgfältig konditioniertes Recht des Bundespräsidenten möglich, den Deutschen Bundestag aufzulösen.“ 

BürgerKonvent / Freie Welt.net

Eine zentrale Position in den Netzwerken Freie Welt und BürgerKonvent ist Klaus Peter Krause. Er gehört sowohl zum Redaktionsbeirat von Freie Welt, als auch zum Vorstand des BürgerKonvents. Drei der vier Vorstandsmitglieder haben führende Positionen beim Freie Welt Netzwerk. Beatrix von Storch hat zusammen mit ihrem Ehemann Sven von Storch das Netzwerk aufgebaut.  Vera Lengsfeld betreibt die Initiative Bürgerrecht Direkte Demokratie im Netzwerk Freie Welt. Und Klaus Peter Krause schließlich ist – wie gesagt – im Redaktionsbeirat von Freie Welt tätig und ständiger Autor. Ich erwähne hier Klaus Peter Krause, weil er wiederholt einen im Freie Welt Magazin verlinkten Artikel zum Monarchisten Friedrich Carl Albrecht geschrieben hat. Bei den Artikeln handelt es sich um wohlwollende Rezensionen zu den unsäglichen Büchern „Was nun, Deutschland?“ und „Politische Wendepunkte. 1806 / 1932 / 2008“. In diesen Büchern wendet sich Albrecht gegen den parlamentarischen „Parteienstaat“ und fordert die Einrichtung einer Monarchie. Ja, richtig gehört. Aber nicht etwa einer Schein-Monarchie wie in den skandinavischen Ländern oder Großbritaniens, sondern einer Monarchie, wo der Monarch über echte Macht verfügt. Hier also wird der Bonapartismus in Reinform abgefeiert und Klaus Peter Krause feiert mit.

„Verfall des natürlichen Nationalgefühls“

Klaus Peter Krause schreibt zu Albrecht:

„Albrecht sieht das deutsche Staatsethos verfallen. Er beklagt die Political Correctness, das Mitschwimmen im Strom von Mehrheitsmeinungen, die „Gleichstellungsgesetze“, die Gender-Ideologie, die Aushöhlung des Rechtsstaats nach dem Untergang der DDR am Beispiel der verweigerten Eigentumsrückgabe an die kommunistisch verfolgten Familien, die Abschaffung der D-Mark gegen den wohl mehrheitlichen Volkswillen, die widerstandslose Ausländerüberflutung aus fremden Kulturkreisen, die Auflösung der christlich-abendländischen Kultur, den Verfall des natürlichen Nationalgefühls und der preußischen Tugenden, die fortschreitenden Entfremdung zwischen Bürgern und Politikern, die überhohe Staatsverschuldung und anderes mehr. Er sieht Deutschland in eine seelische und politische Krise gestürzt. Notwendig sei eine geistig-moralische Erneuerung.“http://www.mmnews.de/index.php/politik/11906-was-nun-deutschland

Wer sich mit dem Parteiprogramm der Alternative für Deutschland befasst hat, wird sich an die obigen Formulierungen erinnert fühlen. Krause beklagte sich noch im Januar 2013 – kurz bevor die Parteigründung der AfD bekannt gemacht wurde – darüber, dass Albrecht kein Gehör finde, nicht diskutiert werde:

„Und wenn doch, dann wird man sie (und ihn) diffamieren, bestenfalls als reaktionär, rückwärtsgewandt, abgrundtief rechtskonservativ. Denn die Politiker und ihre Parteien werden die errungene Macht freiwillig nicht hergeben, und neue Parteien, deren Programm diese oder ähnliche Reformgrundzüge ebenfalls enthält, sind bisher nicht sichtbar in Erscheinung getreten.

Der Monarch soll Befugnisse haben

Jetzt steht diese Partei kurz vor der Gründung. Zeit für Krause, Albrechts Werken eine zweite Rezension zukommen zu lassen. Er zitiert Albrecht mit den Worten:

„‚Der Rechtsstaat ist unterhöhlt, die Gewaltenteilung ist eine Farce.Die Meinungsfreiheit ist durch die Political Correctness stark eingeengt.Die Relativierung und damit die Abwertung der ‚Institution’ Familie läuft auf Hochtouren. Die Parteien beherrschen alles.'“http://www.freiewelt.net/person-28/dr.-klaus-peter-krause.html

Die Lösung sieht Albrecht in der Monarchie. Mit den Worten Krauses:

„Doch soll es nicht die parlamentarische Monarchie wie in England sein; dort habe der Monarch so gut wie keine Befugnisse.Auch nicht die Scheinmonarchie wie in Schweden; dort dürfe der König noch nicht einmal die vom Parlament gewählten Minister formell ernennen“

Und wieder würdigt Krause Albrecht:

„Ohnehin mag das, was Albrecht  denkt und  schreibt, heute vielen als altbacken, hoffnungslos gestrig, erzkonservativ, utopisch vorkommen.Gewiss, das ist es.Aber ist es darum schlecht, unbeachtlich, überflüssig? Natürlich nicht.Denn anregend ist es allemal“

Krause erwähnt noch die Familie Friedrich Carl Albrechts. Sein Bruder sei der ehemalige Ministerpräsident von Niedersachsen, Ernst Albrecht, der Vater von Ursula von der Leyen.

