Zur Flexibilität des eisernen Gesetzes der Ungleichheit

Thilo Sarrazin hatte bei Volkmar Weiss plagiiert, als er behauptete, die Nazis hätten die „jüdischen“ Intelligenztests abgelehnt. In dem Buch „Der Kulturumsturz. Die Bedrohung des Untermenschen“ („The Revolt Against Civilisation. The Menace of the Under Man“, 1922) des Rassisten Lothord Stoddard bezieht dieser sich auf Intelligenztests, die sowohl klassenspezifisch als auch ethnisch differenzieren. Ausgerechnet im Kapitel „The Iron Law of Inequality“ verweist er auf die niedrige Intelligenz von italienischen Kindern in den USA.

"Eisernes Gesetz"? Damals traf es italienische Kinder

„Eisernes Gesetz“? In den 1920er Jahren in den USA traf es italienische Kinder

Es soll damit auf die „rassissche Vererbung“ hingewiesen werden. Dies zeigt, wie flexibel Rassist_innen immer aufs neue „eiserne“ Gesetze aufstellen.

Stoddards Untermenschen-Konzeption wurde von den Nazis übernommen. Er differenzierte zwischen „Primitiven“, die in einer „zivilisierten Gesellschaft“ am falschen Platz seien und „Degenerierten“. Beide Gruppen seien grundsätzlich „unzivilisierbar“. Diese „Unzivilisierbarkeit“ wurde im nationalsozialistischen Regime unter anderem durch die Ergänzung eines Abschnitts zur „Bildungsunfähigkeit“ im entsprechenden Gesetzestext aufgenommen. Auch Sarrazin thematisierte in „Deutschland schafft sich ab“ an verschiedenen Stellen die „Bildungsfähigkeit“. „Untermenschen“ wurden von Stoddard mit „the insane all those melancholy wasteproducts which every living species excretes but which are promptly extirpated in the state of nature“ beschrieben. Stoddard besuchte 1940 Hitler, Goebbels und Himmler und Sitzungen des Erbgesundheitsobergerichts in Berlin-Charlottenburg, an dem auch der Großvater des Sarrazin-Verteidigers Klaus von Dohnanyi Richter war. Himmler gab selber einen Bildband mit dem Titel „Der Untermensch“ heraus.

3 Kommentare

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  1. Marcus Cyron

    „an dem auch der Großvater des Sarrazin-Verteidigers Klaus von Dohnanyi Richter war“ – so kann man sich den Blödsinn der Vererbung derartiger Eigenschaften auch zu Eigen machen…

    • Andreas Kemper

      Ich sag ja nicht, dass Klaus von Dohnanyi erblich bedingt Eugenik verteidigt.

  2. Magga

    „Niemand kann etwas fuer seine Familie. Jeder Mensch entwickelt seine eigenen Perspektiven, ob er oder sie Familientraditionen fortfuehrt, dagegen rebelliert oder sich aus Mustern von entweder Uebernahme oder Opposition weitgehend loesen kann. Nur: Menschen sind psychologisch so geeicht, dass die meisten es sehr gern glauben, wenn ihnen Mitglieder ihrer eigenen Gruppe, Ideologen oder Schmeichler bescheinigen, dass sie besser sind als andere – zum Beispiel aufgrund ihrer Abstammungslinie. Deshalb kann Stolz auf die eigene Abstammung, z.B. auf adelige oder grossbuergerliche Herkunft oder Zugehoerigkeit zu einer als ueberlegen propagierten “Rasse”, ein emotional wirksamer Grund sein, an Ideologien wie Eugenik/ Rassenhygiene zu glauben.“

    Aus dem Post
    „Führungsbegabte Familien“ – besondere Gene oder besondere Zugänge?
    auf meinem Blog
    Menschenrechte statt Eugenik

    http://guttmensch.blogspot.de/2011/12/fuhrungsbegabte-familien-besondere-gene.html

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