In dem Programm Albrechts, welches von Krause promotet wird, zeigen sich quasi die Fernziele dieser Form von Direkter Demokratie, die mit dem Konzept des guten Monarchen, bzw. starken Führers durchaus kompatibel sind. Natürlich taucht der Begriff „Monarchie“ nicht im Parteiprogramm der AfD auf, aber in der Einschätzung des „Parteienstaates“ ist man sich einig.

Freie Wähler Frankfurt: Gegen den Lobbyismus der homosexuellen Minderheit

Dies zeigte auch die Verlinkung eines Pamphlets von Wolfgang Hübner (Freie Wähler Frankfurt), der es gerade auf eine Machtprobe mit Hubert Aiwanger, dem Freien Wähler-Chef, anlegt. Aiwanger will Hübner los werden, weil Hübner sehr weit rechts steht, was sich vor wenigen Monaten an seinen NSU-Äußerungen zeigte. Hübner ist noch nicht bei der Alternative für Deutschland. Erscheint mit dem Machtspiel „Entweder Aiwanger tritt zurück oder Hübner geht“ eine möglichst große Gruppe zum Wechsel von den Freien Wählern zur Alternative für Deutschland bewegen zu wollen.

Hübners Text, der von  den Facebook-Portalen der AfD und AfD-Jugend verlinkt wurde, geht davon aus, dass der Parteienstaat eine Politik für Minderheiten wie Homosexuelle mache, die die Mehrheit gar nicht wolle:

„Die Parteien alten Typs, wozu selbstverständlich auch die Grünen gehören, haben sich um Ideologien, Religionen, Besitzstände und soziale Bestreben formiert. Sie haben Organisationen geschaffen, die inzwischen allesamt ein Eigenleben und Eigeninteresse entwickelt, sich aber damit von weiten Teilen des Volkes entfernt haben und immer weiter entfernen. Umso mehr aber wurden diese Parteien und ihre Apparate zu Zuträgern und Vollstreckern bestimmter gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Kräfte, die allesamt Minderheiten sind, aber über die politischen Parteien die Mehrheiten im Volk dominieren. Wie das funktioniert, dazu bietet die Euro-Politik beste Anschauung. Aber auch die Themen Einwanderung, Soziales, Energie usw. liefern Belege zuhauf dafür.  Wenn die AfD dem Anspruch gerecht werden will, eine Bürgerpartei neuen Typs zu werden, muss sie inhaltlich wie organisatorisch eine ‚atmende‘ Partei sein. Was es immer wieder einzuatmen gilt, sind die Bewegungen in der Realität Deutschlands. Diese unterscheiden sich mehr oder weniger stark von dem, was in den Massenmedien geduldet und verbreitet wird. Um ein Beispiel zu nennen: Kein vernünftiger, aufgeklärter Mensch will Homosexualität diskriminieren. Aber sind die Anliegen der homosexuellen Minderheit, deren Lobby bestens vernetzt ist, wirklich von solcher Wichtigkeit für die Gesamtgesellschaft, wie das in den Medien sich widerspiegelt?“http://freie-waehler-frankfurt.de/artikel/index.php?id=497

Die Kommentare auf den Facebook-Seiten von AfD und AfD-Junior überschlugen sich vor Begeisterung. Diese „atmende Partei“ hat die millionenschweren Think Tanks des Neoliberalismus als Lungen. Mit deren Kampagnenfähigkeit wird zunächst die Ideologie „ausgeatmet“, die dann als „Wille des Volkes“ wieder eingeatmet wird. Basisdemokratie, Minderheitenschutz, Differenzierungen kann man sich bei dem Konzept der „atmenden Partei“ sparen. Das Denken wird den Think Tanks überlassen, Politik findet wesentlich über Kampagnen statt, mit bierdeckelkompatiblen Klartexten. Dazu passt, dass Bildung wieder Familienangelegenheit werden soll: Die verordnete generationenübergreifende Verdummung eines Teiles der Gesellschaft ist für diese Form von Direkter KampagnenDemokratie, Bonapartismus und „Anti-Politcal Correctness“ konstitutiv.

Literaturempfehlung:

Thomas Wagner: Demokratie als Mogelpackung. Deutschlands sanfter Weg in den Bonapartismus, Köln 2011

8 Kommentare

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  1. Martin Lauber

    Herr Kemper, ich finde, Sie haben gut recherchiert – da kann sich die Offizialpresse (Sie mögen doch Neologismen) mal eine Scheibe abschneiden.

    Allerdings, wiederum, Personen, die nicht einmal Mitglied der Alternative für Deutschland sind, als Beleg für einen antizipierten „Bonapartismus“ der Partei zu zitieren – das ist schon etwas wacklig konstruiert.

    Jeder weiss, auch innerhalb der AfD, dass das Prinzip des „Guten Königs“ eine Utopie ist. Wenn man sich aber von der Vollversammlung gewählte Bundespräsidenten, wie zum Beispiel Herrn Wulff ansieht, könnte ich mir vorstellen, dass das Volk auch keine schlechtere Wahl getroffen hätte.

    In Deutschland hat der Bundespräsident eine rein repräsentative Funktion, in anderen Ländern stellt er ein wichtiges Gegengewicht zum Regierungschef dar. Eine Stärkung des Bundespräsidenten erscheint mir durchaus diskussionswürdig. Stellen Sie sich vor – da wird noch der durchaus populäre Gysi gewählt und könnte Merkel mal etwas in Schach halten.. unattraktiv für Sie?

    • Andreas Kemper

      Ja, unattraktiv für mich, da ich nichts von Personenkult halte. Ich bin Basisdemokrat und setze auf imperative Mandate. Übrigens auch in der Wirtschaft, wo es ja noch nicht mal Wahlen gibt.

      • Martin Lauber

        Klar gibt es die – wo immer es einen Betriebsrat gibt. Bis hoch in den Aufsichtsrat.

      • Andreas Kemper

        Betriebs- und Personalräte sind nur in Personalangelenheiten relevant.
        Aufsichtsräte sind nur kontrollierend wirksam. Diese gibt es nur in wenigen Unternehmen wie bspw. Aktiengesellschaften. Und dann sind oftmals die Vertreter_innen der Arbeiter_innen nur zu einem Drittel beteiligt.
        Demokratie würde heißen: Arbeiter_innen wählen mit einem imperativen Mandat die Unternehmensleitung.

      • Martin Lauber

        Das ist auch so – wenn sie gleichzeitig Gesellschafter sind und selbst etwas organisiert haben. Für die ganzen IT-Startups des letzten zwei Jahrzehnte, zum Beispiel, war auch nicht viel Startkapital nötig, sondern Cleverness und IT-Skills – unzählige Beispiele.

        Hier wird es Ihnen um die Frage nach Privatbesitz gehen. Die meisten Menschen der Welt sind a) der Meinung, dass es Privatbesitz geben sollte und b) der Eigentümer einer Sache auch bestimmt, wo es damit lang geht.

        Soziale Verantwortung liegt im Erhalt der Arbeitsplätze und fairen Behandlung der Mitarbeiter, nicht darin, keine eigenen Entscheidungen mehr treffen zu dürfen.

        Aber das hat schon wieder herzlich wenig mit der AfD zu tun.

      • Andreas Kemper

        Ich kenne mich mit den IT-Startups nicht wirklich aus.
        Microsoft jedenfalls ist nicht in einer Garage entstanden, sondern Mr. Gates ist der Sprößling einer Millionärsfamilie.

        Ich glaube nicht, dass Sie mir Umfragen vorlegen können, aus denen hervorgeht, dass die meisten Menschen der Welt den Privatbesitz an Produktionsmitteln gut finden.

        Ich glaube hingegen, dass die Reichen und Superreichen, die Produktionsmittelbesitzer oftmals ihr Geld in Stiftungen und Thinktanks anlegen, um die Eigentums- und Leistungsideologie populär zu machen. Selbst Fernsehserien wie Marienhof werden entsprechend manipuliert. Von dem ganzen Lügenfernsehsendungen will ich hier gar nicht erst sprechen. Und die Alternative für Deutschland möchte mit ihrer familienzentrierten Bildungspolitik dafür sorgen, dass die armen Gesellschaftsgruppen soweit von Bildungsressourcen abgekoppelt werden, dass sie auf dieses Lügenfernsehen zurück greifen.

    • Andreas Kemper

      Dass Wolfgang Hübner noch kein Mitglied bei der Alternative für Deutschland ist, hat rein machtpolitische Gründe.

  2. Mark Sieber

    Der neue Landesvorsitztende der Alternative für Deutschland heißt Prof. Dr. Jörn Kruse, er lief von den Freien Wählern über und steht der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) nahe, dies könnte man auch zum Netzwerk zählen.

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